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1483 62 1484 seine Ansicht und sein Verfahren allemal selbst vertheidigcn kan» und, weil der Mensch nicht geneigt ist, seine Meinung so leicht hin aufzugebcn, auch wird, während für den Schriftsteller oder dessen Product keine Stimme mit solchem Interesse sich er hebt. Der Censor würde also so gut, wie Richter in eigener Sache sein. Bedenklich ist cs hicrnächst auch, daß die Sensoren von der Regierung ernennt werden sollen und willkührlich entlassen werden können, weil unter diesen Umständen jeder zufällig billige Censor, wenn namentlich die Ansichten von oben sich ändern, beliebig entfernt werden kan». Allein da sich die Deputation außer Stand gesehen hat, in dieser Beziehung einen durchgrei fenden, das Gebäude der Censur überhaupt nicht zertrümmern den, Vorschlag zu thun, so hat sic wenigstens zu retten gesucht, was möglich war, daher die Ernennung der Localccnsorcn den Ortsobrigkeitcn vindicirt und dasjenige, was über die Qua lifikation der Sensoren u. s. w. in den Motiven enthalten ist, in das Gesetz selbst übergetragcn. Das Letztere ist denn nun auch, der größeren Sicherheit und Vollständigkeit wegen, in Bezug auf das Censurwesen für Schriften katholisch-geistlichen Inhaltes geschehen; die Bestellung eines Sensors für Leipzig, um für den dasigcn großen Buch- händlervcrkehr Verzug zu vermeiden- Daß solchergestalt nach diesen Vorschlägen, wenn man den Einzel-Sensor in der untersten Instanz mit einrechnct, drei Censurinstanzcn entstehen, kann nicht bedenklich sein, da für die! Beschleunigung des Geschäftsganges dessenungeachtet auch außer dem gesorgt werden kann (s. Gutachten zu tz. 8.). Ja es wird dadurch diesem Zweige der Verwaltung zugleich diejenige Einrichtung wiedergcgebcn, die die allgemeine ist. Demnach glaubt die Deputation den Z. 7. folgendcrgcstalt fassen zu müssen: „Instanzen der Censur." „Für die Censur sollen drei Instanzen bestehen. Die erste Instanz sind die einzelnen Sensoren, welche wissenschaftliche Bildung besitzen müssen, besonders in Pflicht genommen wer den und nie zugleich Mitglieder einer Recursinstanz sein dür fen. Ihre Ernennung erfolgt, wenn sie nur als Locatcen- soren fungiren, durch die Ortsobrigkcit, als Centralccnsorcn, durch die Regierung. Die zweite und dritte Instanz bilden die Krcisdirectionen und das Ministerium des Innern. Die Censur der von römisch-katholischen Glaubensverwandten verfaßten katholisch-geistlichen Schriften, in soweit sie Gegen stände des katholischen Dogmas und der inneren Einrichtung der katholischen Kirche betreffen, verbleibt zwar den Behörden dieser Confessio»; sic soll jedoch in erster Instanz durch einen auf den Vorschlag des katholisch-geistlichen Consistorii von der Regierung damit zu beauftragenden Geistlichen dieser Con fessio» zu Leipzig besorgt werden. In zweiter Instanz ent scheidet in Censurangclegenheiten dieser Art das katholisch geistliche Consistorium und in dritter das apostolische Vicariat. Alle anderen hier nicht ausgcnommenen katholischen Schriften gehören vor die allgemeinen Censurbehörden, es ist jedoch die Oberaufsicht des Ministern des Innern auch in katholisch-geist lichen Censurangclegenheiten der obcnbezeichneten Art nicht ausgeschlossen." Die Herren Regierungs-Commiffarien haben zwar diesen Bestimmungen widersprochen, sic waren jedoch damit einverstan den, daß Censoren nicht zugleich zu Mitgliedern der Censurbe- hdrde bestellt würden, dafern es nur bei der Bestimmung des Entwurfs bleibe und ihnen gestattet sei, auch mündliche Vor träge bei der gedachten Behörde zu halten, und haben übrigens erklärt, daß eine Erörterung darüber Vorbehalten werde, ob nicht das katholisch-geistliche Consistorium einen Leipziger Geistlichen für die dortige Censur zu delcgircn habe. Wenn nun auch das Halten von mündlichen Vorträgen Seiten der Censoren bei den Censurbehörden in der Voraus setzung, daß die Censoren nach erstattetem Vortrage wieder abzu treten haben, keinem Bedenken unterliegt, so konnte man dage gen, wenn über diesen Gegenstand keine Ungewißheit obwalten soll, von dem Ersteren keinen Umgang nehmen, und die Depu tation wünscht daher, daß die Kammer den tz. 7. in der oben vorgeschlagcnen Fassung annehmcn möge. §. 