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Redaktioneller Teil. ^ 91, 19. April 1916. dann jeder sich seinen Arbeitsplan für die Reichsbuchwoche zu sammenstelle» oder doch wenigstens Anregungen gewinnen kann. Ursprünglich bestand die Absicht, eine Sondernummer des Börsenblatts zu veröffentlichen, di« sowohl redaktionell als auch im Anzeigenteil alles Zusammentragen sollte, was mit Nutzen für die Reichsbuchwoche verwendet werden könnte. Infolge der schwierigen Verhältnisse im Druckgewerbe haben wir diesen Plan aufgrgeben und auch Abstand von einer als Ersatz dafür geplanten Reichsbuchwochenschau genommen, die, sechs Wochen nummern zu einer Einheit zusammenfassend, dem gleichen Zwecke dienen sollte. Dagegen werden wir vom 1. Mai an bis zu An fang der Reichsbuchwoche eine Reihe Artikel veröffentlichen, die direkt oder indirekt zu der Reichsbuchwoche in Beziehung stehen, und uns zu diesem Zwecke mit unser» Mitarbeitern Verbünden, zu denen wir alle rechnen, die die Arbeit des Börsenblatts mit ihrer fördernden Anteilnahme begleiten. Es wird sich dabei, ohne schon heule ein abgeschlossenes Programm bieten zu können, u. a. um nachstehende Theinen handeln: Einwirkung der Bücher im Felde Welche Bücher werden von unfern Soldaten mit Vorliebe gelesen? - Zeitungen im Felde und Feldzcitungen — Einrichtung und Organisation der Feldbuchhandlungen Fahr bare Kriegsbüchercien — Frankreich und England in der deut schen Kriegsliteratur — Was unsere Soldaten singen (Lieder bücher für Soldaten) — Einrichtung Vvn Kompagnie-Büchereien — Kriegs-Kollektionen — Tätigkeit der Büchersanunelstellen. Ergänzt sollen diese Artikel durch eingehende Erörterung der Frage werden, was von dem einzelnen Sortimenter zur Durch führung der Rcichsbuchwoche getan werden kann, um sie zu einem Erfolge des deutschen Buches auch über ihre Dauer hinaus werde» zu lassen. Die Verhältnisse werden, wie wir schon bemerkten, nicht überall die gleichen sein. Bald wird der Schwerpunkt auf die Bildung eines Ausschusses gelegt werden müssen, darauf, Männer von Klang und Namen zu gewinnen und diesen die Vertretung in der Öffentlichkeit zu überlassen; bald werden die Ortsvereine die Sache in die Hand nehmen und selbständig Vorgehen müssen. Auch wird man sich klar darüber werde» müssen, ob mehr Ge wicht auf den Einzelverkauf zu legen oder der Verkauf ganzer Bibliotheken in Betracht zu ziehen ist, ob die Propaganda mehr darauf gerichtet sein soll, das Publikum zu Sendungen an die im Felde stehenden Angehörigen zu veranlassen, oder zweckmäßiger der Versorgung von Mannschasts- bzw. Lazarettbüchereien zu gelten hat. Wo Kasernen und Lazarette vorhanden sind, wird die Propaganda auf eine breitere Grundlage gestellt und für die Er richtung von Lazarett- oder Kasernen-Bibliotheken eingetrcten Werden können. Vielfach wird es indes gerade hier heißen, das eine >»n und das andere nicht lassen. Besondere Aufmerksamkeit wird man vor allem dem Schaufenster, dem »Auge des Ge schäftes«, zuwcndcn müssen, als der unmittelbarsten und wirkungs vollsten Reklame. Von Wichtigkeit erscheint auch ein Zusammen gehen der Buchhändler — selbst an kleinen Plätzen —zwecks gemein samer Ausgabe von Anzeigen, Veranstaltung von Ausstellungen, sowie einer Verständigung darüber, welche Literatur in den Vor dergrund gestellt werden muß, da es keineswegs als ausge macht gilt, daß nur billige Schriften ein Anrecht auf Berück sichtigung haben. Es wird sich im Gegenteil vielfach der Wunsch geltend machen, zum bleibenden Gedenken an den Krieg Bücher von dauerndem Werte zu erwerben, sei es als Geschenk für An gehörige und Bekannte oder zur Bereicherung der eigenen Biblio thek, sei es als Grundstock für Kompagnie- oder Regiments« büchereicn. Auch wird in vielen Fällen nicht der Untcrhaltungs« literatur, sondern Büchern für die weitere Ausbildung, geschicht lichen Werken, Lebensbüchern usw. der Vorzug bei der Auswahl gegeben werden. Vor allem wird der Sortimenter jede sich bietende Gelegen heit benutzen müssen, das Publikum auf die Rcichsbuchwoche hinzuweisen, ihm ihren Sinn und Zweck klarzumachen und die Notwendigkeit der Versorgung der Angehörigen mit Lesestoff jedem als eine Pflicht erscheinen zu lassen. Erfolg wird diesen