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15632 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 284, 6. Dezember 1912. Verkehr beteiligt hat, würde dann vom Ausfahren entbunden sein und könnte täglich ein-, vielleicht sogar mehrmals die fcrtiggestellten Pakete in der Austausch-Zentrale zur Verteilung bringen. Der Paketverkehr wird sich dann für die in Leipzig ansässigen Herren ^ Verleger wesentlich schneller und billiger abwickcln als bisher. Da das bisherige Einhole-System möglichst allgemein durch das! neue Austausch-System der Empfohlenen ersetzt werden soll, so bitten wir Sic, um möglichst schnell einen Überblick auch mit Rücksicht auf die zu beschaffenden ständigen Räume zu erhalten, um die Liebens würdigkeit uns baldigst Nachricht über Ihre Beteiligung zukommen zu lassen. Sollten Sie, wie wir sehr hoffen, sich wenigstens probeweise bis Weihnachten dem Austausch-System anschlicßen, so bitten wir! in Ihrem Betriebe freundlichst Folgendes zu beachten: 1. Sämtliche empfohlenen Pakete Ihres Verlages, die für Kommittenten der vorstehenden Firmen bestimmt sind, sind wie bisher bei Ihnen nach Kommissionären zu sor tieren, und zwar NechnungSpakcte und Barpakete getrennt. 2. Tic Nechnnngspakete und Barpaketc sind dann nach Kommis sionären geordnet in Bündel zu schnüren, nachdem für jeden einzelnen Kommissionär ein Barpaket-Avis ausgenommen wurde. Eine Kopie dieses Avises ist als Unterlage zurück zubehalten. Der Kommissionär hat Ihre Avise zu sammeln und sie Sonnabends zu begleichen. Die Herren Verleger, die bisher noch nicht bis Sonn abend »Nest ließen«, werden höflichst gebeten, dies probe weise einmal wenigstens auf 8 Tage zu versuchen. Treffen' Beschwerden ein, so wird der Vorstand bemüht sein, in der Austausch-Zentrale eine Kasse einzurichten, die die Beträge für sämtliche dem Verkehr angeschlossenen Kommissionäre verlegt und dann mit diesen abrechnet. 3. Sie werden gebeten, möglichst bis 3 Uhr nachmittags die Kommissionärbündel nach der Austausch-Zentrale, Buch- händlerhaus, Haupteingang Hospitalstratze, zu schaffen. 4. In der Austausch-Zentrale sind die für die einzelnen Kom missionäre bestimmten Bündel in das Abteil des betref fenden Kommissionärs zu tragen, wozu genügende Hilfs kräfte znr Verfügung stehen. 5. Alle Meldungen über von Ihnen nicht lieferbare Artikel, sowie die für die einzelnen Kommissionäre bestimmten Bar- paket-Avise bitten wir Sie in ein Kuvert zu stecken, das deutlich die Aufschrift des betreffenden Kommissionärs trägt. Dieses Kuvert ist auf dem Barpaketbündel des Kommissio närs zu befestigen. Solche Knverts werden von unserer Geschäftsstelle auf Wunsch gratis verabfolgt. Der Unterzeichnete Vorstand wird sich außerordentlich freuen, wenn Sie tunlichst bald Ihren Entschluß, dem Austausch-Verkehr beizutreten, bekanntgcben wollen. Sie können bereits von morgen ab Ihre Empfohlencn-Bestellungen auf diesem Wege zur Erledi gung bringen und sich dadurch eine prompte Bedienung des Sorti ments sichern. Die Austausch-Zentrale ist derart organisiert, daß sie jeglichen Andrang in kürzester Zeit bewältigen kann. Es würde uns eine Freude sein, wenn Sie sich persönlich von dem Gesagten an Ort und Stelle überzeugen wollten. In vorzüglicher Hochachtung Der B n ch h ä n d l c r - H i l f s - V e r b a n d. 8k. Es bleibt dabei: Erst die Familie, dann die Gläubiger! Nrteil des Reichsgerichts. (Nachdruck verboten.) — Bekanntlich hat der siebente Zivilsenat des Reichsgerichts seinerzeit dahin entschieden, das; Verträge zwischen Prinzipal und Angestellten des Inhalts unanfechtbar sind, daß das 150N .// übersteigende Gehalt des Angestellten an dessen Ehefrau, seine Kinder, Geschwister usw. ausgezahlt, also dem Zugriff der Gläubiger entzogen werden kann. Das Gehalt bis zu 1500 ./i ist, wie man weiß, unpfändbar. Bei dieser Rechtsprechung ist der siebente Senat stehen geblieben, obwohl sie in der juristischen Lite ratur nicht unwidersprochen geblieben ist und noch heute als strittig bezeichnet wird. In der Geschäftswelt haben natürlich alle im An- ftcllungSverhä'ltnis Befindlichen den reichsgerichtlichen Standpunkt auf das lebhafteste begrüßt, während von anderer Seite dagegen eingcwendet wird, daß er zu unhaltbaren Konsequenzen führen müsse. Schließlich werde diese Gehaltsklausel in alle Verträge ausgenommen werden, und die Gläubiger hätten in allen Fällen das Nachsehen, während cs doch sittliche Pflicht des Schuldners