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Großenhainer Unterhaltungs- & Anzeigeblatt : 19.08.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-08-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id38343789X-188208196
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id38343789X-18820819
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-38343789X-18820819
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Großenhainer Unterhaltungs- & Anzeigeblatt
-
Jahr
1882
-
Monat
1882-08
- Tag 1882-08-19
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Monat
1882-08
-
Jahr
1882
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Nr. S7. —K. Großenhain. An unserer am 24. October 1828 eröffneten und namentlich in den letzteren Jahren bedeutend erweiterten Stadtbibliothek ist seit dem Monat Juli 1857 Herr Oberlehrer Gursch als Bibliothekar thätig. Der Abschluß einer 25 jährigen bibliothekarischen Thätigkeit hat unserer Stadtbehörde Anlaß geboten, Herrn Gursch mittelst Zuschrift als Jubilar zu beglückwünschen und ihm die Anerkennung für seine bisherige Wirksamkeit auszusprechen. Der Bestand unserer Stadtbibliothek ist bis auf die stattliche Höhe von 4616 Büchern gestiegen, die einen Werth von 20000 M. repräsentiren; von den Büchern sind 1261 schön- Wissenschaftlichen Inhalts, 1799 betreffen Geschichte und Geographie, 287 Naturkunde und 1269 andere Gebiete. So wie es erfreulich ist, daß die Stadtbibliothek des Oefteren durch werthvolle Geschenke bereichert wird, ebenso erfreulich ist es auch, daß die Bibliothek eine von Jahr zu Jahr steigende Benutzung Seiten der hiesigen Einwohnerschaft findet. Die Zahl der gelesenen Bücher betrug 1876: 1414, 1877: 1005, 1878: 1947, 1879: 2023 und 1881 sogar 2831. Die Leserzahl ist in diesem fünfjährigen Zeiträume von 300 auf 1000 gestiegen. Am meisten gelesen werden schönwissenschaftliche Schriften und nach diesen Werke über Geschichte und Geographie. — K. Nach den bei Erhebung der Berufs-Statistik ge wonnenen vorläufigen Resultaten fanden in unseren damals im Betriebe befindlichen 10 Fabriken der Textil-Industrie (deren Zahl inzwischen auf 11 gestiegen ist) 1369 Personen Beschäftigung, denen noch 17 Personen zuzurechnen sind, die in vier anderen mit der Textilindustrie im Zusammen hänge stehenden gewerblichen Anlagen: drei Schafwollen färbereien und eine Walkfettfabrik, Beschäftigung hatten, so daß die Gesammtzahl der in der Textilindustrie Beschäftigten auf rund 1400 Personen anzunehmen ist. Die einzige hier bestehende Fabrik der Eisenindustrie beschäftigte über 100, die Bourettegarnspinnerei gegen 80, die Strumpfwaaren- fabrik, die gegenwärtig durch Dampfbetriebsanlage erweitert wird, über 30, die mit Dampfbetrieb bereits versehene Lederfabrik gegen 20 Personen, während in den drei größeren Cigarrenfabriken (d. h. in denen fünf und mehr Personen arbeiten) über 70 Personen Beschäftigung hatten. — Ii. Der öffentliche Badeplatz in der Röder oberhalb der Galgenmühle wurde im Monat Juli von 2466 oder im Durchschnitt täglich von 80 Personen benutzt; zwei kalte Regentage fielen ganz aus; am stärksten war die Benutzung am 20. Juli mit 207, am 21. mit 213 und am 16. mit sogar 249 Badenden. — Ir. Seit mehreren Tagen fast allabendlich in den späteren Abendstunden ertönt in den Lüsten über unserer Stadt ein vielstimmiger pfeifender Klageton, den ein ziemlich starker Flug Regenpfeifer erklingen läßt. Angezogen und geblendet durch die Straßenbeleuchtung schwebt dieser Vogelchor ziemlich tief fliegend längere Zeit über der Stadt und setzt dann seine nächtliche Wanderung weiter