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Kleine Mitteilungen. Vom Reichsgericht. (Nachdruck verboten.) Postgesetz. — Das Landgericht I in Berlin hat am 30. Oktober 1901 den Kausmann Arthur Vrancken in Köln, den Prokuristen Hesse in Dresden und den Verleger eines Fachblattes, Hirschberg, in Berlin von der Anklage, das Postgesetz in der Novelle vom 20. Dezember 1899 übertreten zu haben, freigesprochen. Hirschberg adressierte die Nummern seines Blattes und fran kierte sie mit dem Porto für den Ortsverkehr. Dann schickte er sie durch einen Spediteur, der den Inhalt der Sendung nicht kannte, mittbls der Eisenbahn an die Spediteure Vrancken in Köln und Lüdsrs L Fischer in Dresden, deren Prokurist der Angeklagte Hesse ist. Diese Firmen gaben die einzelnen Nummern zur Post. Hierin soll nach der Anklage eine Verletzung des Postregals liegen. Das Landgericht hat die Angeklagten freigesprochen, da es diese Art der Versendung von Drucksachen nicht für strafbar hält, und zwar deswegen, weil die Angeklagten diese Versendung nicht gewerbsmäßig als -Anstalt- betrieben. Die Spediteure, so heißt es im Urteile, haben lediglich auf Hirschbergs Verlangen die Pakete und Einzelsendungen befördert, jedoch nicht sich anderen Verlegern angeboten, sie haben eine derartige Beförderung nur gelegentlich vorgenommen. Die Zeitung des Angeklagten Hirschbcrg erscheint wöchentlich einmal. Allerdings hat er auch die Beilagen, die seiner Zeitung beigelegt waren, mit versandt. Aber er hat die Zeitung nicht bloß als Nebensache mit den Beilagen verschickt. Der Angeklagte ist Verleger und befördert die Beilagen nur nebenbei. Es müßten ja sonst alle Zeitungen strafbar sein, die Beilagen mit ihren Zeitungen versenden. Gegen das freisprechende Urteil hatte der Staatsanwalt Revision eingelegt. Der Begriff der -Anstalt» sei vom Land gerichte zu eng gefaßt. Das Gesetz wolle alle Anstalten treffen, die postpflichtige Sachen befördern. In der Verhandlung vor dem Reichsgericht am 18. April 1902 führte der Reichsanwalt folgendes aus: Der Zweck der Post novelle vom 20. Dezember 1899 ist die Beseitigung der Konkurrenz, die der Post durch Anstalten erwuchs, die postpflichtige Sachen beförderten. Mehr als Organisation und gewerbsmäßiger Betrieb ist für den Begriff der -Anstalt- nicht zu fordern, öffentlich brauchen sie nicht zu sein. Eine Anstalt ist eine dauernde Ein richtung. Der Angeklagte Hirschberg hat in zwiefacher Hinsicht Be förderungsgeschäfte ausgeübt, indem er 1. fremde Reklame-Druck sachen seiner Zeitschrift beilegte und beförderte und 2. den Spedi teur beauftragte, die Ballen zu versenden. Auch die Angeklagten Vrancken und Hesse haben gegen das Gesetz verstoßen, indem sie einen Teil ihres Geschäftes sür solche Beförderung eingerichtet haben. Da die Beförderungen regelmäßig jede Woche stattfanden, so lag eine eingerichtete Anstalt vor, die ohne besonderes Ein greifen der Inhaber funktionierte. Die Einnahmen der Post sind dadurch geschmälert worden, da ihr für jede Sendung 1 Pfennig verloren ging. Hirschberg hatte mit den beiden Mitangeklagten den Betrieb von vornherein verabredet, nicht sür jeden ein zelnen Fall. Das Reichsgericht erkannte auf Verwerfung der staats anwaltlichen Revision. Der Begründung ist folgendes zu ent nehmen: Das Gesetz verlangt nach seinem Wortlaute einen organi sierten gewerbsmäßigen Betrieb; dies geht aus der Entstehungs geschichte des Gesetzes hervor. Es ist sestgestellt, daß ein solcher Betrieb nicht stattgefunden hat. Auch das Befördern der Beilagen durch Hirschberg ist nicht als Anstaltsbetrieb anzusehen. Zu einer Anstalt im Sinne des Gesetzes kann sich allerdings auch ein Speditionsgeschäft auswachsen, das gewerbsmäßig den Vertrieb solcher Briefe übernimmt. Es ist aber sestgestellt, daß die Ange klagten solche Beförderung nur gelegentlich unternommen haben. Wenn daraus gefolgert worden ist, daß die Angeklagten keine Anstalt betrieben haben, so ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Freisprechung. — Am 10. April 1902 stand der Verlags buchhändler Herr D. B. Wiemann in Barmen von der I. Straf kammer des Landgerichts Elberfeld, um sich auf die Anklage wegen Beleidigung des Kaisers von Oesterreich zu verantworten. Im Frühjahr 1901 erschien im Verlage von D. B. Wiemann in Barmen eine Flugschrift unter dem Titel: -Kaiser Franz Josef I. und die Jesuiten von F. Sch. D-- Diese Flugschrift wurde vom Verleger in einem Cirkular unter Angabe des wesentlichen Inhalts angekündigt, und es erfolgte hierauf am 29. Mai 1901 wegen Versuchs einer Ver ächtlichmachung der Person des Kaisers von Oesterreich das Ver bot der Weiterverbreitung dieses Cirkulars durch Beschluß des Kreis gerichts zu Eger. Gegen diesen Beschluß legte Herr Wiemann Beschwerde ein, indem er ausführte, daß ihm eine Verächtlich machung des Kaisers ferngelegen habe; er habe im Gegenteil mit dem Cirkular lediglich den Schutz des Kaisers gegen die Jesuiten bezweckt. Das k. k. Oberlandesgericht zu Prag verwarf jedoch die Beschwerde. Daraufhin sandte Herr Wiemann die Broschüre an den Kaiser Franz Josef I. mit der Bitte: -Der Kaiser wolle der Schrift seine Aufmerksamkeit widmen und dieselbe seiner Privat bibliothek einverleiben.