Volltext Seite (XML)
178, 4 August 1890. Nichtamtlicher Teil. 4099 Verkchrszcitung» mit folgenden Ausführungen: -Auch im Neichspostgebiete besteht unter den Geschäftsleuten vielfach die Gepflogenheit, kleinere Geld beträge, namentlich aber Pestwertzcich«», regelmäßig in gewöhnlichen Briefen abzusenden. Nach Lage der bestehenden Verhältnisse läßt sich dies ja nicht immer vermeiden. Wenn die Ausgleichung von Gcldfordcrungen durch Einsendung von Wertzeichen in gewöhnlichen Briefen von einzelnen Geschäftsleuten aber regelmäßig erfolgt, und wenn namentlich die Ge bühren für Lose zu Glücksspielen, für Bücherwerke und dergl. ausschließ lich in Postwertzeichen erbeten werden, wenn durch Zeilungsbekannt- machungcn, Rundschreiben und öffentliche Anschläge förmlich zu einer der artigen Bezahlung aufgefordert wird, dann liegt doch auch mit Rücksicht auf das: -Führe uns nicht in Versuchung- eine ernste Gefahr für die Postverwaltung in solchen Anpreisungen und Aufforderungen. Wenn man bedenkt, welche Ausdehnung das Einlegen von Postwerlzeichen in gewöhnliche Briefe zur Zeit angenommen hat und wie allgemein bekannt dem Bestellpersoual diejenigen Geschäfte sind, welche sich Geldbeträge gewohnheitsmäßig auf die gedachte Weise übermitteln lassen, dann kan» man, trotz der vereinzelt vorkommenden traurigen Fälle, doch nicht umhin, cinzugestehen, daß die Macht der Versuchung im wesentlichen ohne Einfluß auf unsere Postaugehörigcn bleibt. Zum Wohlc unserer Beamten und Unterbeamten, namentlich aber der moralisch schwächeren Charaktere unter denselben wäre cs Wohl zu wünschen, daß sich der Anreiz zur Versuchung weniger breit machen möchte als dies gegenwärtig der Fall ist- Hierzu bemerkt die Nat.-Ztg.: Einen ein fachen Weg, diesen gefährlichen Gebrauch zum weitaus größten Teile aus zurotten, hat die Postverwaltung bei der Einführung des Postnachnahme- verfahrcns insofern selbst gezeigt, als sie die Geldübermittelungsgebühr für Beträge bis zu 5 ^ auf 10 ^ festgesetzt und damit in die Postan weisungstaxe eine neue Stufe cingesiigt hat. Wenn die Möglichkeit ge boten würde, bis zu 5 für 10 durch Postanweisung zu befördern und auf deni Abschnitte über die Bestimmung des Geldes Verfügung zu treffen, so würde nur in seltenen Fällen das Einlegen von Wertpost zeichen in größeren Mengen noch geübt werden. Namenllich milden Zwecken würde eine derartige Einrichtung sehr zur Förderung dienen, da erfahrungsgemäß um des Porto willen manche Gabe nicht abgesendet wird. Für Beträge bis 15 V6, die an Soldaten abgesendet werden, be trägt bekanntlich schon jetzt die Pvstauweisungsgebiihr nur 10 H. Vom Buchdruckgewerbe. — Unter len Buchdruckergehilsen ist eine Bewegung gegen die Sonntagsarbeit in den Zeitungsdn ckereien im Gange. Eine Versammlung solcher Gehilfen faßte am Sonnabend in Frankfurt a. M. nach längerer Debatte folgende Resolution: »Die heutige allgemeine Buchdruckerversammlung ersucht den Hauptvorstand des Unter- stiitzungsvereins deutscher Buchdrucker, eine Petition an den Reichstag zu richten behufs Abschaffung der regelmäßigen Sonntagsarbcit im Buch- druckergcwerbe, insbesondere auch in den Zeitungsdruckereieu» Diese Petition soll in allen Gauen in Umlauf gesetzt und mit möglichst vielen Unterschriften versehen werden. Zum Besten eines Gutenberg-Deukmals in Leipzig. — Der Herausgeber der hübschen Erinnerungsgabe an die Gutenbergfeier 1890 in Leipzig, Herr Max Hesse, teilt uns mit, daß er noch einige Hundert dieses (gleich nach Ausgabe vergriffen gewesenen) Merkchens hat Herstellen lassen, die zum Preise von 1 ^ zum Besten des Gutenberg denkmalfonds verkauft werden sollen. Wir können nur wünschen, daß sich »och recht viele Käufer für diese würdige Festgabe, von der wir in Nr. 156 dieses Blattes eine ausführliche Beschreibung gegeben haben, finden mögen, und besonders empfehlen wir sie den auswärtigen Herren Berufsgenossen und Jüngern der schwarzen Kunst angelegentlich zur Er werbung für die Privatbibliothek. Durch zahlreiche Bestellungen wird nicht nur der großen Opferwilligkeit des Herrn Herausgebers der gebührende Dank abgestattet, sondern auch der guten oben erwähnten Sache ein wesentlicher Dienst geleistet. Vom Vcreinswesen. — Der auf eine siebenundfünfzigjährige Thätigkeit zurückblickende Leipziger Buchhandlu ngs-Gehilfen- Berein, der, abgesehen von seinen segensreich wirkenden Hilfskasse», auch sonst stets bestrebt ist, die kollcgialische» Beziehungen seiner Mitglieder zu för dern und anzuregen, sucht besonders in den Sommermonaten zum Genuß und zur Freude an der schönen Natur in der näheren und weiteren Um gebung Leipzigs Gelegenheit zu geben. Nachdem vor einigen Wochen ein kleinerer Ausflug nach den« Harth