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werden Sie nicht leugnen können: An dieser Reformbewegung und Hilfsbewegung, deren Träger der Deutsche Börsenverein und sein Vorstand gewesen ist, an dieser Reformbewegung hat der Deutsche Verlag und haben jene 47 Verleger in einer Weise teil genommen, daß wir^sagen können, ohne deren Zustimmung und Beistand wäre sie niemals möglich gewesen. (Sehr richtig.) Meine Herren, dafür begehren wir keinen Dank und haben keinen Dank zu begehren. Denn was wir getan haben, haben wir nicht aus Sentimentalität getan. Es ist dabei freilich ein gewisses Triebempfinden mit im Spiel gewesen, aber in der Hauptsache hat uns doch ein verstandsmäßiges Erkennen und Erwägen geleitet, daß der deutsche Sortimentsbuchhandel das Oorpus sanuin für die mons sann des Verlages ist, und daß der Verlag Schaden leiten würde, wenn das deutsche Sortiment schwach wird. Wir wissen und haben es gezeigt, daß die Erhaltung des Sortiments nicht nur des Schweißes, sondern auch der Blutstropfen wert ist. Ich erinnere Sie an den Kampf um den tz 26. Das war der Paragraph, der dem Verlage die Feindschaft des Akademischen Schutzvereins zugetragen hat. Für wen haben wir jenen Kampf aus- gefochten? Doch in der Hauptsache für das Sortiment. Und warum sind die Verhandlungen zwischen dem Börsenvereine und den Autoren in den kritischen Maitagen des Jahres 1904 abgebrochen worden? Im wesentlichen des Sortimentes wegen. Und wer hat jetzt die Kosten für den Streit mit dem Vereinsbuchhandel zu tragen? Im wesentlichen der Verlag. (Vielfache Zustimmung.) Meine Herren, lassen Sie mich die Frage stellen: War es gerecht, war es klug, war es zweck mäßig, gegen jene 47 Verleger so vorzugehen, wie ein großer Teil des Sortimentes es getan hat? Oder war es ungerecht, unklug, unzweckmäßig? Und lassen Sie mich weiter die Frage stellen: Was können Sie an Gegenleistungen aufweisen? Sie werden sagen: Dessen bedarf es nicht, der Verlagsbuchhandel sei so gesund, daß er geben könne und nicht zu empfangen brauche. Meine Herren, es ist überaus schwer, einem ganzen Stand in das Herz seiner Prosperität hiucinzublicken, aber cs ist nirgend schwerer als beim deutschen Verleger, er leidet auch, aber er zieht es vor, nicht zu klagen; nicht aus Seelen größe sondern aus Klugheit, denn er weiß, daß seine und seiner Firma Anziehungskraft darauf beruht, daß man an seine glückliche Hand und seine Erfolge glaube. Und darin könnte auch das Sortiment vom deutschen Verleger lernen. Meine Herren, wenn Sie uns den Untergang des Sortimentes immerfort in Aussicht stellen und unausgesetzt von der wirtschaftlichen Dekadenz des Sortimentes sprechen, so sind Sie eines vielleicht sicher, das ist des Mitleids, aber gewiß nicht der Schätzung, die Sie beanspruchen müssen, um sich die Gunst und Achtung des Verlages zu erhalten. Ich möchte deshalb, und zwar als Fricdenssuchcr, dem Sortimente raten und es bitten, einmal andere Wege zu gehen und sich vor allein wieder zu besinnen auf die eigene Kraft und auf seine Ebenbürtigkeit. Sich aber auch darauf zu besinnen, daß diese Ebenbürtigkeit nicht nur in der Gleichheit der Rechte, sondern auch der Pflichten besteht, nicht nur iu der Gleichheit der empfangenden, sondern auch der gebenden Hand. Und damit Sie sehen wie ich es meine, will ich es an zwei Beispielen erläutern. Der jüngste Jahresbericht des Deutschen Verlegervereins trifft eine der wundesten Stellen unter den Krankheits- erscheinungen des Sortimentes, wenn er auf die unwirtschaftliche Kreditgewährung hinweist. Meine Herren, Sie wissen es alle, es gibt, besonders iu den Universitätsstädten, Handlungen, die Außenstände mit