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-HM. § .7 ft Abonnement: Vierteljährlich 1 Mark. Insertionsbeträge von auswärts find in Post« marken beizufügen oder werden durch Postvorschuß erhoben. Inseratenannahme: Bis Tags vorher spätestens früh S Uhr. Erscheinen: Dienstag, Donnerstag und Sonnabend mit Ausschluß der Feiertage. M Amtsvlatt des Königlichen Gerichtsamts und Stadtraths zu Großenhain. Großenhainer Werh Mngs- uck AHchMtt M 81. Redaction, Druck und Verlag von Herrmann Starke in Großenhain. Sonnabend, den 17. Juli 18SL. Bekanntmachung. Dem Fabrikarbeiter Friedrich Gustav Haarig von hier ist an Stelle seines verloren gegangenen, im Monat Mai 1872 vom hiesigen Königl. Gerichtsamte ausgestellten Ar beitsbuchs heute ein neues Arbeitsbuch ausgefertigt worden, was zu Verhütung von Mißbrauch mit dem verloren ge gangenen Buche andurch veröffentlicht wird. Großenhain, den 13. Juli 1875. Der Stadtrath. Franke, stellv. Vors. Kth. Fortbildungsschule. Während der Dauer der Schulferien (18. Juli bis 7. August) sind auch in der Fortbildungsschule Ferien. Großenhain, den 16. Juli 1875. L. Hardtmann, Schuldirektor. Die englisch-russische Freundschaft. Nachdem vor einigen Wochen der russische „Golos" den Engländern das Bündniß mit Rußland angeboten und ihnen, unter manchem unfreundlichen Seitenblick auf Deutschland, die Vortheile einer solchen Allianz weitläufig auseinander gesetzt, ist dieses Thema sowohl ein unvermeidlicher Gegen stand für die russischen wie für die englischen Blätter geworden. Man kann indessen nicht sagen, daß diese Erörterungen sich in der vom „Golos" angegebenen Richtung bewegen; das Petersburger Blatt hat vielmehr das Gegentheil von dem erreicht, was es bezweckte. Sein Artikel wirkte nicht be geisternd, sondern forderte auf russischer und englischer Seite nur die Kritik heraus, und das Ergebniß derselben ist den Ideen des „Golos" durchaus nicht günstig. Die russische Presse beeilte sich, die Mitverantwortlichkeit für diese Ideen, namentlich soweit sie auf eine Schwächung des Dreikaiserbündnisses abzielten, von der Hand zu weisen. Auch bei der englischen Presse fand die gegen Deutschland gerichtete Tendenz keineswegs den Beifall, den das russische Blatt sich gerade von dieser Wendung versprochen haben mochte. Man gelangte in England zu der Einsicht, daß zu einem Mißtrauen gegen Deutschland, wie es eine Zeit lang in der englischen Presse zum Ausdruck kam, doch wohl kein genügender Grund vorliege. Und andererseits konnte man sich weder in England noch in Rußland verhehlen, daß zwischen diesen beiden Mächten wirklich Differenzen bestehen, die sich auf dem Wege des Vertrags gar nicht ausgleichen lassen. Ein solcher Vertrag könnte leicht die Wirkung haben, auf beiden Seiten ein unüberwindliches Mißtrauen und das drückende Gefühl des Gebundenseins hervorzurufen, während man doch.nicht weiß, ob man auf der anderen Seite sich für alle Fälle als gebunden betrachtet. Die russische Macht bewegt sich in Asien in der Rich tung auf Indien vorwärts. Das ist eine Thatsache. Folgt daraus die Nothwendigkeit eines Zusammenstoßes beider Mächte? Diese Frage, über welche die Zukunft erst Auf schluß geben kann, ist abhängig vom Gange der Ereignisse. Will man eine neutrale Zone zwischen Rußland und England legen, wer bürgt denn dafür, daß bei den überaus verwirrten centralasiatischen Verhältnissen die Neutralität aufrecht erhalten werden kann? Es wäre doch nicht das erste Mal, daß gerade die Discussion über die Bedeutung eines Freundschaftsvertrages die Quelle der bittersten Feind schaft geworden ist. Kurz in beiden Reichen hat mehr und mehr wieder die Ansicht Geltung gewonnen, daß man die Zukunft für die Zukunft sorgen lassen, in der Gegenwart den freundschaft lichen Verkehr pflegen und sich im Uebrigen beiderseits freie Hand Vorbehalten muß. Diese Gesichtspunkte treten mit voller Klarheit in der Antwort hervor, welche