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-V 284, 7. Dezember 1908 Nichtamtlicher Teil, Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 14263 Nichtamtlicher Teil. Nicolaus Benziger ff-. Wie wir verspätet erfahren, ist am 24. November d. I, in Einsiedeln Herr Nicolaus Benziger gestorben, der lang jährige srühcre Mitinhaber und Leiter des hochangesehenen alten und großen Buchhandlung-Hauses Benziger (jetzt in Firma: Ber- lagsanstalt Benziger L Co. A.-G.) in Einsiedeln, Waldshnt und Köln (unter der Firma IlenLiAer llrotbers auch in New Uork, Cincinnati und Chicago ansässig). Über ihn und sein gemein nütziges Wirken wird uns geschrieben: (Red.) Ständerat Nicolaus Benziger -ß. Kurz nach Anbruch des 24. November 1908 verschied in Einsiedeln in der Schweiz der Senior des alten Ver lagshauses Benziger, Ständerat Nicolaus Benziger- Benziger. Geboren am 18. Februar 1830 als ältester Sohn des Statthalters Nicolaus Benziger-Benziger, empfing er seine Ausbildung nach dem heimatlichen Primarunterricht zunächst in dem Peterschen Institut in Neuenstadt am Bielersee, 1841 —1848 an der Kantonsschule in St. Gallen, dann an den Hochschulen München und Paris. In dem nachmärzlichen München betrieb er namentlich philosophische und juristische Studien im Verein mit dem befruchtenden Anschauungs unterricht der großen Kunstsammlungen, im Paris der zweiten Republik neben der praktischen Übung im Französischen hauptsächlich Volkswirtschaft bei Blanqui. Zum Abschlüsse seiner Studien verbrachte er 1850 noch mehrere Monate in Rom. Wieder in die Heimat zuriickgekehrt, trat er zunächst als Angestellter in das damals unter der Firma Gebrüder Karl und Nicolaus Benziger vom Oheim und vom Vater geleitete Geschäft, um in deren praktischer Schule sich vor nehmlich in die kommerziellen Fächer des vielverzweigten Organismus einzuarbeiten. Als die beiden Firmenträgec im Mai 1880 die Gesamtleitung des mittlerweile auch über den Ozean ausgedehnten Hauses in die Hände ihrer Söhne legten, teilte sich Nicolaus mit seinem Bruder Adelrich Benziger- Koch (1833—96) und seinen beiden Vettern Karl Benziger- v. Reding (1821—90) und Martin Benziger - Dietschy (1828 -1902) in die Leitung des europäischen Hauses, während sein Bruder Louis Benziger - Mächler (1840—96) und sein Vetter Adelrich Benziger-Sarntheim (1837—78) die des amerikanischen Übernahmen. Als Leiter der kommerziellen Abteilung hatte er seinen wesentlichen Anteil an dem allmählichen Emporwachsen der Firma zum Welthause. In seine Zeit (1867) fällt vor allein die Gründung des Hauptoerlagsunternehmens, der noch heute blühenden illustrierten katholischen Familienzeitschnft »Alte und Neue Welt-, damals der einzigen ihrer Art, und die erfolgreiche Pflege eines auch in der Aus stattung gediegenen zeitgemäßen Lehrmittel- und Volksbücher verlags, aus welchem neben den schmucken Schulbüchern die stattliche Reihe weltverbreiteter religiöser Hausbücher und volkstümlicher Prachtwerke in literarischer wie buch- und kunstgewerblicher Hinsicht hervorragt. Auch nachdem er mit seinem Schwager Martin 1886 aus der Geschäftsleitung ausgetreten und diese in die Hände der jüngeren Generation übergegangen war, verfolgte er die Verlags unternehmungen noch stets mit lebendigem Interesse und stellte seine gereifte Einsicht und den Schatz seiner Erfahrungen gern in deren Dienst. Im Berufe war er ein Vorbild gewissenhafter Pflichterfüllung und peinlicher Ordnung. In unerschöpfter Arbeitslust für seine Person keine Schonung kennend, stellte er auch strenge Anforderungen an seine Untergebenen; aber die Strenge war gemildert durch