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.G 67. 21. März 1812. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 3671 sammlung von Schriftstellern. Hofrat Schlenther übergab Geh.Rat Köster, dem Leipziger Literarhistoriker, den Vorsitz. Köster, der dem Vorstande der Leipziger Zweigstiftung der Schillerstiftung an gehört, betonte, daß die hier zu besprechenden Mißstände zweifellos bestehen. Dann begründete Hans Khser noch einmal seine An griffe. Die Stiftung könne aus ihrem etwa Millionen be tragenden Vermögen etwa 80 000 ^ Zinsen jährlich vergeben. Aus dem Jahresbericht der Stiftung für 1910 gehe hervor, daß von den 20 Empfängern lebenslänglicher Renten nur acht statu tengemäß dazu berechtigt seien. Denn nur die nächsten Anver wandten der Schriftsteller von Bedeutung sollen unterstützt wer den, während jetzt zum Beispiel die Tochter von Eichendorffs Tochter, die Urenkelin von Matthias Claudius, die Frau des Enkels von Herder, Pensionen erhalten. Unter denen, die 1910 einmalige Bewilligungen erhielten, erscheinen Kyser nur etwa drei als würdig, und von denen, die »auf der Durchreise« in Weimar um Unterstützung ansprachen, seien solche, die deshalb schon mehrfach in der Dichterstadt angeklopft hätten. Geh. Rat Köster wies darauf hin, daß der Schillerverband der deutschen Frauen, als er vor ein paar Jahren den Betrag seiner Samm lungen nach Weimar trug, der Zentralstelle der Schiller-Stif tung die Bedingung stellte: er könne sechs Vorschläge zu Unter stützungen jährlich machen, und drei davon müßten berücksichtigt werden. Nur so hätten es die Frauen erreicht, wenn jetzt eine Reihe wirklicher Talente unterstützt werden. Auch regte Köster an, die Zweigstiftungen, die keinen Zuwachs und kein rechtes Leben mehr haben, sollten sich auflösen und nach Weimar ihr Kapital zusammentun. Max Bernstein unterstrich es noch ein mal als Zweck der Stiftung, nur Schriftsteller zu unterstützen, die sich Verdienste um die Nationalliteratur erworben haben, und ihre nächsten Angehörigen. Dehmel betonte, wie viel Wür digen jetzt die Gelder vorenthalten würden, die für »Zufalls existenzen« vergeudet seien. Nicht einmal er sei sicher, daß er nicht noch vielleicht eine Unterstützung brauchen werde, denn von dem Ertrage seiner Schriften könne er seine Familie nicht er nähren. Geh. Rat Köster faßte das Ergebnis der Debatte in einigen Sätzen zusammen, die zu einer Resolution die Grund lage boten. Nach sechsstündiger Beratung nahmen die 23 noch anwesenden Herren diese Entschließung einstimmig an — den übrigen wird sie zur Zustimmung noch vorgelegt werden. Die Resolution lautet: »Die Unterzeichneten haben sich durch Prü fung des Tatbestandes überzeugt, daß die Schiller-Stiftung in sehr vielen Fällen Gelder satzungswidrig ausgegeben hat: an Unberechtigte, Unbedeutende, Unwürdige. Da wir an dem guten Glauben und Willen der Stiftungsverwalter nicht zweifeln, so erwarten wir, daß sie nunmehr nach Aufhellung jenes Miß standes das ihnen anvertraute Gut satzungsgemäß nur zur Förderung der wirklichen Begabung verwenden«. Die letzte Statistik des amerikanische« Druck- u«d Ver lagswesens.— über die Ausdehnung des amerikanischen Druck- und Verlagswesens teilt ein soeben veröffentlichter Bericht des amerikanischen Census-Amts für das Jahr 1909 die genaueren Zahlen mit. Nach diesen Angaben ist die Zahl der amerikani schen Druckereien und Verlagsgeschäfte von 27 793 im Jahre 1904 auf 31445 im Jahre 1909 gestiegen; im gleichen Zeitraum hat der Wert des in diesem Erwerbszweig verwandten Materials eine Steigerung von 142 514 000 Dollars auf 201775000 Dollars, der Wert von in diesen Geschäften auf den Markt gebrachten Erzeugnissen eine solche von 552 473 000 Dollars auf 737 876 000 Dollars aufzuweisen, während die Zahl der von ihnen beschäf tigten Personen 358 042 im Jahre 1909 gegenüber 287 679 im Jahre 1904 beträgt. Die Gesamtzahl der von diesen Betrieben hergestellten Zeitungen und Zeitschriften stieg in dem gleichen Zeitraum von 21 848 auf 22 143, was einer Zunahme um 1 Proz. gleichkommt. Die Verbreitungsziffer für diese verschiedenen Gat tungen periodischer Literatur war im Jahre 1904: 150 009 723, im Jahre 1909: 164 468 190, was eine Zunahme um 10 Prozent bedeutet. Im einzelnen ergibt sich für die Verbreitung dieser Druckerzeugnisse folgendes Bild: Sonntagszeitungen (einschließ lich der Sonntags-Ausgaben der Tageszeitungen) hatten der Zahl nach eine Vermehrung von 494 auf 520 — 5 Prozent, der Verbreitung nach