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Nr. 39. ^ * jährlich frei Gefchästsstclleoder 36 Mark ^i^ostü^erweijung ?» sür'^ 6.1?^M. statt ISM. 6t^/engefuche werden mit 10 Pf. pro ZZ M?rk" j?hrttch?Äach ^dem^ Ausl^anü^ersolgt ^fer^ng N Raum°5Pf^/^6. N^VM.^^S. 26 M^.^S.^50M.^ für Mcht- N UZ über Leipzig oder durch Kreuzband, an Nichtmit^lieder in ZZ Mitglieder 40 Pf.. 32 M.. 60 2N.. ^ 2N. — ^^^ogcn werden »» MAeMmöÄMrftnv^^^LiiL'öerS^rW^'MWU Leipzig, Donnerstag den 17. Februar 1918. 83. Jahrgang. Redaktioneller Teil. Kleine Bücher und mikroskopische Drucke. Vortrag, gehalten im Berliner Bibliophilen-Abend am 7. Februar 1918 von R. L. Prager. Das Sammeln ist nicht nur den Menschen eigentümlich, auch Tiere sammeln. Bei diesen beruht dies aber Wohl wesentlich auf einem Instinkt und gilt teils der Sorge für Nahrung, teils der Freude an gewissen Dingen. Sv sammelt der Hamster Vorräte in der günstigen Jahreszeit, um für die weniger gün stige gesichert zu sein; Raben und Elstern sammeln glänzende Gegenstände, wahrscheinlich deswegen, weil sie Gefallen daran finden, was dann der Mensch, sobald es sich um wertvollere Dinge handelt, mit dem Worte: Stehlen bezeichnet. So findet sich schon im Tierreich ein Zusammenhang von Sammeln und Stehlen, was darauf hinzudeuten scheint, daß der mißleitete Sammeltrieb nicht vor dem Eigentum anderer Halt macht. Was das Sammeln der Tiere und Menschen unterscheidet, ist wesent lich der Zweckgedanke, der bei dem Menschen im allgemeinen vorhanden ist; er sammelt unter Verfolgung eines bestimmten Zweckes, während das Tier nur einem Instinkt folgt. Allerdings versagt dieser Gedanke auch zuweilen beim Menschen. Gegen stände des Sammelns gibt es unzählige; man kann vielleicht sagen, daß es keinen Gegenstand gibt, der nicht zum Sammeln anrcgen könnte. Das Übermaß des Sammelns, d. h. die Sucht, gewisse Dinge zu besitzen, nennt man Sammelwut, welcher Aus druck schon einschließt, daß das Sammeln zur Leidenschaft ge worden ist und daß diese Leidenschaft über das berechtigte Maß hinausgeht. Dieses überschreiten des Maßes hat auch zu Ver gehen, ja häufig zu Verbrechen geführt; der Sammler wird nicht nur zum Dieb, er wird auch zum Mörder, vr. Bogeng hat in seinem neuesten, den Mitgliedern der Gesellschaft der Biblio philen gewidmeten Sammelwerk: Streifzüge eines Bücher freundes in dein Abschnitt: »Buch und Verbrechen« davon be richtet. Es ist zu verstehen, daß sich der Sammeltrieb auch reinen Kuriositäten zugewendet hat, wobei nicht zu übersehen ist, daß diesen Dingen häufig auch ein kulturhistorisches Interesse inne- wohnt, und daß viele Sammler es verstanden haben, aus diesen Kuriositäten für die Geschichte der Menschheit, namentlich für ihre Psyche, wertvolle Anregungen zu schöpfen. Heute soll uns eine Gattung dieser Kuriositäten, »Kleine Bücher und mikro skopische Drucke« beschäftigen, die auch »Bücherzwerge« genannt werden. Der Beweggrund, diese Art zu sammeln, ist ver schiedenartig; den einen reizt die technische Schwierigkeit, die bei der Herstellung eines kleinen Buches zu überwinden ist, den andern die Seltenheit des Vorkommens. Der Ausdruck »mikroskopischer Druck« weist auf die Technik der Herstellung hin, einmal des Satzes, das andere Mal auf die des Druckes, die beide infolge der Kleinheit dem menschlichen Sehorgan Schwierigkeiten darbictcn. So ist cs zu verstehen, daß ursprünglich die Überwindung dieser Schwierigkeiten Auf sehen erregte, daß der Versuch wiederholt wurde, daß sich eine Anzahl derartiger Bücher zusammenfand, und daß sie ein Gegen stand des Sammelns