Bestrebungen besonders dann beschicken sein, wenn dem Publi kum der Weg in die Buchhandlungen erleichtert und es über die Organisation der Reichsbuchwoche, die Aufgaben der Säm- 45V melstellen und die Verwendung der Gaben, falls sie für die Allge meinheit bestimmt sind, ausreichend unterrichtet wird. An die Verleger aber möchten wir die Bitte richten, die Arbeit des B ö rsenvereins und die Orientierung über den Büchermarkt in der Weise zu fördern, daß sic in der nächsten Zeit bis zum Beginn derReichsbuch- woche Anzeigen im Börsenblatt erlassen, in denen sie auf die Erscheinungen ihres Ver lags aufmerksam machen, die stch in beson derem Maße zum Verkauf während der Rcichs buchwoche eignen. Jedes gute Buch kommt dafür in Betracht, und die Anzeigen werden den Interessen der Ver- leger um so förderlicher sein, als Wohl i» den meisten Fälle» von der Ausstellung besonderer Bücher-Listen abgesehen wird, so- daß die Auswahl dem Sortimenter überlassen bleibt. Wie aus der Bekanntmachung des Börsenvereins hervorgehl, werden in den nächsten Tagen Werbedrucksachen an alle Sorti- menlsbuchhandlungen versandt und die Zeitungen in umfang reicher Weise mit Mitteilungen Uber die Reichsbuchwoche ver sehen werden. Auch diese Werbearbeit kann sowohl vom Verleger als auch vom Sortimenter dadurch unterstützt werden, daß jeder seine Beziehungen zur Presse in den Dienst dieser Bestrebungen stellt und, wo immer Gelegenheit ist, sich für die Aufnahme dieser Mitteilungen einsetzt, gleichviel ob in ihrer ursprünglichen Form oder entsprechend ergänzt und den örtlichen Verhältnissen ange paßt, überhaupt wird es sich jeder zur Aufgabe machen müssen, alle Personen, Behörden, Vereine usw., die irgendwelchen Ein fluß auf die Ausgestaltung der Rcichsbuchwoche nehmen können, heranzuzichen und sich mit ihnen zu gemeinsamer Arbeit zu Ver bünden. Wenn die erste Rcichsbuchwoche als ein Fehtschlag zu be zeichnen war, so lag das an mancherlei Gründen, auf di« hier einzugehen zwecklos wäre. Nachdem aber diesmal der Börsenvcrein stch energisch für die Sache einsctzt, muß es Ehrenpflicht eines jede» Berufsangehörigen sein, sein Bestes zu ihrem Gelingen beizu tragen, um den daheimgebliebenen wie den im Feld« stehenden Volksgenossen zu zeigen, was ein Berufsstand vermag, wenn er in freiwilliger Unterordnung stch in den Dienst einer Idee stellt. Handelt es stch zudem noch, wie in diesem Falle, um den Nutzen und das Vergnügen derer, die mit ihren Leibern einen Schutz wall um das bedrohte Vaterland bilden, so dürfen uns Wider wärtigkeiten und Kleinlichkeiten nicht abhalten, den Willen in die Tat umzusetzen. Mit Freude und Stolz haben wir in Hun derten von Briefen aus dem Felde gelesen, wie sich überall der Wunsch nach einem guten Buche regt, sei es, um über schwere Stunden leichter hinwegzukommen oder sich im Berufe weiter auszubilden, neue Erwerbsmöglichkeiten kennen zu lernen oder von einem stillen Glück nach dem Kriege zu träumen. Pflicht und eigenes Interesse gebieten dem Buchhändler, diesen Wünschen klaren, unzweideutigen Ausdruck in der Öffentlichkeit zu geben und alles zu tun, um ihnen zur Erfüllung zu verhelfen. Der Standpunkt des Krämers oder Nur-Kaufmanns, der bei jedem ein zelnen Geschäft nur nach dem unmittelbaren Nutzen fragt, würde sich weder mit dem Geiste vertragen, dem die Rcichsbuchwoche ihre Entstehung verdankt, noch mit dem wohlverstandenen Interesse des Buchhandels, das ihn bei der Unterstützung dieser Veranstaltung leiten muß. Denn Wohlfahrt und Gedeihen unseres Berufes, wie unser An sehen in der Öffentlichkeit werden in erster Linie von der Art, wie wir unser» Beruf auffassen, und dem Interesse abhängen, das die Allgemeinheit dem Buche entgegenbringt. Daraus ergibt sich auch, daß das gute Buch überall in den Vordergrund ge stellt werden muß, wenn die Reichsbuchwoche ihren Zweck erfüllen soll. Sie könnte auch für den Buchhandel noch in der Weise Be deutung gewinnen, daß der Börsenverein, angeregt von dem Er- folge seiner Bemühungen, stch zur Errichtung einer Werbe- oder Vertriebsstelle zwecks Durchführung gemeinsamer propagan distischer Maßnahmen entschließt, um dem Buche auch weiterhin eine seiner Aufgabe im Leben unseres Volkes entsprechende Stel lung zu sichern.