Volltext Seite (XML)
Börtznblalt f. 0. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. ^ 115. 20. Mai 1914. jo handeln wird. Ich freue mich, das; es gelungen jst, die gewaltige Schöpfung der Deutschen Bücherei zu begründen und ihr Heim an die Straße des 18. Oktober zu stellen. Zu dem Andenken au die deutsche Tatkraft vor 100 Jahren wallen wir auch das äußere Zeichen des deutschen Unternehmungsgeistes gesellen, wie er sich im Börsenverein der Deutschen Buchhändler kundgibt, als ein ehrenvolles Denkmal für alle diejenigen, die in diesem Sinne gearbeitet haben. Ich bitte Sic alle, meine hochverehrten Herren, mit mir anznstoßen auf das Wohl der deutschen Buchhändlcrschaft und des Börscnvereins der Deutschen Buchhändler. Der Vorsitzende gab dann noch die mündliche und schriftliche Entschuldigung der drei Minister des Innern und Nutzern, des Kultus und der Finanzen bekannt, die dringende Staatsgeschäfte berhinderten, der Einladung zum Kantate-Festmahl zu folgen. Im weiteren Verlaufe brachte der Vorsitzende noch eine Dank- und Glückwunsch-Depesche des Königs Friedrich August aus Tarvis zur Kenntnis als Antwort ans ein am Vormittag an den König gerichtetes Ergebcnheitstelegramm. Außerdem war eine Depesche des Vizepräsidenten der s 8 o - ein toll Looksellers ok OrentLritnin nnü I re in nck Mr. Blackwell eingegangen, die hier im Wortlaut wiedergegeben sei: lüs krestdont and klemders ok tke Rssooiated klooksollbrs ok Orsnt Lrltnin and Irslsnck dssirs me to convex benrtv krnterusl gisetinZs to tlisir collesAues ok tbs öörsenverein der Oeutscbsu öucb- lländler ru üeiprig. Dbs>' udmire (not rvitbout somstbln^ ok env>) tbe insgnlkiesnt Organisation rvbiek dincls togstksr, and korrvards tbe Interests ok botb Lubllskers and öooüssllers in tüe katberland; and in all sineerkt^ >visb >'vvir Association long continued and inersasing sueeess. Nicht minder beifällig wurde von den Umstehenden die Ver lesung eines Schreibens der niederländischen Buchhändler-Orga nisation durch Herrn vanStockumjr. im Haag ausgenommen, die freilich bereits in eine Stimmung hineingeriet, in der wenig Neigung vorhanden zu sein pflegt, sich mit einem so schwierigen Problem, wie der Möglichkeit eines internationalen Preisschutzes, zu beschäftigen: Es sei mir gestattet, dieser hochverehrten Versammlung, in welcher sich so viele Persönlichkeiten befinden, die seit langem eine» Weltruf genießen, Namen, die auch in den Niederlanden mit Achtung und Verehrung genannt werben, im Namen des holländischen Buch handels einen herzlichen Gruß darzubringen. Bei so vielen Verschiedenheiten sind doch zwischen Hoch- und Nieder deutschen — oder, wenn Sic lieber wollen, zwischen Deutschen und Niederländern — viele übereinstimmende Neigungen zu beobachten. Und obgleich wir seit Jahrhunderten selbständig arbeiten und unsere Selbständigkeit durch keinerlei Einmischung, von welcher Seite sie auch kommen möge, stören lassen, so ist es doch stets das unentwegte Streben von uns Niederländern gewesen, mit dem deutschen Buchhandel auf einem guten Fuße zu stehen. Dies Streben geht so weit, daß bei uns eine lebhafte Neigung besteht, alles, was dem fairen Handel zuwidcr- läuft, nicht nur innerhalb unserer Grenzen zu bekämpfen und un möglich zu machen, sondern dies auch über unsere Grenzen auszu dehnen und auch aller internationalen Schleuderei den Kopf zu zer treten. Zu diesem Zwecke haben wir Ihren vcrehrlichen Vorstand schon um seine Mitarbeit ersucht, und wenn es auch schwer ist, sich vor- znstellen, daß dies Ideal je erreicht werden könnte, so geben wir doch den Mut nicht auf und lassen nicht ab, dafür zu streiten und Ihre Mit hilfe in Anspruch zu nehmen, bis wir soweit kommen, in dieser Hin sicht die Waffen niederlegen zu dürfen. Meine Herren! Ich bitte Sie freundlichst, diese Bemerkungen nicht als einen Mißklang auf Ihrem Feste aufuehmen zu wollen: ich wage cs nur dies auszusprechen, weil mir sonst die Gelegenheit fehlt, vor einer so illustrer, Gesellschaft wie an dem heutigen Abend das Wort führen zu dürfen. Es ist nicht meine Absicht, mich hier noch einmal in Lobsprüchcn über Ihre Organisation zu ergehe», deren glänzende Repräsentation Ihr blühender