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Großenhainer UntkrhMuiiB- L Anzcigebllitt. äer Königs Kmissanpinmnnfesaft, i!e8 Königs Amkgmckäg nnä äe8 ÄnKrai^ zu Großenhain. Erscheinen: Dienstag, Donnerstag, Sonnabend. Inserate werden bis Tag- vorher früh S Uhr angenommen. Abonnement vierteljährlich 1 Mark. Druck und Verlag von Herrmann Starke in Großenhain. Verantwort!. Redacteur: Herrmann Starke 8en. Gebühren für Inserate von auswärts werden, wenn von den Einsendern nicht anders bestimmt, durch Postnachnahme erhoben. 7V. Jahrgang. Donnerstag, den 20. Juli 1882. Nr. 84. Am heutigen Tage ist Herr Rittergutsinspector Friedrich Herrmann Winkler in Scassa als stellvertretender Gutsvorsteher für den Bezirk des Ritterguts Scassa in Pflicht genommen worden, was hiermit bekannt gemacht wird. Großenhain, am 15. Juli 1882. Die Königliche Amtshauptmannschast. von Weiffenbach. O. Die egyplische Frage und der wetlfriede. Daß angesichts der hochauflodernden egyptischen Frage der Weltfriede auf sehr wackelige Füße kommen kann, unter liegt keinem Zweifel. Man braucht sich ja nur vorzustellen, was geschehen soll, wenn sich England und Frankreich wegen Egypten überwerfen, oder wenn der schon seit Jahren gährende mohamedanische Fanatismus, vom Nil aus in Brand ge steckt, allmälig sich allen von Mohamedanern und Christen gemeinschaftlich bewohnten Ländern mittheilt, in beiden Fällen wäre ein Weltbrand fertig. So sehr nun aber auch in dieser Beziehung der politische Horizont umdüstert erscheint, so erwarten wir doch gerade von den bedrohlichen Eventualitäten etwas Vortheilhaftes für den Frieden, denn gerade die Furcht vor großer Kriegsnoth dürfte alle betheiligten Mächte zur Vorsicht und Mäßigung nöthigen, und von dem mo- hamedanischen Fanatismus darf man vorläufig nicht das Schlimmste erwarten, zumal die Araber sammt ihren Glaubens genossen erfahren haben, daß sie die Christen nicht ungestraft massacriren dürfen. Nun könnte man allerdings einwenden: Was soll aus Egypten werden? Der dortige Zustand ist unhaltbar ge worden; einmal mit dem Schwerte angefangen, wird auch nur das Schwert über das Schicksal Egyptens entscheiden. Die Engländer werden, wenn sie in langwierigen Kämpfen mit Arabi Pascha's und seiner Partei Niederwerfung fertig sind, so leicht ihre Hand nicht von Egypten lassen, und dann ist das europäische Zerwürfniß da. Dieser Gedanken gang ist an und für sich richtig, aber nach unserer Meinung sind die Bedingungen zu seiner Erfüllung nicht vorhanden. Zunächst ist in den Augen aller Mächte der Weltfriede doch ein so kostbares Gut, daß sie alle schlechterdings ein großes Interesse daran haben, den Frieden zu erhalten. Deutsch land, Oesterreich, Rußland und Italien werden ohnstreitig schon ganz gehörig auf ihrer Hut sein, sich wegen der egyptischen Frage zu engagiren, und wenn bezüglich Englands und Frankreichs nicht alle Beobachtungen trügen, so scheuen auch diese beiden Mächte einen Zweikampf um Egypten im höchsten Maße. So verlockend der Besitz des fruchtbaren und im Mittelpunkte des Verkehrs von drei Erdtheilen ge legenen Egypten für England und Frankreich auch sein mag, so glauben wir doch nicht, daß in London und Paris der Werth Egyptens so hoch geschätzt wird, daß England oder Frankreich direct seine Existenzbedingung daran knüpft und beide Mächte sich deshalb auf Tod und Leben bekämpfen werden, zumal es gar nicht abzusehen ist, welcher von beiden Gegnern nach langem, furchtbaren Kampfe als Sieger hervorgehen würde, denn England wie Frankreich sind starke Mächte mit gewaltigen Hilfsquellen. Der Zwang der Umstände wird daher wohl auch den beiden großen Westmächten Mäßigung und