Volltext Seite (XML)
140 Von „schaffenden Autoren" Prosa, geschweige denn in Versen eines lyrischen Gesamtkunstwerkes er träglich sind. Von allen religiösen Liedern und Gedichten weiß ich keines, das z. B. Cordula Peregrin« nicht ebensogut oder sogar noch besser machen würde. Andere tragen direkt das Stigma des Dilettantismus an sich, und man steht wirklich vor einem wahren Rätsel, wie ein Mann von der geistigen Bedeutung Kraliks so etwas, obendrein noch mit einer solchen Vorrede drucken lassen konntet) Auch der Epiker Kralik macht eine wesentlich höhere Einschätzung schwer. Wie seine Weihelieder, so gewinnen auch seine epischen Versuche Relief und Bedeutung nur auf dem Hintergrund der Theorien Md Programmsätze des Kulturphilosophen. In diesem Sinne ist manches ganz zweifellos beachtenswert und bedeutend. Tritt man jedoch unabhängig von diesem Gedanken an das einzelne heran, so wird vieles nicht nur unbefriedigend, sondern auch direkt ungenießbar bleiben. Das gilt nicht bloß von der erneuerten „Gralsage" (1907), sondern zum Teil auch von dem deutschen „Götter und Heldenbuch" (6 Bände, ohne Jahr) und dem Heldengedicht „Prinz Eugenius" (1896). Es sind Stoffsammlungen in gereimter Form, und hätte Kralik sie bloß als solche ausgegeben, man würde dem Fleiß, der Umsicht, der liebevollen Vertiefung in den Schatz halb vergessener Sagen und Volkslieder nur Anerkennung gezollt haben. Aber Kralik will mehr; er wjll in diesen Werken als Epiker, als Dichter erkannt und gewürdigt sein. Im Vorwort zu dem Heldengedicht „Prinz Eugenius" spricht er von sich als einem „vom heiligen Wahnsinn" Ergriffenen, der, „die erhabenen Schauer des Geschickes begeistert besingt, am ehernen Waffengerassel, schmerzvollen Todesstöhnen, blutigem Kriegsmord sich freut, daß er seine Wonne in selbstvergessenem berauschenden Miter- leben des Unerhörten zu finden glaubt, nicht achtend des warmen 1) Zum Beweis hier nur die zwei ersten Strophen eines größeren Gedichtes „Heim": Ein Vöglein fliegt wohl waldeinwärts über Strom und Gefilde von hinnen. Dies Vöglein, es ist mein Gedanke, mein Herz, Mein Trachten, mein Sehnen und Sinnen. Es ist meine Liebe zu Hain und Heid, Zum Walde, der mich einst geboren, Zur Stätte, die traulich vor aller Zeit Meine Seele sich auserkoren usw.