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Großenhainer Unterhaltungs- & Anzeigeblatt : 02.05.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-05-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id38343789X-188205024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id38343789X-18820502
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-38343789X-18820502
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Großenhainer Unterhaltungs- & Anzeigeblatt
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Jahr
1882
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Monat
1882-05
- Tag 1882-05-02
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Monat
1882-05
-
Jahr
1882
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— Nr. 51. Sachsen. Se. Majestät der König hat anläßlich seines Geburtstages auch in diesem Jahre dem Präsidium von „Sachsens Militärvereinsbund", dessen hoher Protector der König ist, 600 M. mit der Bestimmung zugehen lassen, daß diese Summe zur augenblicklichen Unterstützung noth leidender Kameraden in besonderen Nothfällen verwendet werde. Ueber das Befinden Sr. königl. Hoheit des Prinzen Albert geht dem „Dr. I." die Mittheilung zu, daß in den letztvergangenen Wochen bei Höchstdemselben immer wieder und zum Theil ziemlich starke Blutungen beobachtet wurden. Der hohe Kranke hat die Fahrt nach Hosterwitz zwar glück lich überstanden und die darauf folgende Nacht ziemlich viel geschlafen; die Kräfte sind aber sehr reducirt und der Appetit fehlt fast vollständig. In Leipzig fand am 28. April das solenne Leichen- begängniß mit großer studentischer Begleitung (15 trauer umflorte Fahnen gaben dem Zuge ein tragisch-schöne- Eolorit) statt, welches den irdischen Ueberresten des am Dienstag verstorbenen ordentlichen Professors der Astro physik an der Universität, Dr. pKU. Friedrich Zöllner, galt, einem in vollster Manncskraft dahingeschiedenen Manne, welchem in derselben Woche ein älterer, leidender Lehrer der Hochschule, Professor Dr. Ziller, vorangegangen war. Der Fabrikarbeiter Hofmann und die verehel. gewesene Möckel, Beide aus Werdau, welche bekanntlich den Ehemann der Möckel am Abend des 25. December v. I. ermordet haben und infolge dessen Beide am 23. März vom Schwur gericht Zwickau zum Tode verurtheilt worden waren, sind von Sr. Majestät dem König zu lebenslänglicher Zuchthaus strafe begnadigt worden. Auf dem Marktplatze zu Leipzig zeigte sich am 26. April Mittags gegen V2I Uhr ein Natureigniß, da« nicht ohne namhaften Schaden für einige Händler vorüberging. Es war ein aus nordöstlicher Richtung hervorbrechender Wind stoß, welcher mit solcher Heftigkeit auftrat, daß die Klappen von den Verkaufsbuden niederschlugen und die ausgelegten Waaren überall herumflogen. Da« Phänomen dauerte etwa 5—6 Secunden, worauf wieder völlige Windstille eintrat. Am 27. April wurde in der Nitzschke ein neugeborenes Kind männlichen Geschlechts todt aufgefunden und am näch sten Tage gelang es der Leipziger Polizei, bei einer früh zeitig ausgeführten Patrouille die Mutter des Kindes in einer 30 Jahre alten, stellenlosen Dienstmagd zu ermitteln. Dieselbe ist der Criminalbehörde übergeben worden. Vergangene Woche wurde der achtjährige Sohn des Posamentirers Berthold in Buchholz durch den Maler Grund aus dem Wasser gezogen und so vom Tode des Ertrinkens errettet. Leider geriethen die Eltern am nächsten Tage in neue Sorgen, weil dasselbe Kind von einem Knaben