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4142 Börsenblatt s. d. Dtsch» Buchhandel Nichtamtlicher Teil, — Sprechsaal. 84, 10. April 1908- In Berlin wird die erste Gedenkfeier am Ostermontag (80. April) abends 6 Uhr im Dom gehalten werden. Die biblische Ansprache hat Oberhosprediger O. Dryander übernommen. Pro fessor O. Seeberg-Berlin spricht über -Wtcherns Bedeutung für die evangelische Kirche und das deutsche Volk». Die Chorgesänge werden von dem Männerchor und der gesamten Kurrende der Berliner Stadtmission (7 Chöre) unter Leitung des Dirigenten Paul Otto ausgeführt. Der Eintritt ist frei. Die zweite Feier findet am OsterdienStag (21. April), abends 7st, Uhr, in der Philharmonie (Bernburgcr Straße) statt. Die Festrede hält Pastor Philipps. Weitere Ansprachen haben Generalsuperintendent O. Koehler, Ministerialdirektor 0. Schwartz- kopff, Hofprediger Ohly und Konsistorialrat Lahusen zugesagt. Die Chorgesänge werden von dem vereinigten Pfannschmidtschen und Dceifaltigkeitschor unter der Leitung des Königlichen Musik direktors H. Pfannschmidt ausgesührt. Ein aus Mitgliedern der christlichen Posaunenchöre Berlins bestehender Posaunenchor wird Mitwirken. Eintrittskarten zu 4, 3, 2, 1 und 0.50 sind zu haben bei Bote u. Bock (Leipzigerstraße 37) und bei Wertheim (Leipzigerstraße 132—135, Kantstraße 3 und Schöneberg, Haupt straße 3). « Mathematiker Wilhelm «cheibuer ff-. - Am 8. April d. I. verstarb in Leipzig der ordentliche Professor der Mathematik, Senior der philosophischen Fakultät der Universität Leipzig Ge heimer Hofrat vr. pbil. Wilhelm Scheibner im Alter von 82 Jahren. Er war am 8. Januar 1826 in Gotha geboren und bezog nach Beendigung seiner Gymnasialbildung 1844 die Universität Bonn, worauf er sich von 1845 bis 1848 in Berlin als Schüler von Jacobi, Dirichlet und Encke dem mathematischen Studium widmete, das er schon in Gotha bei dein Astronomen Hausen begonnen hatte. 1848 promovierte er in Halle auf Grund der Dissertation »Die Variabilität der Funktionen- zum vr. pbil. Nach mehrjährigem Wirken an der Gothaer Sternwarte habilitierte sich Scheibner 1853 mit der Habilitationsschrift: -Über die Berechnung einer Gattung von Funktionen, welche bet der Entwickelung der Störungsfunktion erscheinen« (Gotha 1853) als Privatdozent der philosophischen Fakultät an der Universität Leipzig, wo er 1856 zum Extra ordinarius für Mathematik und Astronomie und am 1. Januar 1868 zum ordentlichen Professor ernannt wurde. Seine wissenschaftlichen Arbeiten sind größtenteils von der Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften, der er seit 1858 als ältestes Mitglied angehört und als dessen stellvertretender Sekretär der mathematisch - physikalischen Klasse er 10 Jahre lang tätig war, veröffentlicht worden. Auch in der »Zeitschrift für Mathematik und Physik« und den »Mathematischen Annalen- ftnden sich öfters Berichte von ihm über Ergebnisse seiner mathe- maiischen und astronomischen Forschung. In der Ausgabe von A. F. Möbius' gesammelten Werken (Leipzig, 1885—87, Hirzel) bearbeitete er den vierten Band. Seine fünfundvierzigjährige Lehrtätigkeit, die sich hauptsächlich auf das Gebiet der reinen Mathematik erstreckte, stellte er 1898 nach der Feier seines 50jährigen Doktorjubtläums ein. Sprechsaal. (Ohne Verantwortung der Redaktion; jedoch unterliegen alle Einsendungen de« Bestimmungen über die Verwaltung des Börsenblatts.) Unzulässiges Bücherangedot? (Vgl. Nr. 79 d. Bl.) Unter obiger Spitzmarke brachte das Börsenblatt in Nummer 79 eine Erklärung des Rabattsparvereins Stuttgart, der in einer neuen Vertriebsart der -Bücher des Deutschen Hauses- durch Bibliotheksmarken einen angeblich -schädlichen Auswuchs des Buchhandels- und -ein wildes Rabattunternehmen- zu sehen glaubt. Die »Neue Gesellschaft der Bücherfreunde-, Berlin, äußert sich dazu wie folgt: Es ist richtig, daß wir in einer Reihe von Städten (zunächst Berlin, Breslau. Leipzig, Hamburg, Dresden, Magdeburg, Halle Frankfurt a. M., Braunschweig, Darmstadt, Nürnberg, Stutt gart rc.) ein neues Vertriebssystem begonnen haben, das den Zweck verfolgt, die bekannten -Bücher des Deutschen Hauses- jedermann, selbst den finanziell schwächsten Kreisen, in Mafien zugänglich zu machen. Bis jetzt haben sich uns über 5000 Spezial geschäfte aller Branchen angeschloffen und sich bereit er klärt, durch Verabfolgung von Bibliotheksmarken bei Ein käufen das Ziel des werktätigen Kampfes gegen die Schundliteratur zu unterstützen. 