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87, 13. April 1889. Sprechsaal. — Vermischte Anzeigen. 1983 Gegen das a im Adrcßbuchc. An Klagen im Buchhandel gegen Sorti menter und Verleger hat es bisher nicht gefehlt. Einen Uebelstand möchte ich aber hier zur Sprache bringen, der dem Sortimenter oft recht große Unannehmlichkeiten bringt und nicht selten pe kuniäre Verluste zur Folge hat. Ich meine die Auslieferung des Verlages derjenigen Herren, die nicht in Leipzig wohnen. Verlangt der Sortimenter eine eilige Be stellung aus Leipzig, so kann er in zehn Fäll.n wohl mindestens viermal in die Verlegenheit kommen, das Gewünschte nicht rechtzeitig zu er halten. Gesetzt nun auch den Fall, das Ver langte ist nicht in Leipzig am Lager, was ge schieht dann? Es kommt mit dem ersten Ballen von dem Herrn Kommissionär die Nachricht, daß Verlangtes vom Vcrlagsorte folgt. Läßt der Verleger regelmäßig Sendungen nach Leipzig gehen, so kann das Buch mit dem nächsten Ballen — also in der Regel ca. 8—10 Tage nach der Bestellung — eintreffen. Andernfalls kann der Sortimenter noch länger warten. Der Besteller wird ungeduldig, schiebt natürlich seinem Buch händler die Schuld zu, von dem nichts zu er halten ist; oder aber der Besteller verläßt den Ort, Wie es so oft vorkommt, sei es für immer oder um eine Reise anzutreten. Kommt das Buch nun zu spät an, dann bietet die Zurück nahme in den meisten Fällen ungeheure Schwierig keiten. Alle diese Uebclstände könnten leicht ver mieden werden, wenn 1. in der Thal in Leipzig Lager gehalten würde, sobald die betreffende Notiz im Adretzbuche steht, welches doch für uns maßgebend ist; Wenn 2 vom Verlagsorte umgehend die Bestellungen erledigt würden oder 3. der Be steller umgehend benachrichtigt würde, aus welchem Grunde nicht geliefert werden kann. Hierzu läßt sich ja eine vorgedruckte Karte verwenden, die von der Post für 3 H bestellt wird. Verlangt der Herr Verleger vorherige Einsendung des Betrages oder liegen andere Gründe zur Ver zögerung vor, so würden durch direkte Meldungen immer nur wenige Tage verloren gehen. Jeder Fabrikant wird seinem Besteller sofort Mitteilung zugchen lassen, falls er nicht in der Lage ist, die Aufträge auszuführen; warum nicht auch der Buchhändler? Meine Bitte, gewiß im Interesse aller Sor timenter, geht also kurz dahin, volle Auslieferung in Leipzig zu halten, wenn im Adreßbuch das <r daraus hinweist, andernfalls beschleunigte Ueber- sendung vom Verlagsorte oder direkte Mitteilung, ä. IV. Zum Entwurf der Bestimmungen für das Börsenblatt. Zeit ist Geld! Sollte daher nicht jeder Kol lege, der wirklich mit Sorgfalt sein tägliches Börsenblatt durcharbcitct, dafür zu stimmen ge neigt sein, daß der Satz der Inserate doch zum mindesten einspaltig bleibt, von anderen Beschränkungen, die für ein Fachblatt gewiß sehr wünschenswert wären, garnicht zu reden? Veranschlagt man den Wert der Zeit, die der Einzelne insolge der knapperen und daher übersichtlicheren Anzeigen täglich erspart, auf nur 5 Pfg., so ergiebt das für das Jahr und den Abonnenten rund 15 Mk. Wird also das Börsenblatt nur als Gc- brauchsblatt in knappster und praktischer Form geboten unter Erhöhung, cvcnt. Verdoppelung des Preises, so kann das trotz der Vermehrung der geschäftlichen Unkosten jedem Leser meines Er achtens nur erwünscht sein, da er die ersparte Zeit durch