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Börsenblatt s. d. deutschen Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. S719 photographische Ausstellungen, theoretische und praktische Unrerrichtskurse. beruft Photographenkongresse u. s. w. In Moskau wirkt in derselben Richtung die Gesellschaft zur Verbreitung technischer Kenntnisse, und in vielen großen Stödten (Riga. Odessa, Charkow. Tiflis. Jaroslawl, Kasan, Baku u. a.) bestehen besondere photographische Gesellschaften. Es erscheinen auch einige Fachzeitschriften (»Die Photo graphische Revue«, der »Photograph-Dilettant-). Anderen Zweigen des Druckgewerbes sind gewidmet der »Bote (VSstoili) des Druckgewerbes- und die -Graphischen Künste und die Papierindustrie». Don den einzelnen Phototypien zeichnen sich am meisten aus die der Expedition der Anfertigung von Staatspapieren, die Anstalten von Wilborg. Renart. Fischer. Kuschnerew u. a. Ein eigenartiges Institut ist das Photographische Laboratorium für gerichtliche Unter suchung von Dokumenten. 1893 in St. Petersburg eröffnet. Diese Sache ist nicht wenig von dem Photographen E. P. Burinskij gefördert worden, indem dieser ein Verfahren herstellte, bei dem einige negative und positive Darstellungen so zu sagen »summiert- werden. Dieses Verfahren, das für die Anwendung der Photographie ein neues weites Gebiet eröffnet, giebt die Möglichkeit, auf den photographischen Auf nahmen auch solche Einzelheiten und Abtönungen mit Deut lichkeit zu sehen, die bei unmittelbarer Betrachtung mit dem Auge unsichtbar bleiben. Der Umsatz aller Buch- und Steindruckereien in Ruß land kann annähernd auf sechs Millionen Rubel jährlich veranschlagt werden. Zur Förderung der Ausbildung der Buchdrucker be stehen Buchdruckerschulen in St. Petersburg: bei der Kaiserlichen Russischen Technischen Gesellschaft, errichtet 1884; bei der Buchdruckcrei von A. S. Suworin und einige andere. Die Besucher der Schulen müssen Lehrlinge einer Buchdruckerei sein. Der Kursus ist zweijährig; der Unterricht findet ge wöhnlich abends statt. Im Jahre 1895 fand in St. Petersburg die erste ge samtrussische Ausstellung des Druckwesens statt, die zeigte, auf welcher Höhe dieses Gewerbe in Rußland steht. Gleich zeitig fand der erste russische Buchdrucker-Kongreß statt. Im Jahre 1899 entstand in St. Petersburg die »Ge sellschaft der Vertreter des Druckwesens». Sie hat sich zur Aufgabe gemacht, die Bedürfnisse des Druckgewerbes in Ruß land klarzustellen, sowie die Mittel zu ihrer Befriedigung zu suchen; ferner ist ihr Zweck, die Vervollkommnung der Technik der einzelnen Zweige des Druckwesens zu fördern. Mißhellig keiten und Zwiste unter den Mitgliedern der Gesellschaft, soweit sie gewerbliche Interessen betreffen, zu prüfen und nach den Grundsätzen des Schiedsgerichts zu entscheiden, eine spezielle technische Bildung zu verbreiten und zur Verbesserung der Lage der im Druckwesen beschäftigten Personen beizu tragen. Den letzteren Zweck verfolgen auch; die Hilfskasse der Setzer in St. Petersburg, die Gesellschaft der Buchdrucker in Saratow und einige andere ähnliche Einrichtungen. (Fortsetzung folgt.) Klenz, Keinrich, Die deutsche Druckersprache. 8«. XXV, 128 S. Straßburg 1900, Karl I. Trübner. Wörterbücher deutscher Berufssprachen giebt es in Menge, wie man in P. E. Richters Libliotbses. xsoxraptiios, 6srmLnis>6 S. 431—439 sehen kann, aber die Sprache der Buchdrucker hat, mit Ausnahme des vierteiligen Werkes von I. G. Hager, »Die so nötig als nützliche Buchdruckerkunst und Schriftgießerey«, Leipzig 1740—45, und zwar als »Versuch eines wohlgerichteten Wörter buchs rc.«, und des in Wien im Jahre 1805 erschienenen Täubelschcn Allgemeinen theoretisch - praktischen Wörterbuches der Buchdruckerei und Schriftgießerei, niemand für sich be sonders bearbeitet. Denn Waldows Jllustrirte Encyklopädie der graphischen Künste und der verwandten Zweige, Leipzig 1884, und Heichens Deutsche- Polygraphisches Kompendium, auch 1884 in Leipzig erschienen, enthalten unzählige Artikel, die mit der eigentlichen Buchdruckerei nichts zu thun zu haben. Klenz nun hat aus 16. besond.'rs älteren, von der Buchdruckerei handeln den Werken, von Hornschuchs '0(»Aoru7ro/pttP/a. Das ist: Ein kurtzer Vnterricht / für die jenigen / die gedruckte Werck oorri^irsv wollen ... oomJahre1634 angefangen bis zu WaldowsEncyklopädie vomJahre 1884, — Heichens Kompendium erwähnt er gar nicht, — die Fach- auSdrücke in