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3330 Börsenblatt f. d. Dlschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. ^ 73, 1. April 1913. Die von der Hauptversammlung des Vorjahres beschlossenen Reformen des Börsenblattes sind noch zu neu, um ein abschließen des Urteil darüber abgeben zu können. Jede Reform hat ihre Anhänger und Gegner, und so hat auch die Reform des Börsen blattes nicht bei allen Mitgliedern Zustimmung gefunden. Wäh rend die Hauptreformen erst am 2. Januar 1913 in Kraft getreten sind, konnte schon vom I. Juli 1912 ab das Börsenblatt durch Postüberweisung bezogen werden. Die bei den letztjährigen Verhandlungen ausgesprochene Be fürchtung, es könnten Austritte aus dem Börsenverein wegen des erhöhten Jahresbeitrags erfolgen, hat sich erfreulicherweise nicht erfüllt; im Gegenteil überwiegen die Neuaufnahmen bei weitem. Der von der Kanlateversammlung 1911 eingesetzte autzer- ordentliche Ausschuß zur Revision der Verkaufsordnung hatte sich außerstande gesehen, der Hauptversammlung 1912 einen adgeän- derten Entwurf der Verkaufsordnung für den Verkehr des Deut schen Buchhandels mit dem Publikum vorzulegen, da die Neu fassung der bekannten 88 10—12 außerordentliche Schwierigkeiten bereitete. In einer Sitzung des Ausschusses des Deutschen Ver- legerbcreins zur Beratung dieser Paragraphen am 21. Juni 1912 in Leipzig ist es indessen gelungen, den Schwierigkeiten durch Be ratung geeigneter Einzelfragen näherzukommen. Daraufhin konnte der außerordentliche Ausschuß des Börsenvereins zur Revision der Verkaufsordnung unter Berücksichtigung der Beschlüsse einer Unter-Kommission zur Beratung einer Fassung der 88 10—12 der Verkaufsordnung, die am 15. Oktober 1912 stattgefunden hatte, den Entwurf einer abgeänderten Verkaufsordnung in einer Sitzung vom 12. November 1912 beschließen. Nach Beratung des Entwurfs in einer Redaktionskommission und im Vorstand des Börsenvereins sind die Änderungen nebst einem Bericht des außerordentlichen Ausschusses im Börsen blatt Nr. 50 vom 3. März 1913 veröffentlicht worden. Es war von vornherein vorauszusehen, daß der Entwurf nicht alle Wünsche erfüllen kann. Dies gilt nicht nur für die des Sortiments, sondern in gleicher Weise auch für die des Verlags. Beide Jnteressentengruppen mögen aber berücksichtigen, daß der Börsenverein seinen Aufgaben entsprechend gleichmäßig die In teressen aller Gruppen zu wahren hat, und daß deshalb die in ihm vereinigten Buchhändler billigerweise auf einander Rücksicht nehmen sollten. Er richtet daher an alle seine Mit glieder die herzliche Bitte, einander Verständnis entgegenzubrin gen und sich auf den Standpunkt wahrer Kollegialität zu stellen, denn nur dann wird die Verkaufsordnung der Erhaltung eines gesunden Deutschen Buchhandels dienen können, nur dann als segensreich und nicht bloß als lästiger Zwang empfunden werden. Die Schaffung einer Internationalen Berkaufsordnung ist auch im Berichtsjahr Gegenstand eines Briefwechsels mit dem Präsidenten des Internationalen Verlegerkongrcsses gewesen, in den buchhändlerischen Fachzeitschriften, so auch im Börsenblatt, ist sie wiederholt behandelt worden. Der Vorstand kann von seinem auf gründlicher Beratung und Erfahrung beruhenden ab lehnenden Standpunkt, den er schon öfters, insbesondere im vor jährigen Geschäftsbericht dargelegt hat, nicht abgehen. Er be findet sich dabei im Einklang mit dem Vorstand des Deutschen Verlegervereins und dem Ergebnis einer Besprechung, die er im Jahre 1911 mit den Vorsitzenden der Kreis- und Ortsvereine ge habt hat. Die Sache wird voraussichtlich den diesjährigen Interna tionalen Verlegerkongreß in Budapest beschäftigen. Die Befolgung derBerkausSbestimmungen der Kreis- und Orts- vereine wird vielfach dadurch erschwert, daß