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Großenhainer UnterhMW- L Anzeigcblatt. Rliltsökatt l!er Römgf. Rlläsktllupiiilllnn^a^, lieg Rönigk Amisgencilis uilä lies Naäimiklg zu Ero^mkliin. Erscheinen: Dienstag, Donnerstag, Sonnabend. Inserate werden bis Tags vorher früh 9 Uhr angenommen. Abonnement vierteljährlich 1 Mark. Druck und Verlag von Herrmann Starke in Großenhain. Verantwort!. Redacteur: Herrmann Starke 8en. Gebühren für Inserate von auswärts werden, wenn von den Einsendern nicht anders bestimmt, durch Postnachnahme erhoben. 7V. Jahrgang. Nr. 120. Donnerstag, den 2. November 1882. Bekanntmachung, die Beaufsichtigung zusammengebrachter Viehbestände betreffend. Unter Bezugnahme auf die Bestimmungen in § 8 Punkt 6 der Verordnung zur Ausführung des Reichsgesetzes vom 23. Juni 1880, die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen betreffend, vom 9. Mai 1881 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das König reich Sachsen vom Jahre 1881, Seite 35) bringen wir hierdurch zur öffentlichen Kenntniß, daß die Viehbestände an Pferden, Rindvieh, Ziegen, Schafen und Schweinen, welche in öffentlichen oder privaten Räumen der hiesigen Stadt zusammengebracht werden und dazu bestimmt sind, hier zum öffentlichen Verkaufe — beziehentlich zum Verkaufe auf dem Wege der Auction — gestellt zu werden, durch den Bezirksthierarzt zu beaufsichtigen und deshalb bei demselben vor Beginn des öffentlichen Verkaufes, beziehentlichd er Auction, anzumelden sind. Die Beaufsichtigung geschieht, soweit es sich nicht um Viehstücke handelt, welche auf einen der hiesigen Viehmärkte gebracht werden, auf Kosten der Unternehmer. Zuwiderhandlungen werden, wenn nicht die Strafvorschriften der §§ 65, 66 und 67 des Reichsgesetzes vom 23. Juni 1880 Platz ergreifen, nach Z 145 der angezogenen Ver ordnung mit Geld bis zu 150 M. oder entsprechender Haft bestraft. Großenhain, den 29. October 1882. Der Stadtrath. Herrmann. Deutschlands innere Lage. Seit dem Bekanntwerden der näheren Resultate der preußischen Landtagswahlen wirbelt ein wahres Kreuzfeuer in der Presse aller Parteien, Erfolge und Niederlagen werden einer scharfen Discussion unterworfen und zuweilen Ursachen und Wirkungen in recht seltsame Wechselbeziehungen zu einander gebracht. Doch die Hitze des Kampfes und die V Ueberschwänglichkeit der Illusionen ist schon auf allen Linien im Zurückweichen begriffen und klar wird vor unseren Augen das Bild unserer inneren Lage, wie es durch die jüngsten Landtagswahlen in Preußen beeinflußt wird. Keinem Zweifel unterliegt es, daß der von den Fort- E schrittlern und Demokraten in Scene gesetzte radicale An- Ü sturm gegen die Regierung und die Politik des Fürsten Bismarck eine schwere Niederlage erlitten hat, denn Eugen Richter, der mit seinen Getreuen in den Wahlkampf ge- zogen war, um, wie er selbst prophezeit hatte, hundert Abgeordnetenmandate zu gewinnen, sieht sein Häuflein immer noch so klein wie früher und die conservativen Fractionen haben achtzehn bis zwanzig Diandate gewonnen. Seltsamer Weise haben die Nationalliberalen die Verluste des Wahlkampfes zu tragen, doch weniger im Kampfe gegen die Conservativen, sondern im Ringen mit der Fortschrittspartei, die mehrere Z gemäßigt liberale Wahlkreise zum Radicalismus hinüberriß «nd dadurch so ziemlich die Verluste deckte, die ihnen von den Conservativen beigebracht wurden. Man kann daher nur von einem conservativen Wahlerfolge in Preußen reden, denn die Verluste