fort. — Den Bemühungen des Gensdarmen Schütze in Zabeltitz soll es gelungen sein, den Urheber der am 1. Mai und 5. August d. I. an der Berlin-Dresdner Eisenbahn verübten Eisenbahnfrevel, die glücklicherweise ohne Unglücksfall abgegangen, beziehentlich das eine Mal noch rechtzeitig wahr genommen worden sind, zu ermitteln und zur Haft zu bringen. Der Verhaftete, ein Wirthschaftsgehilse aus Nasse- böhla, soll der That bereits geständig sein. Vermischtes. In aller Stille wurde vom Kaiser Wilhelm eine Medaille gestiftet, welche wohl nur selten verliehen werden wird, die aber Jeder erwerben kann, wenn ihm mit seinem Ehegemahl ein hobeS Alter beschieden. Es ist dies nämlich eine Ehe- Jubiläums-Medaille, welche aus Anlaß der goldenen oder diamantenen Hochzeit an würdige Jubelpaare verliehen werden soll, die einer Unterstützung nicht bedürfen. Die Medaille ist von Silber und etwas größer und stärker als ein Fünfmarkstück und trägt in prachtvoller Prägung auf der einen Seite die Bilder des Kaisers und der Kaiserin und auf der anderen Seite eine zur Feier passende Inschrift. Die „Franks. Ztg." schreibt: Frankfurt a. M. ist dieses Jahr noch mehr, als sonst der Schauplatz der verschieden artigsten Congresse, und wie jetzt die Anthropologen bei uns tagen, so tagten vorige Woche die deutschen Schornstein fegermeister in der Mainstadt, kurz zuvor die Blindenanstalts directoren u. s. w. Die schnelle Aufeinanderfolge der zuerstgenannten beiden Congresse soll soeben auf dem Main- Neckarbahnhofe zu einem humoristischen Mißverständniß Anlaß gegeben haben. Ein ehrsamer Schornsteinfegermeister von auswärts hatte sich vor einiger Zeit in seinem Heimaths- orte ein Rundreisebillet gelöst, das auch Frankfurt a. M. in die Tour einschloß, mit der Absicht, auf der Rückreise sich hier an dem Congreß der Berufsgenossen zu betheiligen. Von den Zerstreuungen der Reise befangen, verwechselte er jedoch in seinem Gedächtnisse das Datum des Congresses und kam erst am 15. August hier an, in dem Wahne, noch rechtzeitig zu der Versammlung zu kommen. Und siehe! Auf dem Bahnhofe bemerkt er ein Drängen festlich ge kleideter Männer, er sieht einen Extrazug bereit stehen und hört, daß es sich um einen Ausflug der Congreßmitglieder handelt. „Aha", denkt er, „da kommst Du gerade recht; das Vergnügen ist doch die Hauptsache!" Die Herren, die da vorbeikommen, sie tragen Cylinderhüte wie er. Schlag worte wie: „gebrannter Lehm", „Erleichterung des Ein stieges", „Holzconstructionen des Daches", „Fehlen jeglicher Dachziegel", „Trümmer des Stadtbrandes" klingen gleich zeitig mit allerhand Fremdwörtern an sein Ohr — gewiß handelt es sich um einen Vortrag über die Kaminfegerkunst der Alten. Er macht sich an die Herren heran und geht bescheiden neben ihnen auf ein Coupe zu. Auch die Namen, mit denen sie sich anreden — Schliemann, Virchow, Lucae — klingen ihm bekannt; ihm ist, als müsse er sie schon gehört haben. Er richtet einige fachmännische Fragen an seinen Nachbar, den sie Schliemann nennen, und erhält freundliche Antwort. Es stimmte Alles, wenn auch die Ausdrücke sehr gelehrt sind. Der ehrsame Schornsteinfeger Großenhainer Unterhaltnns-' und Anzeiaeblatt. Gelte 3. hatte sich über verschiedene Methoden des Einstiegs in die Feueresse erkundigt und Schliemann die Fragen auf seine Einfahrten in die von ihm gegrabenen Schächte und Stollen in dem Boden HissarlikS bezogen. . . Nur mit Mühe konnte der Meister des schwarzen Handwerks schließlich überzeugt werden, daß er zu spät gekommen sei und es sich heute um den Ausflug des Anthropologencongresses nach Bodenheim handle. - In Lübbenau