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7410 Börsenblatt f, d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ov 141, 22. Juni 1S1V Der Buchgewerbeverein hat die Herstellung eines besonderen Katalogs, wie solche sür die Weltausstellungen in Paris und St. Louis hergestellt worden waren, diesmal nicht für nötig ge halten, da es sich ergeben hat, daß diese nur selten in die rich- tigen Hände gerieten. Der offizielle Hauptkatalog wird in den meisten Fällen vollauf genügen. Es sei bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam gemacht, daß infolge eines Druckfehlers in diesem der erste Bericht der vorliegenden Serie (»Der deutsche Katalog«, Börsenblatt 1810, Nr. 98) insofern einen Irrtum auf weist, als der 8. Raum, dessen Überschrift »Buchkunst« und nicht »Buchdruckerkunst« lauten soll, nur einen kleinen Teil der Buch druckereigruppe enthält <2 Aussteller), während die andern 13 Aussteller sich im 5. Raum befinden. Dadurch verschiebt sich das im erwähnten Artikel mitgeteilte Verhältnis zwischen den Aus stellern in Paris (45) und Brüssel (nicht 2, sondern 15). Die darin ausgestellten Vergleiche sind auch noch insofern zu berichtigen, als in Paris eine ganze Anzahl von Firmen in mehreren Gruppen aufgeführt worden sind, sowie daß der Bund der chemigraphischen Anstalten diesmal zehn Firmen unter einer Ausstellung vereinigt hat. Die Ziffern der Ausstellerzahl stellen sich richtig wie folgt: Paris 161, St. Louis 185, Brüssel 145. Wie wir nun sehen, bleibt letztere also quantitativ nur wenig hinter ihren Vorgängern zurück. Die Unterrichtsausstellung wird durch eiu Ensemble von 23 Räumen gebildet und ist vom preußischen Kultus ministerium unter Beteiligung der sächsischen und hamburgischen Schulbehörden organisiert worden. Ein stattlicher zweibändiger Katalog wird Interessenten aus Verlangen vom Ausstellungs- Personal gratis überreicht. Er umfaßt im 1. Bande die genaue Beschreibung jedes einzelnen Raumes nebst einem Ver zeichnis der ausgestellten Gegenstände und einer kurzen päda gogischen Einleitung für jedes Unterrichtsgebiet und jede Spezial ausstellung. Der 2. Band enthält das vollständige Verzeichnis sämtlicher in den drei Sonderbibliotheken ausgestellten Bücher: Schlllerbibliothek, Lehrerbibliothek und schulärztliche Bibliothek. Der Katalog ist von Professor Di. Heubaum, Berlin, bearbeitet und im Kommissionsverlag der W e i d in an n scheu Buch handlung erschienen. Band 1 umfaßt 294 Seiten in Oktav, einspaltig gesetzt und steif broschiert; er hat ungefähr denselben Umfang wie der Hauptkatalog der deutschen Abteilung; Band 2 lag zur Zeit dieser Berichterstattung noch nicht vor. Beginnen wir nunmehr unfern Rundgang, um zu sehen, wie weit der deutsche Buchhandel als einer der bedeutendsten Hilfs faktoren der Pädagogik zu seinem Rechte kommt. Der erste, Hauptsaal, den man beschreiten muß, um zur buchgewerblichen Abteilung zu gelangen, und zu dem wir nun durch einen mit den Büsten der hervorragenden deutschen Pädagogen geschmückten Gang zurllckgelangen, zu dessen beiden Seiten sich die Räume der großartigen Ausstellung wissenschaftlicher Instrumente »Mechanik und Optik« ausdehnen, enthält rechts und links von den Zu gängen, zwischen den beiden Treppen, die zu ihm hinabfllhren, die Handbibliothek der Amtlichen Auskunftstelle der Berliner Universität: Nachschlagewerke, Satzungen, Programme, Studisn- pläne, Beschreibung wissenschaftlicher Institute und Sammlungen sämtlicher höheren Unterrichtsanstalten Deutschlands, im ganzen mehrere hundert Bücher und Broschüren, systematisch geordnet und in Kartons untergebracht. Der handschriftliche Katalog dieser in seiner Art einzig dastehenden Bibliothek liegt auf dem Tische aus. Die beiden Wände zur Linken enthalten die Schülerbibliothek, als Pendant dazu zur Rechten die Lehrerbibliothek. Für jede der beiden Bibliotheken sind acht Schränke bestimmt. Bon den acht Schränken der elfteren entfallen je einer auf die Klasse Sexta bis Untersekunda, die beiden letzten enthalten die gemeinschaftliche Klassenbibliothek für Obersekunda und Prima. Die Ausstellung der Bücher ist äußerst geschickt; die geringere Anzahl der Bücher in den unteren Klassen hat es erlaubt, daß die meisten davon mit dem illustrierten