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Hiernach ergeben sich, je nach der Bedingung, unter welcher die Lieferung von Seiten des Verlegers zu geschehen hat, die ver schiedenen Arte n der Versendung an die Sortimentshandlung: 1) fest (auf feste Rechnung); 2) gegen baar (gegen Nachnahme des Betrags); 3) s Cond, (auf Rücksendung); 4) pro nov. (als Neuig keit); 5) pro contin. (als Fortsetzung); 6) als Rest (ohne Berech nung). Bezüglich des letzterwähnten Verhältnisses ist noch zu be merken, daß eine Lieferung „als Rest" sich immer auf eine früher crtheilte Berechnung bezieht; wenn nämlich der Verleger bei der ersten Abtheilung eines Werkes den Betrag für mehrere Abtheilungen berechnet hatte, so wurde auf der betreffenden Factur bemerkt, wie viele Abteilungen ohne Berechnung nachzulicsern sind, d. h. Rest geschrieben werden. Restschreibungen kommen namentlich bei Jour nalen und Zeitschriften vor, die in bestimmten Zwischenräumen mit Vorausberechnung in Nummern oder Heften erscheinen. Die buchhändlerischc Versendung wird durch das buchhändler ische Commissionsgeschäft vermittelt. Auf diesem Commis sionswesen beruht wesentlich die Organisation des deutschen Buch handels, und es muß daher bei der Erörterung des Geschäftsganges die Eigenlhümlichkeit dieses Geschäfts näher beleuchtet werden. Die einzelnen Buchhandlungen stehen mit einander in unmit telbarer, auf den gleichen Bedingungen beruhender Rechnungsvcr- bindung ohne Zwischenhändler. Daher erklärt sich die Gleichmäßig keit der Bücherprcise in ganz Deutschland; daher die Leichtigkeit und Sicherheit, womit Bücher, welche in dem entlegensten Winkel des von dem deutschen Buchhandel über mehr als das halbe Europa ausgespannten Netzes erscheinen, an jeden beliebigen Ort befördert werden. Hiemik hängt zusammen, daß alle neuen Erscheinungen im ersten Jahr durch den ganzen Bereich des deutschen Buchhan dels „als Neuigkeit" versendet werden- Der Verleger verpackt zunächst die für jede Sortimenlshand- lung bestimmte Sendung an ihre Adresse und legt dem Packele die Factur bei, welche den Absender und dessen Wohnort, die Zeit der Absendung, den Inhalt der Sendung und den Ladenpreis genau angibt. Der Preis wird ordinär oder netto berechnet. Ist der Preis „ordinär" angesctzt, so zieht der Sortimcntshändler, wenn er das Werk behält, den Rabatt ab, welcher meist 33*/z Procent beträgt, häufig aber — und namentlich bei Zeitschriften, Kupfer- Werken u. dgl. — mit nur 25 Procent oder einem noch geringeren Betrage bewilligt wird. In einzelnen Fällen ist der Rabatt auch ein größerer. Namentlich ist cs im Musikalienhandel Gebrauch, 50ProccntRabattan alle diejenigen Handlungen zu gewähren, welche im regelmäßigen Verkehr milden Musikalicnverlegcrn stehen'"). Ist hingegen der Preis „netto" ausgcworfcn, so muß beim Verkauf der Rabatt darauf geschlagen werden, um den Ladenpreis zu formiren. Will man nun wissen, wie viel ein Netto-Artikel mit 25 ProccntRabatt in Ordinär kostet, so rechnet man den dritten Theil dazu; z. B. ein Werk mit 25 Procent Rabatt in Netto zu vier Thalern fünfzehn Ncugroschen ausgeworfen l hierzu mit 1 Thlr. 15 Gr.) kostet sechs Thaler ordinär. Die meisten Handlungen werfen auch die sog. Ordinär-Artikcl gleich in Nettopreis auf der Factura aus (damit bei der jährlichen Abrechnung mit Rabattabzug und -Berechnung nichts mehr zu thun ist), worauf man (bei 33'/, Procent Rabatt) alsdann noch die Hälfte des Peises schlagen muß, um den ordinären Preis zu bestimmen; z. B. ein Werk mit 33'/s IO) Wengler, Usancen - Codex S. 53. Einige Musikalicnverlegrr erpediren jedoch nur dann mit 50>)h Rabatt, wenn sich der Abnehmer verpflichtet, entweder für eine bestimmte Summe jährlich zu beziehen, oder auch, wenn er in einem Ercmplar die Jahresnova des Verlegers fest behält. Peocent Rabatt in Netto zu sechs Thalern ausgeworfen (hiezu die Hälfte mit 3 