mit einem Steine derart an den Kopf geworfen wurde, daß das Kind abermals bewußtlos ins Haus getragen werden mußte. In einer Holzschleiferei bei Wildenthal ist vergangene Woche ein daselbst erst seit circa sieben Wochen angestellter Werkführer tödtlich verunglückt. Jedenfalls ist derselbe von dem Treibriemen, den er von einer Scheibe der Turbineu- welle hat wegnehmen wollen, erfaßt worden, wobei ihm der rechte Arm vollständig ausgerissen, die Brust eingedrückt und der Kopf schwer verletzt wurde, so daß der Tod sofort eingetreten ist. Der Verunglückte, welcher 26 Jahre alt war, hinterläßt eine Frau und zwei Kinder. Unweit des Eisenbahntunnels bei Niederau wurde am Donnerstag auf den kurz vor 8 Uhr Abends passirenden Leipziger Eourierzug ein Stein geworfen, welcher zwar nicht in das Coupe hineinfiel, aber doch ein Fenster desselben zerschmetterte, so daß die umherfliegenden Glassplitter einen der darin sitzenden Herren an der Wange verletzten. Deutsches Reich. Der Reichstag hat in seiner am 28. April abgehaltenen zweiten Plenarsitzung das Präsidium der letzten Session — v. Levetzow, Frhr. v. Franckenstein und Ackermann — wieder gewählt. Präsident v. Levetzow nahm die Wahl mit folgenden Worten an: „Meine Herren! Mit erhöhter Dankbarkeit für den erneuten Beweis Ihres Vertrauens und Wohlwollens und in Betracht der Nachsicht, die Sie gegen mich geübt haben, mit etwas leichterem Her zen, als vor wenigen Monaten, nehme ich die auf mich gefallene Wahl zum Präsidenten des Reichstags an. Meine geringen Kräfte, welche Ihre Unterstützung dringend be dürfen, im Uebrigen aber Ihnen voll zur Verfügung stehen, sollen dahin angespannt werden, daß ich das mir anvertraute Amt verwalte, Niemand zu Liebe und Niemand zu Leide, zur Förderung der Geschäfte des Hauses und zur Wahrung seiner Würde, und, soviel an mir liegt, zum Wohle des Vaterlandes, dessen Dienst Ihre und meine Ehre ist." Nach vollzogener Wahl der beiden Vicepräsidenten wurden die Schriftführer dem Anträge des Abg. Dr. Windthorst gemäß durch Acclamation gewählt, womit das Bureau constituirt war. Die nächste Sitzung setzte der Präsident auf Freitag den 5. Mai fest und stellte die Novelle zur Gewerbeordnung und den Consularvertrag mit Brasilien auf die Tagesordnung. Zu der Mittheilung, daß Herr v. Schlözer als preu ßischer Gesandter beim päpstlichen Stuhle sein Beglaubigungs schreiben überreicht habe, bemerkt die „Prov.-Corr.", die Wiedereinsetzung einer Vertretung Preußens beim päpstlichen Stuhle dürfe schon an sich als ein Zeichen des wieder gekehrten Friedens betrachtet werden, werde aber auch — dieser Hoffnung geben sich wohl beide Theile hin — dazu beitragen, die Verständigung und Einigung über manche noch schwebende Frage zu fördern. Bayern. Der Landtag ist am Sonnabend durch den Prinzen Luitpold im Namen des Königs geschlossen worden. In dem Landtagsabschiede wird die Ablehnung des Gesetz entwurfs über die Kasernenbauten im Interesse der Fürsorge für das Heer lebhaft bedauert. Baden. Die zweite Kammer nahm am 27. April einen Antrag des Abg. Kern u. Gen., die Einführung der directen Abgeordnetenwahl, eventuell die Vereinfachung des jetzigen Wahlverfahrens betreffend, mit 29 gegen 28 Stimmen, also mit nur einer Stimme Mehrheit, an. Italien. Die clericalen Blätter veröffentlichen eine päpstliche Encyklika an die Bischöfe von Sicilien, in der sich das Papstthum gegen die Klagen zu rechtfertigen sucht, Trotzeuhainer Unterhaltnngs- und