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130, 8. Juni 1911. Amtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. 6871 hängig gemachten Klage auf die Satzungen verwiesen werden könnte, die den Börsenvereinsvorstand zwingen, so und nicht anders vorzugehen. Ferner wird zu Z 5 vorgeschlagen, die Worte »als solche» fortzulassen; es würde also heißen: die Mitgliedschaft begründet keine Verpflichtung usw. Ich stelle den Antrag, die Worte »als solche« stehen zu lassen, da der Gedanke, das; die Mitgliedschaft als solche keine Verpflichtung begründet, prägnanter zum Ausdruck kommt, wenn diese Worte nicht sortfallen. Ich möchte nun folgenden Antrag stellen: es möge erst über diese noch vorgesckilagenen Änderung zu Z 3 Ziffer 4 und 8 5 verhandelt und abgestimmt werden. Nach Annahme bezw. Ablehnung dieser Einfügungen stelle ich den Antrag: Die Hauptversammlung wolle den Entwurf der abgeänderten Satzungen des Börsenvereins durch on dloo-Annahme genehmigen. Ich bitte also, erst über die angeführten beiden Punkte zu verhandeln und dann entweder mit diesen beiden Punkten oder ohne sie die geänderten Satzungen sn Kloo anzunehmen. Herr Eduard Faust-Heidelberg: Meine Herren, ich bin von dem Badisch-Pfälzischen Buchhändlerverband beauftragt worden, gegen die Aufnahme eines Vertreters des Vereins der Deutschen Musikalienhändler in den Vereinsausschuß zu sprechen. Nach den gestrigen Erklärungen des Börsenvereinsvorstandcs würde ich heute hier nicht aufgetreten sein, um meinen Antrag nochmals zu wiederholen, wenn nicht die gestrige Versammlung hier berührt worden wäre und zwar von Verlegerseite. Ich stehe ganz auf dem Standpunkt des Herrn Kollegen Paetsch, daß es besser ist, jedem das, was man meint, ins Gesicht zu sagen, als stille zu sein und die Faust in der Tasche zu ballen. Sie werden aus den vorhin erwähnten Erklärungen der Mitglieder des Badisch-Pfälzischen Verbandes gesehen haben, daß Sie es dort größtenteils mit Sortimentern zu tun haben, und so lautet auch meine Erklärung, die ich im Auftrag des Badisch-Pfälzischen Verbands zu geben habe; auch die Begründung ist von dem Sortimenterverstand dik tiert worden. Wir in der Provinz sehen nichts von dem Leipziger Musikalienhändlerverein; wir können nur konstatieren, daß die Musiksortimenter, soweit sie nicht auch Buchsortimenter und als solche im Börsenverein vertreten sind, uns mehr und mehr Konkurrenz machen, die Einrichtungen des Buchhandels wohl gebrauchen, aber zu diesen Einrichtungen selbst nichts beitragen. Wie ich gehört habe, sind nur 95 Mitglieder des Musikalienhändlervereins auch Mitglieder des Börscnvereins. Wenn auch, wie gestern mit Recht hervorgehoben wurde, die Zahl nicht das Wesentliche ist, so sind dies doch unserer Mei nung nach viel zu wenig, um ihnen eine besondere Vertretung im Vereinsausschuß zu gewähren. Zunächst erscheint es auch unpraktisch, wenn durch das Zuwachsen dieser einen Stimme der Vereinsausschuß auf eine gleiche Zahl, von 9 auf 10 Mitglieder kommt. Und zweitens: wenn Sie heute dem Musikalienhändlerverein die Vertretung im Vereinsausschuß gewähren, was werden Sie tun, wenn im nächsten Jahre der Verein der Kunsthändler kommt und auch um Aufnahme in den Vereinsausschuß bittet? Wenn Sie es heute dem Musikalienhäudlerverein gewähren, so können Sie es morgen dem Kunsthändlerverein nicht abschlagen. Wir vom Sortiment stehen auf dem Standpunkt, wir wollen das Buch möglichst für uns behalten, und dabei wird uns, wie es in der Erklärung der Heidelberger Kollegen gesagt ist, mit Wissen und Willen der Verleger ein