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ZL- 130, 8. Juni 1911. Amtlicher Teil. Börsenblatt s, d, Dtschn, Buchhandel. 6863 Nun, meine Herren, wir haben ja eben gehört, daß sich gewisse Spaltungen und Mißhelligkeiten im deutschen Buchhandel geltend machen. Wenn ich aber auf unser Liebeswerk sehe und mir die Frage vorlege: Ist denn wirklich das Gefühl der Zusammengehörigkeit bei uns geschwunden, ist denn die Kluft, die uns trennt, unüberbrückbar? Dann möchte ich im Hinblick auf diese neueste Tat der Barmherzigkeit diese Frage freudigen Herzens verneinen. Hier zeigt sich, und das ist das Erfreuliche, und die Hoffnung auf die Zukunft auch in anderer Beziehung, daß diese alte Zusammengehörigkeit nach wie vor besteht und nicht verloren gehen wird. So nehmen Sie denn den Dank entgegen. Ich spreche ihn aus im Namen des Vorstandes und im Namen der Kranken und Elenden unseres Standes, die von Ihren Wohltaten profi- eren werden. Aber nicht nur Ihnen, den Gebenden, auch Ihnen meine Herren vom Vorstand gilt dieser Dank in gleichem Maße und in gleicher Wärme, denn ohne Ihre Initiative, ohne Ihre Anregung wäre es vielleicht nicht gelungen, eine so schöne und überaus reiche Gabe zusammenzubringen. Meine Herren, wir stehen alle im tätigen Leben und haben Fühlung mit Welt und Menschen, und jedem von uns begegnen einmal Kümmernis und Trübsal die unser Mitleid, unsere Teilnahme erregen. Aber in die wirkliche Not des Lebens, wie sie leider auch unter unseren Standesgenossen Platz gegriffen hat, können nur wir hineinschauen, die an der Spitze des Unterstützungsvereins stehen; und was wir da erblicken, ist oft geradezu herzzerreißend. Deshalb nehmen Sie es mir nicht übel, wenn ich an diese Danksagung die Bitte knüpfe: Erhalten Sie uns Ihre treue anhängliche Gesinnung und Ihre offene Hand; wir brauchen beides, um unseren Ausgaben gerecht zu werden. Nochmals: Vergelt's Gott und tausend Dank. Vorsitzender Herr Kommerzienrat Karl Siegismund-Bcrlin: Wir fahren fort in der Besprechung des Jahres berichts. Kröner-Stiftung, — John Henry-Schwerin-Stiftung, — Abgeänderte Verkaufsbestimmungen, — Abgeänderte Satzungen der Kreis- und Ortsvereine, — Verletzung der Verkaufsbestimmungen, — Aus schüsse des Börsenvereins, — Nechnungsausschuß, — Wahlausschuß, — Verwaltungsausschuß, — Historische Kommission. Herr Dr. Erich Ehlermann-Dresden: Meine Herren, ich möchte mit wenigen Worten berichten über den Stand der Arbeiten an der Geschichte des deutschen Buchhandels, die uns allen am Herzen liegt. Sie werden vielleicht erstaunt ge wesen sein, daß der abschließende Band immer noch nicht erschienen ist. Die Arbeiten des Jahres 1909 waren so rüstig gefördert, daß Anfang des Jahres 1910 bereits 10 Bogen als Aushängebogen dieses Bandes Vorlagen. Dann aber trat eine lange bedauerliche Krankheit unseres verehrten Historikers Dr. Goldfriedrich ein, die ihn auch über die Zeit der eigent lichen Krankheit hinaus in seiner Arbeitskraft sehr beeinträchtigt hat. Es kam hinzu, daß die Anforderungen, die das neu geschaffene Archiv an ihn stellte und seine Tätigkeit an der hiesigen Universität, am Königlichen Institut für Kulturgeschichte ihn ebenfalls mehr in Anspruch nahm, als er erwartete, sodaß die Arbeit eine wesentliche Verzögerung erlitten bat. Es liegen