eine solche von 36 226 717 auf 40 822 965 — 13 Prozent zu verzeichnen. Wochenblätter hatten gleichfalls eine Zunahme, und zwar der Zahl nach von 15 006 auf 15 097 — 1 Prozent, aufzuweisen. Halbwochenblätter stiegen der Zahl nach von 703 auf 708, doch ging ihre Verbreitung von 3 233 658 auf 2 648 308 — 18 Prozent — zurück; ebenso verzeichnten die Monatsschriften einen Rückgang, und zwar der Zahl nach von 2500 auf 2491, der Verbreitung nach einen solchen von 64 306 155 auf 63 280 535 — 2 Prozent. Religiöse Zeitschriften wiesen in der Verbreitung eine starke Zunahme, nämlich eine solche von 22 383 631 auf 29 523 777 — 32 Prozent auf, doch war ihre Zahl von 1287 im Jahre 1904 auf 1251 im Jahre 1909 oder um 3 Prozent gefallen. Gesellschaftliche, künstlerische, musikalische und Mode-Zeitschriften hatten eine Zunahme von 155 auf 164 — 6 Prozent aufzuweisen, doch war ihre Verbreitungszahl von 15 289 431 auf 13 445 661 — 12 Prozent gefallen. Eine nicht un erhebliche Zunahme, nämlich an Zahl 685 gegen 627 — 9 Prozent, war bei den Handelszeitschriften zu verzeichnen, während ihre Verbreitungszahl von 3 428 596 auf 3 572 441 — 4 Prozent stieg. Ganz besonders groß war die Zunahme bei technischen und mechanischen Zeitschriften, die der Zahl nach von 83 auf 139 oder um 67 Prozent, der Verbreitungszahl nach von 526 523 auf 1 421 955 oder um 171 Prozent stiegen. 8. Ein chinesisches VerlagshauS. — Unter dem Titel: »Ein chinesischer Erziehungsfaktor« 6tiin686 Lckueational k'oree) haben die Londoner Times unlängst einen Bericht ihres Pekinger Korrespondenten über die dortige »Lommsreial ?re88 Utck.« ver öffentlicht, der insofern Beachtung verdienen dürfte, als diese Anstalt das einzige ausschließlich von Eingeborenen betriebene Verlagshaus neuzeitlichen Stils in China darstellt. Das Ge schäft begann, wie wir diesen Angaben entnehmen, sein Dasein im Jahre 1897 in höchst einfacher Gestalt in einem Haus von drei Zimmern in einer bescheidenen Straße, konnte aber schon im folgenden Jahre in ein zwölfzimmeriges Haus in einer weit vornehmeren Gegend übersiedeln, bis es nach mehrfachen, zum Teil durch Feuer verursachten Ortsveränderungen im Jahre ein großes Gebäude mit einem Verkaufsraum im Umfang von nahezu fünf Acres für seine verschiedenen Betriebe eröffnen konnte. Dieses Gebäude ist in der »Nördlichen Honan-Straße« gelegen und ganz in europäischem Stil hergestellt, mit Gas, Elektrizität, Telephon und sonstigen Bequemlichkeiten der Neuzeit wohl versehen. Das einbezahlte Gesellschaftskapital beträgt 400 000 Dollars, der jährliche Umsatz nahezu eine Million Dollars; ihr hauptsächlicher Produktionszweig sind Schul- und Unterrichtsbücher der verschiedensten Art, doch betreibt die Ge sellschaft auch die Herstellung von Elektrotypie, Photogravüre, Lithographie, Collotypie. Dreifarbendruck. Zinkätzung und ähn lichen Leistungen moderner Drucktechnik. Ein großer Teil der Verlagswerke der Gesellschaft sind Grammatiken und Lehr bücher der englischen, deutschen, französischen und japanischen Sprache, hauptsächlich aber natürlich chinesische Lehr- und Unterrichtsbücher, die sich auf die mannigfachsten Gebiete, wie Naturwissenschaft, Mathematik, Geographie. Handelskunde. Körperpflege, Musik u. a. m., verteilen. Die Preise der einzelnen Bücher sind außerordentlich niedrig — vielfach nur 4 bis 8 Cents der Band —, während eine ganze Serie von acht oder zehn Büchern über einen bestimmten Gegenstand schon zum Preise von 60 Cents erworben werden kann. Der Einband ist bei diesem Preise selbstverständlich nur ein Papierumschlag, doch ist dieser Umschlag bei der hohen Achtung, deren sich in China das gedruckte Wort erfreut, der Erhaltung der Bücher nicht all zu nachteilig. Neben ihrer eigenen Verlagstätigkeit hat die Gesellschaft auch den buchhändlerischen Vertrieb für 2 bis 3 amerikanische und 5 englische Verlagshäuser übernommen. 8. Vuchhändler-Verband Hannover-Vrannschweig. — Die Hauptversammlung des Verbandstages am 10. März war sehr zahlreich besucht. Die Anwesenden folgten mit sichtlichem Inter esse der Verlesung des sorgsam zusammengestellten Jahres berichtes und beteiligten sich durch Aussprache lebhaft an den weiteren Verhandlungen. Wohlverdienten Beifall erntete Herr Max Sckaper für seinen auf Wunsch des Vorstandes ausgearbei teten Vortrag »Der Kredit im Buchhandel«. Die Arbeit zeugte von großem Fleiß und geschickter Verwendung des durch eine Umfrage bei den Mitgliedern eingegangenen statistischen Materials. 478*