Anzeiseblatt. Seite 2. welche in den anläßlich der Erinnerungsfeier der sicilianischen Vesper gehaltenen Reden gegen das Papstthum erhoben wurden. Die Kammer nahm am 27. April die Militärvorlage mit 219 gegen 10 Stimmen an. Das Erforderniß beträgt im Ganzen 127,880,000 Lire. Frankreich. Die Negierung hat eine Commission er nannt, welche sich mit der Prüfung der Ausführbarkeit eines Binnenmeeres in den Schotts von Südtunis und Algier beschäftigen soll. Zu den Mitgliedern dieser Commission gehören unter Anderen v. LessepS und General Ehanzh. Nach in Paris eingegangenen Nachrichten unterzeichnete der Sultan von Marokko eine Convention, welche die fran zösischen Truppen ermächtigt, Aufständische, welche Einfälle in das Gebiet von Algier unternehmen, nach den benach barten Gebieten zu verfolgen. Gleichzeitig hat der Sultan zur Entschädigung der Opfer der letzten Einfälle eine Ab schlagszahlung von 100,000 Francs geleistet. Ueber den Ueberfall einer wissenschaftlichen Mission in Nordafrika (seit kurzer Zeit das dritte Borkommniß dieser Art) wird der „Agence Havaß" auö Oran gemeldet: Zwei Compagnien der Fremdenlegion begleiteten eine topographische Recognoscirungsabtheilung mit einem LebenSmitteltranSport für zwei Tage. Dieselben wurden bei Tigri von 6000 von ihren Frauen begleiteten Fußgängern und 1800 Reitern an gegriffen. Die Compagnien kämpften heldenmüthig, tödteten mehrere Hundert der Angreifer und behaupteten das Kampf feld, mußten aber, da die Begleitungsmannschaften des Transports geflohen waren, letzteren verlassen; ihr Verlust besteht in 37 Lodten und 30 Verwundeten. Spante«. Die Deputirtenkammer hat am 28. April den Gesetzentwurf über dte Zinsherabsetzung der spanischen Schuld angenommen. England. Die Trauung des Prinzen Leopold, Her zogs v. Albany, und der Prinzessin Helene von Waldeck ist am 27. April Mittags 1 Uhr vollzogen worden. Der Vicekönig von Irland, Graf Cowper, hat seine Entlassung eingereicht; zu seinem Nachfolger ist der bisherige Lordpräsident des Geheimen Rath«, Earl Spencer, ernannt worden. — Das Cabinet hielt am 29. April eine Berathung, um darüber schlüssig zu werden, ob Parnell und Genossen auf freien Fuß gesetzt werden sollen oder nicht. Aus London meldet die „N. Fr. Pr.": Alle Anzeichen deuten die Möglichkeit einer baldigen Versöhnung mit Irland an auf Grund von Abmachungen Gladstone'S mit Parnell während dessen kürzlicher Freilassung. Die Regierung gesteht die Forderungen der Landliga bezüglich der Pachtrückstand- Erleichterung bei Ankauf gepachteten Landes zu, wogegen die Parnelliten die Gewaltthaten einstellen. Doch zweifelt man, daß Parnell'« Einfluß zur Versöhnung genüge. Türkei. Dem Vernehmen nach soll die jüngst er nannte Reform-Commission in ein Ministerium für all gemeine Reformen in Rumelien und Kleinasien unter dem bisherigen Gouverneur von Chios, Said Pascha, als Titular umgewandelt werden. Amerika. Präsident Arthur empfing am 27. April in Washington mehrere Personen, welche um seine Verwendung zu Gunsten der russischen Juden nachsuchten. Der Präsident erwiderte, er werde sein Möglichstes thun, um die russische Regierung zu veranlassen, den Juden wirksamen Schutz angedeihen zu lassen und habe in dieser Beziehung bereits dem amerikanischen Gesandten in Petersburg entsprechende Instructionen erlheilt. Unter allen Umständen würden die amerikanischen Juden, welche provisorisch in Rußland ihren Wohnsitz hätten, von den Vereinigten