Volltext Seite (XML)
7792 Börsenblatt s. d. Dlschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 165, 18. Juli 1908. geben, und wir bitten unsere Mitglieder auch an dieser Stelle, ihre Mitarbeiter ständig auf diese Einrichtungen auf merksam zu machen und sie zur Benutzung anzuregen. Die Stiftung ist einem besonderen Kuratorium unterstellt worden, deren Vorsitzender — zurzeit Herr M. Paschke, Dessauer straße l3 — jederzeit bereitwilligst Auskunft erteilen und auch seinerseits zur Förderung der Gehilfeninteressen bei tragen wird. — Bei dieser Gelegenheit wollen wir nicht verfehlen, auch auf eine von unserem bewährten Kollegen N. L. Prager verfaßte Schrift »Der deutsche Buchhandel; seine Geschichte und Organisation« aufmerksam zu machen und diese fleißige und sorgfältige Arbeit unseren Mitgliedern und ihren Angestellten aufs angelegentlichste zur Anschaffung und Lektüre zu empfehlen. Beschwerden über Verletzungen der Rabattbestimmungen in unserem Mitgliederkreise sind nur selten eingegangen und dann innerhalb unseres Vereins erledigt worden. Die Haupt arbeit mit diesen Dingen, die früher unserem Sortimenter verein zufiel, liegt jetzt bei der Vereinigung der Berliner Mitglieder des Börsenvereins und gibt auch Ihrem Vor sitzenden, der satzungsgemäß dem Vorstande der Vereinigung mit angehört, reichlich Gelegenheit zur Mitarbeit. Aus dem Jahresbericht der Vereinigung wissen Sie, welche riesige Arbeit da im Vorstand geleistet wird, insbesondere vom Vorsitzenden, und wir erkennen es dankbar an, daß dort, in dem Organ des Börsenvereins, streng über die Jnnehaltung der Satzungen gewacht wird — ist das ja doch auch der Vorteil unseres Vereins, der in seinen eignen Satzungen ganz auf dem Boden des Börsenvereins steht und im Zu sammenhalten von Verlag und Sortimenl die Zukunft des Buchhandels gesichert sieht. Daß in einem so vielgestaltigen und ausgedehnten Berufe, wie der Buchhandel es ist, sowohl auf seiten des Verlags wie des Sortiments vielerlei Be schwerden und Klagen Vorkommen, ist leicht erklärlich, zumal in den jetzigen ungünstigen Zeiten, wo die verschiedenartigen Interessen beider Teile des Buchhandels öfter als sonst zu Zusammenstößen führen. Angesichts der fortwährend zu nehmenden Anzahl von Firmen ist der Wunsch laut geworden, daß nur die Hälfte dieser Firmen sowohl im Verlag wie im Sortiment vorhanden sein möchte, aber ebenso vergeblich, wie dieser Wunsch ist, so vergeblich sind andrerseits alle Mahnungen, die ungeheure literarische Produktion einzudämmen. Diese Flut steigt vielmehr und sucht immer neue Abzugskanäle, sie bewirkt dadurch eben auch eine fortwährende Zunahme von Verkäufern, die nun in immer kleineren und kleinsten Orten eine »Buchhandlung« etablieren und damit auch den schon länger bestehenden Firmen fühlbare Konkurrenz machen. Die Klagen werden also von seiten des Sortiments, das unter den stetig steigenden Spesen und verteuerten Lebensbedürfnissen ganz besonders zu leiden hat, nie aufhören, und zwar um so weniger, als die mühevolle, mit unendlich vielen kleinen Arbeiten verknüpfte Tätigkeit des Sortimenters in keinem Verhältnis zu seinem Gewinn steht. Letzterer ist seit Jahren immer geringer geworden, weil er infolge der festen Laden preise an den Rabatt des Verlegers gebunden ist, dieser aber zurückging, während die Betriebskosten stiegen. Die Über zeugung, daß diese Verhältnisse der Wirklichkeit entsprechen und daß das Sortiment dadurch immer mehr zurückgeht, bricht sich nach und nach auch in den Kreisen der Verleger Bahn, und es zeigen sich jetzt die Anfänge, den Bücher vertrieb durch Gewährung eines höheren Rabatts an das Sortiment lohnender zu machen. Die Meinung, daß die völlige Aufhebung des Kunden rabatts eine Besserung bringen müsse, gab unserm Verein Veranlassung, zur