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Großenhainer Unterhaltung- L Anzcigeblatt. Amis^katt ller Königs Liick^lluptiuann^nst, K-s Königs Anäggericsis um! lies KiaäirMs zu Kroßmkmn Erscheinen: Dienstag, Donnerstag, Sonnabend. Inserate werden bis Tags vorher früh 9 Uhr angenommen. Abonnement vierteljährlich 1 Mark. Druck und Verlag von Herrmann Starke in Großenhain. Verantwort!. Redacteur: Herrmann Starke sen. Gebühren für Inserate von auswärts ^7 werden, wenn von den Einsendern nicht anders bestimmt, durch Postnachnahme erhoben. M. 131. Dienstag, de» 7. November 1882. 7H. Jahrgang. Bekanntmachung. Die auf den Monat September d. I. im Hauptmarktorte Großenhain festgestellten Durchschnittspreise für Marschfourage betragen: 6 M. 49 Pf. für 50 Kilo Hafer, 2 „ 75 „ ,, 50 „ Heu, ! „ 46 „ „ 50 „ Stroh. Großenhain, am 3. November 1882. Die Königliche Arntshauptmannschast. von Weiffenbach. Im Traugott Reutze'schen Gehöft zu Weßnitz kommen Montag, den 13. November 1882, Mittags 12 Uhr 2 Kühe gegen sofortige Bezahlung zur Versteigerung. Großenhain, am 2. November 1882. Der Gerichtsvollzieher beim Amtsgericht daselbst. Höpfner. Politische wettschau. Die Stille in der inneren Politik des deutschen Reiches wurde während der vergangenen Woche nur durch die Nach klänge an die Neuwahl des preußischen Abgeordnetenhauses unterbrochen. Wir wollen unsere Leser nicht noch weiter mit all' den Folgerungen belästigen, die sich fortdauernd an die Frage knüpfen, ob eine conservaliv-klerikale oder eine conservativ-liberale Mehrheit die künftige Stütze der Re gierung bilden wird. Da am 14. d. M. das neugewählte Haus zusammentritt, so ist ja die Zeit nahe, in welcher Thatsachen die Antwort geben werden. Wir erwarten, daß es dem Reichskanzler diesmal möglich werden wird, das Centrum an die Wand zu drücken, denn er hat das Blei gewicht desselben herzlich satt. Die Beleidigung des Pro testantismus in der Frage der gemischten Ehen hat so viel böses Blut gemacht, daß die Regierung der Unterstützung aller Parteien sicher sein kann, wenn sie Rom abtrumpft. Uebrigens hat das Wahlergebniß den Gedanken einer großen liberalen Partei völlig verschwinden lassen, zumal der An sturm der Radikalen gegen die gemäßigt Liberalen davon Zeugniß ablegt, in welch' eigenthümlicher Weise man auf fortschrittlich-secessionistischer Seite diesen Einheitsgedanken auffaßt. Dafür taucht jetzt das Project einer Mittelpartei, also einer Verbindung der gemäßigten Elemente von rechts und links, wieder lebhafter auf, welchem namentlich in den Spalten der freiconservativen Blätter das Wort geredet wird. Daß eine solche Verbindung sich als lebenskräftig erweisen würde, wollen wir nicht bezweifeln, da sich die Anschauungen der Nationalliberalen und der Freiconservativen in manchen Dingen begegnen. Trotzdem sind aber die Be ziehungen zwischen beiden Parteien noch nicht derartige, daß man die erwartete Mittelpartei so bald schon entstehen sehen sollte. — Was die Niederlage der Fortschrittler bei den letzten Wahlen anlangt, so wird dieselbe durch die Leiden Thatsachen wesentlich verschärft, daß das vielverschrieene preußische Wahlgesetz dem Fortschritt im Grunde günstig war, und daß die Regierung der Wahl gegenüber sich sehr zurückhaltend benahm. Beides wird von einem fortschritt lichen Blatt, der „Bresl. Ztg.", offen eingestanden. Sie sagt: „Da hilft kein Verschweigen und Vertuschen, sagen wir es nur offen heraus: die liberalen Parteien, und zwar Fortschrittspartei und Nationalliberale, haben eine ent schiedene Niederlage erlitten. Man erinnert an die Land- rathskammer der fünfziger Jahre, aber es ist ein Unterschied. Damals, unter Manteuffel-Westfalen, arbeitete die Re gierung selbst mit Hochdruck für die Eonservativen, ob die Mittel gesetzlich waren oder nicht, darnach wurde nicht gefragt; die Liberalen wurden in aller Weise verfolgt, die Eon servativen geschützt und befördert. Heute hat man von einer speciellen, so zu sagen persönlichen Einwirkung der Regierung n i ch t s gemerkt; die paar Artikel in der„Prov.- Corresp." können einen derartigen Umschwung in der Be völkerung nicht bewirkt haben. Die Blätter der eonservativen Partei haben allerdings auf die Wahlen eingewirkt, aber die Blätter der liberalen Partei nicht weniger und vielleicht noch mehr, kurz, der wirklich amtliche Einfluß, der in den fünfziger Jahren Alles machte, ist heute bis auf ein Mi nimum verschwunden. Das Volk selbst hat gesprochen." — Dem Bundesrat he ist ein Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung des Militärpeusionögesetzes vom 27. Juni 1871, zugegangen. Derselbe bestimmt im Wesentlichen Folgendes: Die Pension beträgt, wenn die Verabschiedung nach vollendetem zehnten, jedoch vor vollendetem elften Dienstjahre eintritt, und steigt von da ab mit jedem weiter zurückgelegten Dienstjahre um des pensionöfähigen Diensteinkommens. Ueber den Betrag von dieses Einkommens hinaus findet eine Steigerung der Pension nicht statt. Die Zeit, während welcher ein mit Pensionsansprüchen aus dem activen Dienst geschiedener Offizier oder ein im Offiziersrange stehender Militärarzt zu demselben wieder herangezogen worden ist und in einer staatsmäßigen Stellung Verwendung findet, begründet bei einer Gesammtdienstzeit von mindestens zehn Jahren mit jedem weiter erfüllten Dienstjahre den Anspruch auf Erhöhung der bisher bezogenen Pension, und zwar für die bis zum 1. Januar 1883 erfüllten Dienstjahre um je für die nach diesem Tage erfüllten Dienstjahre um je Vsc> des derselben zum Grunde liegenden pensionsfähigen Diensteinkommens bis zur Erreichung des Höchstbetrages. In der Begründung wird darauf hingewiesen, daß, nachdem durch die Novelle zum preußischen Beamtenpensionsgesetze eine Aenderung des preußischen Pensionsrechtes zu Gunsten der unmittelbaren Staatsbeamten herbeigeführt worden, die gleiche Vergünstigung wie den Reichsbeamten, so auch den Offizieren nicht vorenthalten werden dürfe, zumal bei Letzteren sich im Laufe der Zeit auch die Nothwendigkeit einer Auf besserung der Pensionen immer dringlicher fühlbar gemacht habe. Diese Nothwendigkeit werde vor Allem bedingt durch die Thatsache, daß die Eigenthümlichkeit des Militärdienstes die Felddienstfähigkeit so frühzeitig absorbirt, daß nur ver- hältnißmäßig Wenige das Maximum der Pension erreichen könnten. Die entstehende Mehrausgabe würde sich für die unter preußischer Militärverwaltung stehenden Contingente auf etwa 2,305,OM M. belaufen, aber erst nach einer längeren Reihe von Jahren, während für das erste Jahr nur etwa 131,5M M. erforderlich wären. In Oesterreich boten die Erklärungen der Minister in den Delegationen einige interessante Momente. Zunächst beantwortete der Minister des Auswärtigen, Graf Kalnokh, eine Interpellation bezüglich der Erwiederung deö Besuches des italienischen Königspaares in Wien. Der Minister hob hierbei hervor, daß