8. Als Folge der bei §. 7. beantragten Abänderung müssen nun vor Allem die beiden ersten Zeilen aus §. 8. Wegfällen. Allein dies ist nicht das einzige Bedenken, welches gegen die Fassung des §. 8. hcrvortritt. Jnsondcrhcir kann sich die Mino rität der Deputation dafür, daß der Censor die Ertheilung des Imprimatur auch von „der Abänderung einzelner Stellen im Einverständniß mit den Verfassern oder deren Stellvertretern abhängig zu machen" befugt sein soll, nicht erklären. Hat er diese Macht, so kan» er es dahin bringen, dem Schriftsteller sagen zu lassen, was ihm, dem Censor, gutdünkt, vielleicht das direkte Gegenthcil von dem, was derselbe ursprünglich hat sagen wollen. Sie glaubt daher, daß in Zeile 3 und 4 des zweiten Absatzes die Worte: „oder Abänderung," sowie „einzelner Stel len — Stellvertretern" gänzlich zu streichen seien. Die Mojorität ist zwar der Ansicht, daß die „Ausscheidung" einzelner Stellen durch den Censor von der Seiten des Letzte ren verlangten „Abänderung" im Effecte nicht wesentlich ver schieden sei, hat sich jedoch, zu Beseitigung des angeregten Be denkens, mit den Herren Regierungs-Commiffarien zu nachfol gendem Amendement vereinigt. Es soll statt „oder Abänderung einzelner Stellen im Einverständniß mit den Verfassern oder deren Stellvertretern" gesetzt werden: „oder das Bedenken erle digender Abänderung einzelner Stellen." Wenn hicrnächst die Mittheilung der Gründe auch dann, wenn das Ministerium in letzter Instanz entschieden hat, sich erforderlich macht — als worüber allseitigcs Einverständniß vor handen ist —: so war die Deputation Anfangs in ihrer Gesammt- heit der Meinung, cs sei zu Vermeidung allen Verzugs der Ent scheidungen auf eingelegten Rccurs eine bestimmte Frist im Ge setze auszudrücken, binnen welcher diese Entscheidungen erfolgt sein müssen. Von der vorgcschlagencn Frist von acht Tagen ist indeß die Majorität der Deputation theils in Folge der Bemer kung der Herren Regierungs-Commiffarien, daß diese Frist bis weilen gar nicht inne zu halten sein werde, namentlich wenn etwa erst mit anderen Ministerien zu communiciren sei, theils um deswillen wieder abgcgangen, weil dann wahrscheinlich die Entscheidung auch nicht vor Ablauf der Frist erfolgen werde, und hat sich mit den gedachten Herren Commissarien dahin ver einigt, statt einer solchen Frist an den betreffenden Orten die Worte „mit möglichster Beschleunigung" einzuschalten. Der Minorität genügt dieser Ausweg um so weniger, als das Wort „möglichster" einer sehr rclatioen Auslegung fähig ist und gleichwohl Vermeidung des Verzugs in vielen Fällen eine Hauptsache ist, wenn das Imprimatur, dafern cs überhaupt noch ertheilt wird, nicht zu spät kommen soll. Sie bleibt daher bei der Aufnahme einer bestimmten Frist in das Gesetz — da nur so eine Garantie gegeben ist, — stehen. Nach der Ansicht der Majorität würde nun der §. 8. also lauten: „ Die Censoren haben zu den ihnen vorgclegten Schriften die Druckerlaubnis; entweder unbedingt zu verweigern, oder zu crlheilen, oder deren Gewährung von der Ausscheidung (oder das Bedenken beseitigender Abänderung einzelner Stellen) ab hängig zu machen. Wollen sich die Verfasser oder deren Stell vertreter bei den Weisungen des Ccnsors nicht beruhigen, so hat dieser die Entscheidung der Krcisdirection einzuholen, von welcher sie den Censoren und den Betheiligten mit Anführung von Gründen, (auch mit möglichster Beschleunigung) schrift lich zu eröffnen ist. Dagegen findet Rccurs an das Ministe rium Statt, welches darüber durch Verordnung an die Krcis- dircctionen und zwar, insoweit Bestätigung erfolgt, mit An gabe von Gründen, welche den Bctheiligtcn gleichfalls (mit möglichster Beschleunigung) mitzuthcilen sind, entscheidet." Nach der Fassung der Minorität würden die cingeklammer- tcn Stellen theils in der obangegebencn Weise, theils, was die Angabe einer Frist betrifft, dahin abzuändern sein, daß statt