wald stattgefundcn hatte, war für den 20. v. M. zur Ucberraschung der Mit-1 glieder e'ne größere Reise ins -Ausland» und zwar ins »Preißische» nach Schkeuditz, und nicht per Dampfroß, sondern per Kremser mit Musik beschlossen. Daß diesem Plan selbst an höherer Stelle Geneigtheit geschenkt wurde, bewies das für diesen Tag geradezu -arrangierte« Wetter: Sonnenschein, erfrischende Windströmung und aus der Fahrt vorüber gehender Sprühregen, um den Staub zu mindern. — Beginn des Pro gramms: Moigens 8 Uhr aus dem Augustusplatz. Viele waren pünktlich zur Stelle, doch nicht alle, so daß sich die Karawane erst um 3/,,9 Uhr in Bewegung setzen konnte. Es ging nun die »Grimmaische» hinunter, über den Markt dem Rosenthal zu. Da plötzlich ein Halt! Ein behelmter Ver treter des -Rats» bedeutete dem ersten Wagenlenker, daß -Frachifuhr- welkc» hier nicht passieren dürsten. Nach dem entrüsteten Einwurf, daß hier von »Frachtwagen» keine Rede sein könne, ließ man den Troß passieren. Gohlis, Möckern, Wahren wurden schleunigst passiert und hinein ging eS in den großen, grünen Wald. Nach einem kleinen Aufenthalt am Bahn hof Leutzsch war bald das idyllisch gelegene Böhlitz-Ehrenberg erreicht, wo im schönen Schadeschen Garten bei den Klängen der Musik ein Morgen-Imbiß eingenommen wurde. Bald war auch diese kleine an genehme Unterbrechung vorüber und weiter ging es über Burghausen dem hochgelegenen Bienitz zu. Wer nicht ganz von dem im Innern der Wagen herrschenden Frohsinn und Gesang eingenommen war, der ließ seine Blicke über die fruchtbaren Fluren, die schönen Waldungen an der Luppe schweifen und auch er vergaß die vielen säuern Tage. Hier sei der Festordner, Herr Schmidt (Lipperheide), rühmend erwähnt, der eine Sorgsalt für das Wohl und Wehe seiner ihm Anvertrauten zeigte, die wahrhaft rührend war. Seinen Platz wechselte er fortwährend, bald sah man ihn an der Spitze, bald am Ende der Expedition, um sich zu beruhigen, daß keiner der Insassen Schiffbruch gelitten habe oder gar verloren gegangen sei. — Nach Zurücklegung einer kurzen Strecke der Merseburger Chaussee wurde rechts abgeschwenkt und in scharfem Trabe durch das große, alte Dorf Gr. Dölzig dem Endziel der Reise zugesteuert. Bald war wieder schöner Wald erreicht, die Grenze des Landes mit Hurrah überschritten und schon winkten die Fahnen des -Waldkaters«, des Festlokals, ihr Will kommen — Die kleinen Spuren der Fahrt waren schnell beseitigt und 120 Gäste nahmen in dem festlich geschmückten Saal au den langen Tafeln Platz. Ucber das Festmahl selbst ist nichts zu berichten; auch sind ja der Gourmands unter den Buchhandlungsgehilfen so wenige, daß darum schon über diesen Teil hinweggegangen werden kann, wohl aber ist der geistigen Genüsse zu gedenken. Zunächst ist zu erwähnen die Begrüßungsrede des Vorsitzenden, Herrn Scholtzc <Steinacker), durch die allerdings berechtigt der Vorwurf hindurchklang, daß die eigentlichen Mitglieder des Vereins stärker hätten vertreten sein können; ferner der zündende Toast des zweiten Vorsitzenden Herrn Schuridt auf die Frauen, in dem die An ziehungskraft derselben wissenschaftlich nachgewiesen wurde. Die Wirkung dieses Toastes war eine begeisternde. Eine -unverdauliche Zwischenspeise» nach der Melodie: Die Hussiten zogen vor Naumburg und -Buchhändl.rS Erdenwallen-, Potpourri, trugen wesentlich zur Erheiterung bei. Nach Aufhebung der Tafel fanden auf grüner Wiese unter drir Klängen der Musik verschiedene Spiele statt. Nachdem noch ein Contce getanzt, begab sich die Gesellschaft in einer Polonaise wieder in den Saal, in dem nach kurzer Kaffeepause der sehnsüchtig erwartete Nundtanz begann. Diesem wurde übereifrig gehuldigt und auch der Inaktive sah ihm mit Interesse zu. — Der Schluß des schönen Tages war ein prächtiges Feu.r- werk. Nach diesem wurden die Wagen bestiegen — ein anderer Teil der Teilnehmer, der mittags die Bahn benutzt hatte, kehrte init dieser wieder zurück — und heim ging es gen Leipzig. Eine kleine Anzahl gleichge stimmter Seelen fand sich in Leipzig noch zu einem Abschiedstcunke im Panorama zusammen, um dann schleunigst den heimischen Penaten zu zusteuern. Ausstellungspreis. — Der artistischen Anstalt und Verlags- Handlung von Orell Fiißli L Co. in Zürich wurden aus der vor jährigen Pariser Weltausstellung, wie uns nachträglich mitgeteilt wird, drei goldene Medaillen und eine silberne zuerkannt. Persoualnachrichtcu. Gestorben: am 26. Juli 1890 in Dorpat nach schwerem Leiden Herr Max Kaibel, seit 13. April 1880 Mitbesitzer von E. I. Karow, Ilni- versitätSbuchhandlung in Dorpat, welchem Geschäft er vor seinem Eintritt als Teilhaber schon kurze Zeit als bevollmächtigter Ge schäftsführer vorgestanden hatte.