er dem Kaiser deshalb davon ab- gerathen habe, dem italienischen Königspaare einen Gegen besuch in Rom zu machen, weil die Gefahr nahe lag, daß in Anbetracht der außerordentlichen Verhältnisse in Rom die Anwesenheit des österreichischen Herrschers leicht zu un liebsamen politischen Demonstrationen hätte Anlaß geben können. Ein anderer Ort zur Zusammenkunft der Mo narchen sei aber vom italienischen Ministerium nicht be stimmt und deshalb der Gegenbesuch Kaiser Franz Josefs vertagt worden, doch habe die Vertagung dieses Projectes in den freundschaftlichen Beziehungen zwischen Oesterreich und Italien keineswegs Veränderungen hervorgerufen. Weiter gelangte das in letzter Zeit ziemlich gespannt gewordene Verhältniß zwischen Oesterreich und Montenegro zur Sprache, wobei Reichsfinanzminister Kalleh die interessante Erklärung abgab, er habe sich aus eigener Anschauung überzeugt, daß die Herzegowazen nicht wünschten, von Montenegro annectirt zu werden. Den Bundcsrath in der Schweiz hat die Entdeckung, daß das Comit^, welches den Ausbruch der jüngsten anar chistischen Bewegung in Frankreich veranlaßte, seinen Sitz in Genf hat, nicht kalt gelassen. Der Bundesrath wandte sich vielmehr an die Genfer Regierung um Aufschluß in dieser Angelegenheit, doch wäre es voreilig, hieraus einen Schluß auf ein bevorstehendes energisches Einschreiten der Schweizer Bundesregierung gegen die in Genf domicilirten Häupter der internationalen socialistischeu Liga zu ziehen, zumal ein derartiges Ansinnen an die Schweiz noch von keiner Seite gestellt worden ist. Es heißt indessen, daß Frankreich gesonnen sei, sich wegen des revolutionären ComiteS in Genf an die Bundesregierung mit Vorstellungen zu wenden; vielleicht hat der Bundesrath durch die Initiative, die er in dieser Angelegenheit ergriffen hat, dem vorbeugen wollen. — Nach einer anderen wichtigen Nachricht aus der Schweiz hat der deutsche Arbeiter-Verein in Bern, der lange Zeit hindurch ein Tummelplatz der anarchistisch revolutionären Elemente gewesen ist, in seiner letzten Generalversammlung seinen Austritt aus der Londoner Internationale erklärt und die Filiale der Most'schen „Frei heit" abgeschafft. Dieser Beschluß wurde mit 50 Stimmen gefaßt, nachdem zuvor 30 Mann der Londoner Richtung den Saal verlassen hatten. Die Neuwahlen zur italienischen Deputirtenkammer haben einen glänzenden Sieg der ministeneUUberalen Partei ergeben und damit die Stellung des CabinetS Depretis weiter gekräftigt. Im Allgemeinen spricht sich die italie nische Presse, sofern sie nicht entschieden radical oder kle rikal ist, zufrieden mit dem Resultate der Wahlen aus, in welchem sie mit Recht eine Bürgschaft für eine gesunde Fortentwickelung der inneren Verhältnisse Italiens erblickt. — Am päpstlichen Hofe werden gegenwärtig fleißig Jn- triguen gegen Deutschland gesponnen, deren Zweck dahin geht, den Fürsten Bismarck vollends in die Gewalt zu bekommen. Das heißt nämlich, es wird in Rom Alles gethan, den deutschen Kanzler zu zwingen, die Oberhoheit des Papstes nicht nur formell, sondern auch thatsächlich anzuerkennen. Die Niederlage der Liberalen bei der preu ßischen Abgeordnetenwahl will sich der Vatican nicht ent gehen lassen, ohne den Reichskanzler Verlegenheiten zu be reiten. Deshalb ist an das Centrum die Ordre ergangen, nur gegen gewisse Zugeständnisse für Bismarck's volkswirth- schaftliche Vorlagen zu stimmen. Die sociale Bewegung in Frankreich, die