der englische UnterstaatSsecretär Bourke unlängst dem Deputirten Cochrane im Unterhause auf eine diesbezügliche Interpellation ertheilte. Bourke hob das freundschaftliche Verhältniß, welches jetzt zwischen den beiden Staaten besteht, hervor; er sprach sich vertrauensvoll über die Absichten Rußlands aus; er theilt die Ansichten der russischen Regierung über die Nothwendigkeit eines Zwischen rayons zwischen den Grenzen beider Mächte. Aber er er klärte es für unthunlich, einen formellen Vertrag mit Rußland über diesen Punkt einzugehen, der die Freiheit der englischen Action beschränken würde. „Freiheit der Action" — darin liegt das Hinderniß, welches einem Bündnisse zwischen England und Rußland im Wege steht und niemals weichen wird. Tagesnachrichten. Großenhain. Wie uns mitgetheilt wird, hat die am 9. Jnli beendete Einschätzung zur Einkommensteuer in dem die hiesige Stadt umfassenden ersten Einschätzungsdistrict des Steuerbezirkes Großenhain folgendes Resultat ergeben: 3722 steuerpflichtige Personen haben in Summa 4,317,509 Mark Einkünfte, wovon 230,943 Mark Schuldzinsen ab zuziehen sind, so daß ein steuerpflichtiges Einkommen von 4,086,566 Mark verbleibt. Der einfache Steuersatz von letzterer Summe beträgt 4920 Mark 60 Pf. Von der Gesammtsumme der Einkünfte kommen 450,807 Mark auf den Grundbesitz, 763,193 Mk. auf Renten, 705,709 Mk. auf Gehalte und 2,397,800 Mk. auf das Einkommen von Handel und Gewerbe. Sachsen. Ueber den weitern Verlauf der Reise Ihrer Majestäten des Königs und der Königin erfährt das „Dr. I.", daß Allerhöchstdieseiben von Friedrichshafen Sich zu nächst nach Krauchenwies zu einem Besuche Ihrer königl. Hoheiten des Fürsten und der Fürstin von Hohenzollern begeben haben und von dort über Schaffhausen und Zürich nach Luzern weiter gereist sind. Den neuesten Nachrichten zufolge sind Ihre königl. Majestäten über den Rigi und Andermatt auf der Gotthardstraße in Locarno eingetroffen. Von hier aus gedachten Allerhöchstdieselben Sich nach Stress zu einem Besuche Ihrer königl. Hoheit der Frau Herzogin von Genua zu begeben und über Turin und den Mont- Cenis nach Genf weiter zu reisen. Am 17. Juli beabsich tigen Se. Majestät der König daselbst die Rückreise anzutreten, während Ihre Majestät die Königin noch einige Zeit am Genfer See Sich aufhalten werden. In dem Forstschachte bei Zwickau wurde am 10. Juli ein Lehrhäuer durch vorzeitig niedergehende Oberkohle er schlagen. An demselben Tage stürzte in dem Steinkohlen werke zu Oberhohndorf ein Anschläger in den Schacht und war sofort todt. Oesterreich. Se. Majestät der Kaiser ist am 12. Juli Abends von Schönbrunn nach Ischl abgereist. In Sachen der jetzt vielfach besprochenen Theuerungs- frage der Lebensmittel hat der Ministerpräsident Fürst Auersperg, in Vertretung des Ministers des Innern, unterm 8. Juli an den Statthalter von Niederösterreich einen Erlaß gerichtet, welcher das Befremden des Minister präsidenten darüber ausspricht, daß die Verhandlungen mit den Vorstehern der Bäcker- und Fleischhauergenossenschaft wegen Erhöhung des BrodgewichteS und wegen Ermäßigung der Nindfleischpreise, ungeachet aller Bemühungen und der auf ziffermäßigen Daten beruhenden Vorstellungen des Magistrates, zu keinem positiven Ergebnisse geführt haben. Angesichts der Thatsachen, daß die Preise des Getreides, sowie des MehleS seit dem vergangenen Jahre einen sehr namhaften Rückgang erfahren haben, daß der Zutrieb auf dem Wiener Schlachtviehmarkte an und für sich und im Vergleiche zu anderen Großstädten ein sehr bedeutender und von Seite der berufenen Organe sehr Vieles geschehen ist, um die Uebelstände auf dem Schlachtviehmarkte zu beseitigen und demselben thunlichst verbesserte Einrichtungen zu geben — könne die ablehnende Haltung der Bäcker und Fleisch hauer gegenüber den berechtigten Forderungen des PublicumS nur aus das Tiefste bedauert werden. Der Ministerpräsident nimmt daher