144 Von „schaffenden Autoren" szenen in sieben dialogisch-dramatischen Teilen unmittelbar vor Augen zu führen. Eine seltsame Idee, daß der Dichter im Grunde nur der Redaktor des überlieserten Sagenstofses sei, den er nach Gesetzen künst lerischer Wirkung ordne, hat Kralik auch bei dieser Arbeit geleitet. Da nun die französische Revolution die reichste Quelle neuzeitlichen Sagen stoffes darstellt, versucht er sie dichterisch dadurch zu bewältigen, daß er alles, was ihm für den inneren Charakter der Vorgänge, Personen und Geschehnisse von wesentlicher Bedeutung zu sein scheint, aus Memoiren, Briefwechseln und ähnlichem ausliest und mit möglichstem Verzicht auf eigene Zutat in der Form von Dialogen ineinander arbeitet. So will es seine Theorie, und es ist erstaunlich, mit welch unverdrossenem Fleiß er dies alles ins Werk setzt. Aber das Ergebnis ist stets das nämliche. Alles Zusammenflicken von Teilen und Stücken gibt noch keine Dichtung. Die Teile und Stücke müssen schon selbst Poesie, der Rhapsode muß selbst ein Dichter sein, das aber ist mehr, als was der Name ursprünglich bedeutet: ein Zusammenfüger von Gesängen. Wenn wirklich die echte Dichtung wahrer ist als die Geschichte, so wird sich auch der echte Dichter nicht mit dem begnügen können, was zufällig überliefert ist; er wird vielmehr aus den Teilen das Ganze intuitiv erfassen und so in erhöhter Weise darzustellen trachten. Damit aber geht er weit über die Tätigkeit des Redaktors hinaus. Er wird ein Schöpfer. Will das besagen, daß er an dem Vorhandenen achtlos vorübergehe, daß er kein überliefertes, Gewordenes schätze und brauche? Mitnichten! Ein Er- dichter und Fabuliere! ist wahrlich kein Schöpfer; aber der Erneuerer, der Redaktor, der Rhapsode ist es noch weniger. Schöpfer sein, heißt lebendigmachen, heißt den Dingen eine Seele einhauchen. Bis heute ist durch den Anhauch des Kralischen Geistes nichts lebendig geworden. Die allegorienhaften Vorspiele der Heptalogie sagen deutlicher als alles, daß in dem Dichter Kralik sogar die letzte Fähigkeit zu einem auch nur Scheinlebendigen wie in seinem „Maximilian" erloschen ist. Ich sehe und schätze in Kralik vor allem den Anreger. Hier lag seine eigentliche Bedeutung von Anfang an. Sein „Kunstbüchlein" insbesondere könnte vielleicht noch einmal berufen sein, Wirkungen aus zuüben. Es gehört zum Charaktervollsten, was in neuerer Zeit über Dichtkunst geschrieben worden ist. Eine gründliche und auch kritische Auseinandersetzung mit vielen Gedanken darin würde zur besseren Er kenntnis dessen, was große Dichtung ist, gewiß Manches beitragen. Wer jedoch von den jüngsten Leistungen des Ästhetikers Kralik auf die