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«örsenblatt f. ». Dtschu. Buchhandel. Redaktioneller Teil. X° 218, 6. Oktober 1919. forderlichen Unterstützung von 50 Mitgliedern eingebracht und lautet: Die Hauptversammlung beauftragt den Ausschuß, gleich« zeitig zu prüfen, ob sich eine Reorganisation des Börsenver- eins dahin empfiehlt, daß a) die Mitglieder des Börsenvereins in zwei Kammern ge teilt werden: Verlegerkammer und Sortimenterkammer; d) jedes Mitglied nur einer dieser Kammern angehören darf; o) alle der Hauptversammlung vorbehallenen Anträge, so weit sie unter ß 14 s, Ziffer 7—8 der Satzungen fallen, die Zustimmung beider Kammern gefunden haben müssen. Bei Bejahung dieser Fragen seitens des Ausschusses erwartet die Hauptversammlung rechtzeitige Vorschläge zur Änderung der Satzungen. 8 14s Ziffer 7 und 8 der Satzungen lauten: Der Hauptversammlung steht allein zn: 7. Die Abänderung der Satzungen <8 5K>, der Verkchrsordnung und der Verkaussordung, sowie die Entscheidung über die etwaige Auslösung des Börsenvereins lß 57); 8. die Beschlußfassung über Anträge, die der Vorstand auf Veran lassung des Vereinsausschusses in betreff der Regelung des Ver kehrs der Buchhändler miteinander und mit dem Publikum (K 35) gestellt hat. Unser Antrag wurde in der Hauptversammlung des Deut schen Ncrlcgcrvereins einstimmig angenommen. Die Hauptver sammlung des Börsenvereins hat ihn aus Vorschlag des Bör senvereinsvorstandes dem Satzungsausschutz übergeben. Daß ein solcher Vorschlag des Verlags aus der andern Seite zunächst einmal mit einer gewissen Zurückhaltung ausgenommen wird, ist ganz natürlich. Aber auch von Stellen, deren Be streben, beiden Teilen gerecht zu werden, Wohl von keiner Seite ernstlich in Zweifel gezogen wird, sind Bedenken gegen den An trag geltend gemacht worden. So sprach sich Herr Geheimrat Siegismund schon in der Hauptversammlung des Börsenvereins dahin aus: In der kommenden Zeit sei es mehr als je not wendig, daß Verlag und Sortiment im Börsenverein Zusammen halten. Deshalb könne der Behandlung gewisser Punkte in einer Veilegcrkammer und einer Sortimenterkammer niemals zuge stimmt werden. Ein ähnlicher Standpunkt wurde in einem Artikel: »Wo stehn wir?« im Börsenblatt vom 5. Juni und neuerdings in einigen vermutlich redaktionellen Bemerkungen zur Tagesord nung der heutigen Sitzung im Börsenblatt vom 5. September 1919 vertreten. Unser Antrag wolle eine reinliche Scheidung herbeiführen und stehe mit dem Wesen des Börsenvereins schon insofern in Widerspruch, als dadurch der Ruf »Hie Welf, hie Waiblingen« zum Prinzip erhoben werde. Der Börsenverein dürfe aber, wenn er seinem Charakter treu bleiben wolle, nicht Sortimenter oder Verleger, sondern nur deutsche Buchhändler kennen. Diese grundsätzliche Opposition gegen unfern Antrag wäre zu verstehen, wenn 1. der Verlag ein Interesse daran hätte, daß die schon in den heutigen Kämpfen unverkennbare Spaltung zwischen Sorti ment und Verlag noch vertieft oder gar verewigt würde. Die Kritik müßte ferner als berechtigt anerkannt werden, wenn 2. das von uns angeregte Zweikammer-System die Gefahr dieser Spaltung wirklich vermehren würde. Beides hoffe ich Ihnen widerlegen zu können. In diesem Kreise bedarf es nur des Hinweises, daß in den letzten Jahrzehnten die organische Verbindung zwischen den Einrichtungen unserer Leipziger Zentrale und dem fein durch-^ dachten Bau unseres buchhändlerischen Vereinswesens immer, enger geworden ist. Wenn man sich das klar macht, so kannj man sich aber auch der Erkenntnis nicht verschließen, daß die Krisis, die Leipzig im Augenblick als Kommissionsplatz zu bc^ stehen hat, die Organisation unserer Berufsvereine an der Wurzel treffen kann. Diese alle Zweige des Bnchhandels um fassende Organisation ist heute aber für uns alle lebensnotwen-- diger als je. Denn — dieser Gedanke zog sich wie ein roter Faden durch die bisherigen Verhandlungen unserer Tagung — in den schweren Zeiten, denen wir entgegengehen, werden sich nur große Organisationen durchsetzen und behaupten können. «74 Der Buchhandel wird andern Gruppen mit größerem