Zurückhaltung in der egyptischen Frage auferlegen und ihnen, wie dem Erdtheile eine in ihren Folgen unberechenbare blutige Aus einandersetzung ersparen. England und Frankreich werden sich bezüglich Egyptens verständigen müssen, weil es nicht gut anders möglich ist. Die Verständigung dieser beiden Mächte bedingt aber wiederum, daß der Sultan der Ober herr und der Khedive der suzeräne Herr über Egypten bleiben werden, denn wollte man deren Herrschaft aus dem Nillande beseitigen, so müßte eine andere Macht an deren Stelle treten, und dies wäre ohne Gefährdung des Welt friedens nicht möglich. Eine Lösung der egyptischen Frage ohne Störung des europäischen Friedens hat daher gute Aussichten. Tagesnachnchlen. Sachsen. Wie angekündigt worden, sind Ihre kaiserl. und königl. Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin des deutschen Reiches und von Preußen mit Prinzessin- Tochter Victoria am 17. Juli Mittags gegen 1 Uhr von Berlin im königl. Hoflager zu Pillnitz eingetroffen. Die hohen Gäste wurden von Ihren Majestäten dem König und der Königin bereits auf der Station Niedersedlitz auf das Herzlichste begrüßt und zu Wagen über Zschachwitz nach Pillnitz geleitet, wo zunächst das Diner im königl. Schlöffe eingenommen wurde. Für die späteren Nachmittagsstunden war ein Besuch der Schloßruine und des Borsberges, für Dienstag der Besuch der Bastei geplant. Die Abreise nach Wien sollte an diesem Tage Abends 9 Uhr 6 Min. von Pirna aus erfolgen. Von Wien geht die Reise nach Tirol und den oberitalienischen Seen, wo wahrscheinlich auch eine ceremonielose Begegnung mit dem König und der Königin von Italien stattfinden wird. Die Rückreise erfolgt durch die Schweiz, wo ein acht- bis zehntägiger Aufenthalt beab sichtigt ist, und über München, wo sich die Kronprinzessin und die Prinzessin Victoria zur Besichtigung der Kunstschätze mehrere Tage aufhalten werden, während der Kronprinz militärische Besichtigungen innerhalb seines bayerschen Armee- Jnspectionsbezirks vornehmen wird. Die am 14. und 15. Juli in Dresden stattgehabte Versammlung der Delegirten der Cantoren- und Organisten- Vereine der vier Kreishauptmannschaften des Landes hat unter Anderem beschlossen, am Geburtshause des verstorbenen Hoforganisten Johann Schneider eine Gedenktafel zu stiften, sowie eine Stiftung für in Bedrängniß gekommene Cantoren- und Organistenfamilien und deren Hinterlassene (besonders nicht pensionsberechtigte) ins Leben zu rufen. Der vom 16. bis 18. Juli zu Wahrnehmung wichtiger Berufsinteressen in Dresden versammelte zweite deutsche Glasertag vereinigte eine große Anzahl Gewerbsgenossen aus allen Gauen des deutschen Vaterlandes. In dem Be- rathungslocale (Ausstellungsgebäude der „Flora") war gleichzeitig seiten der Dresdner Innung eine Ausstellung von Erzeugnissen des Glasergewerbes veranstaltet. Der vor Jahresfrist ins Leben gerufene Verband deut scher Handlungsgehilfen hielt am 16. Juli in Leipzig seine erste Jahresversammlung ab. Der hierbei erstattete Rechen schaftsbericht gab ein erfreuliches Bild des steten Wachsthums der Mitgliederzahl, die jetzt 600 erreicht hat. Die natio nale Krankenkasse für Angehörige des Kaufmannsstandes soll demnächst ins Leben treten. Das vom 15. bis 17. Juli in Chemnitz stattgefundene erste sächsische Kreisturnfest hat einen wahrhaft glänzenden und alle Theilnehmer überaus befriedigenden Verlauf ge nommen. Der Festzug, in welchem 246 Vereine mit 186 Fah nen vertreten waren, zählte circa 5000 Theilnehmer, während an den Freiübungen 1730 Turner (angeblich mehr als bei dem deutschen Turnfeste in Frankfurt a. M.) theilnahmen. Beim Wettturnen trug Leipzig mit zwölf Siegern die Palme davon; die