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Mlage M Großenhain« Unterhaltung«- m- Anzeigedtatt. Nr. 80 Dienstag, den RI. Juli 1882. 70. Jahrgang. In der Brandnng des Lebens. Original-Roman von E. Heinriche. (3. Fortsetzung.) Die alte Frau schwieg aufs Neue, sie Katte die letzten Worte mit Anstrengung kcrvorgebracht und starrte nun, als sähe ihr Auge ein Mednsenhanpt, vor sich hin. Der Enkel saß unbeweglich, auch er schien erstarrt zu sein von dem Gehörten. Endlich streifte sie mit einem tiefen Seufzer den Bann von sich ab nnd fukr leise fort: „Die Mißhandlung trennte mich für ewig von dem Gatten, ich nahm meinen Knaben und verlieb mittellos, wie ich einst dasselbe betreten, das Haus. — Seltsamerweise ließ Wcrneck eS ruhig geschehen, ich zog hierher und fand meinen Unterhalt, indem ich zur Feder griff und meine Sprachkenntnisse in Uebersetzungen fremdländischer Romane zu verwerten suchte. Es gelang über Erwarten und so durfte ich, wenn Gott mir die Gesundheit ließ, auf ein wenig Sonnenschein wieder hoffen. Da traf mich die Nachricht, daß Werncck mit Hinterlassung großer Schulden das Weite gesncht und' alles Werthvolle mit sich genommen habe, wie ein Donnerschlag. Auf dein Namen meines armen Knaben haftete ein Schandfleck, den ich nie auslöschen konnte, denn der Bater wurde als Dieb steckbrieflich verfolgt uud über sein Vermögen der Eoncurs ausgesprochen. Ich mnßte mich dein Gerichte stellen und meine Schuldlosigkeit Nachweisen. Als mir dieses gelungen, gelobte ich mir, soviel als möglich zu arbeiten, um eiuen Theil der Schulden nach und nach abzutragen. Ach, es wurde mir schwer genug, und manche Nacht sah mich bei meiner Lampe arbeiten. Mein Herrmann wuchs fröhlich heran; er war ein feiner, kluger Knabe, mein Stolz und mein Trost. Er wurde Arzt und erfuhr an demselben Tage, als er den Doetorhut sich erworben, aus fremdem Munde den Makel, der auf seinem Namen hastete. Der arme Zunge, ich hatte es ihm verschwiegen und ibn freventlich in dem Glauben gelassen, daß sein Vater längst im Grabe ruhe, und nun, als er von mir die Bestätigung der Wahrheit erfuhr, durfte er nicht einmal au jeucm Fremden die Kränkung seiner Ehre rächen. Gott straft die Sünden der Ellern an den Kindern bis ins dritte und vierte Glied, — ich mußte die Wahrheit dieses Bibelwortes aufs Neue furchtbar erkeunen und glaubte vor Qual und Leid vergehen zu müssen, als mein Sohn mir zurief: „O, Mutter, Mutter, wie konntest Du mir einen solchen Vater geben." — Er liebte die Tochter eines unbemittelten Gymnasiallehrers, wurde wieder geliebt und mußte seinem Glück entsagen, weil sein Name, wie er sagte, besteckt, er nicht würdig sei, ein edles, unbescholtenes Mädchen die Seine zu nennen. Laß mich schweigen von dem, was ich dabei er litt, genug, daß Dein Vater nach einigen Jahren die Tochter eines reich gewordenen Gastwirths mit der Bedingung heirathete, eine bestimmte Summe als Heirathsgut zu erhalten, über welche er nach freiem Ermessen bestimmen dürfe. Deine Mutter war die einzige Tochter des Millionärs, ein gutes, doch sehr beschränktes Mädchen, das Deinen Vater leidenschaftlich liebte. Was die Mutterliebe an Bitten, Ermahnungen und Warnungen zu verschwenden hatte, sparte ich nicht, um meiuen Sokn von dem unseligen Schritte zurückzuhch cr blieb taub für Attes, nur von dein einen Gedanken, der Reinigung seines besteckten Namens, beherrscht, doch war er ehrlich genug, der Braut zu erklären, daß er sie nicht liebe, ihr aber stets treu bleiben und sie als seine Gattin werth und heilig halten werde. In meiner Herzensangst wandte ich mich