ein väterliches Verständnis für ein ernstes, ehrliches Wollen und die gerechte Einschätzung tüchtiger Leistungen. Die letzte Bitterkeit entschwand vor dem leutseligen, patri archalischen Wesen im Privatverkehr, mit dem er in Tagen der Bedrängnis wie bei festlichen Gelegenheiten seinen sämtlichen Leuten näher trat. Ein Hauptaugenmerk hielt er darauf gerichtet, für die verschiedenen Abteilungen des viel- gliederigen Geschäftsbetriebes stets junge Kräfte heranzu ziehen und einen leistungsfähigen Nachwuchs auszubilden. Bei der republikanischen Eigenart der innerschweizerischen Verhältnisse ward dem Sohn des großen Hauses schon früh Gelegenheit, auch öffentlich zu wirken. Von 1852 ab sehen wir ihn in den Bezirksbeamtungen u. a. als Gerichtssubstitut, Ratsherr, Schulratsprästdent (1854—1858 und 1872), Be zirksstatthalter (1858—1858 und 1872) und langjähriges Mitglied des eidgenössischen Geschworenengerichts; daneben im militärischen Rang bis zum Hauptmann und Quartier meister. Als solcher war er Anfang 1857 im Neuenburger Konflikt bereits zur Mobilisierung für den drohenden Krieg mit Preußen ausgerückt. Im öffentlichen Dienst nicht minder getreu und ordnungsliebend wie im Privatberufe, verscherzte er freilich, da ec als Zeugherr der herrschenden Unordnung in bezug auf die Militäreffekten zu steuern suchte, die Gunst des »Souveräns-, und die Folge war, daß er dem Herkommen zuwider 1858 vom Bezirksstatthaller nicht zum Bezilksammaun ausrückte. Erst 1872 besann sich die Wählerschaft wieder eines Besseren und entsandte ihn nach Schwyz in den Kantonsrat, dem er fortan bis 1908 angehörte und 1876—1878 prä sidierte. Im gleichen Jahre wurde er abermals zum Statt halter und kurz danach zum Mitglied des Regierungsrats gewählt und in diesem mit dem gar verbesserungsbedürftigen Erziehungswesen betraut. Hatte er schon im Schuliat seines Bezirks für Anstellung besserer Lehrkräfte, strengere Kontrolle des Schulbesuchs, Durchführung des Schulprogramms und Ausbau der Sekundär- und Zeichen-, der Wiederholungs und der Mädchen-Arbeitsschule gewirkt, so begründete er im kantonalen Ecziehungsrat, allerdings nicht ohne starken Widerstand, u. a. das große Werk der Schulorganisation. Außerdem war er besonders um die geistige und materielle Hebung des Lehrerstandes, und nicht nur im Rat, sondern auch in vorbildlicher Tat durch den eigenen Verlag, um durchgreifende Vervollkommnung der Lehrmittel bemüht. Auch in den eidgenössischen Räten stellte er seinen ganzen Mann. Nach heißem Kampf 1883 in den National- rat gewählt, behauptete er diesen Sitz bis zum Jahre 1905, um dann bis zur Todeskrankheit den Stand Schwyz im Ständerat zu vertreten. Seine Arbeitsfreudigkeit und Sachkenntnis, sowie sein verbindliches, joviales Wesen erwarb ihm in Bern die Hochschätzung aller Parteien und nicht zuletzt der Bundesbehörden. Niemals versäumte er eine Sitzung, von Anfang bis zu Ende folgte er aufmerksam den Verhandlungen, und griff er auch seltener in die öffentlichen Debatten ein, so entfaltete er eine um so nachhaltigere Tätigkeit in den Kommissionen, so dank seiner geschäftlichen Erfahrung geradezu autoritativ in der nationalrätlichen Zolltarifkommission, ferner in den Kommissionen für Reform und Verstaatlichung der Eisen bahnen (in den Jahren 1900—05 zugleich als Eisenbahnrat des 3. Kreises), für die verschiedenen Zweige des Post- und Telegraphenwesens und mit menschenfreundlicher Fürsorge für die Wohlfahrt des kleinen Mannes in der Kommission für Haftpflicht-, Kranken-, Unfall- und Militärversicherung. Viel galt sein Urteil in industriellen und Verkehrsfragen 1855«