Act von der Zusicherung des Wiener Ma gistrates, daß derselbe die weiteren Maßregeln berathen und in Vorschlag bringen werde, welche geeignet sind, eine Er mäßigung der jetzigen, durch die Marktpreise nicht gerecht fertigten Detailverkaufspreise der unentbehrlichsten Lebens mittel zu bewirken, und verspricht die kräftigste Unterstützung und Förderung der Regierung. In Betreff des StrikeS wird aus Brünn vom 14. Juli gemeldet: Heute "begannen in mehrer» Fabriken Unter handlungen zwischen den Chefs derselben und den von ihnen berufenen Arbeitern, die aber auch zu keinem Resultate führten, da die Zugeständnisse den Arbeitern nicht genügen. Einer bietet zu geringe Aufbesserung, ein Anderer will nur eine Vereinbarung für Winterwaare treffen, deren Saison in zwei bis drei Wochen zu Ende geht; ein Dritter sagt, die Arbeiter mögen nur zu arbeiten anfangen, er werde schon das Möglichste thun rc. Die Arbeiter bestehen aber nach wie vor auf Herbeiführung einer dauernden bestimmten Vereinbarung. Bei Sternischtie haben gestern Nachmittag die bisher dort arbeitenden Weber die Arbeit wieder auf gegeben. Früh durchstreiften Lavaleriepatrouillen die Ar beitervorstädte, es kam aber nicht die geringste Unordnung vor. Die Straßen haben heute das gewöhnliche Aussehen. Infolge der Arbeiterbewegung müssen im städtischen Sicher heitsbureau alle laufenden Geschäfte rnhen. Zu Alledem kommen noch verschiedene dienststörende Zwischenfälle. Auch die Wachmänner sind zufolge der wochenlangen Dienstes- anstrengungen sehr mitgenommen, ihre Anzahl ist für das gewöhnliche Erforderniß ohnedies kaum ausreichend. Da die Garnison ebenfalls sehr in Anspruch genommen ist, sind alle Exercitien eingestellt. Schweiz. In Genf ist am 14. Juli der General Dufour in einem Alter von 88 Jahren gestorben. Frankreich. Von der Nationalversammlung wurde am 13. Juli die Wahl de Bourgoing's nach längerer Discussion mit 330 gegen 310 Stimmen für ungiltig erklärt. Einer Mittheilung des „Soir" zufolge hätte die Re gierung Nachricht erhalten, daß mehrere Tausend carlistische Truppen in der Nähe der französischen Grenze stehen. Man wisse noch nicht, ob sie von den königlichen Truppen gegen die Grenze gedrängt worden seien, oder ob sie eine Offensiv bewegung vorbereiten. Die Regierung hat auf Ersuchen des spanischen Gesandten Truppen an die Grenze geschickt. Spanien. Der von der Regierung im Monat Mai zusammenberufenen Commission, welche die Grundlagen der künftigen Staatsverfassung berathen sollte, ist es nach langen und zuweilen sehr erregten Verhandlungen endlich gelungen, über die hauptsächlichsten Verfassungsgrundzüge sich zu ver ständigen. Der deutsche Geschäftsträger in Madrid hat dem König die Insignien des schwarzen Adlerordens überreicht. Gleich zeitig empfing derselbe vom Vertreter Rußlands die Insignien des St. Andreasordens. Nachrichten aus carlistischer Quelle bestätigen, daß die Operationen der Regierungstruppen in den jüngsten Tagen erfolgreich waren. Es ist denselben gelungen, nach Vittoria sich den Weg zu bahnen, und neuere Depeschen von der Pyrenäengrenze besagen, daß die Regierungstruppen ihren Vormarsch in der Richtung von Amezcuas siegreich fortsetzen. Die Carlisten scheinen entmuthigt; sie haben die Belagerung von Renteria und Hernani aufgegeben und ihre Artillerie nach St. Jago - di - Mendi zurückgezogen. Dorregaray ist nach Barbastro (Provinz Huesca) zurückgegangen, da er nicht «ach Navarra Vordringen konnte. Ein Theil seiner Arrieregarde, 172 Mann mit 6 Offizieren, ist gezwungen worden, bei Gavarnie nach Frankreich überzutreten, wo sie entwaffnet und internirt wurden. Nachdem nunmehr die Ruhe auf dem rechten Ufer des Ebro wiederhergestellt ist, hat General Jovellar am 13. Juli den Ebro überschritten, um sich gegen die Carlisten in Ca- talonien zu wenden. Versammlung der naturwissenschastl. Gesellschaft „Isis." Vorsitzender: G. Simmank. Am 8. Juni 1875. Herr