Thalern) kostet neun Thaler ordinär "). Außer dem Rabatt gewährt der Verleger häufig dem Sorti- mentshändlcr noch gewisse Fr ci exc mp l arc, welche man auch als Erhöhung des Rabatts betrachten kann "). Sind nun die Packete mit solchen Facturen versehen, so wer den sie in Ballen verpackt, und diese, wenn z. B. der Verleger in Berlin wohnt, an dessen Commissionär nach Leipzig versendet, wo jede namhafte Sortimentshandlung auch ihrerseits zur Besorg ung ihrer Angelegenheiten ihren Commissionär hält. Der Commis sionär des Verlegers vergleicht nach Einlauf der Sendung die ver schiedenen Beischlüsse mit der von seinem Committenten empfange nen Angabe, und läßt sie sofort an die Commissionäce der Adressaten vertheilen Jeder dieser Commissionäre sammelt nun wieder, was für seine Committenten eingcht, und sendet es ihnen zu , und zwar entweder mit Post- oder mit Fuhrgelegenheit, je nachdem sie es ver langen oder die einzelnen Packete bezeichnet sind. Der Leipziger Verleger braucht in Leipzig keinen Commissionär; er gibt seine Packete an die Leipziger Commissionäre der Sortiments handlungen (beziehungsweise an die Sortimentshandlungcn am Platze). Wie es der Verleger mit den Packetcn hält, so verfährt ähn lich der entfernte Sortimcntshändler mit den Vc rlangzctte ln. Während nämlich früher die Sortimentshändler auch von älteren Werken Lager hielten, pflegen sie diese Artikel jetzt bei Vorkommen-* dem Bedarf von den Verlegern zu verschreiben. Die Verlangzettel, welche sich an die verschiedenen Verleger wenden, sendet der Sorli- mentshändler (welcher nicht an dem Orte des Verlegers oder an dem Commissionsplatze wohnt) an seinen Commissionär nach Leipzig; dieser vertheilt sie an die betreffenden Verleger am Platze und an die Commissionäre der auswärtigen Verleger. Die Letzteren halten von den gangbaren Artikeln ihres Verlags Commissionslagcr in Leip zig, welche sie ihren dortigen Commissionären anverlrauen, um durch diese die eingehenden Bestellungen ausführcn zu lassen "). Zu die sem Behuf übergibt der Verleger seinem Leipziger Commissionär eine Auslieferungsliste, d. h. ein Vcrzcichniß derjenigen Sor- timcntshandlungen, welche Credit bei ihm genießen, auf deren Ver- langzeltel daher sofort ausgelicfert werden soll. Die Auslieferungen werden nun wieder den Commissionären stbergeben, deren Commit tenten sie verlangt hatten. Am Ende der Woche oder des Monats fertigt der auslicfernde Commissionär eine Liste über seine Ausliefer ungen") und schickt sic mit den Originalverlangzetteln seinem Com- millenten ein. Ist das verlangte Werk nicht auf dem Leipziger Lager, so wird der Zettel zur Expedition dem Verleger eingesendet. Die Auslieferungen seines Commissionärs trägt der Committent auf die Rechnung der Empfänger, gerade als ob er selbst sie gemacht hätte. Der Commissionär handelt bei dem Ausliefern nur im Auf- II) Vgl. Hopstei» a. a. O. S. 41 ff. IS) Namentlich kommen auf 6 Eremplare I Freiexemplar, auf 24 Exemplare 3 Freiexemplare vor. Die Bezeichnung dieses Verhältnisses in Factura ist 7/6, 27/24. 13) Bestellt z. B Jemand in Trier bei einer Sortimentshandlung 4 ein Buch, welches bei U in Königsbez-g erschien, so sendet an seinen Commissionär D in Leipzig einen offenen Zettel, auf welchem er von dem KbnigSbcrger Verleger ö jenes Buch verlangt; D läßt diesen Zettel dem Leipziger Commissionär I) des Kdnigsberger Verlegers H zukommen, und 1> schickt nun an D ein Packet für A mit Factur, ausgestellt im Namen von U, welcher für das verlangte Buch nach erhaltener Mitlheil- ung von 1> den Conto des 4 belastet. 14) Luch diese Liste nennt man AuSlicferungSliste. Wengler, Usancen-Coder S. 6. Dagegen AuSlicfe rungsbuch ist dasjenige Buch des Verlegers, worin er (in chronologischer Ordnung) notirt, was er von seinem Verlage selbst ausgeliefert hat, oder was sein Commis sionär laut Luslieferungslisten für ihn erpedirte.