selber an die arme Ver blendete und cntbüllte ihr Ailes, Alles. — „Dann halte ich es für meine Pflicht, Ihren Sohn zu heirathen", sprach sie mit einem sanften Lächeln, das mir durch die Seele schnitt, „ich werde ihm die Mittel geben, seines Vaters Schuld zu sühnen, und er wird mich dasür lieben." Ja, Aler! — Deine Mutter war gut, aber sie war keine Frau für meinen Sohn, der noch dazu eine andere Liebe im Herzen trug und mit einem Meineid vor den Altar trat, mußte er nicht tief un glücklich werden? — Als Dn geboren wurdest, schien er ganz zufrieden und glücklich sich zu fühlen, doch konnte dieses Glück nicht von Dauer sein, da er sich im Hause niemals heimisch fühlte, — das geistige Band, das Element des Verständnisses fehlte gänzlich. Bei Hedwigs Geburt änderte sich nichts mehr. Deine Mutter fühlte die Kluft, welche niemals zu überspringen oder ausznsüllen war. Sie kränkelte und starb mit dem Be wußtsein, einen schweren Jrrthnm begangen zu haben." „Hat mein Vater die Schuld des Großvaters gesühnt?" fragte Ater schwer athmend, als die alte Frau schwieg. „Ja, voll und ganz, — cs hastet kein Makel mehr auf Deinem Namen." Der jnngc Mann murmelte ein „Gott sei Dank!" und lehnte seinen Kopf an die Schulter der Großmutter. Sie blickte Um zärtlich an und fuhr nach einer Pause fort: „Deine Großeltern mütterlicherseits warfen nach dem frühen Tode ihrer Tochter einen unversöhnlichen Haß auf den Schwiegersohn, dem sie alle Schuld dieses Unglücks beimaßen. Es kam nach unerquicklichen Auftritten zu einem förmlichen Bruch, zu welchem die Verwandten der alten Leute nicht wenig beigetragcn, und als Dein Vater das unerhörte Ver langen derselben, seine Kinder an sie übzutreten, empört ab- fchlug, da enterbte der Großvater die unschuldigen Kleinen bis auf das gesetzliche mütterliche Pflichttheil, eine Handlung, welche meinen armen Sohn in ein frühzeitiges Grab legte. Auch die Großeltern starben bald, nachdem sie vergebens ver sucht, Euch mir zu entreißen, da Euer Vater m seinem letzten Willen die bündigsten Bestimmungen darüber getroffen. Euer Erbtkeil wurde vom Gericht verwaltet, und das Deinige später zu Deinen Studien mit verwandt. Ob ich indessen reckt daran gethan, Euch, meine geliebten Kinder, in ego istischer Liebe einem dürftigen Loose zu überantworten und um ein bedeutendes Vermögen zu bringen, diese Frage hat schon manche rnhelosc Stunde, manche schlaflose Nacht mir verursacht." „O, Großmutter, hat Deine aufopfernde Liebe uns nicht mehr gegeben, als das todte Metall jener alten Leute es je mals vermocht hätte? Laß diese Frage nie wieder an Dick herantreten oder Dir eine einzige Minute Deines armen freuden losen Daseins vergällen. Vergönne mir noch ein Wort. Hast Du nie etwas von Deinem Manne oder Deinen Geschwistern gehört?" „Nein", versetzte die alte Frau, düster vor fick kinstarrend, „ich körte »jemals wieder von ihnen. — O, wenn ick sülchten müßte, daß mein unseliger Gatte noch lebte, daß er eines Tages heimkehreu könnte —" Der junge Arzt schauderte unwillkürlich zusammen. „Verbanne solche Gedanken, mein Großmütterchen!" bat er zärtlich; „warnm ein Schreckbild keraufbesckwören, das jedenfalls nur in der Einbildung beruht. Ich danke Dir für die Mittheilung, von welcher die Nutzanwendnng auf Hedwig und den Grafen Obernitz sich beziehen soll. Du meinst, daß meine Schwester zu bürgerlich erzogen ist, um sich jemals in hochadeligen Kreisen glücklich zu füklen." „Ich bin davon überzengt, mein Sohn! — sieb', ick, weiche jenen Kreisen dnrch die Geburt augehort, werde doch wohl ein Urtheil darüber haben können und