und Verschiebungen innerhalb der übrigen § Parteien können nicht vom Standpunkte eines Sieges be- urtheilt werden. Daß indessen der Erfolg der Conservativen direct als ein Sieg derselben anzusehen ist, möchten wir dahin ergänzen, daß der an der Spitze der gemäßigten i Conservativen stehende Reichskanzler und preußische Minister präsident Fürst Bismarck für seine Politik einen neuen Er folg erzielt hat, denn in Wahrheit handelte es sich um das Für und Wider bezüglich der Bismarck'schen Politik und besondere conservative Wahlprogramme existirten kaum und wurden auch im Beginne der Wahlbewegung von den Re gierungsorganen mehrfach bekämpft, denn Fürst Bismarck hatte als einziges, ungeschriebenes Wahlprogramm die Parole H ausgegeben: Gegen den Radicalismus, aber ohne Neaction! H Was nun die Handhabung der parlamentarischen Ge- Ä schäfte im preußischen Abgeordnetenhaus anbetrifft, so liegt eigentlich die Sache immer noch schwierig, denn eine con- E servative Regierungsmehrheit existirt trotz der Siege der Conservativen noch immer nicht. Um eine Mehrheit zu bilden, müssen die Conservativen entweder mit den National- liberalen, die immer noch die respectable Stärke von 70 Mandaten haben, zusammengehen, oder mit der circa 100 i Mandate besitzenden Centrumspartei pactiren. Die conser- vativclericale Mehrheit, die man so lange für vorhanden hielt, ist also wieder da, aber allem Anscheine nach fehlen j ihr die inneren Bedingungen auch jetzt noch, denn in den H kirchlichen Fragen geht das Entgegenkommen der Conser vativen nicht so weit, wie es das Centrum wünscht und hinsichtlich der socialen und wirthschaftlichen Reformpolitik des Fürsten Bismarck zeigt sich wiederum häufig das Centrum als Gegner. Das Näherliegende wäre daher eine conser- vativ-natioualliberale Mehrheit im preußischen Abgeordneten- Hause und wird man abwarten müssen, ob eine derartig zusammengesetzte Majorität für das Regierungsprogramm des Fürsten Bismarck zu gewinnen ist, oder ob ein unheil voller Antagonismus sich in Preußens und Deutschlands innerer Politik geltend machen wird. Tagesnachrichtm. Sachse«. Zum Jahresgedächtniß für Se. Majestät den hochseligen König Johann (-f am 29. October 1873) wurde am Montag Vormittags 11 Uhr in der katholischen Hof kirche zu Dresden ein feierliches Requiem abgehalten, wel chem Ihre Majestäten der König und die Königin, sowie Ihre königl. Hoheiten der Prinz und die Frau Prinzessin Georg nebst hoher Familie anwohnten. Wie aus Chemnitz berichtet wird, sind alle dortigen Fabriken, sowohl in der Eisenindustrie wie bei den Weberei branchen, mit reichlichen Aufträgen versehen und die Arbeiter haben ihren guten, gesteigerten Verdienst; denn die Arbeit geber haben, mit der eingetretenen Geschäftslage gleichen Schritt hallend, Lohnerhöhungen bis zu 15 und 20 Procent bewilligt und so mit Erfolg verhindert, daß die anderwärts in Scene gesetzten Arbeitseinstellungen nach Chemnitz über tragen worden sind. Bis zum 28. October haben sich in Crimmitschau in zwei der größten Fabriken sämmtliche Arbeiter wieder zur Aufnahme ihrer Beschäftigung angemeldet, und zwar theils ohne Bedingungen, theils zu der den Arbeitern vor und bei Beginn des Strikes schon zugesicherten kürzeren Arbeits zeit. Dagegen haben sich in mehreren anderen Fabriken die Arbeiter ihren guthabenden Lohn auszahlen lassen und setzen, weil ihre Forderungen nicht durchgehends erfüllt werden, den Strike fort. Das Gelenauer Hilfscomite für die Wassercalamitosen