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Mitteilungsblatt der Zach kammer für Forstwirtschaft bei der Landwirtschaftskammer für den Freistaat Lachsen, Hauptabtlg. II der Landesbauernjchaft Sachsen (Freistaat), Vresden-A. 1, LNoltkeplatz 1 Dresden, den 14. Januar Jahrgang 1934 Nr. 1 Die Bedeutung -es Maldes Nach der letzten statistischen Erhebung im Jahre IS27 be trägt in Sachsen die Fläche der Forsten 87 5 6 6 4 k» oder 28,12 Prozent der Gesamtfläche des Landes, während die landwirtschaftlich genukte Fläche 67,52 Prozent, also über das Doppelte, beträgt. Das ist auch ganz natürlich, denn mit der Zunahme der Bevölkerung ist der Wald mehr und mehr aus diejenigen Böden zurückgeörängt worden, aus denen ein landwirtschaftlicher Betrieb nicht mehr möglich ist. Dies gilt namentlich von steilen Hängen, flachgründigen und steinigen Bodenarten, sehr leichten und sehr schweren Böden, der Ueber- schwemmnng und dem Eisgang ausgesetzten Flächen und hohen Lagen. Die Waldbäume können diesen Böden noch einen Er trag abgewinnen, da ihre Ansprüche an die chemischen, physi kalischen und standörtlichen Verhältnisse des Bodens wett geringer sind als die der landwirtschaftlichen Nutzpflanzen. Namentlich sind es die wertvollsten Nährstoffe, wie Phosphor säure und Kali, an welche die Landwirtschaft bedeutend Höhere Ansprüche stellt als die Waldwirtschaft. Dagegen ist der Be darf an Kalk ziemlich hoch. Der Unterschied zwischen der ge ringsten und besten Bodenqualität hat in der Forstwirtschaft einen viel engeren Spielraum als in der Landwirtschaft. Boden allerbester Qualität steht der Forstwirtschaft eigentlich nur noch in den Ueberschwemmungsgebieten der Flußniede rungen in beschränkter Ausdehnung zur Verfügung. Hier finden die anspruchsvolleren edlen Laubhölzer ihren Platz. Aber selbst dort, wo die Forstbewirtschaftung keine Boden rente abivirft, kann sie aus anderen, später noch näher zu besprechenden volkswirtschaftlichen Gründen gerechtfertigt und geboten sein. Der Nutzen des Waldes ist für die Menschheit ei« unmittelbarer und ein mittelbarer. Betrachten wir zunächst den unmittelbaren Nutzen. Das Hanpterzeugnis des Waldes ist das Holz, das für den Waldbesitzer eine Einnahmequelle barstellt. ES wird verwendet im rohen und veredelten Zustande zum Haus bau, Erdbau, Wasserbau, Schiffs- und Maschinenbau, zur wohnlichen Ausstattung der Hausräume, zur Erzeugung an derer Güter im Fabrik-, Handwerks- und Landwirtschafts betriebe sowie endlich als Brennholz. Besonders wertvoll und gesucht sind die Nutzhölzer, während zu Brennholz nur die schlechtesten Hölzer verwendet werden. Von der Größe der Nutzholzausbente hängt der finanzielle Erfolg der Waldwirt, schast in erster Linie ab. weil das Nutzholz teurer bezahlt wird als das Brennholz. Die Nutzholzverwertung findet ihre Grenze, wenn der Unterschied der Preise für die schwächeren Sortimente gegenüber dem Brennholz nur gering ist. DaS Ziel der Wirtschaft muß aber auf die Erzeugung hochwertigen Nutzholzes gerichtet sein. Außer der Holznutzung kommen im Walde noch ander« Nutzungen vor, die aber in der Forstwirtschaft nur eine unter- geordnete Nolle spielen und deshalb als Nebennutzungen bezeichnet werden. Man versteht hierunter die Waldfrüchte (Sämereien!, Beeren, Pilze, Waldweide und Gräserei, Wald streu, Harznutzung, Torf, Steine, Sand, Kies, Ton usw. Zum Teil sind diese Nutzungen von hoher volkswirtschaftlicher Be deutung, wie Beeren, Pilze, Heil-, Gewürz- und Tcepflanzen. Zu den Nebennutzungen