sei, sich seiner Schuld durch Arbeit zu entledigen. Daß das Reichs gericht seine Ansfassung ändern wird, ist indessen schwerlich zu erwarten, da jetzt auch der dritte Zivilsenat den Standpunkt des siebenten sich zu eigen gemacht und im vorliegenden Falle völlig gleichartig entschieden hat. Es handelt sich um die Klage der Firma Baum L Co. gegen die Firma Nhenus-Elementefabrik G. m. b. H. in Köln. Die Gesellschaft zahlte dem einen ihrer Geschäftsführer T. anfänglich ein Gehalt von 1500 und schloß dann nach seiner Verheiratung folgenden Vertrag mit ihm: »Die Firma . . . erneuert hiermit das mit Herrn T. vereinbarte En gagement auf weitere fünf Jahre, und bezieht derselbe 1500 ./i pro anno. Solange Herr T. im Dienste der Fabrik bleibt, verpflichtet sich dieselbe, an dessen Ehefrau jährlich 2700 ./i in Monatsraten zu zahlen. Frau T. tritt diesem Vertrag durch Unterschrift bei. Das Engagement dauert weitere fünf Jahre, wenn es nicht vorher ge kündigt wird.« Diesen Vertrag focht die klagende Firma, der T. ver schuldet war, an und machte die Nhenus-Elementefabrik haftbar, namentlich weil der Vertrag, den die Gesellschaft mit T. geschlossen hatte, obwohl sie von der Überschuldung des T. und dem Vorliegen eines Psändungsbeschlusses Kenntnis erhalten, wider die guten Sitten verstoße. Das Landgericht gab der Klage statt, ebenso das Oberlandcsgericht Köln, das die gegen das land gerichtliche Urteil eingelegte Berufung der beklagten Firma zu rückmies. Das Oberlandesgericht ging dabei von der Überzeugung aus, daß die Beklagte tatsächlich sich einen Verstoß gegen die guten Sitten habe zu schulden kommen lassen, weil sie der Klägerin durch Entziehung des pfändbaren Gehalts des T. einen Schaden znge- fügt habe, und zwar hinterlistiger Weise, da ihr der Pfändungs beschluß bekannt war. Außerdem stelle der Vertrag ein Schein manöver dar; denn der Wille der Kontrahenten sei doch in Wirklich keit dahin gegangen, daß die das pfändbare Gehalt übersteigenden 2700 ^ dem T. zur Verfügung stehen sollten. Der höchste Gerichtshof hob indessen das Urteil des Oberlandesgcrichts ans und wies die Klage der Firma Baum L Eo. gänzlich ab. In seiner Begründung führte der Senat aus: »Von einem Scheinvertrag kann in keiner Weise die Rede sein, denn der Wille der Parteien ist dahin gegangen, daß der Angestellte haben sollte 1. einen Betrag von 1500 .//, 2. einen Anspruch, und zwar nur einen Anspruch, nicht mehr, des Inhalts, daß der Prinzipal seiner Frau einen gewissen Betrag gewährt. Auf den Inhalt des Vertrags kommt gar nichts an. Der Vertrag hätte auch dahin gehen können, daß der Ehefrau nicht ein Gehaltsteil ausgezahlt, sondern die Wohnungsmiete vergütet oder der Lebensunterhalt gewährt werden sollte. Der Vertrag ver stößt auch durchaus nicht gegen die guten Sitten. Der siebente Senat hat wiederholt ausgesprochen, daß derartige Verträge nichts Unsitt liches enthalten, und an dieser Entscheidung ist festzuhalten. Es handelt sich in diese m Vertrage um einen Fall, wo ein Ange stellter lediglich um Erwerbung des notwendigen Lebensunterhaltes besorgt ist. Ob eine Anfechtung des Vertrages ans Grund des An- fechtungsgcsetzes möglich ist, braucht gar nicht geprüft zu werden; eine solche Anfechtung konnte sich höchstens gegen die Ehefrau, nicht aber gegen den Prinzipal richten. In seinem Plaidoyer äußerte der Vertreter der klagenden Partei u. a.: Wenn auch der dritte Senat die Anschauung des siebenten teilt, so werden Zustände ge schaffen, die notwendig zu einer Änderung der Gesetz gebung führen müssen. — Ob eine' solche erfolgen wird, steht natürlich dahin. Sollte sic kommen, so könnte sie vielleicht nach der Richtung erfolgen,, daß, ähnlich wie bei den StaatSangestellten, nur ein gewisser Prozentsatz des Gehaltes pfändbar ist. In der »Juristischen Wochenschrift« tritt ein sehr lesenswerter Artikel dafür ein, daß derartige Verträge gültig sein sollten, wenn das den Be trag von 1500 .F übersteigende Gehalt sich in mäßigen Grenzen halte und zur Bestreitung des Lebensunterhaltes einer bürgerlichen Familie diene, nicht aber dann, wenn hoch in die Tausende gehende Summen dem Gläubigerzngriffe entgehen würden, die zur Führung eines luxuriösen Lebens reichten. (Aktenzeichen III. 247/12.) Nene Bücher. Katalrme nsw. kür Buchliändler. Harra880xvitL in I-eiprix. 8". 08 8. 2020 Xrn. ok tki6 ?ubli8k6r8' XVeskI^. Vol. I.XXXII. Xo. 21. Xovsmber 1912 (^Vllole Xo. 2120). I,ex.-8o. 242 Xrn. mit