konnte am Freitag Abend auf dem Schützen platze leicht ein Unglück von unberechenbaren Folgen ent stehen. Das zweistöckige, durch zu starken Besuch überladene, bereits zum Theil erleuchtete Carroussel brach mitten in der schnellsten Bewegung plötzlich zusammen. Sämmtliche Kinder der Oberetage stürzten mit' ihren Pferden und Wagen, mit Petroleumlampen und Eisenstangen auf die der unteren. Einige Petroleumlampen explodirten, doch wurde das Feuer sofort gedämpft. Glücklicher Weise sind außer Verstauchungen und Hautabschürfungen keine größeren Unfälle zu beklagen. Infolge eines schweren Wolkenbruches ist der Bahndamm bei Beiseförth zwischen Bebra und Kassel an der Bergisch- Märkischen Bahn seit Mittwoch Mittag überschwemmt und es herrscht eine empfindliche Verkehrsstörung. Nachmittags züge sind an gedachtem Tage von Kassel nicht abgegangen. Der „9t. fr. Pr." telegraphirt man aus Gastein vom 16. d.: Infolge des Regens ist Mittags ein Stück der Kaiserpromenade zwischen den Häusern zum Hirsch und zur Taxen etwa 2 Klafter breit eingestürzt. Die Communication ist ganz unterbrochen. Man befürchtet weitere Nachstürze. Niemand scheint verunglückt zu sein, obgleich ein Damen mantel unter dem Geröll sichtbar ist. Der obere Weg der Kaiserpromenade ist abgestürzt. Felsblöcke, Bäume, Geröll bedecken die untere Straße. Die „Vorarlb. Landes-Ztg." meldet folgenden Vorfall: „Am 5. August griff der Gendarm Valandro des Feld kircher Postens in Schlins die beiden Landstreicher Heinrich Fink aus dem Elsaß und Anton Hauke aus Württemberg auf. Dieselben ließen sich ohne Widerstand bis in die Nähe des Schildriedes escortiren. Dort, an ziemlich einsamer Stelle, warf sich Fink auf den nichts ahnenden Gendarm und brachte ihn im ersten Anprall zu Boden. Hauke schlug mit dem Stocke auf Valandro ein. Die Situation des Letzteren war um so gefährlicher, als ihm beim Sturze das Gewehr entfallen war und er an abschüssiger Stelle lag, über welche bereits sein Hut hinuntergekollert war. Mit der Kraft der Verzweiflung warf der Gendarm seinen Ueberwältiger von sich und zog das Seitengewehr. Fink und Hauke drangen wieder auf ihn ein, doch er wehrte sich mit dem Säbel und brachte Hauke am Fuße, Fink am Arme und in der Lendengegend Wunden bei. Durch die Verwundung erst recht aufgebracht, riß Fink das auf dem Boden liegende Schießgewehr an sich und schlug gegen den Gendarm an. Mit dem Mechanismus der Waffe unvertraut, war er jedoch nicht im Stande, seine Absicht zu vollführen. Valandro warf sich auf den gegen ihn zielenden Gegner und hieb demselben den Daumen ab. Auf dies hin ergaben sich die Landstreicher. Valandro führte sie zum nächsten Hause, wo er ihnen unter Beihilfe eines Stickers Eisen anlegte. Gegen Mittag brachte er seine beiden Gefangenen nach Feldkirch, wo ihnen, die durch Blutverlust ziemlich erschöpft waren, ärztliche Hilfe zu Theil ward. Wie aus London gemeldet wird, fand im Theatre-Rohal zu Oldham am letzten Sonnabend während der Vorstellung eine Gasexplosion unmittelbar unter den Ankleidezimmern der Damen statt. Ein Theil des Bodens von 2 Zimmern wurde weggerissen. Die erste Liebhaberin wurde schwer an einem Bein verwundet. Mehrere andere Schauspielerinnen kamen indeß mit dem blosen Schrecken davon. Die Vor stellung wurde unterbrochen und im Zuschauerraum herrschte eine Zeit lang die größte Bestürzung. Das Theater leerte sich indeß, ohne daß irgend ein Unfall geschah. Die St. Petersburger Diebe charakterisirt u. A. der Umstand, daß dem Oberpolizeimeister in jeder Woche vom Postamt eine große Anzahl — am 11. August waren es 27 — von Pässen und