ich weiß es mit absoluter Gewißheit, daß Hedwig nicht dasür paßt. Sie wird elend werden, tief elend. Ich hoffte bislang, daß Dein Freund Paul ihr Herz gewonnen ; — sieh', Aler, das wäre ein Gatte für sie, in dieser Ebe wäre Alles Einklang." „Und sie liebt wirklich den Grafen Obernitz?" fragte der junge Mann nachdenklich. „Leider, leider, mein Sobn! Dieser Gras wird die Schlange in unserem kleinen Paradiese werden." Alex konnte ein Lächeln nicht unterdrücken, ibn dünkte die Besorgniß der alten Fran stark übertrieben und cr atbmete wie von einem Alp befreit auf, als in diesem Angenblick die Schwester an der Seite des jungen Baumeisters im Garteil erschien. Es dunkelte bereits stark, wesbalb die Großmutter sich erhob, um die Lampe auzuzünden. „O, laß das, Du Gute!" rief Aler, „soeben kommen Paul und Hedwig einträchtiglick durch den Garten geschritten und da könnten wir noch ein wenig im Dämmerschein plaudern." „Paul und Hedwig!" murmelte die alte Frau, „o, daß diese Namen sich niemals trennen möchten." Hätte Aler genauer unterscheiden können, dann wäre ihm das Wort „einträchtiglich" wohl nicht entschlüpft, da die Mienen der beiden Ankommenden nichts weniger als diese Bezeichnung verdienten. Finsterer Ernst lag auf der Stirn des jungen Baumeisters, während Hedwigs reizendes Antlitz von Unwillen und Trotz hochgcröthct erschien. „Ihr habt wobl erst selbander promcnirt", rief Aler ihnen heiter entgegen, „kommt nun rasch an den Tbeetisch, den Großmaina in der Veranda servirt; wir sind bereits un geduldig geworden." „Du wirst mich bei Deiuer Großmama entschuldigen", versetzte der Baumeister mit etwas gepreßter Stimme, „ick muß sogleich nach Hause." Hedwig war bei diesen Worten ihres Begleiters rasch ins Halls geschlüpft. „Unsinn, Paul, was ist denn vorgefallen?" kW. Werneck stand im nächsten Augenblick vor dem Freunde und blickte ihn forschend an. „Nnn, was ist geschehen?" setzte er ungeduldig binzu. „Nichts, was Dich interessiren könnte", erwiderte Rein hold langsam und zerstreut, „ich fürchte, Freund Aler", setzte er dann plötzlich, tief anfathmend, hinzu, „daß unserer Freund schaft nächstens eine bedentungsvoll schwere Probe droht." „Ah, das sollte mich denn doch wohl interessiren, Paul! Du wirst den Thee also nicht mit uns eiunekmen?" „ES ist unmöglich!" „Gut, harre ein wenig, ich werde sogleich wieder bei Dir sein." Er ging ins Haus, um seinen Hut zu holen uud der Großmutter die nöthige Mittheilung zu machen. „Ich wußte es", sagte diese mit einem schweren Seufzer, „das Verhängniß fordert sein Opfer." Die beiden Freunde schritten schweigend durch die Promeuade. Wie auf Verabredung schlugen sie den Weg nach einer ein samen freien Gegend ein, wo sie sicher vor jedem Horcher sich fühlten. Noch hatte keiner von ihnen ein Wort gesprochen, bis ftr. Werneck plötzlich stehen blieb, die Hand auf des Freundes Schulter legte und ihn fragte: „Nnn sage mir Alles, Paul! — Ich verlange die ungeschminkte Wahrheit." „Nun wokl, ich werde morgen vielleicht schon eines Se- cundanten benötkigt sein", versetzte Reinhold langsam. „Ab, Du willst Dich mit dcm Grafen Obernitz schlagen?" „Oder schießen, da er die Wabl der Waffen bat. Du erräthst übrigens merkwürdig leicht, mein bester Aler, sollte Hedwig Dir schon gebeichtet haben?" „Die Großmutter ließ einige Andeutungen darüber fallen, und da ich Deine Neigung für Hedwig kenne —" „Ja, ich glaubte bereits das Glück erfaßt zn baben", siel Reinhold bitter lachend ein, „ich Thor wäbnte, ibr Herz zu besitzen, war so sicher in diesem Glauben, bis ich urplötzlich aus meinem Traum