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^141 22 Juni 1910. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d Dtschn. Buchhandel. 7409 Buchbinder fortzusetzen. Der zunächst liegende 9. Raum enthält die Kollektivausstellung ^des »Vereins deutscher Buchgewerbe künstler«. Der Saal hat insofern ein anderes.Aussehen, als die Glaskästen und Rahmen weiß sind, während sie in den übrigen Räumen aus gelblich poliertem, seinem Erlenholz angefertigt sind. Er enthält in den Glaskästen und in einem besonderen Bücherschränke (hier Rücken an Rücken ausgestellt) künstlerische Einbände in Leder, Leinwand, Pergament, nach Entwürsen von Emil Doepler d. I., I. B. Cissarz, Hugo Steiner, Ehmckc, Heinr. Vogeler-Worpswede, E. R. Weiß, Hans Dannhorn, Walther Tiemann und anderen im Buchhandel Wohl bekannten Künstlern, an den Wänden Rahmen mit Originalzeichnungen und Reproduktionen — sie sind manchmal nur mit der Lupe voneinander zu unterscheiden — derselben Künstler: Titel blätter, Probeseiten, Vorsatzpapiere, Initialen und Buchleisten aus der »Neuen Rundschau« von E. R. Weiß, Berlin (8 Rahmen); Diplome und Formularköpfe von Cissarz, Stuttgart; Typenproben von Georg Schiller, Leipzig; den Deutschen Buchdruckerkalender von Günther, Kirstein L Wendler in Leipzig; 4 Fllu- strationsseiten aus Diederichs Jubiläumsausgabe des Faust; Zeichnungen von des bekannten Leipziger Buchkünstlers Hugo Steiner-Prag vielseitiger Tätigkeit; Exlibris, Illustrationen zu Dickens' Werken, Farbenholzschnitte zu Costers Till Eulenspiegel; 6 Tafel» mit Initialen, Titelblättern und Illustrationen von Hein rich Vogeler-Worpswede; Typensätze von Walther Tiemann, Leip zig, dessen Titelblatt zum »Hyperion« die ästhetisch-ruhige Wirkung der von ihm geschussenen Schrift schön zur Anschauung bringt. Die beiden nächsten Räume: »Berufs- und Liebhaberphoto graphie« zeigen uns, zu welcher Vervollkommnung es die photo graphische Technik in den wenigen Jahrzehnten ihres Bestehens gebracht hat. Es liegt nicht im Rahmen dieser dem Buchgewerbe gewidmeten Darstellung, auf die Namen und Leistungen einzelner Künstler einzugehen, wiewohl die Gruppe Photographie auf der Ausstellung, wie bereits in St. Louis, dem Buchgewerbe an gegliedert wurde, in richtiger Erkenntnis der Bedeutung, die sie für die moderne Buchausstattung und den Kunst- und Zeit schristenverlag gewonnen hat, die wir uns ohne die aus der Photographie beruhenden mechanischen Reproduktionsversahren kaum noch vorstellen können. Hervorgehoben sei aber, daß beide Räume einen ausgezeichneten Gesamtüberblick über das tech nische und vor allen: das künstlerische Können der deutschen Photographie gewähren, in erster Linie wohl aus dem Grunde, daß die Wirkung nicht in der Quantität, also in der Menge der Aussteller, sondern in der Qualität weniger aber nur guter Bilder gesucht wurde. Klein, aber ganz vorzüglich! — diese An- erkennung verdiente diese Gruppe der Deutschen Ausstellung, bei welcher die Gewinnung von Ausstellern, die Auswahl und Anordnung der Bilder einem besonder», aus Berufs- und Liebhaberphotographen gebildeten Ausschuß übertragen war. Der letzte, 12. Raum der Buchgewerbeabteilung enthält eine Ausstellung der besten Erzeugnisse von fünf Leipziger und Berliner Großbuchbindereien, sowie einige vorzügliche Kunsteinbände von Carl Sauer in Krefeld, darunter zwei Einbände zum Aissals komanum, nach Entwürfen von Peter Behrens (Berlin) und Jos. Lichtenberg (Krefeld), in Leder, mit Handvergoldung, mit farbiger Lederauslage, sowie andere reiche Einbände nach Zeichnungen von Behrens, Ehmcke und Cissarz. Die anderen Firmen sind LüderitzL Bauer (Berlin) mit Borsatzpapieren und einer großen Anzahl von Originaleinbänden in Leinwand für belletristische Verleger, wie Fi j ch e r, Fl e i s ch el, für Liliens Bücher der Bibel und viele andere; WübbenLCo. (Berlin), Spezialität: Einbände für kaufmännische und industrielle Preisverzeichnisse und Musterbücher; E. A. Enders (Leipzig) mit einem Wandschränkchen, enthaltend ca. ISO Einbände, zum großen Teil aus dem Langen- scheu Berlage, aus welchem auch die im Buchhandel genügend bekannten Reznicek-Albums, »Tante Frieda«, Fuchs' »Frau