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X- 3«, 12. Februar 1831. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d.Dtschn. Buchhandel. allem hat er Material in Hülle und Fülle. Warum wird da nicht mit Hilfe einer Karte aus dem Kursbuch — die Strecke rot eingezeichnet, die Orte blau umrandet — ein Blickfänger geschaffen«? Ein Plakat: »Sie erhöhen sich den Genuß der Reise, wenn Sie sich vorher mit dem vertraut machen, was Sie alles schauen werden«; eine Liste von Werken darüber schnell zusammengestellt, billige und teure, auf dem Vervielfältigungsapparat abgezogen, wird wohl nicht so durchaus erfolglos sein. Noch einige Fälle aus der Erinnerung heraus. Da wurde in der Landeshauptstadt eines Bundesstaates das Denkmal des be kanntesten Regimentes eingeweiht. Warum stand nur hier und da einmal ein Stück der Regimentsgeschichte im Fenster? Selbst auf die Gefahr hin, das; der Verlag die angeblich in Frage kommenden Kreise abgegrast hätte; die Kreise sind weiter gespannt, als man im allgemeinen annimmt. Warum gebe ich nicht der Öffentlichkeit einen geschichtlichen Anschauungsunterricht durch mein Fenster? Es gibt vom Ehrentag dieses Regimentes aus dem siebziger Kriege ein be rühmtes Bild von Faber du Faur. Einige Bilder, die den Wechsel der Uniform im Laufe von hundert Jahren gezeigt hätten, wären gute Blickfänger gewesen, ihre Beschaffung hätte man leicht bewerk stelligen können. Ich würde heute sogar nicht davor zurückschrecken, den Zinnsoldaten in den Dienst meiner Werbung einzustellen. Zinn soldatensammeln ist eine mindestens ebenso ernste Angelegenheit wie Briefmarkensammeln. Wenn ich dann beobachtet habe, wie sich das Publikum vor den Schlachtendarstellungen mit Bleisoldaten staut, und zwar von der Dame bis zum Proletarier, dann wüßte ich keinen Grund, warum ich mich solcher vorzüglichen« Blickfänger nicht be dienen sollte. Wenn ich dann ferner den Katalog einer Fabrik histo rischer Zinnsoldaten z. B. von Gebrüder Niche-Hannover durchsetze, dann stelle ich fest, daß es sich da um eine kulturhistorische Sammler angelegenheit handelt. Und wenn ich die Ausstellung der Firma selbst besichtigt habe, dann ist mein Entschluß gefaßt. Wie langweilig liegen heute überall die schönen Reiseführer und Karten mancherlei Art im Fenster. Warum nicht einmal als Blickfänger an die Scheibe ein Plakat mit folgender Rechnung: »Ein Tagesausflug in die Heide, oder ins Erzgebirge oder ähnlich. Verlaufen, da keine Karte; — neben dem Ärger zwei Stunden Zeit verlust; durch dieses Versäumnis eingeregnet und durchgeregnet. An Hand der Karte hätte ich feststellen können, wo Schutz zu finden war. Neben dem Ärger NM 10.— Verlust, weil der neue Sommer hut verregnet! Zum Schluß den Zug versäumt, da noch einmal verlaufen und auch die Abfahrtszeit nicht bekannt, weil kein Kurs buch, — Abendbrot und Übernachten NM 6.—, — Barverlust also NM 16.—. Eine Karte kostet nur NM 1.50, ein Kursbuch NM 1.—. Also, mit RM 2.50 kann ich mich gegen alle solche unnötigen Aus gaben versichern«. Ich gebe das Ganze hier nur in Stichworten an, da ich über zeugt bin, daß genügend findige Köpfe im Jungbuchhandel und Alt buchhandel sind, um solchen Vorschlag zweckentsprechend auszuge stalten. Die Jtalienreise kann man ähnlich heranziehen. Blättern Sie nur einmal den neuesten Führer durch, dann werden Ihnen schon Gedanken kommen. Nur immer landläufige Begriffe und Worte heranziehen, wie zum Beispiel »Versichern«. Das kommt schon vielen gar nicht mehr wie eine Ausgabe vor, sondern wie ein Lotterie- los, das von vornherein soundsoviel Mark als Gewinn sichert. Der Kartenabsatz könnte meines Erachtens auch noch be deutend gesteigert werden. Ich denke da an einen Sonntag vor einem Jahr, als ich anläßlich eines Gepäckmarsches eine Straßen kreuzung einen Sonntagvormittag lang besetzt hielt, wie mich jeder zweite Rad-, Motor- und Autofahrer um Auskunft fragte, von Fuß gängern gar nicht zu reden. Eine Straße war wegen Umbau ge sperrt, wie kam man nun nach Dresden hinein? Eine Karte hätte manchen vor Umwegen und Zeitverlust geschützt. Warum nicht ein Plakat ins Fenster: »Auto- und Motorradfahrer schützt Euch vor Ärger und Zeitverlust, die Autokarte hilft Euch dazu«. Darunter gleich die gängigsten mit Preisangabe für das unaufgezogene und aufgezogene Blatt. Auch Jubiläen örtlicher Art können immer wieder herange zogen werden. Wenn allerdings Firmen so gleichgültig sind, baß sie nicht einmal ein Werk eines örtlichen Künstlers mit Buchschleife für den Jubiläumstag ins Fenster stellen, obwohl sie es postgeld frei in Kommission geliefert erhielten, dann ist nichts mehr zu machen. Wenn dann der