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8900 Nichtamtlicher Teil. 256, 2. November 1901. Vergleichurig des Textes mit den Karten und Plänen vielerlei zu ändern fand, so arbeitete ich den Text noch mals durch, wobei ich, ohne meines Erachtens wesent liches wegzulassen, an drei Bogen herausredigierte. Für die zweite Auflage gewann ich Professor Hübner in Berlin, der die archäologischen Abschnitte in einer scharfen Kritik für ungenügend erklärt hatte. Herr Dressel bereiste Asturien und Galicien und andre Teile; Barcelona, Sevilla, Lissabon u. s. w. wurden wieder durch orts ansässige Deutsche revidiert; Majorka wurde von vr. Arndt bereist, der auch die Angaben über die antiken Skulpturen in Madrid und vielen anderen Orten berichtigte; auch einige Kunsthistoriker lieferten Beiträge und revidierten die Angaben über eine Anzahl kleinerer Städte, die vr. Prop- ping nicht hatte besuchen können. Das ganze Buch habe ich dann nochmals scharf durchredigiert.« Aus diesen Mitteilungen ist gleichzeitig zu ersehen, wie peinlich genau heute die Herstellung eines »Baedeker« vor sich geht. Die Zeiten, als ein einzelner Mann, und sei er auch noch so tüchtig und unermüdlich, die Bücher bearbeiten konnte, sind längst vorbei. Heute ist in Leipzig ein ganzer Redaktionsstab jahraus jahrein unaufhörlich thätig, um die stetig notwendigen Neuauflagen auf der Höhe aller An forderungen zu erhalten, nicht allein wie sie der Aufschwung der Städte und des Verkehrswesens mit sich bringt, sondern auch um dem Wandel der geschichtlichen und kunstgeschicht lichen Auffassung gerecht zu werden. Der Grundsatz einer strengen Unparteilichkeit und einer makellosen Unbestechlichkeit des Begründers der Reisehandbücher ist natürlich bis auf den heutigen Tag maßgebend geblieben. Die vornehme Zurückhaltung, die die Person hinter der Sache ver schwinden läßt, war ein Charakterzug Baedekers, der auch heute noch in seinem Verlag bemerkbar ist. Hier macht sich keine aufdringliche Reklame breit, und auch der heutige Gedenktag wäre spurlos vorübergegangen, wenn nicht Fernerstehende darauf aufmerksam geworden wären. Diesen Charakterzug des Gründers der Leipziger Firma zeigte sich auch bei einer Stiftung, die er zum Besten der Familien von Landwehrleuten machte, um ihnen während der Einberufungs zeit der Familienväter eine Unterstützung zukommen zu lassen Er teilte die Thatsache der Errichtung seiner Stiftung dem Kriegsministerium mit, sagte sich dann hinterher, man möge ihm vielleicht aus diesem Anlaß als Anerkennung einen Titel oder gar einen Orden verleihen. Um dies zu ver hindern, teilte er dem Ministerium in einem zweiten Briefe mit, daß er seine Stiftung nur unter einer Bedingung mache, nämlich daß ihm keine Ehrung dieserhalb zu teil werde. Nach dem Tode Karl Baedekers ging sein blühendes Geschäft auf den ältesten, am 23. Oktober 1833 geborenen Sohn Ernst über, der im Anschluß an dessen Thätigkeit die Bände über »Italien« und »London und seine Umgebungen« bearbeitete. Aber schon am 23. Juli 1861 starb der hoch- begabte junge Mann, und die Firma ging an seinen nächsten, am 25. Januar 1837 geborenen Bruder Karl über. Nachdem dieser 1878 sich vom Geschäft zurückgezogen hat, ist der jüngste Sohn des Begründers der Firma, Fritz, der schon seit 1. März 1869 Mitbesitzer war, alleiniger Inhaber. 