erwachte, um cinzuseken. daß die Be vorzugten dieser Welt nur die Hand auszustrecken brauchen, sich die Blumen der bürgerlichen Sphäre zu brecken." „Paul, vergiß Dich nicht", sprach Werneck mit nachdrück lichem Ernst, „meine Schwester gekört nimmermekr zu diesen Blumen, oder beim Himmel, der erste Schuß gekörte mir." „Ich wollte nicht beleidigen, Freund!" entgegnete Rein bold, „aber was soll ick von einein jungen Mädchen kalten, das mit einem reichen Grafen heimliche Zusammenkünfte hat." „Das ist nickt wahr, kann nicht wahr sein", rief Wertteck außer sich. „Ich suchte Hedwig", fuhr der Baumeister mit Anstrengung fort; „mein Herz, oder wenn Du willst, die Eifersucht trieb mich fort, sie raunte mir zu, mir Gewißheit zu verschaffen. Ich ging nach dem Geschäft, wofür Hedwig arbeitet, — sie war längst sckon wieder fortgegangen; auch bei der Freundin traf ich sie nicht und ging nun geraden Wegs zur Justiz- räthin Warmstedt, wo ich das Kleeblatt in schönster Harmonie am Theetisch fand." „Dn bedienst Dich sehr wegwerfender Ausdrücke, Paul!" sprach IN. Werneck, den Freund finster anblickend. „Verzeih', mein Lieber, die Situation war in der That familiair genng, da die beiden Damen allerdings auf dem Sopha saßen, der Graf indessen in auffallend vertraulicher Weise an Hedwigs Seite Platz genommen hatte. Ich bat natürlich wegen der Störnng um Entschuldigung, setzte jedoch sogleich hinzu, daß die Unruhe der Großmutter meiu Kommen veranlasse, mit der Bitte, sich nicht länger aufzukalten und meine Begleitung anzunekmen. — Bevor Hedwig, welche sicht lich bestürzt erschien, ein Wort der Erwiderung gesunden, er Kob sich Graf Obernitz nnd bedeutete mir ziemlich kurz, daß er Fräulein Hedwig nach Hause begleiten werde. „Sind Sie damit einverstanden?" wandte ich mich an Deine Schwester. Sie nickte trotzig, obwohl ihr Gesicht zu Schnee erbleichte. „Hedwig!" rief ich, meiner kaum mehr mächtig, „weiß Ihre Großmutter, weiß Ibr Bruder von solcher Begleitung?" Damit Katte ich genug gesagt, um den ganzen Zorn des vornehmen Aristokraten auf meiu Haupt herabzuziehen. Ein Wort gab das andere, und das Ende vom Liede war, daß Hedwig mit mir ging, während der Graf mir einen nicht mißzuverstehendcn Blick zuwarf." „Es ist gut", sagte Aler nach einer kleinen Weile, „Du Kast ganz recht gethan, Paul, ich danke Dir, und werde Dir natürlich secnndiren. Wirst Du ihn fordern?" „Ich glaube das dein Grafen überlassen zu müssen, ich war der Beleidiger." „Er ist Virtuose in jeder Waffengattung", bemerkte der Doctor nachdenklich. Der Baumeister zuckte die Achseln und wandte sich lang sam der Stadt wieder zu. „Du weißt, Aler, daß auch ich kein Unkundiger bin", sagte er ruhig. „Noch eins, Freund! hat sich der Graf bei dieser Affaire, in welcher die Ehre meiner Schwester engagirt ist, nicht als ihr Verlobter erklärt?" „Nein" versetzte Reinbold kurz, „es wäre sonst schwerlich soweit gekommen?" Die beiden jungen Männer gingen nun rasch und schweigend in die Stadt zurück. «Fortsetzung folgt.) Grenzberichtc aus altem Gebiete deutscher Zunge. Bon Ur. Mupperg. II. Wir Deutschen find zwar schon gewohnt, daß unsere Volksredner aus lauter Theorie ost die nützlichsten Ideen verwerfen und ohne nationales Verständnis; das Sonderbestehen unseres Blutes schwer schädigen. Daß aber ein so treffliches Heft, wie die Berliner Zeit schrift für Erdkunde, einen so freudigen, trmmphgewissen Angriff wie den Prof. Breßlauer's auf das Deutschthum unserer Stammes- reste unten in den Alpen ausnahm, kann inan sich doch kaum aus obiger nationaler Schwäche erklären. Im Hest Nr. 93 greift