- Dies veranlaßte die österreichische Re gierung, durch ihren Geschäftsträger in Berlin gegen Herrn Wie mann Strafantrag wegen Beleidigung des Kaisers Franz Josef I. von Oesterreich zu stellen. Nach langer Verhandlung vertagte das Landgericht Elberfeld die Verkündigung des Urteils über Herrn Wiemann auf Donners tag den 17. April, mittags 12 Uhr. Die Verkündigung ergab die Freisprechung des Angeklagten. Die Kosten wurden der Staatskasse auserlegt. Ein altes Rechenbuch. — In der Papierzeitung teilt ein Mitarbeiter —t einiges aus einem alten Rechenbuche vom Jahre 1807 mit. Der Verfasser dieses (390 Seiten starken) Lehrbuches war Schullehrer Schürmann in Remscheid. Daß ihm der Selbstverlag seines Buches kein Vergnügen bereitet hat, geht aus folgender Nachschrift hervor: -Am 23. März 1807 wurde für die dritte Auflage dieses Rechenbuches mit dem Papierfabrikanten Löwer L Comp, im Homburgischen auf einen guten Musterbogen von der vorigen Auflage die Lieferung des benötigten Papiers schriftlich kontrahiert. Die erste Lieferung erfolgte am 24. Juni in die Druckerei der Mad. von Eicken, mit welcher seit dem April der Kontrakt zum ununter brochenen Abdruck des Buches schon abgeschlossen war. Ich habe also keine Vorsorge versäumt, auch keine Kosten geschont, um mit der neuen Auflage frühzeitig genug fertig zu sein. Wie ich aber dafür bedient worden bin, das lehrt jetzt, 16 Monate nach dem Abdruck des ersten Bogens, der Augenschein. Sollte ich noch eine folgende Auflage erleben, so wird dieselbe von dieser, zu meinem Verdruß und Schaden gemachten Erfahrung, zur Zufriedenheit meines Publikums Vorteil haben.- Vorangestellt sind dem Buche folgende wohlgemeinte Reime: Kinder lernt rechnen! Es schärfet des Menschen Verstand! Und lehret ihn denken und schließen, Drum laßt euch die Müh' nicht verdrießen Und macht es euch gründlich bekannt. Kinder lernt rechnen! Doch nicht mit dem Griffel allein; Ihr müßt mit vernünftigen Gründen Die Arbeit des Griffels verbinden, Dann trifft auch das Facit recht ein. Kinder lernt rechnen! Es dient einem jeglichen Stand. Ihr werdet in künftigen Jahren Den Nutzen des Rechnens erfahren, Drum macht es euch gründlich bekannt. Verein der Reisebuchhändler. — Nr. 13 der -Vertrau lichen Mitteilungen des Vereins der Reisebuchhändler» enthält außer der Einladung zur außerordentlichen Hauptversammlung am 11. Mai die Angabe solcher Firmen, die sich neuerdings zur Aufnahme in den Verein gemeldet haben. Außerdem sind wieder Namen von vertrauensunwürdigen Reisenden bekannt gegeben. Bezüglich der bevorstehenden ordentlichen Hauptversammlung sei auf die Anzeige auf S. 3310 in Nr. 89 d. Bl. hingewiesen. Reinigung von Kupferstichen. — Zur Reinigung von alten beschmutzten und stockfleckigen Kupferstichen gicbt Professor vr. Max Kirmis, ein über Deutschlands Grenzen hinaus bekannter Sammler, im Briefkasten des -Daheim- (Nr. 29) ein Verfahren au, das wir mit Erlaubnis der Redaktion gern hier mitteilen: -Das zu reinigende Blatt wird sauber abgewischt und kommt in ein Bad von lauwarmem Wasser, dem einige Tropfen Salmiakgeist zugesetzt sind; nach etwa einer halben Stunde gießt man das gelblich gewordene Wasser ab und spült mit reinem Wasser nach. Leichte Stockflecke entfernt man mit einhalb prozentiger Salpetersäure; sind die Stockflecke aber dunkel und durchgehend, so muß man Chlor anwenden. Da Chlor den Papier stoff angreift, so muß man sehr vorsichtig manipulieren. Man be nutzt nicht Chlorkalk, sondern unterchlorigsaure Natronlauge, welche als Lau cks lavslls in den Apotheken käuflich ist. Das Bild wird in lauwarmes weiches Wasser gelegt und tropfenweise so lange von der Bleichflüssigkeit zugesetzt, bis Erfolg eintritt, dann aber spült man längere Zeit und gründlich mit reinem Wasser nach. Das Waschen geschieht am besten in einer flachen, photographischen Entwickelungsschale; beim Herausnehmen der Blätter aus der Flüssigkeit ist große Vorsicht anzuwenden, damit das Papier keine Risse bekommt. Alte Fettflecke lassen sich meist überhaupt nicht, auf nassem Wege unbedingt nicht, entfernen, da