50 solcher Bibliotheksmarken, auf einer BibOothekskarte vereinigt, berechtigen den Inhaber der Karte zum kostenlosen, durch die Buchhandlungen zu bewirkenden Bezug eines Originalbandes der -Bücher des Deutschen Hauses- nach seiner Wahl. Unsere Mitglieder verteilen also große Mengen guter Bücher und ermöglichen dem Sammler die Bildung einer eigenen gediegenen Hausbibliothek. Ob in diesem Verfahren ein wildes und oerdammungs- würdiges Unternehmen zu erblicken ist, können wir dem Urteil des verständigen Lesers getrost selbst überlaffen! Wir verstehen, daß Rabattsparunternehmungen, wie die ragliche in Stuttgart, in Furcht schweben, es könne ihnen durch unser in einigen Punkten verwandtes, aber gesünderes System Abbruch getan werden. In Wirklichkeit beabsichtigen wir keinerlei Kampf gegen derartige Vereine, sondern sind der Überzeugung, daß Bibliotheksmarken und Rabattmarken im Kern grundver schiedene Dinge sind, von denen das eine neben dem andern be stehen kann und wird. Ganz entschieden verwahren müssen wir uns aber gegen den Versuch einer Diskreditierung — und diese Frage allein dürfte die Börsenblattleser interessieren — unserer Gesellschaft im Buchhandel. Wie kommt der Rabattsparverein in Stuttgart dazu, sich zum Anwalt des Buchhandels aufzuwerfen? Er möge die Wahrung seiner Interessen ruhig dem verehrlichen Sortiment selbst über lassen, das bisher in allen von uns begonnenen Städten unser Bestreben verstanden und durchaus gebilligt hat! Unsere Bücher sind nämlich nach wie vor nur durch den Buchhandel zu beziehen, und dem Sortiment fließt bei den gegen Bibltotheksmarken verabfolgten Exemplaren der gleiche Ver dienst zu wie bei denjenigen, die käuflich vom Leser erworben werden. Ein Unterschied liegt nur darin, daß im elfteren Falle unsere Mitglieder, im letzteren die Leser die Bände zu bezahlen haben. Eine ganz kleine Mühe nur hat das Sortiment: die Weiter gabe der mit Marken beklebten Btbliothekskarten an den Verlag, der sie zum Ladenpreise bar einlöst oder an Zahlungs Statt ver rechnet. Diese kleine Arbeit wird aber reichlich dadurch aus gewogen werden, daß Hunderttausende, ja vielleicht Millionen von Büchern, die sonst garnicht verkauft würden, das Sorti ment passieren und diesem seinen normalen Verdienst ab werfen. Wir rechnen damit, daß Buchhandlungen, die in unseren -Büchern des Deutschen Hauses- ohne unser System viel leicht einige hundert Bände im Jahre absetzen würden, mit ihm einige tausend verbrauchen werden, ganz abgesehen davon, daß durch Massenverbreitung guter Lektüre auch noch das Lese- und Kausbedürfnis auf sonstigen Gebieten eine Förderung erfährt. Streng zu unterscheiden sind die Mitgl eder, d. h. die zahl reichen Firmen aus allen Branchen, die allein die Btbliotheks- marken an ihre Kunden verabfolgen, von den Buchhandlungen, die keine Bibliotheksmarken verausgaben, sondern nur den Um tausch der Sammelkarten gegen Bücher vornehmen. Durch unser neues System schädigen wir also den Buchhandel nicht, sondern wir führen ihm zahlreiche Käufer zu, ohne daß er nötig hat, dafür auch nur einen Finger zu rühren. Dies zur Steuer der Wahrheit. Berlin. Buchverlag fürs Deutsche Haus. Warnung. Ich warne die Herren Kollegen vor einer Verbindung mit dem Geschäftsreisenden August Budschun, Berlin kffO., Ebertystraße, Quergebäude, Part., und bin zu näheren Mitteilungen gern bereit. Sollte B., der seine Tätigkeit augenblicklich in Schleswig- Holstein auszuüben scheint, irgendwo austauchen, dann bitte ich um schleunigste Meldung. Kosten werde ich mit Dank vergüten. Stuttgart, den 8. April 1908. I. Engelhorn.