hielt kürzlich eine Sitzung ab, in welcher über die Ver wendung der eingegangenen Hilfsgelder an 40,500 Mark excl. der Unterstützungen an Kleidungsstücken, Saatkorn rc. endgilliger Beschluß gefaßt wurde. Von den 346 Calami- tosen werden hiernach nur die in den ersten neun Einkommen steuerklassen stehenden berücksichtigt, so daß von dem Gesammt- schaden von 114,900 Mark etwa 25,000 Mark nicht vergütet werden. Die Fürsorge für die Hinterlassenen der Ertrunkenen anlangend, werden alle bedürftigen Hinterbliebenen nach dem Grade ihrer Bedürftigkeit und Erwerbsfähigkeit mit ein maligen Baarzahlungen bedacht, während der verbleibende Rest von 7000—8000 Mark der Gemeinde Gelenau als Beitrag zur Wiederherstellung der zerstörten Straßen und Brücken überwiesen werden soll. Auf den v. Arnim'schen Steinkohlenwerken zu Zwickau beging am 26. October der Obersteiger Barth sein 50jäh- riges Bergmannsjubiläum, ein in diesem mit Strapazen und Gefahren aller Art verknüpften Berufszweige gewiß seltenes Fest. Dem hochgeachteten Jubilar wurde hierbei der Titel „Schichtmeister", sowie ein ansehnliches Ehren geschenk verliehen. Wie dem „Dr. Anz." aus Zittau telegraphirt wird, hat am Reformationsfeste beim Besuch des Kirchenconcerts Herr Bürgermeister Haberkorn die Treppe versehen und beim Fall den rechten Oberarm gebrochen. Am Freitag verunglückte im Prasser'schen Steinbruche zu Niedervogelgesang ein Steinbrecher dadurch, daß sich plötzlich ein Stück Gestein loslöste und dem Bedauerns- werthen die Hirnschale einschlug, was den sofortigen Tod zur Folge hatte. Eine Schuld bei diesem Unglück ist Nie mandem beizumessen. Vermuthlich durch Trunkenheit ist dieser Tage ein Wirthschaftsbesitzer aus Königswartha bei Bautzen vom rechten Wege abgekommen und in einen mit Wasser gefüllten Steinbruch gerathen, woselbst man ihn als Leiche vorfand. Vorige Woche wurde am Rande der Mulde in der Nähe des Exercirplatzes zu Rochlitz das Skelett eines Mannes gefunden, welches wahrscheinlich infolge des Hoch wassers dorthin gelangt ist. An dem einen Beine desselben war noch der Stiefel. Deutsches Reich. Das Material, welches im Reichs amte des Innern als Grundlage für die zum Schutz der Arbeiter gegen Gefahren für Leben und Gesundheit zu er lassenden Verordnungen dienen soll, gestaltet sich immer umfangreicher. Die Berichte der Fabrikinspectoren bilden dazu eine wichtige Unterlage. Aus diesen Berichten erhellt doch in mancher Beziehung die vielfach große Mangel haftigkeit der jetzigen Zustände. Trotz aller Vorschriften gegen die übermäßige Beschäftigung von Kindern und jugend lichen Arbeitern sind in vielen Districten erstaunlich viele dieser Letzteren beschäftigt; ist dies schon an sich ein Uebel stand, so kommt dazu noch weiter, daß die Arbeits- und Erholungsräume für diese jugendlichen Arbeiter in den meisten Fällen durchaus unzureichend befunden worden sind. Man wird also nach dieser Richtung hin besonders um fassenden Bestimmungen entgegensehen können. Generalfeldmarschall Graf Moltke feierte am 29. October den Tag, an welchem ihn vor 25 Jahren Se. Majestät der Kaiser, damals als Prinz von Preußen in Vertretung seines schwer erkrankten königlichen Bruders, an die Spitze des Generalstabes der Armee berief. Ein Artikel, welchen das „Militär-Wochenblatt" dem großen Strategen aus Anlaß dieses Jubiläums widmet, schließt mit folgenden Worten: „Wenn das deutsche Heer sich heute erinnert, was uns Feldmarschall Moltke war und ist, wenn heute ihm