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237, IO. Oktober IS08. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dlschn. Buchhandel. 11083 Heim wechseln, bis ihm im Jahre 1888 der Börsenverein der Deutschen Buchhändler in dem neuerbauten Buchhändlerhaus ein Vereinslokal einräumte, das er heute noch inne hat. Aber auch diese Stätte ist ihm zu eng geworden, und so ist in ihm der Plan gereist, sich ein eigenes Heim zu errichten. Dieser Plan dürste vielleicht schon in nächster Zeit seiner Verwirk lichung entgegengehen. Aber nicht nur seinen eigenen Bedürf nissen soll das zu errichtende Heim dienen, nein, eS soll auch der Allgemeinheit von Nutzen sein dadurch, daß der Buch handlungsgehilfen - Verein seine umfangreiche Bibliothek als öffentliches Lesezimmer allen Einwohnern Leipzig« zur Ver fügung stellt, um so zu seinem Teile zur Vermehrung all gemeiner Bildungsstätten beizutragen. Wie sich nun auch die Zukunft des Buchhandlungsgehilfen- Vereins gestalten möge, seine bisherige Tätigkeit gibt die zu verlässige Bürgschaft, daß fein weiteres Wirken ein glückliches und gesegnetes sein wird. Es wird dies sicher der Fall sein, wenn er an seinen bisherigen Grundsätzen festhält und sich die Ausbildung seiner Mitglieder in gleicher Weise wie bisher angelegen sein läßt, von der Erkenntnis ausgehend, daß eine der wichtigsten Bedingungen für die weitere gedeihliche Ent wicklung unseres so angesehenen deutschen Buchhandels die Heranbildung eines tüchtigen gediegenen, aus ehrenhafter Grundlage ruhenden, von Ehrenhastigkeit durchdrungenen Gehtlfenstandes ist. Mit Stolz kann der deutsche Buchhandel, vor allem derjenige unsrer Stadt darauf Hinweisen, daß er auch noch in den heutigen Zeiten viele tüchtige, ehrenhafte Gehilsen besitzt, die in ihren Arbeitgebern nicht den Lohngeber, sondern den treuen Berater und Erzieher für den wetteren Lebenslauf erblicken. Aus dem Mitgltederkreise des Buchhandlungsgehilsen- Vereins sind viele Persönlichkeiten heroorgegangen, die heute und auch in späterer Zeit mit Stolz als die Besten des deutschen Buchhandels gepriesen werden. Möge der Buchhandlungs- gehilsen-Veretn diese Persönlichkeiten feinen Mitgliedern stets als Vorbilder vorsühren und sie darauf Hinweisen, daß heute jedem tüchtigen, ehrenhaften Gehilsen die Möglichkeit gegeben ist, sich selber ein Geschäft zu gründen, daß sohin in den Händen des heutigen Gehilsenstandes die Zukunft des deutschen Buch. Handels liegt, der tüchtige, ehrenhafte Männer braucht, die nur in ernster Arbeit und treuer Pflichterfüllung ihre Besricdigung finden, Männer, die selbständige Urteilskraft besitzen, um aus dem Wirrwarr der vielen verschiedenen, unklaren Meinungen und Anschauungen dasjenige Gute und Rechte herauszufinden, das unserer Zeit und unserem Buchhandel not tut, Männer, die neben dem Realen auch noch Ideale pflegen und stets gern bereit sind, dem Wöhle unseres engeren und weiteren Vater landes zu dienen. Ich bin überzeugt, daß der BuchhandlungSgchilsen-Verein die Pflege und Erreichung dieses Zieles als eine seiner vor nehmsten Ausgaben betrachten wird, damit allezeit jene an erkennenden Worte Geltung haben, die ihm der Börsenvereiu der Deutschen Buchhändler schon vor fünfzig Jahren bei seinem ersten, dem fünsundzwanzigjährigen Jubelfeste aussprechcn ließ: Ihr Verein hat seine Ausgabe trefflich gelöst und die Hoffnungen, die bet seiner Gründung gehegt wurden, in vollstem Maße erfüllt. Möge er auch in Zukunst kräftig gedeihen und so dem deutschen Buchhandel wie bisher Ehre und Nutzen bringen. Lebhafter Beifall bewies den starken Eindruck, den die Rede gemacht hatte. Nun begrüßte der Vorsitzende des Vereins, Herr Richard Rief, die Gäste und Mitglieder und ging mit kurzen Worten ebenfalls auf den Werdegang des Vereins und seine Stellung ein, namentlich aus das immer bestandene gute Einvernehmen zwischen Prinzipalen und Gehilfen. Nachdem