Beratung dieser Frage eine außerordent liche Versammlung im September v. I. einzuberufen und dazu sämtliche Sortimenter Berlins einzuladen. Der Be deutung der Sache entsprach die rege Beteiligung und die ausführliche und eingehende Besprechung aller in Betracht kommenden Punkte, denn es war Gelegenheit gegeben, sich rückhaltlos über die für Berlin so überaus wichtige Ange legenheit zu äußern. Eine Anzahl der Teilnehmer gab dem Bedauern Ausdruck, daß bei der vor fünf Jahren erfolgten Rabattminderung von 10 auf 5 Prozent nicht gleich die völlige Abschaffung des Rabatts beschlossen und durchgeführt worden war, und hatte die Überzeugung, daß zu diesem Schritt jetzt der passende Zeitpunkt gekommen sei; — eine größere Anzahl war der entgegengesetzten Meinung und hielt es für unbillig, gerade jetzt, wo wir uns den Bibliotheken und Behörden gegenüber auf Jahre hinaus an einen Rabatt von 5 und Prozent gebunden hätten, den übrigen Bücherkänfern gar keinen Rabatt zu gewähren, sie also schlechter zu behandeln. Von andrer Seite, die mit dem akademischen Publikum in enger Fühlung stand, wurde auf die immer zahlreicher auftretenden Abzahlungsgeschäfte hin gewiesen, die jedem Besteller einen ausgedehnten Kredit ge währen, und daß es deshalb höchst nachteilig für die Sorti menter sein würde, wenn diese nicht einmal einen Skonto bei Barzahlung gewähren dürften. Überhaupt war die An sicht vorherrschend, daß in Berlin ein Skonto gar nicht zu entbehren sei und daß entschieden abgeraten werden müsse, jetzt schon wieder die ganze Rabattbewegung in Fluß zu bringen, um etwa diesen Skonto um 2 oder 3 Prozent zu ermäßigen. Das Bedürfnis, vorläufig Ruhe zu bekommen und nach Jahren, wenn die vereinbarte Frist mit den Bibliotheken abgelaufen ist, die ganze Frage aufs neue zu beraten, gab schließlich den Ausschlag: die Versammlung be schloß mit weit überwiegender Mehrheit, den Antrag auf Abschaffung des Rabatts abzulehnen. Wenn das Berliner Sortiment auch die Durchführung des Ladenpreises in seinem eignen Interesse als Ziel vor Augen behalten wird, so stellen sich dem doch durch die eigenartigen großstädtischen Verhältnisse so große Schwierig keiten entgegen, daß jeder Schritt sorgsam erwogen werden muß. Zwar haben sich die offnen Verstöße gegen die Ver kaufsbestimmungen vermindert, aber wir wissen, daß im geheimen noch viele Zuwiderhandlungen Vorkommen und daß durch diese Unterbietungen gerade die Firmen am meisten geschädigt werden, die treu an unseren Ver einbarungen halten. Je schlechter die allgemeine Ge schäftslage ist, desto mehr wird im Trüben gefischt — wir haben also vorläufig keine Aussicht auf Besserung. Zum Schluß sei noch aus dem Bericht der Berliner Handelskammer der Teil wiedergegeben, der sich mit dem hiesigen Buchhandel besaßt und die Lage desselben zu kenn zeichnen sucht, insbesondere auch die seit Jahren in unseren Berichten beklagte Konkurrenz der Warenhäuser usw. bestätigt: Aus dem Berliner Handelskammer-Bericht. »Im Jahre 1907 haben sich die Verhältnisse im Buchhandel wenig geändert, Sortiment und Verlag leiden nach wie vor unter Übererzeugung und Wettbewerb. Für den Verlag ist die zum 1. Januar 1907 eingetretene 10 prozentige Erhöhung der Satz- und Druckpreise von großer Bedeutung geworden; die von den Druckereien geschaffene Organisation läßt erkennen, daß der Verlags buchhandel sich auf weitere Verteuerung der gesamten Herstellungskosten gefaßt machen muß. In den seltensten Fällen wird der Verleger durch Erhöhung der Verkaufs preise sofort einen Ersatz für die größeren Ausgaben finden können, und da auch die Autoren in den letzten Jahren den allgemeinen sich steigernden Forderungen gefolgt sind, wird das Verlagsgewerbe wahrscheinlich zunächst versuchen, durch neue Unternehmungen die Schmälerung des Ver-