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15628 NLrscnblaU f. d. Dlschn. vuchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 284, 6. Dezember 1913. Tie Entwicklung der Austausch-Zentrale für Empfohlene Bestellungen zur Paket-Be st e l l < A nst a l l ist in grasten Zügen wie folgt gedacht: 1. Zunächst ergeht an alle Leipziger Verleger nochmals die dringende Bitte, sofort ihre empfohlenen Güter zur Austausch-Zentrale zu fahren, damit erst einmal in der Praxis bewiesen werden kann, daß selbst die großen Massen dort leicht verarbeitet werden können. Eine nähere Instruktion hierüber ist aus dem Zirkular des Buchhändler-Hilfs-Verbandes vom 3. Dezember 1912 ersichtlich. 2. Bereits von Montag, den 9. Dezember, an sollen die jenigen Leipziger Firmen, die mit den Empfohlenen« Bestellungen den Anfang gemacht haben, berechtigt sein, auch die »Mit hin«-Pakete, also alles das, was bisher in der Stadt ausgesahren werden mutzte, in die Austausch-Zentrale zur Verteilung zu geben, so weit es sich um Güter für die Leipziger Kommissionäre handelt. Hier setzt bereits für die Herren Verleger der große wirtschaftliche Vorteil ein, daß sie die Wa ren nicht mehr an diese Firmen auszusahren brauchen, sondern sie in der Austausch-Zentrale zur Verteilung bringen können. 3. Gleichfalls von Montag, den 9. Dezember, ab soll in der Austausch-Zentrale eine Kasse eingerichtet werden, an welcher die Verleger diejenigen Barpakete ein kassieren können, die sie in der Austausch-Zentrale ver teilen und den Empfängern nicht avisieren und bis Sonnabends »Rest lassen« wollen. Es ist aber drin gend erwünscht, von dieser Kasse nur in Notfällen Ge brauch zu machen und sich möglichst an der Sonn- abends-Abrechnung zu beteiligen. 4. Da der Saal des Buchhändlerhauses natürlich nur interimistisch für diese Zwecke zur Verfügung gestellt werden kann, sollen sofort Schritte unternommen wer den, um der künftigen Paket-Bestellanstalt ein eigenes Heim zu sichern und die finanziellen Grund linien hierfür festzulegen. Der Mitwirkung und Förde rung des Vorstands des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig, des Deutschen Verlegerver eins und des Vereins der Buchhändler zu Leipzig hoffen die Leipziger Firmen hierbei sicher zu sein. Das Unternehmen soll selbstverständlich auf genossenschaft liche Grundlage gestellt werden. 5. Im neuen Heim oder in Räumen, die bis dahin ge mietet werden können, soll die Austausch-Zentrale so fort insofern ausgebaut werden, als in derselben nicht nur Abteile für die dem Leipziger Hilss-Verband an geschlossenen Kommissionsgeschäfte geschaffen werden, sondern auch ein jeder Leipziger Buchhändler, der sich zur Beförderung seiner Waren, und zwar der »Mit hin«- und der »Empfohlenen«-Güter, der Austausch-Zentrale bedient, dort ein Fach eingerichtet erhält, in dem sämtliche für seine Firma bestimmten Pakete der Leipziger Kollegen gesammelt werden. Genau so, wie jede Leipziger Firma den Verkehr mit der Bestellanstalt des Leipziger Vereins nicht mehr missen möchte, genau so, wie jede Leipziger Firma dort ihr Zettelfach unterhält, so soll auch in der Paket- Best e l l a n st a l t selbst die kleinste Firma ihr Paket fach besitzen. Dann erst ist das Endziel, daß keine Leipziger Firma — mit Ausnahme der größeren Lasten — der andern irgend welche Pakete mehr direkt zu stellt, daß kein Buchhändler karre» mehr in der Stadt stundenlang herumfährt, erreicht. Eine jede Firma hat nur noch ihren Markthelser den kurzen Weg zur Paket-Bestell- anstalt zurücklegen zu lassen, um täglich, so oft es ihr beliebt, die eigenen Waren an die Leipziger Kollegen zur Verteilung zu bringen und das für sie bestimmte Gut selbst mit nach Hause zu nehmen. 