anderen sechs vertheilten sich mit vier auf Dres den und zwei auf Zwickau. Von Seiten des Rathes der Stadt Bautzen ist eine specielle Aufstellung des städtischen Vermögens erfolgt und betragen danach die Activen etwa 5, die Passiven nur etwa 2 Millionen Mark; es ergiebt sich also ein für die Bürger erfreulicher Vermögensbestand von 3 Millionen Mark. Da es in letzter Zeit mehrmals sich ereignet hat, daß beim Passiren der Riesaer Elbbrücke durch Pferde, während die Brücke gerade von einem Eisenbahnzuge befahren wird, Unglücksfälle vorgekommen bez. nur mit größter Vorsicht vermieden worden sind, hat sich das Garnisoncommando, dessen ihm unterstehender Truppentheil die Brücke auf dem Wege nach dem großen Schießplätze bei Zeithain täglich zu passiren hat, veranlaßt gesehen, beider königl. Direction der sächs. Staatsbahnen zu beantragen, die Barriere an der Wasser seite der Brücke zu erhöhen und die Bahngleise durch eine Wellblechwand auf der andern Seite der Brücke von dem Fahrdamm völlig abschließen zu lassen. In einer Fabrik der Wilsdruffer Vorstadt zu Dresden gerieth am Sonnabend ein Arbeiter mit der rechten Hand in die durch Dampf getriebene Hobelmaschine, in dessen Folge ihm der Ballen der Hand abgeschnitten wurde. Aus dem Schachte „Güte Gottes" zu Scharfenberg bei Meißen wurde vorige Woche das erste gute Silbererz von einem V2 Elle mächtigen Gang, der als ein neuer an geschossen worden war, zu Tage gefördert. Die höchst interessanten Stücke sollen zu dem nächstens abzuhaltenden Bergfeste ausgestellt werden. Als im Jahre 1761 das Schloß Stolpen zerstört wurde, sollen viele Waffen, Kanonen und sonstige Utensilien des Schlosses in den im Hofraum befindlichen tiefen Brunnen gestürzt worden sein. Um nun diese Gegenstände zu heben, hat das Ministerium des Innern 6000 M. bewilligt und werden demnächst die Hebungsarbeiten mit acht Bergleuten unter Leitung eines Obersteigers beginnen. Der Polizei zu Plauen i. V. gelang es in der Nacht zum 15. Juli, eine Quantität Fleisch von einem perlsüch tigen Samenrinde, welches nach Bad Elster befördert werden sollte, mit Beschlag zu belegen. In Zwickau stürzte vorige Woche ein vierjähriges Mäd chen zwei Stock hoch aus dem Fenster auf die Straße herab und wurde bewußtlos aufgehoben; wunderbarer Weise aber hat das Kind, das sich bald wieder erholte, sonst weiter keinen Schaden genommen. — Am 15. Juli ertrank in einem Teiche zu Lübschütz bei Wurzen ein 1^/4 jähriger Knabe, der kurze Zeit ohne Aufsicht gelaffen worden war. Auch bei Seifersdorf unweit Mittweida hat man am nämlichen Tage einen 2 Jahre alten Knaben leblos aus einem Wasserloche gezogen, in das derselbe jedenfalls beim Spielen gefallen war. — Am Sonntag früh ist im Pferdeteich bei Auerbach ein junger Mensch, welcher sich beim Baden zu weit in die Fluth gewagt hatte, ertrunken, weil seine des Schwimmens nicht kundigen Gefährten davoneilten. Deutsches Reich. Se. Majestät der Kaiser hat am 17. Juli die Insel Mainau verlassen und ist Abends über München wohlbehalten in Rosenheim eingetroffen, von wo Dienstag früh die Reise nach Gastein fortgesetzt wurde. Die diesjährige Generalstabsreise wird zum ersten Male von dem Stellvertreter des Feldmarschalls Grafen Moltke, vom Generalquartiermeister Grafen Waldersee, geleitet werden. Dieselbe soll Mitte August in Bautzen ihren Anfang nehmen und sich vom Königreich Sachsen nach der Provinz Schlesien erstrecken. Der Feldmarschall Graf Moltke bleibt zur Schonung seiner Kräfte der Generalstabsreise fern. Angesichts der neuerlichen Befürchtungen wegen eventueller Massacres in Kairo geht der „Nordd. Allg. Ztg." die er freuliche Meldung zu, daß der deutsche