aber jetzt eine Anzahl Korrekturbogen und eine größere Anzahl Fahnen vor und Herr Dr. Goldfriedrich hofft, daß er nunmehr die Geschichte des 19. Jahrhunderts, die an sich naturgemäß dem Historiker sehr viel größere Schwierigkeiten bietet, als eine weiter zurückliegende Zeit, bald wird beendigen können; er glaubt aber doch, daß dieser Sommer noch bis zum Abschluß hinweggehen wird. Wenn der Herr Vorsitzende gestattet, gehe ich gleich auf den nächsten Punkt ein: Publikationen des Börsenvereins. Wir hatten im vorigen Jahre in Aussicht genommen, daß der Band III der Publikationen demnächst abgeschlossen wird. Sie werden alle gesehen haben, wie wichtig und lehrreich diese Publikationen sind. Wir haben nun im Laufe des abgeschlossenen Jahres noch eine große Fülle von Material ausgefunden, die uns veranlaßt hat, den Satz zu verzögern, bis über die Aufnahme dieses Materials Entscheidung getroffen wäre. Nachdem nun diese Entscheidung erfolgt und der ganze abschließende Band bereits gesetzt war, haben wir das außerordentlich reichhaltige Archiv aus dem Nachlaß des Herrn Ge heimrat Kröner erhalten. Dieses ist so bedeutend, daß ich mich veranlaßt gesehen habe, den Druck zu inhibieren, bis es möglich geworden ist, festzustellen, was aus diesem reichen Material noch ausgenommen werden kann. Wir hoffen aber bis zum Herbst dieses Jahres auch diesen Band abschließen zu können. (Bravo!) Vorsitzender Herr Kommerzienrat Karl Siegismund-Berlin: Wir gehen weiter. Archiv, — Bibliothek. — Ich Überschläge den nächsten Abschnitt: Ausschuß für das Börsenblatt und werde diesen Punkt am Schluß des Jahresberichts zur Diskussion stellen. Außerordentlicher Ausschuß für Urheber- und Verlagsrecht, Festausschuß — Lehrbuchkommission. Damit sind wir am Schluß des Jahresberichts angelangt. Ich frage, ob jemand noch zu einem Punkt des Jahresberichts das Wort wünscht? Herr Kommerzialrat Wilhelm Müller-Wien: Ich möchte sowohl den Vorstand wie die Versammlung um Entschul digung bitten, wenn ich auf einen Punkt zurückkomme, der einfach aus Versehen nicht weiter erörtert worden ist, weil ich es für selbstverständlich gehalten habe, daß Herr Paetsch selbst das Wort ergreifen würde gegen die schweren Anschuldigungen, die hier gegen ihn erhoben worden sind. Mein Gerechtigkeitsgefühl gebietet mir, für Herrn Paetsch einige Worte zu sprechen. Will die Versammlung mich anhören? (Zustimmung.) Dann gestattet wohl auch der Vorstand, daß ich einige Worte an die Versammlung richte. So außerordentlich dankbar wir Herrn Prager sein müssen für die warmen Worte, die er zur Wahrung der Interessen des Sortiments gesprochen hat, so hat er doch eines übersehen, was den Verlag ganz besonders betrifft. Herr Paetsch ist ein temperamentvoller Mann, aber Gott sei Dank geht sein Temperament doch nicht so weit, wie das des Herrn Dr. de Gruyter. Herr Paetsch hat uns mitgeteilt — ich bitte dringend die Vertreter des Verlags, seine Ausführungen in dem stenographischen Protokoll über die Verhandlungen der gestrigen Delegiertenversammlung aufmerksam durchzulesen, es sind Worte, die zum Nachdenken auffordern — daß er an 30 Verleger herangetreten sei und um eine Er höhung des Rabatts gebeten habe, weil es heutzutage für ein ordentlich geführtes großes Sortiment in einer großen Stadt 890*