6. Aber selbst diese Mühe soll mit der Zeit den kleinsten Firmen, die über keinen Boten verfügen, oder den Firmen, die zu entfernt wohnen, erleichtert werden, indem in Aussicht genommen wird, daß die Paket- Best e l l a n st a l t mit eigenem Personal mit Rädern, Karren und Autos gegen entsprechendes Entgelt die Ware abholt und zustellt. Hoffen wir, daß dieses reichhaltige Programm im vollen Umsauge und schnell zum Vorteil der deutschen Buchhandels- Zentrale Leipzig durchgesührt werden kann! u. V. Hamburqer Briefe. m <11 vgl. Nr. 173.) Volksbildung und kein Ende. — Nochmals Hans Brunckhorst und die Jugcndschriftenansschüssc. — Der Mainzer Angriff gegen den Hamburger Jugcndschristenausschuh. — glugendschristen ohne Ladenpreise Berufene und Unberufene widmen sich jetzt der Volks bildung. Bücher sollen auf jede denkbare Art ins Volk ge bracht werden, manchmal auf absonderlich ausgeklügelte. Vor kurzem kam mir eine kleine Druckschrift in die Hände, die be titelt war: »Der Lesebund. Eine freie Vereinigung für kostenlose Verleihung guter Bücher von Haus zu Haus als Mittel zur Verdrängung der Schundliteratur, zur Verbrei tung von Volksbildung und zur Verminderung sozialer Gegen sätze. Von Carl M. Jahn. Als Manuskript gedruckt. Kanzlei des Lesebundes, Hamburg 20, Erikastraße 103.« Ein etwas langatmiger Titel. Dafür hat sich der Lesebund aber auch hohe Ziele gesteckt; schade nur, daß sie, volle ehrliche Ab sicht bei dem Verfasser vorausgesetzt, erschreckend illusionär sind. Man höre, was geplant ist: Es sollen Lesefreunde sich zusammenfinden, die dann von einer Zentrale aus geleitet werden. Jeder Lesesreund hat die Aufgabe, etwa zwanzig Familien wöchentlich zu besuchen, um sie mit einem guten Buche zu versehen und das vorwöchige zurückzunehmen und an eine andere Familie zu bringen. Reicher Segen wird aus solchem Tun entstehen, es werden sich persönlich-freund schaftliche Beziehungen entwickeln, der Lesefreund wird seine Leser ab und an zum Mittagessen einladen, wird auch mit ihnen an den Sonntagen Spaziergänge ins Freie machen — »auf die wenigen Groschen Stratzenbahngeld darf es nicht ankommen« —, um über die gelesenen Bücher sich auszusprechen, usw. Hohe Ziele in der Tat. Zunächst fragt man sich, wo die aufopferungsvollen Lesefreunde Herkommen sollen, die wöchent lich bei 20 Familien die Bücher austauschen, ihre Leser ab und an zum Mittagessen einladen und dann mit ihnen ins Freie fahren. Der Verfasser denkt in erster Linie an die Lehrer. Es mag ja nun sein, daß die Definition des Lehrers, welche ich jüngst hörte, richtig ist, nämlich: »Lehrer sind Leute, die nicht ausreichend beschäftigt find!« Trotzdem glaube ich nicht an diese Art Menschenfreundlichkeit, weder bei Lehrern noch bei anderen Leuten. Angenommen aber, diese Menschenfreunde fänden sich reichlich vor, so drängt sich dem nüchternen Menschen sofort die Frage auf: woher kommt das Geld, das viele Geld zur Beschaffung der Bücher und zur Bestreitung der Kosten der Zentrale und ihrer Unterorgane? Furchtbar einfach! Erstens werden die Lesefreunde eigene Bücher opfern; zwei tens lagern in den Verlagsbuchhandlungen große Stapel un gangbarer Bücher, die doch sehr gut sein können und zweifels ohne gern geschenkt werden; drittens werden öffentliche Bll- cherhallen und ähnliche Anstalten um des edlen Zweckes halber