Staaten geschützt werden. Vermischtes. (Alte Liebe rostet nicht.j Ein Kleingewerbtreibender in Frankfurt a. M. ließ sich vor einigen Monaten von seiner Frau scheiden, heirathete wieder, lebte mit seiner zweiten Frau auch nicht glücklich, ließ sich aber nicht von ihr scheiden, sondern ging ihr durch, seine erste, geschiedene Gattin mit sich über den Ocean nehmend. Zu dem großen Arbeiter-Strike in dem Böhmischen Braunkohlenrevier wird aus Karbitz, 29. April Vormittags, gemeldet: Von Kommotau bis Aussig herrscht allgemeiner Strike auf sämmtlichen Werken. Soeben fand eine große Versammlung unter freiem Himmel statt. Ueber tausend Arbeiter waren anwesend. Bergarbeiter Horalek ermahnte zur Ausdauer. Er sagte: Sechs Millionen Fabrikarbeiter stehen hinter uns. Die Arbeiter sind eine Macht, mit der man rechnen muß. Eine Resolution, gleichlautend mit der Duxer, wurde angenommen mit Hinzufügung noch einiger Forderungen, wie Abschaffung der Arbeiterbücher, der Le gitimation, Abschaffung der Geldstrafen durch die Arbeits geber, Errichtung von Fachschulen, unentgeltlicher Unterricht. Die Ruhe wurde nicht gestört, obgleich weder ein Commissär, noch Gendarmen anwesend waren. Weiber, mit Stöcken bewaffnet, durchziehen die Stadt und hindern die Schicht lohnarbeiter. Militärverstärkung wird stündlich erwartet. Bei der Lohnauszahlung heute Nachmittag werden Excesse befürchtet. Als Nachtrag zum großen Postdiebstahl erfährt das „Dr. I." von seinem Pariser Correspondenten, daß am 26. April auch der Hauptthäter arretirt worden ist. Es scheint gewiß, daß der Angestellte der Postverwaltung, der sich unter der Anklage der Geldbriefunterschlagung schon seit mehreren Tagen in Haft befindet und bereits mehrere Entwendungen auch eingestanden hat, sein Mitschuldiger ist. Das Princes - Theatre in Portsmouth brannte am 25. April in früher Morgenstunde bis auf den Grund nieder. Die Ursache des Brandes ist noch unbekannt, aber die Polizei stellt Recherchen an, da man es für eigenthüm- lich hält, daß zwei der größten Vergnügungslocale der Stadt innerhalb der letzten paar Wochen hintereinander ein Raub der Flammen geworden. Hauptverhandlungen bei dem Kgl. Schwur- und Landgericht re. Dresden. Dresden, l. Mai. Am Sonnabend wurden zwei Straßenräuber der erbärmlicksten Sorte, die seit Oktober v. I. bi« zum 2i. Januar ' d. I. die nächste Umgebung der Residenz durch eine Reihe Raudanfälle außerordentlich unsicher gemacht hatten, zu der höchsten gesetzlich zu lässigen Strafe von je >5 Jahren Zuchthaus, lü Jahren Ekn«nr«cht»v»rlup und Stellung unter Polizeiausficht verurtheilt. Es waren dies di» Handarbeiter Heinrich Moritz Nitzschke aus Auerswald» und Johann August Kümmritz auS Dölzig, letzterer «in Pater von v Aindrrn und b«r»itS einmal bestraft, während der »benfalls verheirathete Nitzschke schon viermal criminell vorbestraft worden ist. Die gemeingefährlichen Subjekte batten in fünf einzelnen Fällen am bellen lichten Tage auf öffentlichen Straßen oder Wegen und nachdem sie sich im Walde ver borgen gehalten, Männer und Frauen ihrer Baarschaft bis zu Beträgen von SO M. gewaltsam und mit Bedrohung «in»r gegen Leid und Leden gerichteten G«fabr durch Würgen mit den Händen am Halse, Festhalten, ja sogar Benutzung einer Schlinge und die fortwährenden Zurufe, di« Beraubten über den Hausen zu schießen, beraubt Nur in dem sechsten Falle war das verbrecherische Vorhaben ohne Erfolg geblieben, und befand sich unter den