2 Der Eintritt der Katholiken in die Literatur heute die Früchte dieser Bewegung ernten in der Form eines wie nie zu vor lebendigen literarischen Bewußtseins, so verdanken wir dies also weniger der geistigen Arbeitsleistung unserer katholischen Vorfahren, die zum Teil durch andere Sorgen in Anspruch genommen waren, als viel mehr der ideellen Anziehungskraft des Katholizismus. Die deutschen Katholiken fingen erst an auch für die Literatur Interesse zu gewinnen, als diese die Sache der Religion zu der ihrigen machte. Tarin liegt ein bezeichnender Zug; doch kann er den Katholiken in jener Zeit nicht zur Unehre gereichen. Seichte Aufklärerei und nüch terner Rationalismus hatten die weitesten Kreise in religiöse Gleichgültig keit geworfen. Im Gegensatz hierzu erschöpfte sich bei den Katholiken das ganze Interesse in der Religion. Teilnahme für außerreligiöse Bestrebungen empfanden sie erst dann, als diese in den Lichtkreis des Religiösen eingetreten waren. Man wird dieser Geistes- und Gemütsverfassung mit Rücksicht auf die Zeitlagc Bewunderung und Anerkennung nicht zu versagen brauchen, und doch ablehnen dürfen, sie als vorbildlich anzusehen. Schon die Ein seitigkeit in der Erfassung des religiösen Ideals, seine Einschränkung auf die Pflege des übernatürlichen, dem sich alles Natürliche nicht bloß dienend unterzuoUmen, sondern in innerer wie äußerer Gebunden heit zu ergeben habe, läßt sie als unzureichend erkennen. Dennoch herrschte sie lange und macht bis auf den heutigen Tag ihren Einfluß im weitesten Umfang fühlbar. Aber diesem für eine hingebungsvolle Pflege von Kunst und Lite ratur wenig günstigen Zustand gesellte sich bald ein zweiter, der allem ästhetischen Schaffen direkt entgegengesetzt war. Ich meine jene Kampfstimmung, die sich unmittelbar an das Kölner Ereignis, an die Vorgänge in der Oberrheinischen Kirchenprovinz und andere kirchliche Emanzipationsbestrebungen anschloß. Diese Kampfstim mung war vorübergehend notwendig. Wie anders hätte das Selbstbe- wußtsein der Katholiken, das in den Tagen der josephinischen Aufklärerei im Dusel eines Humanitären Allerweltschristentums ohne Kraft und Saft eingeschlummert war, wiederbelebt werden können, als in der Zu sammenfassung aller Kräfte auf dies eine Ziel. War doch dies Selbst bewußtsein die Voraussetzung jeder Friedensarbeit. Was damals ein Görres und seine Mitkämpfer im Sturmwind gesät haben, so daß der Samen über die Lande getragen, bald allenthalben keimte, — dieser Arbeit und den aus ihr erwachsenen Siegen im „Kulturkampf" der--