1872 wurde das umfangreich gewordene Geschäft aus Speditions rücksichten an den Mittelpunkt des deutschen Buchhandels verlegt. Von hier aus geht nun alljährlich vieltausendfach die goldene, zweiundeinhalb Jahrhunderte alte Reiseregel Moscheroschs aus, die Baedeker seit 1845 zur Beherzigung aller Reisenden in die Welt hinausruft: -Wer reisen will, der schweig fein still, Geh steten Schritt, nehm nicht viel mit, Tret an am frühen Morgen und lasse heim die Sorgen.« G. Hölscher. Kleine Mitteilungen. Postpakete nach der Türkei. — Die türkische Postver waltung beteiligt sich jetzt am Postpaketdienst des Weltpostvereins; infolgedessen sind von jetzt ab Postpakete bis 5 lrg und mit Wert angabe bis 400 ^ auch nach einer Anzahl von Orten der europäischen und asiatischen Türkei zulässig, an denen Postanstalten fremder Verwaltungen nicht begehen. Nähere Auskunft erteilen die Postanstalten. Städtische Lesehallen und Volksbibliotheken in Berlin. — Die sechs städtischen Lesehallen Berlins sind im letzten achtundzwanzig städtischen Volksbibliolheken verliehen 795 362 Bände (gegen 693 078 im Jahre zuvor). Verein deutscher Buchhandlungsgehilfen in Wien. — Der Verein, der im Jahre 1899 ins Leben gerufen worden ist, wird sich am Sonntag den 3. November, abends ^8 Uhr, im Saale des kaufmännischen Vereins (Wien I, Johannesgasse 4), zu seiner zweiten Gründungs-Gedenkfeier versammeln. Personalnachrichten. Gestorben: am 29. Oktober der Verlagsbuchhändler Herr Wilhelm Violet in Dresden-Strehlen. Wilhelm Violet eröffnete, nachdem er 1857 an der nur jcn^s Geschäfts bildeten Verlagsartikel der Kummerschen Buchhandlung in Zerbst, der früheren Firma Giegler L Violet und der früheren Vossischen Verlagsbuchhandlung in Berlin (Freunds Unternehmungen gaben dem Verlag Abrundung und eine gewisse Bedeutung, namentlich auf sprachwissenschaftlichem Gebiete. Im März 1895 siedelte Wilhelm Violet nach Dresden-Strehlen über, Jubiläum. Auszeichnung. — Vor kurzem konnte der Schriftsteller Hofrat Professor Arthur Achleitner in München das Jubiläum der Ausgabe seines fünfzigsten Bandes feiern. Aus diesem Anlaß hat Se. Königliche Hoheit der Prinzregent von Bayern dem Jubilar in besonderer Anerkennung das Ritterkreuz des baye rischen St. Michaelordens verliehen. Eigentümer der Frankfurter Zeitung Leopold Sonnemann vollendete am 29. Oktober d. I. sein siebzigstes Lebensjahr. C. Karlweis f. — In Wien ist am 27. Oktober der Schrift steller und Bühnendichter Karl Weiß, bekannt unter dem Pseudo nym C. Karlweis, 51 Jahre alt, gestorben. Er war von Beruf Eisenbahnbeamter und starb als Oberinspektor bei der Süd- bahn-Gesellschaft. In der geringen freien Zeit, die sein Amt ihm ließ, entwickelte er eine erstaunliche litterarische Schöpfungskraft. Seine Erzählungen und Bühnenstücke, mit denen er zum Teil große Erfolge hatte, bewegen sich fast ausschließlich auf dem Boden des Wiener Volkslebens. Er schrieb die Lustspiele: Paul de Kock, — Aus dem Französischen, — Cousine Melanie, — Rächer, — Der Dragoner, — Bruder Hans, — Onkel Toni, — Der kleine Mann, — die Volksstücke: Einer vom alten Schlag, — Eine Geld heirat, — Aus der Vorstadt, — Goldene Herzen, — Das grobe Hemd, — Das liebe Ich, — Der neue Simson, — ferner die Romane und Erzählungen: Wiener Kinder, — Geschichten aus Stadt und Dorf, — Ein Sohn seiner Zeit, Reich werden, — Adieu Papa und andere kleine Geschichten.