sich hcrumschlcppeu, die ein Drittel bis zur Hälfte ihres jährlichen Umsatzes betragen. Meine Herren, das sind die stillen Augen der Sorge, die Sie dauernd ängstigen, von der Sie aber so selten sprechen. Warum tun Sie sich nicht zusammen mit dem Entschlüsse, Abhilfe zu schaffen? Sorgen Sie dafür, daß das anders wird, und wenn Sie dafür die Hilfe des Verlages in Anspruch nehmen wollen, so wird sie Ihnen gewiß nicht fehlen. Gerade aus den Reihen des Sortiments kommen sodann die Klagen über die jeder wirtschaftlichen und literarischen Vernunft hohnsprechende Überschwemmung des Büchermarktes. Das ist allerdings ein Krebsschaden, unter dem aber niemand so stark leidet wie der Verlag. Und hier könnte das Sortiment dem Verlage Helsen. Jene Kopierstuben unter den Ver legern, wie ich sie nennen möchte, die sich tagtäglich neu auftun, jene modernen Nachdrucker, wovon leben sie denn? Sic leben davon, daß viele Sortimenter nur dem höheren Rabatt nachgehen. Meine Herren, das sind nur zwei Beispiele. Beispiele aber, au denen ich Ihnen deutlich machen wollte, daß Sie vom Verlage nicht immer aufs neue verlangen dürfen, daß er immer mit zwei vollen Händen zu Ihnen komme, während Sie die eine zum Empfangen offen halten und die andere zur Drohung ballen. Meine Herren, Sic merken es mir an, mir ist es ernst; aber meine Worte sind nicht auf den Streit gestimmt, ganz im Gegenteil. Denn ich will erklären, daß die Zerreißproben, denen das Gewebe des Börsenvereins auf die von mir gezeichnete Weise immer wieder ausgesetzt wird, eine Wirkung hätten, die ich auf das tiefste bedauern würde. Aber wenn ich dann an die gestrige Sitzung der Kreis- und Ortsvereine denke, wenn ich mir denke, die Stimmung könne herrschend werden, die gestern besonders, von einem Herrn ver treten worden ist, so müßte mir allerdings jene Hoffnung vergehen. Herr Paetsch hat gestern aus der saltenlosen Unbefangenheit eines egoistischen Herzens und im Beginn unter starkem Beifall, erzählt, wie er es macht. Bei einem Umsätze von erheblich über 250000 Mark — habe er in der jüngeren Zeit den Novitätenvertrieb, wenn nicht ganz, so doch allen jenen Verlegern gegenüber, die den Rabatt darauf nicht nach seinen Wünschen erhöht hätten, aufgegebcn. Seine Ersparnis, die er uns genau detaillierte, betrüge 3900 Mark, sein Um satz sei nicht zurückgegangen. Meine Herren, wir werden die Wirkungen einer solchen Maßnahme Herrn Paetsch zunächst selbst überlassen müssen. Ob Herr Paetsch wirtschaftlich damit auf die Dauer gut fährt, wird die Zukunft zeigen. Aber diese Politik steht meines Erachtens genau aus der gleichen Höhe, wie wenn ein großer Verleger, der über guteingeführte Bücher verfügt, sagen würde: Ich kürze von heute au meinen Rabatt auf 15°/,. Wahrscheinlich würde der Umsatz dieses Verlegers in den ersten Jahren auch nicht zurückgehcn, sowenig wie derjenige des Herrn Paetsch. Aber ich möchte fragen, welcher Unwille, welcher berechtigte Unwille, würde dadurch in den Kreisen des Sortiments heroorgerufcn? Und wenn Sie sich diese Fragen beantworten, dann erkennen Sie auch vielleicht die bittere Wirkung, die die gestrigen Worte des Herrn Paetsch bei uns auslöscn mußten. Meine Herren, das ist der Krieg! Und Mittel dagegen gibt es auch! Es brauchten nur einige von diesen Verlegern sich zusammeuzuschließen und die gestrigen Worte des Herrn Paetsch in den akademischen und literarischen Kreisen von Königsberg zu verbreiten, dann würde in jenen Kreisen die Firma des Herrn Paetsch als eine voll wertige kaum noch angesehen werden können. Indessen der Fall des Herrn Paetsch ist ein einzelner. Wofür wir sorgen müssen, ist, daß er nicht Schule macht.