Beraubten auch der Gemeinde« vorstand von Wilschdorf. — Der Fltischergeselle Otto Beger in Großenhain batte den Guts besitzer Friedrich Traugott Dörschel in Bauda wegen Beleidigung verklagt, und zwar weil sich Letzterer betreffs einer von ihm verlorenen Brieftasche mit zwei Fünfzigmarkscheinen dahin ausgesprochen haben sollte, der Kläger könne das vermißte Object haben. Die Brieftasche war jedoch in der Tb«t von dem Baumeister Riemer gefunden und dem Berlustträger, der dafür ein Finderlobn von lO M. bewilligt halt», wieder zugestellt worden. R. hatte Dörschel, wie man sich auszudrücken pflegt, erst etwas „zappeln" lassen, »b» er ibm die erfreuliche Mit- tbeilung von dem Funde machte, und in der Zwischenzeit hielt D. die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß Beger über den Verbleib der Tasch» wissen müsse u. Das Schöffengericht zu Großenhain sprach den Privatangeklagten frei und verurtheilte Beger'n zur Tragung der Kosten, wogegen dieser Berufung »inlegte. Bor der Berufungsinstanz (Strafkammer V) löste sich durch Vermittelung des Herrn Vorsitzenden der voraussichtlich auch in zweiter Instanz für B. erfolglose Proceß insofern in Wohlgefallen auf. als Riemer dem Kläger das Finderlohn für die Brieftasche zur Bezahlung der Kosten überließ und Dörschel erklärte, er wolle die für die Tbäligkeit seines Rechtsanwaltes aus gelaufenen Kosten zu Gunsten des unterlegenen Klägers, der seinerseits die Klage zurückzog, selbst entrichten. Noch einmal Realschule und Stadtschule. Obwohl Einsender mit dem Verfasser des in Nr. 50 „Realschule und Stadtschule" überschriebenen Artikels darin einverstanden ist, daß die Realschule in ihrem gegenwärtigen Umfange den Procentsatz der Communalabgaben nicht wesentlich erhöht und zu einer schweren Last für die Steuerzahler nicht wird, so sieht er sich doch genöthigt, seinem Entschlusse, von einer weiteren Betheiligung andern herauf beschworenen Streite abzustehen, noch einmal untreu zu werden, weil jene Auseinandersetzung sehr unzutreffend und unrichtig ist und eine ungerechtfertigte Mißstimmung gegen das Institut der Stadt schule erregen muß. Es ist grundfalsch, Realschule und Bürgerschule als vollständig gleiche Institute neben einander zu stellen, Vorhanden sein oder Mangel eines Staatszuschusses, Zahl der Schüler, der Classen und Lehrkräfte, sowie die Höhe des Schulgeldes ganz außer Berechnung zu lassen, nur die Ausgaben anzuführen und dann zu sagen, die eine erhalte sich zu ?/,, die andere nur zu '/« selbst. Es ist höchst ungerecht, bei der einen Kasse den Fehlbetrag richtig an zuführen, bei der anderen aber durch Ausscheidung mehrerer Ein nahme-Positionen einen bedeutend höheren Fehlbetrag vorzurechnen'. Wie kam z. B. der Herr Verfasser dazu, bei der Bürger-Schulkasie den in Einnahme gestellten intact zu haltenden Betriebsfond von 18,000 Mark außer Acht zu lassen, dagegen aber bei der Ausgabe nicht ebenso auszuscheiden? Das ist eine Beirrung der öffentlichen Meinung, eine bedauerliche Entstellung des Sachverhaltes. Solche Darstellungen müssen eine ungerechtfertigte Aufregung und Ver bitterung zur Folge haben! Allerdings fordert das Bürgerschulwesen einen bedeutenden Zuschuß (43,250 M.); Großenhain befindet sich aber in dieser Beziehung mit den meisten Orten Sachsens in gleicher Lage. Nach den vorliegenden HauShaltplänen hatte im Jahre 1881 Meißen 63,115 M., Döbeln 58,000 M. und Oschatz, dem ein großer Theil seines Schulwesens