Documenten zugestellt werden, welche von den humanen Gaunern aus den gestohlenen Sachen ausgelesen werden und in die Hände ihrer rechtmäßigen Besitzer zurückgelangen. Grenzberichtc aus altem Gebiete deutscher Zunge. Von vr. Mupperg. V. „In Brixen hört man jetzt schon fast ebenso viel Welsch sprechen als deutsch", sagte mir kürzlich ein Herr. Und wirklich selbst im Villnößthale traf ich fast die Hälfte aller Leute welsch. Freilich sind's keine Römer, sondern wiederum verwelschte Germanen aus der Gegend von Agordo, (schon der Accent auf dem A zeigt, daß der Name deutsche Wurzel hat), allwo alles noch von deutschen Namen wimmelt, z. B. Voltach°--Voltago, Pramper - Gebirg (KIti. vramxeri) mit der Burg und Ruine des alten deutschen Dynastengeschlechts der Pramper, der Pelfberg—Klonte ?elk rc. Allein es steht doch das Factum fest, daß nicht bloß die welschen Arbeiter sich in das arbeiter arme Deutschtirol, wo, z. B. im Pusterthale, die Bauern selten vor dem 40. Jahre zur Ehe schreiten dürfen, vorschieben, sondern daß auch die welschen Sommerfrischler allmählich immer höher in die Berge hinaufsteigen. Rücken die Welschen vor, müssen wir auch vorrücken. Und da die Paar Deutschen eben dort unten als Gegen gewicht nicht ausreichen, so müssen wir von weiter oben herab ein treten. Ein schöneres, frischeres Thal als das Eisackthal läßt sich gar nicht denken. WaS ist da das Pusterthal dagegen? Wo nicht die Dolomiten aus der Nachbarschaft herüberlugen, bietet das Puster thal nichts weiter als etwa ein Thal im Bayrischen Wald. Das Eisackthal sollte schon lange ein Lieblingsplatz der Touristen sein. Von da aus werden sich schon nachher die Schaaren der Thüringer, Franken, Sachsen und Chatten weiter hinabziehen, dahin, wo die Leute ihre alte cimbrische Sprache verbergen, als ob man sie derselben eo ipso ausspotten müßte. Schade ist, daß der Plan der deutschen Alpensection in Südtirol, auf dem Schiern eine Unterkunftshütte zu bauen, vom Generalvorstand abgelehnt worden ist. Kennten die Herren mit ihrem warmen Patriotismus die Lage, sie hätten eher die verlangte Summe verdoppelt! Das Eisackthal hat den großen Vortheil mit der Bergstraße am Rhein überein, daß es von dem alten Durchgangsverkehr her eine reiche Zahl von trefflichen Wirths- häusern besitzt. Der Strom des europäischen Verkehrs zog sich einst durch Heppenheim wie durch Atzwang an der Eisack. In beiden ist heute noch gut wohnen. Und ebenso ziehen sich diese trefflichen Herbergen hinab bis zu Anton Petermayers schwarzem Adler in Salurn. Wir fielen diesmal bei ihm nachmittags 4 Uhr hungrig und durstig ein. Ohne alle Voransage. Und doch saßen wir nach einer Stunde bei einem Mahle von vier Gängen, wurden gewr.-d". bedient, Servietten, Zimmer — alles war sauber und nett. Ja, wer kennt und besucht diese gefährdeten Plätze in dem bedrohten Gebiete unserer Sprache! Also an der Eisack ist gut wohnen. Die Bauern sagen dort alle noch „die Eisack." Das stimmt mit der Sprachlogik überein, ^lrvL hieß im Gothischen, adu im Fränkischen, uvim im Bayrischen das Gewässer. Wir haben z. B. im Hessischen „0-Larven" neben Groß- und Klein-Karben. 