Deckel sichtbar sind; erst in den zwei letzten Schränken ist Rücken an Rücken gedrängt. Es kann im Rahmen dieser Arbeit natürlich nicht meine Ausgabe sein, den Inhalt dieser Klassen bibliotheken wiederzugeben oder auch nur diejenigen Verleger namhaft zu machen, deren Verlagswerke vertreten sind, obgleich es sür einen Buchhändler ein Vergnügen wäre, all diese prächtigen Bilderbücher, Jugendschriften, Reisewerke, naturgeschichtlichen Bücher, Geschichtswerke, Klassiker usw. aufzuführen. Nur so viel sei erwähnt, daß die Beteiligung der einzelnen Verleger eine über raschend vielseitige ist und die sogenannten großen Verleger, die durch die Quantität ihrer Erzeugnisse ein gewisses Monopol aus üben, sich durchaus nicht vordrängen. Die betreffende Bibliotheks- kommission hat im Gegenteil vielen kleineren, jüngeren Verlegern Gelegenheit gegeben, sich auch im Auslande bekannt zu machen. Die im erwähnten Katalog abgedruckte Einführung von Dr. Jo- hanneson erläutert die Grundsätze, die bei der Zusammenstellung einer Schülerbibliothek zu beobachten sind, und betont, welche Be- deutung der eigentlichen Jugendschriftenlitsratur hierbei zufällt, da diese Bibliotheken ja in erster Linie der geistigen Erholung dienen sollen. Im Gegensatz dazu ist die Lehrerbibliothek zur Fortbildung und zur Vertiefung der Kenntnisse bestimmt, und dementsprechend ist in der vorgeführten Atustersammlung kein lediglich der Unterhaltung dienendes Buch, kein Roman zu finden. Dagegen wirkt sie um so imponierender durch die Fülle der angehäuften Handbücher, Monographien, Lexika, Tafelwerke, Nachschlagewerke. Letztere eröffnen die Reihe: ein vollständiges Konversationslexikon, die Deutsche Biographie, Pauly-Wissowas Realenzyklopädie, Kultur der Gegenwart; weiterhin begegnen wir den großen Langen- scheidtschen Wörterbüchern, den deutschen Wörterbüchern von Grimm und Heyne, Murrays Xccv «nzlisb Dictionary, Goedekes Grundriß der Geschichte der deutschen Dichtung, den Grund rissen der griechischen und romanischen Philologie (Trübner), den römischen Altertümern von Marquardt und Mommseu, Realenzyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, Reins enzyklopaed. Handbuch der Paedagogik, D. Mensch und die Erde, Engler-Prantls Pflanzenfamilien, Winkelmanns Lehr buch der Physik, dem deutschen Liederhort von Erk u. Böhme, den Geschichtswerken von Helmolt, Lindner, Treitschke, Cantors Geschichte der Mathematik, Friedrich Naumanns Naturgeschichte der Vögel Mitteleuropas usw., auf dem Tische davor mehrere große Handatlanten und kunstgeschichtliche Taselwerke — wahrlich, der deutsche Berlagsbuchhandel kann stolz sein auf diese Muster- bibliothek, die ein beredtes Zeugnis dafür ablegen dürste, welche Verdienste ihm an der großartigen Entwicklung des deutschen Unterrichtswesens zuzuschreiben sind. Die beiden Bibliotheken sind wieder einmal durch Schenkungen der Verleger zusammen gebracht worden; diese Stiftung dürfte diesmal aber wirklich auch vom kaufmännischen Standpunkte aus gerechtfertigt sein. Die weitaus bedeutendere Lehrerbibliothek umfaßt ungefähr 800 Werke mit 1700 Bänden, die aus 210 Verlagen stammen. Sie sind nach folgendem Schema ausgestellt: 1. Verwaltung, Schulwesen. 2. Allgemeine Bildung, Nachschlagewerke, Bibliographie. 3. Philo- sophie. 4. Allgemeine Pädagogik und Didaktik. 5. Religion und Hebräisch. 6. Altertumswissenschaft. 7. Griechisch. 8. Lateinisch. 9. Die neueren Sprachen im allgemeinen. 10. Deutsch. 11. Eng lisch. 12. Französisch. 13. Geschichte. 14. Erdkunde. 15. Mathe matik. 18. Physik und Astronomie. 17. Chemie, Mineralogie, Geologie. 18. Biologie. 19. Anthropologie, Hygiene. 20. Leibes übungen. 21. Kunst und Kunstgeschichte. 22. Zeichnen, Linear zeichnen, Handfertigkeit, Schreiben. 23. Musik. 24, Zeitschriften. Ihr Wert wird mit rund 15 000 ,K angegeben (»bei umsichtiger Verwendung der Mittel«). Das Verzeichnis derselben bildet zu gleich mit dem der Schüler- und der schulärztlichen Bibliothek den II. Teil des offiziellen Katalogs der Unterrichtsausstellung, aus den wir später zurückkommem müssen, da er, wie bereits be merkt, zurzeit noch nicht erschienen ist. Betreten wir nun die einzelnen Säle, so begegnen^wir gleich im ersten sich links anschließenden (Raum 2: Erdkunde) einer