andere Arbeit nutzbringend ausfüllen Sprechsaal. ^ kann und er um so mehr Sicherheit hat, nichts übersehen zu haben. Anderseits wird auch das Börsenblatt-Conto dabei nicht gerade schlecht fahren. Findet mein Vorschlag keinen Beifall, so wäre doch noch eine Teilung des Börsenblattes in Erwägung zu ziehen. Im Haupttcil müßten dann dem Verzeichnis der eben erschienenen Bücher die Anzeigen der künftig erscheinenden — in obligatorisch knappem, einspaltigem Satze — folgen. Braunschweig, 10. April 1889. Benno Goeritz. Mehrspaltige Anzeigen im Börsenblatt. Erwiderung. (Vergl. Nr. 81.) Es war ein seltsamer Beschluß, den eine schwache Mehrheit in der Hauptversammlung zu Kantate 1887 durchsetzte, daß die Erhöhung des Anzeigen-Preises an die Bedingung der Rückkehr zum früheren Zwange des einspaltigen Satzes gebunden sein sollte. Obwohl kein Verleger und darum auch nicht als Inserent bei dieser Frage interessiert, schien mir doch ohne weiteres der meines Wissens zuerst im Jahre 1885 unternommene Versuch zur Ab schneidung eines alten Zopfes außerordentlich zeitgemäß und löblich. Das Haupt-Fachblatt des Buchhandels sollte auch in seiner äußeren Ein richtung immer voranschreiten, nicht eigensinnig an veralteten, längst überholten Gebräuchen des Zeitungswesens festhalten. Der Einwände der Gegner, welche sich von dein Zwange nicht trennen wollten, waren im wesentlichen nur zwei. Der scheinbar gewichtigste derselben, der mir übrigens nicht ganz eingeleuchtet hat, stützte sich mit Erfolg auf einen damals hervorgctretenen Rückgang im Reingewinn. Nicht hiermit will ich mich befassen, obwohl auch über diese Begründung sich reden ließe, wohl aber mit dem zweiten Einwande, der auch in jüngster Zeit (in der Nummer vom 6. d. M.) von höchst achtbarer Seite wiederholt wird, dem der angeb lichen Einbuße an Uebersichtlichkeit. Ich schmeichle mir, zu den aufmerksamen und gewissenhaften Lesern des Börsenblattes zu gehören, das ich täglich nach allen Richtungen durcharbeite und daher aus dem Grunde kenne. Daher hat mich auch selten irgend eine Behaup tung in solches Staunen versetzt, wie die, daß das Börsenblatt durch die Zulassung des mehr spaltigen Satzes weniger übersichtlich geworden sei. Ich behaupte genau das Gegenteil, und jeder Unbefangene, welcher die Seiten des Börsen blattes aus der Periode der mehrspaltigen An zeigen, mit den früheren oder jetzigen vergleicht, wird mir zustimmen. Welchen Vorteil für eine schnelle Uebersicht hat es denn, wenn eine Anzeige unten am Fuße einer Spalte beginnt und am Kopfe der nächsten oder übernächsten Spalte endigt, oder wenn ich gar umblättcrn muß, um zunächst mit mühsamer Augenarbeit festzustcllen wer denn der Verleger des Buches ist, von dem ich hier unten am Schlüsse einer Seite nur den Titel gefunden habe. Solche Fälle aufs Geratewohl formlos durch drei, vier Spalten gequälter Anzeigen waren früher keine Ausnahme sondern die Regel und treten not gedrungen auch gegenwärtig hin und wieder recht unliebsam auf. Daß wir durch lange Jahrzehnte hieran keinen Anstoß nahmen, weil wir uns schließlich an diese Mängel gewöhnt hatten, be weist nichts für deren Vortrefflichkeit. Wie wohlthätig berührte es das Auge, als es im Oktober 1885 zum erstenmal ein über sichtliches, klares Bild einer Börsenblattscite über schauen durfte. Da brauchte man im Dämmer lichte des Ladens nicht mehr mühsam