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106, 8. Mai 1912. Fertige Bücher. — Künftig erscheinende Bücher. Börsenblatt s. d. Dtschn, Buchhandel. 5721 I Loeben neu erschienen: Weisser bestellrettel snbei! ^8 N «L 12 ^ull., 5o Pf. orcl voc»i.'3 rri:i8ekUcnkir-vciri,Lo iis, i.x,prio Robert Lutz, Verlagsbuchhandlung in Stuttgart Neues über das Tagebuch einer Schauspielerin von Helene Scharfenstein Aufmerksam zu lesen: .Soeben erscheint auf dem Büchermarkt ein neues Werk, das — geht es mit rechten Dingen zu im Kreise der Leserwelt — den größtmöglichen Erfolg einheimsen könnte.... Dieses Buch stellt die eigen artigste, reizvollste, menschlichste aller der in den letzten Jahren zur Veröffentlichung gelangten Druck- schriftcn dar; mit dem Epitheton eigenartig reizvoll, ist aber die Reihe der preisenden Beiworte nicht er schöpft .... Die Verfasserin hat nicht nur ihr Bestes gegeben; sie gehört auch in vieler Hinsicht zu de» Besten als Persönlichkeit, wie auch als Mensch .... vielleicht sollte gerade durch die grenzenlose Nacktheit in der Darstellung der Beweis geführt werden für die Echtheit des Tagebuches. Helene Scharfenstein, und das ist das Merkwürdige dieses merkwürdigsten aller Bücher des Heute, hat im Sturmlauf unsere Sympathie für ihr Leben und Kämpfen erobert, so sehr, daß sie durch nichts im Verlauf der Begeb- niffe dem warmen Interesse des Lesers entfremdet werden könnte. Diese Tagebuchschreiberin muß, geht es mit rechten Dingen zu in der Leserwelt, zur volkstümlichen Figur werden, wie die Helden großer Romane populär geworden sind. Wohl ist ihr Buch kein Lesestoff für junge Mädchen, um so mehr aber kann die Lektüre dieses Lebensschicksals allen anderen jeden Standes und jeden Alters empfohlen werden, den Männern zur Mahnung, den Frauen zur Warnung. lind darüber hinaus noch ragt die große Not der Bühnenkünstlerinnen, eine Not an Leib und Seele... ' .... Leben und Lebcnsschicksal einer mit körperlichen und geistigen Reizen hervorragend ausgestalteten Pfarrerstochtsr, die zur Bühne geht, nachdem sie Lehrerin gewesen, ziehen an uns vorüber. Alles brachte dies Mädchen mit, was zum Erfolg im Leben führt, Schönheit und edle Denkungsart, Verstand und Ent schlossenheit sowie auch ein kleines, ererbtes Kapital als „Notgroschen". Daß sie trotzdem — wie sie bekennt — ,zur Dirne werden mußte im Kampfe mit den unsinnigen Toileltenansprüchen von Direktion und Publikum', ist der tragische Zug dieses Buches; ein Bekenntnis, das unsere träge Gleichgültigkeit aufrütteln, unser Herz rühren soll." Wiesbadener Zeitung.