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Nichtamtlicher Teil. Internationaler Verleger-Kongretz. Siebente Tagung. Amsterdam, 18.—22. Juli 1910. Die Tagung wurde am 18. Juli, vormittags 1011 Uhr, in der Unioersttötsaula vom Vorsitzenden, Herrn van Stockum jr, Verleger im Haag, mit der Mitteilung eröffnet, daß die Regierung den Gesetzentwurf, der Holland zum An schluß an die Berner Union ermächtigen soll, fertiggestellt hat und den Generalstaaten einreichen wird. Die Mitteilung erregte großen Beifall, obgleich aus manchem bekannten Ge sicht sich die Sorge der Skepsis hinsichtlich der Aufnahme, die dieser Entwurf in den Kammern finden wird, und hin sichtlich des Zeitpunktes dieses Beitrittes widerspieg-lle. Unter den Begrüßungsreden der Vertreter der verschiedenen Nationen zeichnete sich durch Wärme und Gehalt diejenige des Herrn Meiner (Leipzig) aus, die wir — als bestes Stimmungsbild aus der Eröffnungssitzung — vollinhaltlich mitzuteilen in der Lage find; sie lautet mit der kurzen Umrahmung in französischer Sprache, deren sich die meisten Redner bedienten, folgendermaßen: »-ln vom äs In Looiötä äss säiisvrs allsmanäs st äu Rosrssvvsrsiv äss librairs» allsmauäs, j ai I'konnsui' äs salnsr Is ssptidms Oongrds iutsrnatlonal äss ääitsars st äs rsmsroisr ls klsäsrlanässbs Ilitgsbsrbonä st la Vsrssniging tsr Rsvoräsring van äs Lslaugen äss Loslrdanäsls äs sss prsparatiks maAnitiguss st äa bon asousil gus nous avons »Die Grundtugenden eines Verlegers sind Vertrags treue, Gewissenhaftigkeit und Idealismus. Diesen drei Eigenschaften find Sie nach jeder Richtung hin gerecht geworden: Sie haben die Ihnen in Madrid übertragene Aufgabe, einen internationalen Kongreß im Jahre 1910 nach Amsterdam zu berufen, treu erfüllt und mit einer Gewissenhaftigkeit gearbeitet, daß wir die Rapports schon vor länger als acht Tagen daheim in Empfang nehmen konnten. Ja, Ihre Gewissenhaftigkeit und Pünktlichkeit ging so weit, daß wir die Ansprache, die der Präsident Herr van Stockum uns vor wenigen Minuten gehalten hat, jetzt schon gedruckt in Händen haben. Das wäre alles nicht möglich gewesen, wenn Sie nicht auch mit freudigem Idealismus an Ihre mühevolle Arbeit gegangen wären. Diese Gewissenhaftigkeit und diesen Idealismus bitte ich Sie auch fernerhin zu be obachten. Wir haben mit der allergrößten Freude ge hört, daß die Regierung beschlossen hat, ein Gesetz ein zubringen, daß die Niederlande der Berner Konvention angeschlossen werden. Wir find hierdurch auf das angenehmste berührt worden. Der Rapport, den Herr Leclerc aus Paris vortragen wird, beschäftigt sich ja hiermit, und ich sage wohl nicht zuviel, wenn ich behaupte, daß alle ausländischen Kongreß teilnehmer die Wünsche des Herrn Leclerc teilen. Wir wissen freilich auch, welche Schwierigkeiten sich Ihnen bisher und jetzt noch in den Weg stellen, um das von der Mehrzahl von Ihnen gewünschte Ziel zu erreichen. Mag der Kongreß dazu beitragen, auch Ihr Land der großen Vereinigung anzugliedcrn, der jetzt säst alle Kulturstaaten angehören. -Aber noch viele andre Aufgaben fallen einem inter nationalen Verleger-Kongreß zu. »Der Satz von der rücksichtslosen Selbstbckämpfung im Kampfe ums Dasein ist noch nicht Anfang und Ende aller wirtschaftlichen Weisheit; die ganze staatliche Volks wirtschaft ist darauf angewiesen, daß alle einzelnen Berufsstände sich fühlen als die lebendigen Glieder eines Organismus, und es ist gerade ein Verleger-Kongreß dazu angetan, auch der