wirt schaftlichen Gewicht gegenüber ohnehin einen schweren Stand haben. Wohin sollte es da vollends führen, wenn der Bör senverein als berufene Vertretung des G e s a m t buchhandels die heutige Krisis nicht überdauern würde? Den Verlag hat die Kriegswirtschaft zur Genüge darüber belehrt, wie mißlich es ist, wenn er seine Interessen allein zu vertreten hat. Sie alle wissen, daß bei der Kontingentierung des Druckpapiers die Bedürfnisse des Buchverlags nicht annähernd in dem Matze Be rücksichtigung gefunden haben wie diejenigen anderer, wirt schaftlich stärkerer Gruppen. Wie stark aus der andern Sette das Sortiment daran interessiert ist, daß seine Maßnahmen durch die Organisation des Gesamtbuchhandels gedeckt werden, beweist am besten die gestrige Debatte, in der fast ausnahmslos der Standpunkt vertreten wurde, die Erhöhung des Teuerungs zuschlags sei nur dann durchführbar, wenn sie vom Börsenverein geschützt werde. In solcher Lage haben wir alle, der Verlag genau so gut wie das Sortiment, das größte Interesse daran, unsere bewährte Berufsorganisation vor inneren Krisen zu bewahren. Wir müssen alles tun, um im Innern Reibungsflächen nach Möglich keit zu beseitigen. So ist auch gestern immer wieder betont worden, der Börsenverein müsse seine Aufgabe vor allem darin sehen, zu vermitteln und auszugleichen. Herr Kommerzialrat Müller hat, wenn ich mich recht erinnere, die Schlichlungsaus schüsse zum Vergleich herangezogen. Das scheint mir die Sache gut zu treffen. Die Redaktion des Börsenblattes hat seinerzeit in der selben Nummer vom 7. Mai, in der unser Antrag zum erstenmal veröffentlicht wurde, einen dem unsrigen ziemlich genau ent sprechenden Standpunkt vertreten. In ihren redaktionellen Be merkungen zu dem Artikel »Gemeinschaftsarbeit« des Herrn Hermann warnt sie die extreme Richtung des Sortiments aus drücklich davor, den Bogen zu überspannen. Es heißt dort: »Setzt die Majorität, und das sind im Börsenverein die Sortimenter, ihre Wünsche auf dem Wege der Abstimmung durch, so ist damit wenig gewonnen. Denn ganz abgesehen davon, daß übertriebene Ansprüche immer ihre Korrektiven finden — man braucht nur an den in Blüte stehenden Auch- Buchhandel zu denken —, so müßte dann, um den Lebensinter- essen des Börsenvereins zu entsprechen und dem demokratischen Prinzip gerecht zu werden, eine Form gefunden werden, durch die auch die Minoritäten zu ihrem Recht kämen, gleichgültig, ob dies durch Bildung von Kammern der verschiedenen Be- rufsgruppen des Börsenvereins, denen die Entscheidung in bestimmten Fragen zu übertragen wäre, oder in anderer Weise zu geschehen hätte.« Dieser Vorschlag, wie er ursprünglich gedacht war, scheint sich mit unserm Antrag in weitgehendem Maße zu decken, und ich kann die Bemerkung nicht ganz unterdrücken, daß die Weiter führung dieses Gedankens durch die seitherigen Veröffentlichun gen des Börsenblatts fast etwas Gekünsteltes an sich hat. Es könnte beinahe scheinen, als ob erst hinterher eine Differenz ge genüber unfern Vorschlägen konstruiert werden solle. Ganz klar ist mir auch nicht geworden, wie die Kammern der verschiedenen Berufsgruppen, die im Börsenblatt immer wieder befürwortet werden, zusammengesetzt sein sollen. Nach dem letzten Artikel vom 5. September kann es sich eigentlich nur um eine Kammer handeln, deren Mitglieder aus Vertretern aller wichtigen Berufsgruppen bestehen sollen, und das käme im Grunde auf die von anderer Seite vorgeschlagene Erweite rung des Vereinsausschusses hinaus. Ich kann mir aber nicht vorstellen, daß durch eine derartige Reform an dem bisherigen Zustand etwas geändert werden könnte. In einer solchen Kammer oder in diesem erweiterten Vereinsausschutz käme natürlich alles auf das Stimmenverhältnis an, und wenn dieses — was als einzige gerechte Lösung mög lich wäre — so festgesetzt würde, daß Verlag und Sortiment gleich stark vertreten wären, so würde sich hier nur im Kleinen genau derselbe Kampf um Mehrheitsbeschlüsse wiederholen, den wir jetzt bei jeder Hauptversammlung erleben. Daß dieser Zu stand ans die Dauer eine direkte Gefahr für den Bestand des