Stück nach dem anderen von unserem Arbeitsgebiet entzogen. Heute habe ich zur Rechten einen Musi kalienhändler als Nachbar, zur Linken einen Kunsthändler, da wird es mir schwer, noch einen Absatz von Sachen aus diesem Gebiet zu erzielen; besonders schwer wird es aber, wenn man sich für Novitäten verwendet und dann sehen muß, daß in deren Schaufenstern die Novitäten viel früher ausgestellt werden, als man sie im Börsenblatt angezeigt findet. Das hat alles seine zwei Seiten, wenn Herr Or. de Gruyter so schön von den Aufgaben des Sortiments spricht; er müßte selbst einmal hinter dem Sortimeutertisch stehen und die vielen Quängcleien kennen lernen, denen man da ausgesetzt ist. Ich rede nicht von den anständigen Verlegern, von denen ich hier eine große Anzahl sehe. (Heiterkeit.) Vorsitzender Herr Kommerzienrat Karl Siegismund-Berlin (unterbrechend): Ich bitte den Herrn Redner, bei dem Gegenstand der Tagesordnung zu bleiben. Herr Eduard Faust-Heidelberg (fortfahrend): Aus allen diesen Gründen, die vom Standpunkt des reinen Sortimenters aus gesehen sind, können wir die Annahme dieses Antrags nicht empfehlen, und namens des Badisch-Pfälzischen Buchhändler verbands bitte ich dagegen zu stimmen. Herr Max Merseburger-Leipzig: Nach den Ausführungen des Herrn Vorredners müßte man annehmen, die Musikalienhändler seien nicht vollberechtigte Buchhändler. Das ist mir etwas ganz Neues. Wir Musikalienhändler sind ebenso vollberechtigte Buchhändler wie die reinen Sortimenter; bis jetzt kannte ich einen Unterschied da nicht. Die Be hauptung, daß der Musikalienhändler dem Buchhändler Konkurrenz mache, und deshalb also nicht in unserer Organisation vertreten werden dürfe, wirkt auf mich direkt komisch. Aber abgesehen davon möchte ich darauf hinweiten, daß ein ähnlicher Gegensatz, wie ihn der Buchhandel gegenüber dem Akademischen Schutzverband bisher nicht hat beseitigen können, auch im Musikalienhandel besteht gegenüber der Genossenschaft deutscher Tonsetzer, mit denen die Musikalienhändler gewissermaßen seit 6 Jahren im Kampfe stehen, um zu versuchen ihren Einfluß zu erweitern, ohne daß das bis jetzt gelungen wäre. Das ist ein wesentlicher Grund für den Musikalienhandel: er möchte sich den Rücken stärken, deshalb ruft er die Unterstützung des Börsenvereinsvorstands an und kämpft schon seit Jahren um einen stärkeren Einfluß im Börsenverein. Es ist das ja zum Teil auch gelungen, indem die Herren vom Vorstand des Börsenvereins unsere Anschauungen unterstützt und gefördert haben. Wir wünschen nur eine stärkere Vertretung unserer Interessen im Vorstand, im Vereinsschuß; von einer stärkeren Einflußnahme, sei es nach der verlegerischen Seite oder nach der Sorlimenterseite hin kann füglich nicht die Rede sein. Wir wünschen, daß der Börsenverein uns beisteht in unseren Kämpfen gegenüber den Autoren, um auch uns die Rechte zu wahren, die uns gebühren. Das ist doch ein bescheidener Wunsch, und deshalb wendet sich der Musikalienhandel an die Kollegen im Buchhandel. Die Bedenken, die eben geltend gemacht worden sind, existieren vielleicht in der Phantasie einzelner; in der Wirklichkeit sind sie nicht begründet. Es handelt sich nicht darum, die Verlags- oder Sortimenter-Interessen im Vereiusausschuß zu stärken, sondern es handelt sich darum, die Position des deutschen Musikalienhandels überhaupt zu stärken durch die Beihilfe des Börsenvereins. Ich bitte Sie freuudlichst und dringend, diesen Beistand dem Mnsikalien- handel zu gewähren durch Annahme der Konzession, die der Vorstand des Börsenvereins zu machen gewillt ist. 892*