in der Karikatur« in den modernen und harmonischen Einbänden dieser Firma ausgestellt sind, ferner geschmackvolle Einbände zu: »Also sprach Zarathustra«, »Die großen Maler in Wort und Farbe« (Seemann), zu Bilderbüchern und anderen. Sodann die allbekannte Leipziger Buchbinderei-Aktiengesell- schuft vormals Gustav Fritzsche mit Buchdecken, Bucheinbänden sowie einigen ihrer Spezialitäten: Postkarten albums, Geschäftskataloge, Zeitschriftendeckel und schließlich, aber last not least, die Firma A. Kölln er (Leipzig), die mit einer ganzen Anzahl von Romanbänden in modernen, geschmackvollen Leder-, Leinen- und Halbsranzeinbänden und originellen, leb- hasten Vorsatzpapieren ihr technisches Können und ihren feinen künstlerischen Geschmack in bester Weise zeigt. Unsere Besichtigung der Abteilung »Buchgewerbe und Photo- graphie« ist hiermit am Ende angelangt, noch nicht jedoch unsere Aufgabe, über^das Buchgewerbe der deutschen Sektion zu be richten, bleiben doch noch die zahlreichen Spezialbibliotheken der Unterrichtsausstellung, die Kollektivausstellung der deutschen Zeit schriftenverleger und die von K. F. Koehlers Barsortiment aus gestellte Familienbibliothek (im Deutschen Hause) sowie die Aus stellung buchgewerblicher Maschinen zu besuchen. Bevor wir uns jedoch diesen Sondergruppen zuwenden, sei beim Abschied von der buchgewerblichen Abteilung des Organisators dieser Abteilung ge dacht, der eine schwierige, undankbare Ausgabe mit Geschick gelöst hat. Denn undankbar ist es stets, inmitten der auf die große Masse wirkenden, glänzenden Ausstellungen der Industrie dem Buche eine seiner inneren Bedeutung entsprechende Geltung zu ver schaffen; hier sind das Arrangement und die bei der Ausstellung der Bücher zu beachtenden Grundsätze um so wichtiger, und wir können wohl sagen, daß der von der deutschen Regierung damit beauftragte Deutsche Buchgewerbe-Verein bezw. dessen Ver waltungsdirektor, Herr A. Woernlein, mit ebensoviel Geschmack wie Geschicklichkeit vorgegangen ist. Noch fehlen uns zum Ver gleich die buchgewerblichen Ausstellungen der übrigen Länder, die noch nicht eröffnet sind, doch sei schon jetzt auf die Hauptvorzüge im Arrangement unserer Abteilung hingewiesen: die Einteilung in kleinere Salons wie bei Kunstausstellungen; das offene Aus liegen der meisten Bücher, wodurch es dem Besucher ermöglicht wird, auch vorderen Inhalt Kenntnis zu nehmen, was schließlich doch wichtiger ist als das Anstaunen eines noch so schönen Titelblattes oder Einbandes; das Anbringen von Tischen und bequemen Sesseln, die das Publikum zum Verweilen einladen und dazu verleiten, die Bücher mit Muße zu besichtigen; das Aufstellen einiger Kunstgegenstände, zumeist Skulpturen moderner Meister, die die nicht zu vermeidende Eintönigkeit in den buch, gewerblichen Räumen angenehm unterbrechen, und vor allein die einheitliche Ausgestaltung mit gleichmäßigen Tischen und Rahmen, die der ganzen Abteilung einen besonderen Reiz gibt und zur doppelten Beachtung uicht nur des ganzen Raumes, sondern auch der einzelnen Ausstellungen veranlaßt. Auch das ge schmackvolle Einrahmen der Hunderte von Tafeln und deren harmonische Anordnung, sowie die Praktische Ausstellung der dem Publikum bequem zugänglichen Regale gehören zu den Verdiensten der Leitung dieser Abteilung. Herr Woernlein, dem an dieser Stelle für die große Liebens würdigkeit nochmals gedankt sei, mit der er Schreiber dieses dessen Berichterstattung durch zahlreiche Auskünfte und Aufklärungen, zumal aus den dem Buchhandel etwas ferner liegenden Gebieten der mannigfaltigen, zum Teil so komplizierten Druckverfahren, wesentlich erleichtert hat, hat Wochen rastloser Tätigkeit in Brüssel kennen gelernt, die um so anstrengender war, als es ein Hinaus- schieben der Fertigstellung für Deutschland nicht geben durste; er ist von dem sllr die Dauer der Ausstellung vom Buchgewerbe verein engagierten Vertreter, Herrn Rob. Hossmann unterstützt worden, der mit echt sächsischer Freundlichkeit seines ebenfalls nicht leichten Amtes waltet, Fachleuten und dem »großen Publikum« unverdrossen Rede zu stehen, die verschlossenen Bllcherschätze vorzulegen, Aufträge zu vermitteln, usw. »so