die einzelnen Teile einer Ankündigung zusammenzusuchen, nun stand alles schön abgegrcnzt zusammen, was zu sammen gehörte; man hatte ein klares und ruhiges Bild, die angreifende Augenanstrengung War vermieden und recht viel Zeit gewonnen. Ein weiterer Vorteil war der, daß keine Anzeige mehr übersehen wurde, was bei dem einspaltig fortlaufenden Satze leider häufig genug vorkam. Der fortlaufende Spaltensatz ermüdet, und die Folge ist Ueberschen einzelner ganzer Anzeigen, ein Uebelstand, von dem ich nach Einführung des abwechselungsreicheren Seiten bildes nichts mehr bemerkt habe. Ich zweifle nicht, daß noch mancher meiner Kollegen die gleichen Er fahrungen gemacht hat; jedenfalls ist für mich der gegnerische Einwand hinfällig, daß bescheiden gehaltene Anzeigen durch ihre allzu anspruchs vollen Nachbarn erdrückt wurden. Das Gegen teil war der Fall. Noch eins glaube ich hervorhcben zu sollen, was für die Zweckmäßigkeit der beabsichtigten Wiedereinführung eines mehrspaltigen Satzes spricht, nämlich den nicht zu unterschätzenden Vorteil, daß der Verleger, allem Anscheine nach, ein großes, recht auffälliges Börsenblatt-Inserat in seiner Wirkung für gleichbedeutend hält mit einem Cirkular. Ich kann mit einiger Sicher heit feststellen, daß der täglich über uns herein flutende Cirkularsegen in jener Periode der großen Börseublattinserate merklich vermindert war, um sich ganz augenfällig sofort wieder zu mehren, als das Börsenblatt sich den gewohnten Zwang neuerdings auserlegte. Wenn der Verleger nun vollends durch eine weitere Maßregel, welche der neue Börsenblatt- Entwurf ankündigt, die Gewißheit erlangt, daß jedes Börsenvcreinsmitglied das Börsenblatt empfängt, was bisher keineswegs der Fall zu sein scheint, so dürste ohne Frage auch sein Ver trauen in die Wirksamkeit seiner Börsenblatt anzeigen mit Recht erheblich wachsen und ihn immmer mehr veranlassen, sich auf diese zu be schränken und uns Sortimenter von der lästigen Pflicht zu befreien, uns täglich durch eine regel lose Masse von Cirkularen mit ihrem teilweise reckt marktschreieriscken Wesen hindurchzuarbeiten. Ein Sortimenter. Ein Leipziger Kollege. Wie notwendig es ist, daß nicht jeder Be liebige, sobald er in Leipzig vertreten ist, ohne weiteres als Buchhändler auftreten und vom Verleger Lieferung mit Buchhändlcrrabatt ver langen kann, beweist uns der Brief einer »Buch- Musikalien-,Kommissions-, Verlags-, Sortiments und Antiquariats-Handlung« in Leipzig. Der Besitzer dieses so stolz benannten Ge schäfts, der sich neuerdings als Strohmann sür gewisse Firmen entpuppt hat, ersucht uns die über ihn verhängte Sperre wieder nufzuhcbcn in einem Stil, einer Rechtschreibung, welche selbst dem An spruch der mäßigsten Volksschuiblldung nicht ge nügen. Wir verzichten auf eine Wiedergabe dieses Schriftstückes hier nur, weil es, wenngleich er heiternd, doch beschämend für unsern Stand ist. Gleichzeitig müssen wir aber Verwahrung da gegen cinlcgen, daß Verleger genötigt sein sollen, solche vermöge ihres Mangels an Bildung für den Buchhandel völlig unfruchtbare, seine Ein richtungen untergrabende Elemente als Buch händler zu betrachten. Leider ist man zur Zeit nur rn Ausnahmcfällcn im stände, solche »Kol legen» kennen zu lernen; denn das Adreßbuch kann ja bisher »Gerechte und Ungerechte« nur gleichmäßig aufführen. Göttmgen. Vandenhocck L Ruprecht.