BLrscnverein ist. Sie wissen, daß dieser auch bei uns große Verehrung genießt. Aber ich bitte Sie, mir nur noch zu gestatten, hier einer Ihrer hervorragendsten Organisationen zu gedenken, nämlich des Deutschen Buchgewerbevereius, über welchen sei» talentvoller Leiter I)r. Ludwig Volkmann so glänzend das Zepter führt. Dies ist eine Anstalt, die bis jetzt noch einzig in der Welt dasteht und die im höchsten Grade den Respekt auch aller Ausländer verdient. Gestatten Sie mir, meine aufrichtigen Wünsche für das Blühen und Gedeihen des Deutschen Buchgewerbevereius auszusprechcn; er lebe hoch! Das Mahl, gewürzt durch Darbietungen der Kantate-Kapelle Gustav Curth und das Absingen launiger Festlieder, ließ an 826 Schmackhaftigkeit nichts zu wünschen übrig. Als die frohe Stim mung bereits ans dem Höhepunkt angekommen war, erschien der bekannte Wohltätigkeitsapostel, Herr Otto P e t t e r s - Heidel berg, diesmal als Kapuziner aus Wallensteins Lager verkleidet, um daran zu erinnern, daß über dem Frohsinn das Elend und die Not der weniger vom Glücke begünstigten Berufsgenossen nicht ver gessen werden dürfe.*) Wie sehr versteht es doch Otto Petters den rechtenTon zu finden und fröhliche Geber um sich zu sammeln. Wer könnte sich auch der Eindringlichkeit und dem Humor seiner meist erst kurz vor Beginn seiner Rede auf das Papier geworfenen Worte entziehen, die ihm auch diesmal wieder, unter stützt von einer ausgezeichneten Maske und Vortragsweise, zu Gebote standen: Heisa Juchheisa! Didcldnmdei! Da geht's ja hoch her, bin auch dabei! Ist das eine Gesellschaft von Buchkollcgcn, Die wandelt ans so schlimmen Wege», Daß sie, statt Bücher zu Haus zu verkaufen, Nach Leipzig kommen zum Fressen und Saufen? Die statt zu Hause zart und fein Bei der Gattin und den Kindern zu sein, Heut hier der Schlemmerei sich wcih'n? Treibt man so mit Kantate Spott, Daß mau hier lebt so üppig und flott? tjnid die statis otiosi? Was steht Ihr und legt die Händ' in'n Schoß? Im Schleudern ist wieder der Teufel los. Berlin und Leipzig einander sich äffen, Möchte jedes den andern darin ttbertreffc». Und die kleinen Sortimenter in der Provinz, Von A bis Z die Lackierten sind's. Die müsse» sich schinden, die müssen sich plagen. Den, Kunden ein paar Groschen abzujagen. Und die Warenhäuser, o Nacht und Graus, Die blasen Euch alle das Lebenslicht aus. Statt sie zu bekämpfen, nehmt Ihr fein Sie alle noch auf in den Börsenvcrein! O Pragerleben, ich rufe Dich an, Du bist doch ein kluger, tapferer Mann: Schlag Du doch mal energisch drein Und laß lieber das viele Reden sein. Als Kreis- und Ortsvcreins-Vorstand und -Leiter Kommst in der Versammlung nur langsam weiter Und drehst Dich, man sitzt sich dabei lahm und krumm, Stundenlang im Kreise herum. Glaubst Du, das macht den andern Spaß? O saneta, sanela simplieitas! Und Euer jetziger Vorstand des Börscnvereins, Der ist bei Gott eine Nummer Eins; Was der schon alles geleistet hat, Der setzt Euch alle doch immer matt. Wenn der was will, dann wird's gemacht, 's wird durchgesetzt, wenn auch alles kracht! Doch Siegismund, o Sicgismund, Du treibst's ein wenig gar zu bunt. Bedenke, daß auch hier in Sachsen Die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Auch der Festausschuß, der schafft wie toll,' Merseburger, Linnemann, Koehler und Scholl. Besonders der Merseburger, der greift durch Immer »lang englisch nach Merseburg«. Alle Achtung vor seiner Tätigkeit, Trät' er zurück, das täte mir leid! Der Buchhandel steckt in tiefem Sumpf, Die Nacktheit ist in den Schaufenstern Trumpf. Sogar die Engel stellt man aus Ganz nackt, cs ist ein wahrer Graus. *) Herr Otto Petters sammelte am Sonnabend-Abend in Aecker- leins Keller in ganz kurzer Zeit, in etwa einer Stunde, über 1000 Mark. Jedes Wort von ihm war ein »Schlager«. Diese Summe fließt der Otto Petters-Stiftung beim Uuterstützungsverein zu, die jetzt schon gegen 18 000 Mark beträgt. Auf dem Kantatemahl ergab die erste Tcllersammlnng rund 1200 Mark, welche Summe durch die vom Kapuziner in eigener Person vorgenommene »Superrcvision« noch um 800 Mark erhöht wurde, so daß also rund 2000 Mark an diesem Tage zum Besten der Notleidenden gespendet wurden.