0 ist aus corrumpirt. In Bajuwarisch-Tirol giebt's unzählige Achen. In Südtirol ist dies Ache meist in ago übergegangen, z. B. Viersgo aus Vierach, kirrolago aus Rieslach, OivignaZo aus Sievernach (bei Pergine). Die Bauern sprechen also noch „die Eisack die Eis-ach." Nun die meisten Tirol-Reisenden besuchen Südtirol nicht. Und wenn sie sich doch über den Brenner trauen, so fahren sie bis Gothensaß oder auch bis Botzen, finden da den Himmel schon italienisch-schwarzblau und kehren wieder um. Von der Schönheit des Eisackthales bekommt keiner in dem engen Kasten unten eine Vorstellung. Am besten gewinnt man Einblick in die Configuration der von der Alpenhöhe nach dem Süden sich öffnenden Riesenspalte, wenn man von Brixen aus den Weg nach Klausen, über Feldthurns, an der Berglehne hin zu Fuß macht. Am Bahnhof in Brixen, am Thürchen steht ein Drenstmann. Den ruft man sich herbei und steigt sofort am „Meier in der Mahr" den Hang hinan. Ohne gute Verpflegung keine Erholung auf der Sommertour. Deshalb empfehlen wir das Lamm m Klausen. Man fühlt sich da wie zu Haus. Und von Klausen aus sind die lohnendsten Ausflüge zu machen. Klausen hat etwa das Klima von Würzburg. Wem es zu warm ist, der steige hinauf in das Bad Ratzes am Fuße des Schiern oder besser nach Bad Dreikirchen auf der anderen, der rechten Seite der Eisack; denn in dem schon mehr bekannten Ratzes ist selten Platz zu bekommen. Dreikirchen (3500') ist in neue Hände übcrgegangen und will sich erst in die Höhe arbeiten. Die Lage, die Aussicht, die Einrichtung des theils schon fertigen, theils aber erst fertig zu stellenden Hauses, die Verpflegung — alles ist sehr schön. Wem es aber in Klausen unten zu kühl werden sollte, der wende sich noch zwei Stationen weiter hinab nach Atzwang. Dort ist das „alte Postwirthshaus" aufs Beste zu empfehlen. Atzwang ist das, was man ein trauliches Nest, was man ein behagliches Heim zu nennen liebt. Es hat schon das Klima von Botzen; erst Ende November oder Anfang Deccmber heizt man hier ein. Die südliche Cicade erfüllt die Luft mit ihrem Zirpen, die Eisack rauscht, die bodenständigen einheimischen Cypressen wiegen ihre hohen Fahnen in der warmen Luft, von den frei im Garten stehenden Citronen brechen wir die gelben Aepfel — für ruhige Herbstgäste läßt sich kein angenehmeres Plätzchen denken. „Atzwang" kommt von „Wanga", die Wiese und „Azzo", also Wiese des Azzo, wie wir Feuchtwang, Dürrwang rc. im Bayrischen haben. Ums Jahr 1000 residirte in Trient ein deutscher Bischof „von Wanga." Er war ein trefflicher deutscher Herr. Die Welschen aber in der einst deutschen Stadt schreiben an seinen Thurm „torre del vangL." Da merke einer nun noch daraus, daß ihn der Deutsche in der damals noch deutschen Stadt gebaut hat! Line neue Schreib- und Lcse-ütze. (Bon vr. med. F. E. Clasen, Rheinseld in Holstein.) Seit die Ophthalmologen den Nachweis geliefert haben, daß von den Besuchern höherer Schulen (Primaner, Studenten) reichlich 75 Proc. ihre normale Sehkraft «ingebüßt haben und in geringerem oder höherem Grade an Kurzsichtigkeit leiden, andererseits aber auch den Beweis nicht schuldig geblieben sind, daß diese Kurzsichtigkeit als die Folge von Ueberanstrengung der Augen angesehen werden muß, ist der Gegenstand nicht wieder von der Tagesordnung verschwunden. Die nächste Ursache liegt anerkanntermaßen in der gewohnheitsmäßigen übergroßen Annäherung der Augen an das Lesebuch, resp. Schreib heft, welche, medicinisch gesprochen, zur Uebermüdung führt und später zum Krampf des AccommodationsapparateS (in specie desjenigen Mus kels im Auge, welchem die Aufgabe zukommt, den dioptrischen Appa- rat des Auges für das Sehen jedesmal „einzustellen" resp. eingestellt zu erhalten), das heißt zu dem Anfänge der Kurzsichtigkeit, der die weitere Ausbildung des Uebels so sicher zu folgen pflegt, wie der Herbst auf den Sommer. Damit steht man vor dem Ausgangspunkte der Kurzsichtigkeit, dem „Krummfitzen" und der „schlechten" Haltung der Schüler, wobei das Auge dem Buche so ungebührlich nahe ge bracht wird. Wer ein Mittel zur Verhütung