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Redaktioneller Teil. X2 215, 14. September 1922. habe, weil er seine idealen Ziele höher stellte als sein materielles Ein kommen, nehmen wir gern hin, denn es gereicht dem Buchhandel doch sicher nur zur Ehre, daß er so lange wie nur irgend möglich bereit war, die guten Bücher auch zu billigen Preisen auf den Markt zu bringen. Er hat sich lange Zeit mit dem geringsten Verdienst be gnügt, ja zuweilen sogar — in der Annahme, daß nur eine kurze Über gangszeit in Betracht kommen würde — Zubußen getragen, immer in der Hoffnung, daß bald wieder bessere wirtschaftliche Verhältnisse ein- treten würden. Als er diese Hoffnung bei der schnell fortschreitenden Markentwcrtung endgültig zu Grabe tragen mußte, blieb schließlich auch ihm nichts weiter übrig, als seine Bücherprcise in richtigen Ein klang mit den gestiegenen Herstellungskosten zu bringen. Das Publi kum war inzwischen auch an bedeutende Preissteigerungen fiir alle seine Bedarfsartikel gewöhnt worden und nahm daher auch meist die er höhten Preise für Bücher ruhig mit in Kauf. Bei dem Vergleich der neuen Lieferungs- und Zahlungsbedingun gen im Buchdruckgewerbe mit den beiden Rundschreiben der »Wirt schaftlichen Vereinigung deutscher Buchhändler« wird das Verhältnis von Ursache und Wirkung nicht beachtet. Wenn Buchdrucker und Pa pierfabrikanten derart einschneidende Bedingungen stellen, so ist es doch folgerichtig, daß sie mit diesem, meist unnötig schroffen Vor gehen andere Gewerbe gegen deren Willen mit in den Strudel der wirtschaftlichen Überspannung ziehen, die, wenn sie noch verkaufen und einkaufen wollen, sich auf die Dauer dem bösen Beispiel ganz oder teil weise anpassen oder ihre Existenz aufgeben müssen. In diesem Sinne ist auch das in dem Zeitschriftartikel mitgeteilte Schreiben eines Buch- druckerlieferanten zu bewerten. Es muß schließlich Sache des Buch druckers sein, ob er geneigt ist, solch rigorose Vorschriften und Zumutun gen widerstandslos hinzunehmen, wie sie in jenem Schreiben zum Aus druck kommen. Ein geschlossener Widerstand würde jedenfalls auch in gegenwärtiger Zeit die Lieferanten stutzig machen und sie wenigstens zum Maßhalten bewegen. Und letzteres ist ja auch der Zweck des Börsenblattartikels in Nr. 203, soweit hierbei die Buchdrucker in Frage kommen. Es wird dem Bbl. des weiteren übelgenommen, daß in dem Artikel der Name des Herrn Otto Säuberlich »unter Hinzu fügung seiner Firma (Oscar Brandstetter) wiederholt in einer Weise genannt wurde, die die Wirkung haben könnte, ihn bei seiner verlege rischen Kundschaft für die neuen Zahlungsbedingungen gewissermaßen verantwortlich erscheinen zu lassen und ihn der Möglichkeit wirtschaft licher Schädigung auszusetzcn für ehrenamtliches Eintreten im Inter esse seiner beruflichen Organisation«. Diesem Vorhalt gegenüber stellen wir zunächst fest, daß in unserem Artikel der Name des Herrn Säuber lich in Verbindung mit seiner Firma usw. nur einmal und nicht »wiederholt« genannt worden ist. Der Name Säuberlich wird nur noch ein zweites Mal ohne Firmcnangabe usw. genannt, und zwar unter Bezugnahme auf die von ihm selbst verfaßten Ausführun gen. Herr Säuberlich hat den Artikel in der »Zeitschrift« mit seinem vollen Namen gezeichnet, und da darf er cs niemandem verdenken, wenn sein Name bei der Zitierung einiger von ihm verfaßter Sätze auch noch ein zweites Mal genannt wird. Tie Vermutungen des Herrn