Verleger direkt arbeitet, soll sich der rührige Sorti menter mal seinen weniger rührigen Kollegen vornehmen, ob der nicht Grund zu solchem Vorgehen bot. Es wird natürlich nicht jedes Fenster gleich Goldstücke scheffel weise bringen, sie sind nun nicht der Zauberschlllssel. Mag sich der Sortimenter damit trösten, daß auch der größte Verleger, wenn er oben bleiben will, rührig sein muß. Im Gesamtleben wird sich aber auch der einzelne Fall auswirken. Vielen prägt sich ein Fenster ein. Ergänzt muß allerdings die Fassade werden durch eine ihr ent sprechende innere Haltung, eine zeitgemäße Bedienung. In einem modernen Antiquariat in einer Gegend, die vor wiegend von Arbeitern bewohnt wird, sah ich knallige Fenster in jeder Art und Form. Meterlange Pfeile steckten in einer Scheibe: »Jeder Kauf ist ein Schuß ins Schwarze«. Ganz nett, aber —; auch ein Spartakusroman war aufgestapelt. Fragen Sie einmal die Leute vorm Fenster, wer Spartakus war. Warum da nicht ein Wort der Erklärung dazu? Der politisch unterrichtete Arbeiter kauft in der SPD- oder KPD- Buchhandlung, der NSA-Mann in seinem Spezialgeschäft, der Bücher freund, der Gebildete kommt zu Ihnen, aber die große Masse der Indifferenten, wie locken Sie die zu sich? Auf die können Sie nur wirken, wenn Sie Ihre Werbemaßnahmen ihrer Unwissenheit, ihrer Oberflächlichkeit, ihrem Von-allem-unterrichtet-sein--wollen anpassen. Da hilft keine Wissenschaftlichkeit, keine nüchterne Sachlichkeit, da bleibt nichts übrig als eine deutliche Sprache, frei von überlebter Vornehmheit, die oft nur Ängstlichkeit ist. Also Buchhändler, laßt auch Eure Fenster sprechen! W. E. F. Halberstad t. Neue Literatur zum amerikanischen Buch- und Schriftwesen. Von Ludwig Schüz (Chicago). 3aok80n, Stuart ^!V., La k'aystts. ^ Libllo^rapb^. ^ewVork, ^V. L. Uuckßs, 1930. 8" 23, 226 Selten, l-einen. 400 Lxempl. K 17.50 Eine geschlossene Bibliographie über den Marquis de La Fayette, diesen so hoch in den Vereinigten Staaten im Ansehen stehenden französischen General mit dem amerikanischen Herzen existierte seit her nicht. Das vorliegende Buch wird diesem Mangel nach drei Sei ten hin gerecht: Die längere Vorrede Brand Whitlock's gibt einen geschichtlichen Umriß des Lebens des Generals und seiner den Ame rikanern im Revolutionskrieg geleisteten Dienste, die Einleitung ent hält einen chronologischen Überblick über die Laufbahn La Fayettes in Frankreich und Amerika (1747—1834), während der Hauptteil das gesamte Wirken des Marquis im Spiegel einer exakt bearbeiteten Bibliographie, etwa 900 meist englische und französische Titel um faßt. Neben den eigenen Werken und Memoiren werden Arbeiten über ihn in allgemeinen Publikationen, in Zeitschriften, Broschüren, Briefen und Reden, ferner Dramen, Romane und Lyrik, in denen La Fayette eine Nolle spielt, zur Vervollständigung herangezogen. Historiker und Bibliographen können somit dem Werke Wertvolles entnehmen. Auch das äußere Kleid des Buches ist des rührigen Rudge-Verlages würdig. Ao^ton, L 6 >v a r ck, On Look8 anck Lu8in688. Xsxv Vork, 1K« ^ppellicon ?r688, 1930. - KI. 4" 16 Sviteu. Halbleinen. 325 monierte Exemplars auk Lütten. F 10.— Eine kleine bibliophile Spielerei bringt hier A. Edward Newton, hinlänglich als Buchzünftiger bekannt, auf den Markt, deren äußere Form und Druck noch mehr vielleicht als ihr Inhalt ansprechen. Zwanglos und voll Laune zieht der Autor Vergleiche zwischen dem amerikanischen Bllcherverkauf von vor 50 Jahren und dem von heute, streut persönliche Erinnerungen als Buchhandlungsangestellter ein und kommentiert kurz den Begriff »seltene Bücher« sowie »moderne Editionen«. Den erhöhten Eifer der amerikanischen Sammler, über haupt das Interesse an der preiswerten Anlage einer im Werte stei genden Bibliothek, die später einmal der Öffentlichkeit zugute kom men soll (wie fast alle großen amerikanischen Privatsammlungen), schreibt der Verfasser der demokratischen Wertschätzung der »besse ren Dinge« des Lebens zu. Oroutt, William Dana, Ibs lUaZie ok tk« Look. ^Vitk man^ iUu8tration8. Lo8ton, Littl«, Lrovvn L Co., 1930. xr. 8° 11, 314 Ssitsu. Loinsu. K 5.— Orcutts große Liebe für alte Druckwerke, seine Sachkenntnis der alten und neuzeitlichen Typographie und sein zwingender Stil sind aus seinem früheren Werke »Iks Look in Itsly« hinreichend be kannt und bestätigen sich hier wiederum. Seine langjährigen biblio philen und buchtechnischcn Erfahrungen, die er in die Form von Er innerungen kleidet, machen sein Buch äußerst reizvoll, sodaß ihm manche bibliographischen Mängel füglich vergeben werden können, zumal die vielen eingestreuten Illustrationen, namentlich die typo- 123