durch das K. Seminar abgenommen ist, 33,000 M. Fehlbetrag durch Schulanlagen aufzubringen. Die Ur sache dieser Erscheinung liegt, wie der Verfasser jenes Artikels sehr richtig bemerkt, in den überaus niedrigen Schulgeldsützen. So deckt z. B. das Schulgeld der unteren 4 Classen unserer 3. Bürgerschule noch nicht einmal einen Hilfslehrergehalt und das Schulgeld der untersten 4 Classen der 2. Bürgerschule nicht einmal den Minimal gehalt eines ständigen Lehrers. In keiner Claffe wird überhaupt der Gehalt des Lehrers durch das Schulgeld gedeckt. Die Nornnrung dieser niedrigen Schulgeldsätze ist ein ehrendes Zeugniß von der Humanität der städtischen Behörden und der Stadtvertretung. Man hat sich eben bereit erklärt, gemeinschaftlich zu tragen, was getragen werden muh und hierbei besonders die ärmeren Classen zu erleichtern. Da nun auch noch mancher Betrag erlassen und mancher Rest als inexigibel ausgcthan werden muß, so darf man sich nicht wundern, wenn der Fehlbetrag nicht gering ist. Bei der Rcalschulkasse giebt es keine Reste und jeder Schüler zahlt 75 oder 90 M. Schulgeld. Weiter ist zu bedenken, daß die Bürgerschule nur 400 M., die Real schule dagegen 12,«)00 M. Staatsunterstützung empfängt. Endlich ist aber vor allen Dingen der Umfang der beiden An stalten zu berücksichtigen. Die Realschule zählt gegenwärtig etwa 120 Schüler in 5 Classen und die Bürgerschule incl. der Fortbildungs schule 2068 Schüler in 50 Classen. Es ist doch ganz natürlich, daß eine sehr umfängliche Anstalt mehr Kostenaufwand verursacht, als eine weniger umfangreiche. Jede weitere Claffe und jede weitere Lehrkraft vermehrt die Ausgaben. Ist eS nicht natürlich, daß die Schule zu Großenhain mehr Ausgaben verursacht, als die zu Folbern? Die Bürgerschule hat ohne die Fortbildungsschule 8 mal mehr Classen (41) als die Realschule und nur der Fehlbetrag der Realschulkasse mit 8 multiplicirt giebt eine Summe von ziemlich 80,000 M., wäh rend der Gesammtaufwand für die Bürgerschule 86,700 M. beträgt. Es liegt aber auch wiederum im Wesen der Dinge und ist ganz ge rechtfertigt, daß eine höhere Schule mehr Kostenaufwand verursacht als eine niedere. Halten wir uns nun an den Fehlbetrag beider Schul-Kaffen, denn nur dieser ist durch Steuern aus zubringen (und z. B. nicht auch der bereits erwähnte vorhandene Betriebsfond). Der Fehlbetrag beziffert sich bei der Realschulkasse auf 9,868 M. (trotz deS Staatszuschusses) und bei der Bürgerschul kasse auf 43,250 M., wozu die Gemeinde Mülbitz 865 M. bcizutragen hat, was jedoch hier außer Berechnung bleiben muß. Repartiren wir dies; nun auf die Schüler, so stellt sich als Resultat heraus, daß die Gemeinde für jeden Realschüler (120:9,868 M.) noch 82 M. 23 Pf. (bei 110 Schülern ä 89 M. 71 Pf.) und für jeden Bürger schüler (2,068:43,250 M.) noch 20 M. 92 Pf. Zuschuß aufzubringen hat. Scheiden wir die 360 Fvrtbildungsschülcr und den Aufwand für die Fortbildungsschule auS, so ergiebt sich für jeden Bürgerschüler (1,708:39,985 M.) ----- 23 M. 42 Pf. — Lassen wir uns aber durch die unerläßlichen Ausgaben gegen keine der Anstalten verbittern. Wollen wir uns vielmehr des Bestehens beider freuen. Jede derselben thut ihre Schuldigkeit und bringt sicher großen Segen. Mögen beide Anstalten neben einander bestehen und mit Gottes Hilfe gedeihen! Unsere Opfer widmen wir der Heranwachsenden Generation! Dies als letztes Wort. <?. s. tt. s'.
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