die Musikkapelle darauf aus Richard Wagners Oper »Die Meistersinger zu Nürnberg» den Aufzug der Meister auf der Festwiese oorgetragen hatte, folgten rasch nacheinander die offiziellen Begrüßungsansprachen. Als erster überbrachte Herr Geheimer Regierungsrat l)r. Grünler als Vertreter der Staatsregierung deren herzlichste Glückwünsche zur Jubelfeier und die Versicherung regsten Interesses für den Verein, der so rührig und erfolg reich für das Wohl seiner Mitglieder nach allen Richtungen hin wirke. Herr Oberbürgermeister vr. Dittrich betonte, daß der Rat und die Stadtverordneten der Stadt Leipzig stets Ruhm und Ehre darin sehen, daß Leipzig der Vorort, das Herz des ganzen Buchhandels sei, und daß sie zu diesem stets die besten Beziehungen gepflegt hätten. Auch dem Buchhand- lungsgehilfen-Verein, der in vielen seiner Einrichtungen, z. B. den Kassen, ganz besonders aber auf dem Gebiete des Fachunterrichts, seiner Zeit weit voraus bahnbrechend gewirkt habe, gehöre die volle Sympathie des Rats. Hoch rühmte er die Männer, die den Verein durch ihre opferfreudige, selbstlose Tätigkeit im Vereinsinteresse zu solcher Höhe geführt haben. Einem dieser verdienstvollen ehemaligen Vorstandsmit glieder, Herrn Paul Scholtze, der volle zwölf Jahre das arbeitsreiche Amt des I. Vorsitzenden verwaltet habe, sei für seine Verdienste, aber auch zur Ehrung des jubilierenden Vereins und seiner Bestrebungen, von Seiner Majestät dem König das Ritterkreuz 2. Klasse des Albrechts-Ordens ver liehe» worden, das er hier überreiche mit dem herzlichen Wunsche, daß der Verein auch in Zukunft stets selbstlose, uneigennützige und arbeitsfreudige Männer zur Leitung und Führung seiner Geschäfte finden möge. Auch der Präsident der Handelskammer, Geheimer Kommerzienrat Zwei Niger, gab seinem lebhaften Interesse für den Verein, dessen Entwicklung er volle vier Jahrzehnte hindurch verfolgt habe, herzlichen Ausdruck und sprach seine Freude darüber aus, daß der Verem zu der großen Be deutung Leipzigs für den Buchhandel an seinem Teile so wacker mitgewirkt habe. Herr Laudgerichtsdirektor Schmidt, der oberste Ver treter der sächsischen Rechtspflege in Leipzig, sprach dem Vereine die herzlichsten Glückwünsche für eine recht frohe Zukunft aus. Herr Oberpostdirektor Domizlaff nahm humorvoll Bezug aus die vom Herrn Festredner mitgeteilte Episode aus dem Jahre 184 g. Sollte sich einmal Gelegenheit bieten, diesen Liebesdienst zu vergelten, so werde er sicher alle Post beamten zur Hilfe aufbieten, schon um so gute Kunden der Post, wie es die Buchhändler seien, dieser zu erhalten. Er schloß seine herzlichen Wünsche für den Verein im Sinne eines Spruchs des großen Generalpostmeisters Stephan: -Ziel erkannt, Kraft gespannt, Pflicht getan, Herz obenan«. Nun kamen die Vertreter der Prinzipalsvereinc zum Wort, von denen der Vertreter des Börsenvereins, Herr vr. Ernst Vollert - Berlin, das bisherige gute Verhältnis des Vereins zu den Prinzipalen ganz besonders hervorhob und den Wunsch aussprach, daß der gleiche Geist der Mäßi gung und des Vertrauens auch ferner im Verein walten möge. Für die segensreich wirkenden Hilsskassen des Vereins überbrachte er eine Spende des Börsenvereins im Betrage von 1000 Herr Robert Voigtländer, Vorsteher des Vereins der Buchhändler zu Leipzig, betonte gleichfalls die guten Be ziehungen zwischen Prinzipalen und Gehilfenschaft und erhoffte das Beste für den Verein, wenn auch ferner im Jungbuchhandel sich Männer finden, die ihren Stand weiter zubilden Kraft und Geschick haben. Herr Direktor vr. Frenzel, Leiter der Leipziger Buch händlerlehranstalt, brachte deren Glückwüniche zum Ausdruck mit Hinweis darauf, daß aus ihr gar viele bedeutende und verdiente Vereinsmitglieder das Rüstzeug sür den Lebens kampf erhalten hätten. Es sei der Anstalt eine Freude, die Gehilfenschaft und insbesondere den Verein auch weiter fördern zu können. 1447'