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1197 56 1198 nach eigenen Grundsätzen und ohne alle Rücksichten auf seine College» zu betreiben ; so billig einzukaufen, als ihm baar Geld und Verhältnisse gestatten, und eben so billig wieder zu verkaufen, als er es seinem Interesse ange messen findet, sich ferner in Hinsicht seiner Verbindlichkeiten nicht mehr an unter uns fast zum Gesetz gewordene Usancen oder allgemein gültige Termine, sondern nur an die Zeit und dasjenige zu binden, was er von denen, welche ihm Credit geben, sich auszubedingen im Stande ist, und keine andere Rücksicht anzucrkennen, als die, welche ihm der eigene Vortheil vorschreibt. — Dieses Grund-Princip des freien Handels ist allerdings seither von Denen angewcndct worden, welche sich unberufener Weise in den seither unter uns bestandenen engeren Verband eingcdrängt haben; allein welche empfind liche Wunden dieselben auch bereits dem Gemeinwesen bereitet haben, ist in zu frischem Andenken, um nicht als schlagender Beweis zu dienen, daß, sobald wir den freien Handel in unserer Sphäre proclamiren, an die Haltbarkeit der Formen nicht mehr zu denken ist, die während einer langen Reihe von Jahren den Buchhandel als eine abgeschlossene Handelsbranchc bezcichneten, dessen Wesen und Einrichtungen wieder so genau mit der Geschichte, dem Aufblühen und dem Fortgange der Literatur und folglich auch mit den Wissenschaften verwebt ist. Was man unter der Bezeichnung eines freien Handels zu verstehen hat, glauben wir hiermit hinlänglich und verständlich genug angedeutet zu haben, um einen Jeden zu überzeugen, daß der Buchhandel nicht zu dieser Kategorie gehört, sondern daß derselbe vielmehr eine eigene in sich abgeschlossene, von den Regierungen beaufsichtigte und von eigenen, mit seinem Wesen unzertrennlich gewordenen, Einrichtungen, abhängige Handelsbräuche ist, die aber gerade so, wie sie sich herangebildet hat, bestehen bleiben imuß, wenn ihre Störung nicht die nachthciligsten Rückwirkungen auf das ganze literarische Leben ausüben soll. Dieselbe bedarf indessen nothwendig einiger Ergän zungen und näherer Bestimmungen, ihrer mit der Zeit untergrabenen oder nicht mehr haltbar gewordenen Principien, damit in der gegenwärtigen als eine Uebergangs-Periode bezeichncten Epoche, wo der Buchhandel sich in die beiden Branchen der Verleger und Sortimenlsbuchhändler streng geschieden hat, der Standpunkt angewiesen werde, den eine jede derselben einzunehmen habe und der seither durch das rasche Zunehmen der ver legenden Handlungen sich sichtbarlich und zum Nachthcil des Ganzen verrückt hatte. Gestehen wir nun ein, daß der Buchhandel seinem eigenthümlichen Wesen nach, nicht bestehen kann, ohne an gewisse Formen und Regeln ge bunden zu sein, die als Fundamcntal-Gesetz des gesammken Buchhandels aufrecht erhallen werden müssen, so - dünkt uns die Bestimmung oder Ergänzung eben dieser Gesetze, die besonders die Verhältnisse der Verleger und Sortimentsbuchhändlcc zu einander ordnen oder feststellcn sollen, nicht so schwierig, sobald man von dem Grundsatz, „was dem Einen recht ist, ist dem Andern billig" ausgeht und mit Unparteilichkeit die Bedürfnisse auszumitteln sucht, die zur Belebung und dem Aufschwung der beiden Branchen erforderlich und bedingt sind. Nicht weniger aber finden wir auch dann den Zweck unserer Versammlung vollkommen gerechtfertigt, indem wir uns nicht sowohl das Recht zugcstehen, den Buchhandel zu reformiren, aber die Nothwendigkcit erkennen, uns zu einem Verbände zu constituiren und uns über Principien zu vereinbaren, die wir als Recht erkennen und deren Feststellung als Gesetz wir im allgemeinen Buchhändler-Verbände theils ganz vermissen, thcils durch cin- gerissene Mißbräuche erschüttert sehen. — Worin die Uebel bestehen, welche seither bei stets zunehmender Progression unsere Geschäftsthätigkeit bedrohen, und welche Wünsche einem Jeden der Betheiligten sich aufdrängen, haben wir in dem Erlaß näher bezeich net, welcher die Bildung der Kreiscorporation anzeigte, und wir wollen nun versuchen, jene Bezeichnungen hier näher zu motiviren und die Bestimmungen anzugeben, welche wir in dieser Beziehung zur Abwehr oder Feststellung den verehrl. Mitgliedern derselben in Vorschlag bringen. — Beginnen wir mit den Wünschen der Verleger, die wir als Solche, welche einen regern Umsatz ihren Unternehmungen, eine mit dem Bedarf des Publikums in Verhältn iß stehende Aus breitung ihrer Correspondenten und ein pünktliches Einhalten der von ihnen vorgeschric- benen Verbindlichkeiten in ihrer ganzen Ausdehnung zu erzielen streben, bezeichnet haben: Was den ersteren Punkt betrifft, so ist derselbe offenbar durch die Natur ihrer Unternehmungen und die Art, wie sic dieselben dem Publikum zu empfehlen wissen, bedingt, wenn gleich nicht zu leugnen ist, daß die mehr oder mindere Thäligkeit der Sorlimentsduchhändler an manchen Orten von großem Einfluß bei dem Absatz dieses oder jenes Artikels ist. Schlagender beweist aber dieser Wunsch oder vielmehr diese Klage, daß der Verlagsbuchhandcl in den letzten 20 Jahren zu sehr überhand genommen und daß die Production außer Verhältniß mit der Consumlion getreten ist, worin auch unleugbar eins der Hauptgrundübel des gegenwärtigen Zustandes unseres Handels zu suchen sein dürste. Ein Gesetz, welches auf den regern Umsatz der literarischen Productloncn Einfluß ausüben könnte, läßt sich übrigens, außer den bereits in ausgedehnter Kraft bestehenden Bestimmungen gegen den Nachdruck und gegen alle sonstige Eingriffe in das literarische Eigcnthum, nicht geben, und es muß daher der Intelligenz der Verleger der Corporation überlassen bleiben: „den regern Umsatz ihrer Verlagsartikel auf allen Wegen und durch alle Mittel zu erzielen, die den noch näher zu bestimmenden Gesetzen und Einrichtungen der Corporation nicht ent gegen sind,"