alle Herzen voll inniger Dankbarkeit, voll freudiger Bewun derung schlagen, da steigt auch wohl in jeder jungen Seele sein edles ruhevolles Bild als Vorbild auf und entzündet den heißen Wunsch, ein Mann zu werden wie er, dem seine eigene Zeit die schönsten Kränze reicht und dessen innerstes Wesen zugleich dem Ideale ferner ruhmvoller Vorzeit durchaus entspricht." Die Eröffnung des preußischen Landtags wird wahr scheinlich schon am 13. November stattfinden. Die preußische Regierung hat in der Provinz Schleswig- Holstein umfangreiche Ankäufe von Haideland bewirkt, welches sich im Besitze von Privaten oder ländlichen Gemeinden befand. Die Absicht geht dahin, diese geringwerthigen Terrains zu beforsten, wie sich denn überhaupt in neuerer Zeit an zuständigem Orte ein regeres Interesse für die Förderung der Forstcultur, als eines der bedeutendsten Hilfsmittel der Landesmelioration kundgiebt. Oesterreich. Der Wiederzusammentritt des Reichs raths ist für die zweite Novemberwoche in Aussicht genommen. Indessen drängt das furchtbare Elementarunglück, welches Tirol abermals heimgesucht, alle anderen Ereignisse und Erwägungen in den Hintergrund. Nach neueren Nachrichten sind die Wasser in dem überschwemmten Gebiete zwar wie der gesunken, trotzdem aber ist die Noth unter der betroffenen Bevölkerung über alle Maßen groß. Der diesmal angerichtete Schaden ist noch weit bedeutender als der frühere, welcher sich auf 15 V2 Millionen bezifferte. Der am 29. October stattgefundene außerordentliche Ministerrath beschloß, die ganze Summe von 500,000 Gulden, welche mit Verordnung vom 26. September theils als Unterstützung, theils als unverzinsliches Darlehen den Beschädigten gewährt wurde, zu nicht rückzahlbaren Unterstützungen zu verwenden. Weiter wird die Zahl der technischen Beamten in allen 14 von der Wassergefahr betroffenen Bezirken nach Erforderniß vermehrt werden, wie denn auch für eine ausreichende militärische Hilfeleistung Vorsorge getroffen wurde. Charakteristisch für die jetzigen Zustände Ungarns ist ein Beschluß des Pester Magistrats, den „Freiheitskampf im Jahre 1848, insbesondere die Erstürmung Ofens durch die Truppen Görgeh's, durch ein Monument zu verewigen." Daß ein solcher Beschluß zur Zeit der Anwesenheit des Hofes und der Delegationen in Pest gefaßt werden konnte, ist jedenfalls ein starkes Stück. Schweiz. Durch einen furchtbaren Föhnorcan mit darauffolgendem Regen sind, laut einer Meldung aus Bern vom 30. October, in Grindelwald fast alle Gebäude zer stört oder beschädigt worden. Die Heuvorräthe haben in folge des Regens schwer gelitten, und die schönsten Berg waldungen sind vernichtet worden; Menschenleben hat man glücklicherweise nicht zu beklagen. Frankreich. Die Blätter aller Parteischattirungen, mit Ausnahme der ultraradicalen, fordern die Regierung auf, die anarchistische Bewegung mit aller Energie zu unter drücken. „Die Pflicht der Regierung", schreibt die „Re- publique fran^aise", „ist also vollständig vorgezeichnet. Dieselbe muß die Disciplin und das Vertrauen unter ihren Agenten wieder Herstellen. Sobald man fühlen wird, daß die Macht sich in festen Händen befindet, werden die Anar chisten zum Nachdenken gelangen." Infolge der Ueberschwemmungen in Südfrankreich sind in Cannes 7 Personen ertrunken und bei NimeS nach einer Bodensenkung 8 Wagen mit Waaren in den Abgrund ge fallen, wobei zwei Beamte umgekommen sind und einer schwer verwundet wurde. Die Ueberschwemmung ist im Abnehmen begriffen.