der schlechten Haltung wüßte, würde der Menschheit einen Dienst erweisen. Es find in dieser Richtung schon manche Versuche gemacht worden mit den verschiedensten Apparaten, die entweder an zu großer Complicirtheit leiden oderauch ihren Zweck wegen fehlerhafter Construction nicht erfüllen. Das Neueste, und wie es uns scheinen will. Zweckmäßigste auf diesem Gebiete ist die von F. Sven necken (Donn) construirte „Schreib- und Lesestütze", die nickt nur unendlich einfach in ihrer Construction und durchaus hand lich zum Gebrauch ist, sondern vor allen Dingen den einzig richtigen Angriffspunkt des Krummsitzers, das Kinn unterstützt. Alle übrigen Stützpunkte, z. B. Stirn, Brustbein, die beiden Schultern u. s. w. batten ihre großen Bedenken, da ihre Fixirung ohne Frage zu Ge- sundbeitsbeschädigungen anderer Art führen muß, das Kinn dagegen ist wie geschaffen als Stützpunkt in dieser Beziehung und durch die Praxis der Pädagogen aller Zeiten als solcher geheiligt. Wem wäre nicht die Situation des väterlich mahnenden Lehrers gegenwärtig, der des schuldbewußt vor ihm stehenden Zöglings Haupt am Kinn empor hebt!? — Die Soennecken'scke Schreibstütze verdient daher die wärm sten Empfehlungen, denn das Mögliche und Erreichbare leistet sie mit den denkbar einfachsten Mitteln. Eins wird man sich nämlich nie ver hehlen dürfen, daß derartige Apparate nur jener Kategorie von Krumm- sitzern werden nutzbringend sein können, welche eine schlechte Haltung beim Lesen und Schreiben lediglich aus übler Gewöhnung annehmen. Eine zweite nicht minder zahlreiche Classe besteht aus denjenigen, welche in Folge ihres von Haus aus schwach ausgestatteten Körpers nicht gerade fitzen können. Man weiß, daß der Soldat lieber einen halben Tagemarsch macht, als eine halbe Stunde in der Front „stramm steht". Natürlich! denn beim Marschiren werden zahlreiche Muskelgruppen abwechselnd in Thätigkeit gesetzt, so daß sie auch ab wechselnd ausruhen; beim strammen Stchen jedoch sind es nur wenige Muskeln, welche den Körper mit seiner Last im Gleichgewicht zu er halten haben und deshalb nach längerer oder kürzerer Zeit der Er müdung oder Erschlaffung anheimfallen. Ebenso ist's beim Eitzen, und das Muskelsystem körperlich schwach Organisirter erliegt seiner Ausgabe daher mit Naturnothwendigkeit bald. Diese Schwächlinge — deren es mehr giebt als sich verantworten läßt — sind gezwungen, ihrem Körper durch Anlehnen, Krummfitzen u. dergl. eine Stellung zu geben, in der derselbe gleichsam im stabilen Gleichgewicht befindlich einer Ausrechterhaltung durch Muskelkraft gar nicht oder nur wenig bedarf. Ihnen wird kein Geradhalter nützen, er mag construirt sein wie er will; hier kann nur eins helfen: körperliche Kräftigung von innen heraus durch eine sorgfältig geleitete körperliche Ausbildung, namentlich auch durck systematische gymnastische Hebungen, fleißiges Turnen und — die Schulspiele. „Monatsblatt für öffentliche Gesundheitspflege." flktlserllvkes Post- und lolsg rspkensmt. koststrasse (Lingang voll 4er Xlostergasse). I. ^nnalrme von Telegrammen täglicd von krülr 7 dis Kackt» l V. II. ^nnakms und Ausgabe von kost - Sendungen und Leitungen: an Akockentagen 7 — 1 II. und 2—8 0.; an Sonntagen 7—9 II.. lt —12 II. und 5—7 II.; an kelertagen, dis nickt auf erneu Sonntag kallea, 7—10 II., 12 — 2 II. und 4 — 7 II. Linsekreibbrieke verden auch ausserkalb der gevröknlicken Vienst8tunden gegen besondere Oebütrr angenommen, sedock von 6—7 II. krülr und von 9—10 V, V. Abends nur im Limmer mit dem Lingange vom Hole, links erste Tdür.
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