Säuber lich treffen in keiner Weise zu. Es ist doch im gewerblichen Leben all gemein üblich, daß der Name der Firma bei der Nennung einer Per sönlichkeit, deren Name von der der Firma abwcicht, beigesetzt wird. Das ist mitunter ganz unerläßlich, wenn man, wie man so sagt, richtig ins Bild kommen will. Daß wir ferner Herrn Säuberlich in Ver bindung mit seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Vorsitzender des Wirtschaftsamtes des Deutschen Buchdruckervereins anführtcn, sollte doch gerade bezwecken, daß nicht die Person oder die Firma, sondern die Sache Gegenstand der Kritik ist. Damit entfällt ganz von selbst der Argwohn, der in dieser Hinsicht in dem Aufsatz der »Zeitschrift« zum Ausdruck kommt. Wir können nur wiederholen: ttberspannen die Buch drucker den Bogen hinsichtlich der Lieferungs- und Zahlungsbedingun gen, so werden die Folgen unzweifelhaft in erster Linie dem Buch druckgewerbe zum Verhängnis werden. Die deutsche Kleinstadtzeitung unter besonderer Berücksichtigung thüringischer Verhältnisse. Von Dr. Ed gar Richter. 116 S. 8°. Mit 2 Beilagen und 5 Tafeln. Im Selbstverlag des Verfassers. 1922. Druck von Emil Richter in Roda (S.-A.). Preis geheftet 21.— ckl. (Leipzig bei F. E. Fischer.) Die Arbeit des Verfassers zeugt von einem außerordentlichen Fleiß und von dem Bestreben, -ein getreues Spiegelbild des Wesens der deutschen Kleinstadtzeitungen zu geben, wobei er die thüringischen Ver hältnisse besonders in Betracht zog, da ihm diese am bekanntesten waren. Im 1. Abschnitt »Wesen, der deutschen Kleinstadt- 1308 zeitung«, wird zunächst der Begriff des Wortes »Zeitung« näher erläutert, der in folgenden Punkten zusammengesaßt wird: »Eine Zei tung muß 1. fortgesetzt erscheinen, 2. allgemein zugänglich sein, und ihr Inhalt muß 1. vielseitig, 2. zeitgemäß und 3. von allgemeinem Interesse sein«. Es wird dann noch auf ein weiteres Begriffsmerkmal hingewiesen, das von Löbl, dem Verfasser des Buches »Kultur und Presse« stammt und den Gesichtspunkt der »mechanischen Vervielfälti gung« anführt. Or. Richter betont aber, daß Brunhuber, der Verfasser des Göschenheftchens »Das moderne Zeitungswesen (System der Zei tungslehre)« die jetzige Erscheinungsform für vorübergehend hält und an die Möglichkeit glaubt, daß an ihre Stelle vielleicht einmal chemische oder physikalische Vervielfältigungsmethoden treten könnten. 1)r. Richter schließt sich dieser Ansicht allerdings nicht an, er glaubt vielmehr, daß aller Wahrscheinlichkeit nach die Zeitung auch in Zukunft ein Kind der Buchdruckpressc oder der Rotationsmaschine bleiben dürfte. (Dem gegenüber sei aber darauf aufmerksam gemacht, daß seit einiger Zeit Versuche gemacht werden, den Truckprozeß durch ein elektrisches Ver fahren auf mechanischem Wege zu ersetzen.) Der einführende erste Ab schnitt ist sehr interessant gehalten und verdient besondere Aufmerk samkeit. — Im 2. Abschnitt »G e s ch i ch t l i ch e V o r l ä u f e r und Grundbedingungen der deutschen Kleinstadt zeitungen« wird die geschichtliche Entwicklung des deutschen Zei tungswesens besprochen. Die erste Kleinstadtzeitung war demnach eine rheinpfälzische, die 1685 gegründet wurde. Dem 2. Abschnitt sind zwei Falsimilebeilagen beigegeben, und zwar die »Rudolstädtische wöchent liche Anzeigen und Nachrichten« vom 21. und 28. Februar 1769 (erstes und zweites Stück) sowie die »Hildburghäusische wöchentliche Anzeigen vom 11. April 1760 (Nr. 1.). — Der 