Herr Breßlauer das alte Deutschthum der Germanen im Tosthal an. Er sucht zu beweisen, daß diese Deutschen des Junkherrn von Urnasach nnd die andern nicht aus der Zeit der Völkerwanderung stammen und ein verlorner Stammesrest, etwa Heruler, seien, sondern daß sie dnrch dynastische Verbindungen aus der benachbarten deutschen Schweiz erst im 13. Jahrhundert herbeigesührt worden seien. Es widerspricht dies der Sage, es widerspricht dies der Sprache, es widerspricht dies dem Gefühle. Mit Beweisen ü la Breßlauer ließe sich auch aufstellen, daß die Hessen erst in diesem Jahrtausend in ihr Land eingewandert seien! Schon Sebastian Frank von Word 1539 (Blatt 374 > berichtet: „daß eben die Bewohner des deutschen Dorfes Urnasach ----- Ornavasso, nach dem, was er früher gehört, unter einem Kaiser, etwa unter Kaiser Otto, und zwar als Räuber dort hin gekommen feien." Es ist dies die stets gleiche Sage bei allen deutschen Völkertrümmern, weil sie wirklich entweder von einem römischen Statthalter einen Landstrich angewiesen erhalten haben zu ihrer Errettung i beispielsweise die Vandalen unter Marcus Aurelius das Land am Mierisch und an der schnellen Körös in West-Sieben bürgen, die Burgunder 443 die Sabaudia re.) oder weil sie sich später in den Glauben hineinlebten: „Der Kaiser hat uns", oder „von einem Kaiser wurden jene ^eute, z. B. die Gottscheer, dahin gesetzt." Heißt es nun noch im 15. Jahrhundert von den Leuten in Urnasach: „als Räuber hätten sie den Sitz angewiesen bekommen durch die Hand eines Kaisers", so deutet die Identität mit ähnlichen germanischen Ansiedlungen, z. B. mit der der Bastarner an der -Sau durch Eommodus, auf frühere und ebenfalls römische Ansiedlung. Mindestens ist „von dem Kaiser angesiedelt" umzudeuten in „unter dem Kaiser." Daß die Deutschen, die im Jahre 15m> natürlicher Weise keine Kenntniß mehr hatten von der einstigen Existenz römischer Baiser wie Trajan oder Septimius Severus, stets diese Käisersagen in deutsche Kaisersagen umdichteten, wissen wir ja aus der Ge schichte der Gottscheer, welche erzählen: „entweder war es Karl der Große oder Karl der Fünfte! Ein Kaiser aber war es!" So wissen die Franken am Main und Rhein noch sehr wohl, daß viele Straßen, Brunnen, Ruinen re. von Heiden, Hunnen und dergl. herstammen. Da ihnen aber jede Ehronölogie abgeht, so deuten sie es meist: „ Unsere Gegend war ganz von Hunnen bewohnt; die wurden verjagt und erschlagen von —Da sagen unsere Bauern: „Von den Schweden." Sie kennen die einzelnen in der Erde versteckten Städte und Bulturreste der Römer; allein der Begriff der Römer, der Begriff der U>"0 Jahre ist ihnen vollkommen abhanden gekommen; sie passen ihren Benutnissen willkürlich die Sage an. So sind auch die Leute des Junkherrn von Urnasach l„Ach" --- das Wasser) von einem Kaiser als Ränder auf diesen Platz gekommen. Nicht aber wollten wir historisch die Deduktionen Breßlaurr's widerlegen. Wir wollten nur unser Bedauern ausdrücken über die Freude, mit der hier ein Deutscher sich selbst die Nase aus dem Gesichte zu schneiden sucht. Eine solche Selbstschandung liebt blos der Deutsche. Wenigstens früher; denn jetzt bebt sich doch etwas die Selbstachtnug. Und deshalb sollte man fast annehmen, daß der Verfasser gar nicht von ger manischen Eltern abstammt. In Frankreich wäre solche Freude, dem Französenthum eins anzuhängen, undenkbar; kein Blatt nähme, selbst wenn'die Ideen richtig wären, solche Arbeit auf. Gewiß ist es Freude, dem Germanismus einen Schlag zu versetzen. Denn nicht genug mit der Vernichtung (?) des uralten Deutschthums der Tosa-