wurden. Bei der schon erwähnten und auf der Hand liegenden Schwierigkeit der Herstellung und des da durch bedingten hohen Preises konnte es sich immer nur um wenige Gegenstände handeln, die in einer solchen Technik herge stellt wurden; ebenso mußte die Auflage stets eine begrenzte sein; daraus folgen das Vorhandensein nur weniger Objekte, ihr sel tenes Vorkommen am Markte, endlich die Wünsche der Sammler, diese seltenen Gegenstände ihr eigen zu nennen. Die Veranlassung zu diesem Vorträge hat mir ein Rechts streit geboten, der zwischen zwei Antiquaren darüber entstanden i ist, ob ein bestimmtes Buch als ein »kleines Buch« zu bezeichnen i sei. Obwohl der Wert des Gegenstandes kaum die aufgewandten l Kosten für einen Prozeß lohnte, wären sie doch immerhin nicht - nutzlos verwendet gewesen, wenn durch die Verhandlungen klar- i gestellt worden wäre, was man als ein kleines Buch bezeichnen ^ kann und was nicht, namentlich ob die Zugehörigkeit zu der § Gruppe kleiner Bücher nach dem Format oder nach der Größe / der Typen zu bestimmen ist. Leider war das Ergebnis des Prozesses mehr oder weniger ein non iiquot, da die Gutachter ; selbst über den Begriff nicht einig waren. Es sind als Gut- ! achter ein bekannter Bibliophile, einer unserer tüchtigsten Sel- ! tenheitsantiquare und der Vortragende tätig gewesen. Ich werde mir erlauben, die Ansichten der Gutachter kurz darzulegen. ! Der Titel des Buches sei vorausgeschickt. Es handelt sich um: VI, Psalmen Davids durch Ambrosium Lobwasser. Amst. j Jod. Jansson 1649. Satzspiegel: 60/35 mm, das »n« hat die un gefähre Größe von 0,7 mm. Das Gutachten des Antiquars geht dahin, daß heute nicht mehr die Größe der gedruckten Buchstaben maßgebend sei, sondern das Format. Gründe dafür gibt er nicht an. Er sieht aber das in Frage kommende Buch seines Formals wegen nach den heutigen Begriffen nicht mehr als einen mikroskopischen Druck an. Er erklärt also ausdrücklich, daß er das in Frage kommende Buch deswegen nicht als ein mikroskopisches ansehcn könne, weil es ein zu großes Format habe. Ohne vorläufig gegen dieses Gutachten Stellung nehmen zu wolle», möchte ich nur darauf Hinweisen, daß der Begutachter in einem seiner eigenen Kataloge eine Anzahl mikroskopischer Drucke, Bücher kleinsten Formats verzeichnet. Unter Nr. 502 führt er auf Boethius, mit 67/41 mm, und 514: Petrarca, mit 59/43 mm, während das in Frage kommende Buch 60/35 mm Satzspiegel hat, also etwas kleiner im Format als Nr. 502 und eine Kleinigkeit größer als Nr. 514 ist. Wenn also auch die Ansicht, daß heut zutage nur das Format maßgebend sei, richtig sein sollte, würde noch immer das Format der Psalmen von Lobwasser sich in dem Rahmen halten, den der Begutachter für ein mikroskopisches Buch in Anspruch nimmt. Daß der Ausdruck »mikroskopischer Druck« zu Büchern, die so bezeichnet sind, recht häufig nicht Patzt, mag zugegeben werden. Der Ausdruck patzt überall da nicht, wo der Truck an sich kein mikroskopischer Druck ist, wie dies z. B. bei dem Betbllchlein von Bonneberger der Fall ist, das ja eine recht große Type aufweist, die ganz gut in einem Oktavbaude angewendet werden könnte. Ich komme nunmehr zu dem Gutachten des Bibliophilen. Er untersucht die Frage vom vergleichenden typographisch-technischen Standpunkte und kommt zu dem Ergebnis, daß das in Frage kommende Buch nicht als mikroskopischer Druck zu bezeichnen sei. Er führt auS: »Weder die Kleinheit der Letter noch die Druck ausführung, insbesondere die Satzanordnung zeigen eine von vielen andern damaligen Drucken abweichende, ganz außergewöhn. 177