Consul in Kairo, Herr v. Treskow, am 15. mit 300 Deutschen und Oester- reichern, die noch in Kairo zurückgeblieben waren, mittelst Extrazuges, der ihm von den egyptischen Behörden bereit willigst zur Verfügung gestellt war, sich nach Jsmailia begeben hat, um von dort auf dem Suezcanal nach Port- Said zu gelangen. Die englischen und französischen Kriegs schiffe, die sich auf dem Canal befinden, haben von ihren Regierungen den Befehl erhalten, der deutsch-österreichischen Karawane Hilfe und Schutz angedeihen zu lassen. Im Anschluß an obige Depesche theilt man demselben Blatte mit, daß auf dem auswärtigen Amte eine Depesche ein gegangen ist, welche meldet, daß Herr v. Treskow mit 300 Deutschen und Oesterreichern, die mit ihm Kairo ver lassen hatten, unter sicherer militärischer Escorte wohlbehalten in Jsmailia angelangt ist. Die Bestimmung des Z 503 der Strafproceßordnung, daß in einem Privatklageverfahren der Verurtheilte auch die dem Privatkläger erwachsenen nothwendigen Auslagen zu erstatten hat, findet nach einem Urtheil des Reichsgerichts vom 27. April d. I. auch auf den Nebenkläger, d. h. den Gekränkten oder Geschädigten, welcher sich der vom Staats anwalt erhobenen öffentlichen Klage als Nebenkläger an geschlossen hat, Anwendung, selbst wenn der vom Neben kläger gegen den Verurtheilten gestellte Antrag auf Buße abgelehnt wird. Oesterreich. Der am letzten Sonntag in Wien unter großen Tumulten aufgelösten Versammlung der deutsch österreichischen Volkspartei darf man keine große Bedeutung beimessen, denn die deutsche Volkspartei in Oesterreich hat durchaus mit der deutschen Verfassungspartei des Landes nichts zu thun, sondern die deutsch-österreichische Volkspartei ist eine noch im Entstehen begriffene ganz jung« Partei, welche es wahrscheinlich zu gar keiner gesunden Existenz bringen wird, da die besten deutsch-österreichischen Elemente bereits in der liberalen Verfassungs-Partei vertreten sind. Nachdem die Sanctionirung des Vertrages, mittelst dessen das österreichische Kriegsministerium der Stadtgemeinde Königgrätz die Festung, d. h. die demselben gehörigen Gründe und die darauf befindlichen Gebäude, um den Kaufpreis von 900,000 Gulden ins Eigenthum übergiebt, nunmehr außer Zweifel steht, so wird die so lange gehoffte und angestrebte Schleifung der Festungswerke endlich in Erfüllung gehen. Der Kaufschilling soll, dem Vernehmen nach, nicht baar bezahlt, sondern es sollen dafür eine Jnfanteriecaserne für ein Regiment, eine Schießstätte, zwei Offizierspavillons rc. hergestellt werden. Italien. Der preußische Gesandte am päpstlichen Hofe, v. Schlözer, ist am 16. Juli nach Deutschland abgereist. Frankreich. Die Deputirtenkammer genehmigte am 17. Juli die beantragten Credite für die Errichtung von Gerichtshöfen und Schulen, sowie die Bildung gemischter Truppencorps in Tunis. Im Laufe der Debatte erklärte der Conseilspräsident de Freycinet, er halte es für unnöthig, die Frage wegen der Capitulationen zu discutiren in einem Augenblicke, wo dieselben aufhören sollten. Die Kammer möge den vorliegenden Gesetzentwurf votiren, welcher einen merklichen Fortschritt aufweise und eine Verminderung der Occupationsarmee gestatte. Bedeutendere Verbesserungen würden folgen; die Regierung werde demnächst vollständigere Gesetzentwürfe vorlegen. (Beifall.) Der Kriegsminister kün digte an, daß er am Donnerstag einen Gesetzentwurf über die Organisirung der Colonialarmee vorlegen werde. England, lieber das Schicksal der irischen Pachtrück- standsbill, bezüglich welcher die Regierung neuerdings eine wichtige Concession zusagte, im Oberhause gehen die An sichten auseinander. Man glaubt, daß die irischen Grund-