literarischen Geschmackes innerhalb ihres Wirkungskreises nicht nur nichts beitragen, sondern dieser Hebung entgegenarbeiten. Ich kann mich übrigens des Eindruckes nicht erwehren, als ob in dieser Einschätzung persönliche Rücksichten eine größere Rolle spielten, als eine Kritik, die ihre Aufgabe ernst nimmt, verantworten kann. Es wird sich nicht beweisen lassen, daß Heemstede als Dramatiker z. B. dem Verfasser der Trilogie „Maria Stuart", H. Cornelius, in mehr als höchstens einigen formalen Äußerlichkeiten überlegen sei. Im Gegen teil sinde ich bei Cornelius ein viel bewußteres Überdenken dramatischer Gesetze als bei Heemstede. Aber Cornelius ist ein stiller Einspänner und kann nicht auf ein praktssch-literarisches Wirken wie jener zurück- schauen. Und so hat man denn auch, und das mit Recht, keine Rücksicht in der Beurteilung seines Dramas walten lassen, sondern man ist, wenn auch nicht immer glücklich, streng mit ihm ins Gericht gegangen. Auch in anderen Fällen möchte ich unseren Kritikern mehr Unparteilichkeit wünschen. Das Amt des Kritikers ist gewiß nicht immer das angenehmste. Der Kritiker muß sich manchen Gegner schaffen, nur weil er nicht gegen seine Überzeugung und zum Schaden der Sache schreiben will. Und das wird er nie wollen, wenn er sich bewußt bleibt, warum und zu welchem Zweck er Kritik übt. Es geschieht doch wahrhaftig nicht, um gutmeinenden Autoren das Leben sauer zu machen, noch um Philister mit literarischen Abschlachtungen zu ergötzen! Alle ehrliche Kritik be zweckt nur das eine: Dem kommenden Großen den Weg zu ebnen und mitzuwirken, daß dieser Große auch ein großes Geschlecht finde. Glücklicherweise hat das katholische Literaturschaffen in der letzten Zeit auch dem strengen Kritiker ermöglicht, positivere Töne an zuschlagen und auch dem Enthusiasmus sein Recht werden zu lassen, dem sich ein rechter Mensch immer lieber ergibt als allem, was mit Kritik im negativen Sinne zusammenhängt. Es sind zwar nicht die großen Formen der Dichtung, das Epos und das Drama, in denen dieses Schassen Früchte gezeitigt hat. Aber darauf kommt es zunächst auch gar nicht an. Das selbständige, lebensvolle Drama großen Stils hat in einer Zeit der Mischmaschkultur überhaupt keinen rechten Boden und setzt im besonderen eine Theaterkultur voraus, von der wir nicht einmal mehr Überreste, geschweige denn eigene Anfänge haben; und was das Epos betrifft, so fehlen dazu so gut wie alle objektiven Vor bedingungen. Immerhin dürfen wir auf dem Gebiet der dramatischen