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7418 Börsenblatt, f. d. Dtschn. Buchhandel. Fertige Bücher, 141 22, Juni 1910 Soeben erschien: undfährten Geschichten von Jägern und Wäldern Neue Novellen von Friedrich Freiherr von Gagern Erstes bis drittes Tausend 17 Druckbogen Oktav. Mit farbigem Llmschlagbild Brosch. 3 M. -- 3.60 K.; gebd. 4 M. ^ 4.80 K. :: Rabatt 25°/«, bar 33'/?/», Freiexemplare 7/6 :: I»- Ein Probeexemplar mit 50°/°! M Mit seinem 1908 erschienenen ersten Novellenband „Im Büchsenlicht" hat von Gagern im Sturme die Sympathien zahlloser Leser gewonnen, und dieser neue Band wird in noch erhöhterem Matze die Aufmerksamkeit auch eines verwöhnten Lesepublikums auf sich ziehen. Über „Im Büchsenlicht" äutzerte sich der bekannte Feuilletonredakteur des Neuen Wiener Tagblatt E. Pötzl in einer längeren Besprechung u. a. wie folgt: . . . Als ein dritter zu diesen beiden Meistern (Ganghofer und von Perfall) gesellt sich nun Friedrich von Gagern, der jüngste und modernste unter ihnen, aber im besten Sinne ein Moderner, weil er die sublimierte Art des neuen Sehens und Darstellens nicht mißbraucht zu anödender Salonschwätzerei, sondern damit in der Seele der Besten gleichgestimmte ver- borgene Saiten zum Tönen bringt, die schweigend auf den Anruf warteten, bis einer kam, der die richtige Tonart hinein- hauchte. Dieser Gagern ist ein Naturphilosoph und Poet zugleich, ein guter Mensch und begeisterter Jäger. In der Vorrede zu seinem Buche weift er auf den Parsifal-Zwiespalt in seinem Wesen hin, den gewiß jeder gebildete Weidmann wiederholt in seinem Innern aufsteigen fühlte: neben der Lust die Trauer über das gefällte Wild. Doch davon reißt er sich los und stürmt mit einem wahrhaft jubelnden Pantheismus hinein in die Welt des Weidmannes, wo sie am schönsten ist. Seine Beschreibungen sind entzückend, jetzt voll tollen Übermutes, dann wieder verhängt mit den Schleiern der Sehnsucht, leuchtend von seltsamen Farben und ergreifend durch den immerfort durchschimmernden Lintergrund der Vergänglichkeit. Geradezu ein Virtuose ist Gagern in der Malerei von Stimmungen, zartesten und keuschen Wald- und Leidestimmungen sowohl, wie von wilden phantastischen Regungen, zum Beispiel auf einer Abendfahrt mit dem Automobil. „Die blendend weiße Straße wurde verschlungen. Felder und Bäume hasteten nach rückwärts, für die Stimmung des still verblutenden Lerbst- tages gabs keinen Blick, Alles straff gespannt, die Köpfe steil gegen den Luftstrom gestemmt, jede Fiber wohlig zitternd. . . weiße Lichtkegel schossen vor uns wie Gespenster. Aus den Wäldern kam es kühl, fast kalt geweht; als ob uns nervöse wahnwitzige Menschlein ein Gruftfriede anhauchte. Da drinnen in den finsteren, feuchten Tannenforsten schlief die Vergangen- heit ihren Todesschlaf." Diese kleine Probe zeigt den ganzen Mann. Zuweilen übertreibt er ein wenig in neuen Zeitwörtern: „es wölkt", „es schleiert", und manchmal spintisiert er für einen Jäger doch gar zu viel. Aber im ganzen ist sein Buch die Gabe einer Individualität, die uns etwas zu sagen hat und die den Respekt des Zuhörers erzwingt. Das ist viel in der literarischen Lochflut unserer Tage. Ich bitte um Ihr Interesse für den prächtigen Band und ersuche reichlich in Kommission zu verlangen, da lebhafte Nachfrage nach dem Buche eintreten wird. Wien u. Leipzig, Wilhelm Braumüller Juni 1910, K, u, k. Los- und Universitäts-Buchhändler.