3. Abschnitt ist dem Alter, der Zahl und der Erscheinungsweise der Kleinstadt - zcitungen gewidmet, wobei der Verfasser die Feststellung macht, daß die überwiegende Mehrzahl der deutschen Kleinstadtzeitungen erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts gegründet wurde. In statistischer Hinsicht wird im Anhang (Tabellen) nähere Auskunft gegeben. — Der 4. Abschnitt handelt von der »Gründung und Finan zierung«. Nach den Ermittelungen des Verfassers sind in der Hauptsache die Gründer der Kleinstadtzeitungen nicht Buchhändler, sondern Buchdrucker gewesen. »Es waren sozusagen Männer aus der Praxis, die es wagten, sich selbständig zu machen und dabei ihr Glück zu versuchen«. Daß mancher Buchdrucker bei solchen Gründungen sein schönes, vielleicht sauer erspartes und abgedarbtes Geld verlor und später bitter bereute, daß er seine sichere Stellung aufgegebcn hatte, führt vr. Richter auf die vielfach ungenügende Prüfung der Be- dttrfnisfrage sowie auf die mangelhafte kaufmännische und verlags technische Vorbildung zurück. Der Finanzierung und allem, was damit zusammenhängt, sind ausführliche Untersuchungen und Erörterungen zuteil geworden, auf die wir hier nicht näher eingehen können. — Von nicht minderem Interesse ist der 5. Abschnitt, der sich mit den »Besitz- und Personalverhältnissen, Betriebsein richtung und A r b e i ts g l i e d e r u n g« befaßt. Einleitend schickt der Verfasser voraus, daß manche Kleinstadtzcitung nur dadurch festen Fuß fassen konnte, daß ihr Herausgeber wenig Lohn auszuzahlen hatte weil seine Familie sogar bei Satz und Druck fleißig mithalf. Besondere Schriftleiter halten sich verhältnismäßig nur wenig Klcinstadtzeitungs- bcsitzer; I)r. Richter meint, es dürften keine 25 v. H. sein. Darin mag er Recht haben, wie auch diese Betriebe sich selten einen Be triebsleiter halten. Der Druckereibesitzer und Zeitungsverlegcr ist meist »Mädchen für alles«. In vielen Anmerkungen kommt der Verfasser auch auf technische Begriffe und Ausdrücke zu sprechen und erläutert sic, was zur Verständlichkeit der Ausführungen wesentlich beiträgt und namentlich von Nichtbuchdruckern gewürdigt werden wird. — Auf die Schriftleitungs - und K o r r e s p o n d e n z v e r h ä l t n i s s e wird im 6. Abschnitt des näheren eingegangen, wobei auch die Platten- und Maternkorrcsponöenzen berücksichtigt werden. Was d-i-e Stellungnahme zur Parteipolitik betrifft, so zwingt nach der wohl zweifellos zutreffenden Ansicht des Verfassers gerade die Kleinheit der Kleinstadtzcitnngen zu beinahe vollständiger Unparteilichkeit, »da ihre Besitzer die sonst entstehenden wirtschaftlichen Schäden einfach nicht tragen könnten«. — Der 7. Abschnitt handelt vom Anzeigen wesen, das ja unstreitig als das Rückgrat wohl aller Zeitungen be zeichnet werden muß. Am Schlüsse dieses Abschnitts wird gesagt, daß bei größeren Zeitungen es als angemessen angesehen wird, wenn den Beziehern etwa Text und Anzeigen geboten werden. Die meiste» Kleinstadtzeitungen aber seien wohl zufrieden, wenn sie durchschnittlich eine Seite bezahlte Anzeigen haben. Im Zusammenhang hiermit ver tritt der Verfasser den Standpunkt, daß die Anzeigensteuer trotz ihrer Staffelung immer noch eine Ungerechtigkeit bedeutet. — Uber den »Herstellungsgang einer K l e i n st a d t z e i t u n g« berichtet der 8. Abschnitt. Wenn dieses Thema für Verleger und Buch drucker auch ganz bekannt ist, so ist die Art und Weise, wie der Ver-