zählt auch die Jagd und Fischeret- nutzung. Alle bisher erwähnten Waldprodukte dienen aber nicht nur zur Befriedigung einer großen Menge verschiedenartiger Bedürfnisse, sie bieten auch Gelegenheit zum Arbeitsverdienst. Di« größten Arbettsmengen erfordert die Fällung, der Transport und die Veredelung des Holzes. Hierzu kommt noch der Arbeitsverdienst bei Kulturen, Wege bauten und sonstigen Meliorationen Eine größere volks wirtschaftliche Bedeutung kommt dem Arbeitsverdienst des halb zu, weil die Arbeiten im Walde nicht so au bestimmte Zeittermine gebunden sind wie bei der Landwirtschaft, so daß bet der Landwirtschaft frei werdende Arbeitskräfte leicht in der Forstwirtschaft Verwendung finden können. Die Bedeutung des Waldes besteht aber nicht nur in der direkten Nutzung seiner Erzeugnisse, sondern auch mittel bar in dem Einfluß, welchen der Wald aus Klima, Wasser wirtschaft und Bodenkultur, auf Abwendung der mit meteoro logischen Katastrophen verbundenen Gefahren und nach der hygienischen und ethischen Seite hin auf das Wohlbefinden der Menschen ausübt. Ueber diese Wohlfahrtswirknnge« der Wälder besteht eine umfangreiche Literatur, deren Verwertung be sonders von Prof. Dr. Endres im „Handbuch der Forst politik und von Prof. Dr. Heinrich Weberin Loreys „Hand buch der Forstwissenschaft" einen ausgezeichneten Niederschlag gefunden hat. Die Bedeutung des WaldeS als Wohlfahrtswirkung be sonders auf die klimatischen Verhältnisse eines Landes wird nicht selten überschätzt, es wäre aber falsch und gefährlich, sie zu unterschätzen. Man hatte den Einfluß des Waldes im Haushalte der Natur bisher nur auf dem Wege des historischen Vergleichs zu lösen gesucht, was aber vollkommen versagt hat. Erst in neuerer Zeit ist durch sorgfältige wissenschaftlich« Untersuchungen der Weg gezeigt worden, der zum Ziele führt. Zweifellos ist nicht zu verkennen, daß diese Untersuchungen sehr schwierig sind, da eine ganze Reihe von Nebenerscheinun gen Mitwirken, die sich nicht zahlenmäßig fassen lassen. Von großem Einfluß sind ferner die geographische Breite, die Höhenlage, Verteilung von Land und Wasser, die Ausformung des Bodens und der Gebirge, die geologische Beschaffenheit beS Bodens und die Größe des Waldes. Was den Einfluß des Waldes auf die Luft temperatur betrifft, so ergibt sich, daß die mittlere Jahres temperatur der Lust im Walde im allgemeinen etwas kühler ist als im Freilande. Der Unterschied heträgt aber nicht mehr als 1 Grad Celsius Von größerer Bedeutung und sür Tier« und Pflanzenwelt wichtig ist die Abschwächung der Tempe« ratucextremc in den einzelnen Monaten und Jahreszeiten, indem der Wald die hohen Temperaturen erniedrigt und di« tiefen erhöht. Entwaldungen in größerem Umfange würden voraussichtlich in der Regel die Temperaturverhältnisse in einer Gegend in extremer Richtung beeinflussen. Hinsichtlich des Einflusses des Waldes auf die Voöen- temperatur ist zu sagen, daß die Temperaturschwankun- gen im Boden geringer sind als im Freien was für die Vege tation besonders günstig ist. Bezüglich der Luftfeuchtigkeit kann man annehmcn, baß, abgesehen von großen Unterschieden der einzelnen Monate, im großen ganzen die relative Feuchtigkeit der Wald luft im Jahresmittel um 3 Prozent Höher steht als im Frei- lande. Die absolute Feuchtigkeit wird dagegen im Walde nicht vermehrt. WaS den Einfluß des WaldeS aus die Niederschläge be trifft, so haben die Beobachtungen ergeben, daß der Wald den Regen nicht hervvrrusen kann. Er bewirkt nur eine andere