Außenwelt zu zeigen, daß diejenigen Kaufleute, die die kostbarsten Waren, nämlich die Geistes produkte vertreiben, aus allen Nationen sich zusammen finden zur gemeinschaftlichen Besprechung der uns alle bewegenden Fragen, nicht aus eigennützigen Interessen, sondern um sich opferfreudig in den Dienst des großen Ganzen zu stellen. »Ein internationaler Verleger-Kongreß in Holland hat für die friedliche Tätigkeit seiner Besucher die besten Voraussetzungen, da im Haag der Sitz der Friedenskongreffe ist und Holland Wert darauf legt, mit allen Nationen in den freundschaftlichsten Beziehungen zu stehen. Nament lich wir Deutsche fühlen uns zu Holland besonder? hin gezogen als Stammesverwandte und Vettern, die nicht nur durch dieselbe Rasse, sondern auch durch dieselbe Bildung und Sprache eng miteinander verbunden find. tsrmins bsursussmsnt sss travaur so rsaiisLvt Iss sspäraaoss gus nous konäoas sur lui, st ssla »ussi bisn äans aotrs proprs lntsrdt gus äavs oslai äss iässs äs proArds äout nous sommss Iss xropsA»tsurs.« Der Kongreß nahm am Dienstag (19. Juli) morgens die Sektionsarbeiten auf, die an diesem und am folgenden Tage sehr lebhaft gefördert werden konnten und worüber noch berichtet werden soll. Fritz Reuter und seine Verleger. Von vr. W. Ahrens. Der erste Verleger, der den Mut hatte, etwas von Fritz Reuter zu verlegen, war der Dichter selbst. Er ist zugleich das klassische, weil so seltene Beispiel des auf den ersten Wurf erfolg reichen Selbstverlegers. Das erste Werk, die »Läuschen un Rimels I«, das der frühere Jurist, Staatsgefangene und »Strom« (Landwirt), der damalige Privatlehrer Reuter in dem Pommer- schen Städtchen Treptow — neben sechs bis acht täglich für ein Stundenhonorar von 25 Pfennig erteilten Unterrichtsstunden — geschrieben hatte, hatte niemand auf eigene Gefahr in Verlag nehmen wollen; in Anklam, in Neubrandenburg hatte der Dichter vergeblich angeklopft. Doch der Beifall, den die Sachen beim Vor trag im Freundeskreise gefunden hatten, hatte dem Verfasser selbst Mut gemacht. »Ich geb's im Selbstverlag heraus,» sagt er zu seinem »Lowising«; »Justizrat Schröder« — »der große Borger«, wie er ihn später genannt hat — »leiht mir zweihundert Taler zum Druck, die Kosten werden gedeckt; heut mittag gleich fahr ich nach Neu brandenburg zur Druckerei.« Zurück kommt er mit der Nachricht, daß er — statt der anfänglich geplanten 600 — gleich 1200 Exem plare drucken läßt; entsetzt meint Frau Luise freilich, er stürze sich in Schulden. Bald ergehen nun die Anfragen an die mecklen burgischen und pommerschen Handlungen, begleitet jedenfalls von Aushängebogen. Während die Vorrede des Buches vom 18. Ok tober 1853 datiert ist, kann der Verfasser schon am 16. Oktober seinem Drucker Mitteilen, daß der Buchhändler Leopold in Rostock bereits 200 Exemplare bestellt hat. »Ich glaube, wir hätten klug getan, wenn wir 2000 Exemplare gedruckt hätten.« Nun erfolgt die Versendung der — zumeist noch ä cond. — bestellten Exemplare. Tagelang packt Frau Luise und bearbeitet das steife Packpapier mit dem Zuckerhammer, während Fritz daneben sitzt und die Begleitbriefe schreibt, siegelt usw. »Laß dich's nicht verdrießen, Luising,« ruft er ihr zuweilen zu, »wenn's auch Quesen (Schwielen) gibt. Kriegst'n neu' Seidenkleid!« Auch einer der Privatschüler Reuters, Rubenow, half bei diesen Arbeiten des Selbstverlegers gern mit, und Reuter entdeckte hierbei in dem Ge hilfen den Beruf zum Buchhändler. »Sie sind ein regelrechter 1108*