täglich an Umfang und Vertiefung gewinnt und den Ausbruch einer offenen communistisch-anarchistischen Revolution in er schreckender Nähe als kaum mehr zu vermeidende Gefahr zeigt, muß auch in den Nachbarländern erhöhte Aufmerk samkeit wieder auf die große weltbewegende, alle anderen an Wichtigkeit überragende Arbeiterfrage lenken. Wir in Deutschland haben die lauten, geräuschvollen Kundgebungen der Socialdemokratie durch ein strenges Repressivgesetz niedergehalten. Allein die dadurch erzwungene äußere Ruhe mit innerer Versöhnung der Gemüther zu verwechseln, wäre ein verhängnißvoller Jrrthum, der freilich anscheinend weit verbreitet und dem Eifer zu positivem Schaffen auf social politischem Gebiet keineswegs förderlich ist. Die franzö sischen Dhnamiteure aber sind eine krankhafte Ausgeburt des Radicalismus. Diese unbegreifliche Verrohung ist nur durch Gewalt zu curiren; hier gilt das Wort: Gegen De mokraten helfen nur Soldaten! Die in Egypten eingeleitete gerichtliche Procedur gegen die Führer der nationalen Bewegung zieht sich un gemein in die Länge und beginnt aus diesem Grunde be reits die Unzufriedenheit weiter Kreise zu reizen. Da die Voruntersuchung bereits beendet ist, so wäre nunmehr Wohl die Bekanntmachung des Termins für das Hauptverfahren zu erwarten gewesen. Allein hieran denkt anscheinend die eghptische Negierung noch nicht, wahrscheinlich weil sie durch Zeitgewinn aus dem Dilemma herauszukommen hofft, in welches sie durch die compromittirenden Papiere Arabi's gerathen ist. Was übrigens Arabi von seinen Richtern zu erwarten hat, kann man sich von selbst sagen, wenn man weiß, was für Leute es sind, die über den gefallenen Re bellen zu Gerichte zu sitzen berufen wurden. Sie sind fast alle Tscherkessen oder Türken und kaum einer ist unter ihnen, der nicht in dem Angeklagten seinen bittersten Feind erblickt. Abtrünnige, die Arabi huldigten, so lange er mächtig war, Stellenjäger, Favoriten des Khedive, Schmeich ler und Beutemacher — das sind die Auserwählten der Nation, von deren Spruch Arabi's Schicksal abhängig ge macht worden ist. Tagesnachrichten. Sachsen. Durch eine vom 26. October d. I. datirte Verordnung hat das evang.-lutherische Landesconsistorium den Geistlichen die rechtzeitige Ankündigung der am bevor stehenden zweiten Bußtage (24. November) zur Förderung der Einführung deö neuen Landesgesangbuches zu sammeln den allgemeinen Kirchencollecte ans Herz gelegt und dabei die sicherlich im ganzen Lande mit Freuden begrüßte Er klärung abgegeben, daß die Revision und Umarbeitung des im vorigen Jahre veröffentlichten Entwurfs inzwischen so weit gediehen sei, daß die Fertigstellung dieser mühevollen Arbeit nunmehr in nicht ferner Zeit zu erwarten stehe und dem Erscheinen des neuen LandeSgesangbuches, sowie dem Erlasse der dessen Einführung betreffenden Consistorial- Verordnung bald nach Beginne des neuen Jahres 1883 entgegengesehen werden dürfte. In Dresden haben, wie der „Dr. A." hört, der plötz lich eingetretene Tod eines Schlossers und das schnelle Ab leben der Ehegattin eines Victualienhändlers zu polizeilichen Erörterungen Veranlassung gegeben, da man in beiden Fällen Vergiftung vermuthet; bis jetzt soll jedoch irgend welcher sicherer Althalt nicht gefunden worden sein. — Seit dem Reformationsfeste bis zum Donnerstag Abend hatte man ein auf dem Jagdwege in Dresden wohnendes Ehepaar nicht gesehen und war auch die Wohnung stets verschlossen