alphabetischer Reihenfolge auf 112 Seiten zusammen gestellt. Der Rest von 16 Seiten enthält 5 Gedichte auf die Buch druckerei aus dem siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert, in denen mancherlei Fachausdrücke Vorkommen. Ob er möglichste Vollstän digkeit angestrebt hat oder nur die wichtigsten Ausdrücke, soweit sie in seinen 16 Quellen Vorkommen, angeben wollte, ist nicht er sichtlich; so viel steht fest, daß bei Heichen allein im A gegen 30 Ausdrücke stehen, die Klenz nicht anführt. Unter diesen be finden sich manche von geringerer Bedeutung; aber es fehlen in anderen Buchstaben auch wichtige, wie z. B. »Karton« im Sinne von Ersatzblatt für ein fehlerhaft bedrucktes Blatt. (Was be- Bedeutung leicht dazu führen, daß der liefernde Sortimenter, oder aber auch der empfangende Buchbesitzer oder Bibliothekar das ver besserte Kartonblatt in den Papierkorb wirft, das fehlerhafte aber im gelieferten Bande stehen läßt. Auffällig ist, daß auch Waldow das Wort nicht aufführt.) Man versteht oft nicht, weshalb von mehreren gerade dieses oder jenes Wort gewählt, bezw. nicht aus diesem Grunde dürfte er manche Worte weggelassen haben. Er zeigt uns in der Einleitung, daß die deutsche Drucker sprache, d. h. die Sprache der Drucker, Setzer und Schriftgießer, sich unter dem Einfluß der lateinischen Gelehrtensprache gebildet hat. Waren doch die ältesten Buchdruckcrherren meist selbst Ge lehrte und ihre Lehrlinge zum Teil in den Artisten-Fakultäten (jetzt philosophische) inskribiert, falls eine Universität am Orte war. Daraus erklärt sich, daß die Buchdrucker studentische Ge bräuche annahmen, — so die viel beschriebene und besungene so genannte Deposition, die Aufnahme unglücklicher, auf viele Art geschundener Neulinge in die Zunft, daß sie sich vielfach der lateinischen Sprache bedienten, und daß sie viele lateinische Worte in ihre Zunftsprache aufnahmen. Klenz führt ihrer über hundert auf, an denen zum Teil nicht einmal der Versuch einer Ver deutschung gemacht worden ist. Bei einer zweiten Klaffe von Worten wurde der Versuch wohl unternommen, aber die Ver deutschung drang nicht durch. So fanden z. B. Abteiler für Divi- sorium, Gebrochene für Fraktur, Einschluß für Parenthese u. a. keinen Anklang, wofür aber eine aus dem Lateinischen stammende dritte Wortklasse zwar noch im Gebrauch ist, aber durch die Ver deutschungen immer mehr zurückgedrängt wird, so Abbreviatur durch Abkürzung, Semikolon durch Strichpunkt, Errata durch Druckfehler, u. a. m. Wie lange es dauern kann, bis sich der Deutsche den Gebrauch des Fremdwortes abgewöhnt, zeigen die von Klenz zusammen gestellten vierunddreißig Worte mit ihren Verdeutschungen. Von ihnen hat Hager, die so nötig als nützliche Buchdruckerkunst, 1740—45 erschienen, zum erstenmale Abkürzung für Abbreviatur; Druckfehler kommt 1661 zuerst für Errata vor, u. s. w. Mit dem immer loser werdenden Zusammenhang zwischen den Buchdruckereien und den Universitäten nahm auch die hu manistische Bildung der Buchdrucker ab. — es wurden ja schon im siebzehnten an unzähligen kleineren Orten Buchdruckereien ge gründet, Gehilfen und Lehrlinge gebraucht. Manche lateinische Benennungen wurden von den Druckern bald nicht mehr in ihrer eigentlichen Bedeutung erfaßt, daher verunstaltet und zu ähnlich lautenden deutschen oder französischen Wörtern in Beziehung gebracht. Dafür ist das vom lateinischen vorwL, die Richtschnur, abgeleitete Wort »Norm« und seine Verballhornung in »Wurm« ein glänzendes Beispiel; die Norm ist beim Buchdrucker der meist in abgekürzter Form und kleinerer Schrift auf der linken unteren Ecke der ersten Seite jedes Bogens eines Werkes wiedergegebene Buchtitel. Außer den lateinischen haben sich etwa 40 bei Klenz auf- aeführte französische Fachausdrücke bei den Buchdruckern einge bürgert, eine Folge des geschäftlichen Verkehrs deutscher Drucker- städte mit Paris und der Einwanderung französischer Drucker nack Süd- und Westdeutschland. Daß davon etwa ein Drittel veraltet ist, mag sein; aber wenn z. B. Cartouche veraltet sein soll, für das Klenz nur die bei Hager zu findende Erklärung giebt: »Cartouche ist eine zierliche Einfassung eines Anfangsbuchstabens«, während sie die bis in das neunzehnte Jahrhundert besonders bei Atlanten- und Karten-Titeln beliebte Gestalt einer nach oben und unten aufgerollten Papierrolle bedeutet, dann dürfte das Wort Cartouche oder Kartusche wohl nur durch einen weitschweifigen 485*