sie der erwünschten Übersichtlichkeit entbehren. Der Vorstand hat infolgedessen beschlos sen, eine tabellarische Übersicht der in den verschiedenen Vereins gebieten geltenden Verkaufsnormen aufzustellen. Um das Mate rial dafür zu gewinnen, wurde an die Vorstände der einzelnen Kreis- und Ortsvereine ein Tabellenschema versandt, in dem die geltenden Verkaufsbestimmungen der einzelnen Kreisvereinsge biete sowie alle Ausnahmen und Abweichungen einzutragen sind. Die Zusammenstellung befindet sich in Arbeit, wird aber voraus sichtlich noch im Laufe des Sommers veröffentlicht werden können. Leider sah sich der Vorstand auch auf dem Gebiete der Verkaufsbestimmungen zu einer Eingabe, und zwar an das Grotzherzogliche Ministerium des Innern in Darm stadt veranlaßt, um es zur Aufhebung einer Verfügung zu veranlassen, durch die den Seminar- und Kli niks-Bibliotheken und den sonstigen Insti tuten der Universität Gießen ausgegeben worden war, bei Bücherlieferungen den gleichen Rabatt zu verlangen, wie er der Universitätsbibliothek zulässiger Weise gewährt wer den darf. Das Ministerium hat darauf geantwortet, daß es nach nochmaliger Prüfung aller einschlägigen Verhältnisse die Grotz herzogliche Oberrechnungskammer in Darmstadt benachrichtigt habe, daß der höhere Rabattsatz für die Lieferungen der Gietzener Sortimenter an die Universitätsinstitute nicht durchführbar sei. Unsere Eingabe hat sonach den erhofften Erfolg gehabt. In dem Prozeß der Buchhandlung des Verbandes der Arzte Deutschlands zur Wahrung ihrer wirtschaftlichen Interessen ge gen den Börsenverein hat das Reichsgericht die Revision des Börsenvereins gegen das ihn verurteilende Erkenntnis des Ober- landesgerichls Dresden verworfen und damit endgültig festge- slellt, daß die genannte Verbandsbuchhandlung nicht zu den Buchhandlungen zu rechnen ist, die den erzielten Gewinn an ihre Mitglieder bzw. Abnehmer in einer Weise verteilen, die einer Gewährung von unzulässigem Rabatt gleichkommt. Der Vorstand war infolgedessen gezwungen, dies den Mitgliedern des Börsenvereins und den verbündeten Verlegern durch besonderes Rundschreiben bekanntzugeben. Das Urteil hat den Vorstand nicht von seiner Überzeugung abbringen können, daß die sogenannten Verbandsbuchhandlungen eine schwere Gefahr für den deutschen Buchhandel bedeuten, und daß es unbedingt seine statutarische Auf gabe sein muß, sie auch weiterhin mit allen zulässigen Mitteln zu bekämpfen. Er hofft, daß die Mitglieder ihm gern die dazu er- forderlichen Mittel zur Verfügung stellen werden und hat des halb beschlossen, einen Parallelprozeß der Werkmeisterbuch handlung in Düsseldorf gegen den Börsenverein durchzu führen, trotz jenes Erkenntnisses des Reichsgerichts. Dieses dürste im übrigen seines Erachtens die Möglichkeit bieten, durch eine Änderung des 8 3 der Berkaufsordnung solche Unternehmungen wie die Ärztebuchhandlung dennoch treffen zu können. Die Klagen des Sortiments über die Konkurrenz der nicht angeschlossenen Warenhäuser dauern fort. Es ist zwar gelungen, eine Anzahl von gewerbsmäßigen Warenhausvermittlern zu fas sen und, soweit möglich, unschädlich zu machen, der Vorstand meint aber, daß vom Verlagsbuchhandel noch schärfere Kontrolle der Empfänger seiner Lieferungen geübt werden könnte; insbe sondere müßten bei den geringsten Zweifeln eine hohe, sicherzn- stellendc Konventionalstrafe und Unterschrift eines entsprechenden Reverses ausbedungen werden. Auch im Berichtsjahr konnte der Vorstand eine neue buch- händlerische Vereinigung in Rheinland-Westfalen, die Buch händler-Vereinigung des Rheinisch - Westfälischen Industrie gebiets, begrüßen. Bei der Beglückwünschung der Vereinigung wurde besonders zum Ausdruck gebracht, daß sie in steter Füh lung mit ihrem Kreisverein bleiben möge.