Realschuldirector vr. Kober hält einen längeren Vortrag: Ueber die angeblichen Dunstbläschen in der Atmosphäre. Tropfbare Flüssigkeiten nehmen, sich selbst überlassen, Kugelgestalt an, d. h. sie bilden Tropfen. Blasen entstehen nur, wenn Luft gewaltsam in eine Flüssigkeit eingetrieben wird (Seifenblasen, Regenblasen rc.), oder sich im Innern der Flüssigkeit entwickelt (Soda- wasser, gährende Flüssigkeiten rc.) und zu einer Kugel zusammenzieht. Keine dieser Blasen hat eine lange Dauer. In der Atmosphäre fehlen die Bedingungen der Blasenbildung; dennoch liest man in den Physi kalischen Büchern, daß Wolken und Nebel aus Bläschen bestehen: welche Gründe mögen die Physiker zu dieser Annahme bewogen haben? Der erste Grund war, daß man es nicht für möglich hielt, daß Tropfen in der specifisch so viel leichteren Luft schweben oder gar aufsteigen können, ohne zu beachten, daß der offenbar schwerere Staub auch in der Lust schwebt oder steigt. Man bemühte sich, herauszurechnen, daß eine solche Blase leichter als die Luft sein könne. Leibnitz, bei dem die ganze Natur aus Blasen besteht, behauptet zuerst bestimmt die Existenz von Dunstbläschen. Seitdem man aber den aufsteigenden Luftstrom kennt, d. h. seitdem man weiß, daß über warmem Boden die Luft in die Höhe steigt und schwerere Körper mit fortführt, ist dieser Grund hinfällig geworden. Den zweiten Grund brachte um 1740 Kratzenstein vor in einer gekrönten Preisschrift. Er behauptete: Wenn die Dünste z. B. über kochendem Wasser aus Tropfen bestehen, so müssen sie in Hellem Lichte, z. B. im dunklen Zimmer durch einen schmalen Lichtstrahl beleuchtet, einen Regenbogen zeigen. Nun konnte Kratzenstein keinen Regenbogen sehen; folglich — schloß er — bestehen die Dünste, Wolken und Nebel aus Bläschen. Aber er setzt dabei fälschlich voraus, daß der Regenbogen von der Größe der Tropfen unabhängig sei. In groß- tropsigem Regen sieht man den Regenbogen auf 1000—2000 Meter, in mechanisch fein zerstäubtem Wasser auf kaum 2 Schritt Entfernung; die Dunstkörperchen sind aber ohne alles Verhältniß kleiner als die Tröpfchen des Wasserstaubes. — Zum Ueberfluß hat man gelegentlich in Wolken Regenbogen gesehen. Ein dritter Grund wurde in neuerer Zeit von Clausius ausgestellt. Derselbe sucht durch mathematische Entwicklung nachzuweisen, daß, wenn die Atmosphäre Wassertropfen enthielte, die Gestirne uns nie scharf begrenzt erscheinen könnten. Seitdem ist aber (durch Brücke) nachgewiesen worden, daß sehr kleine Tröpfchen eine solche Wirkung nicht ausüben; und in der Lhat ver wischen sich die Umrisse der Sonne u. s. w. erst, wenn großtropfige Wolken oder Dünste (zum Beispiele aus einer Locomotive) sie ver decken. Als vierter Grund ist (zumal von Saussure) die unmittelbare Beobachtung angegeben worden. Solche Beobachtungen sind aber den Täuschungen in so hohem Grade ausgesetzt, daß jaus sie kein Verlaß ist. Dagegen sprechen einige geschickte Versuche von Plateau für die Tropfennatur der Dünste. — Angenommen, daß die Wolken wirklich in der Hauptsache aus Bläschen beständen, so müßten sie doch auch zahlreiche Tropfen enthalten. Eine Wolke ist bekanntlich keine beständige fertige Masse. Ihre Bestandtheile, die Dunstkörperchen, sind in fortwährender Auflösung und Neubildung begriffen; eine Blase kann aber nur verschwinden durch Zerplatzen oder Zusammen ziehung: in beiden Fällen müßten Tröpfchen entstehen, deren Existenz nach Kratzenstein und Clausius unmöglich sein würde. Ferner könnte aus Bläschen der Regentropfen weder durch Vergrößerung noch durch Zusammenfließen entstehen. Wer im Gebirge einmal durch eine Wolke wandert, merkt bald, daß er von soliden Tropfen naß wird, auch, daß diese Tropfen fallen, wenn sie auch nicht das Tüal erreichen, sondern unterwegs verdunsten. — Zum Schluß referirt Herr Tele- ' graphen-Vorstand Marschner über einen Aufsatz von Behrens: Ueber Gewitterbildung (Ausland 1872, Nr. 33).