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^ 106. 8. Mai 1912 Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. 5703 Es ist dabei zu bemerken, daß hier Löhne zu gründe gelegt sind (.S 38.— für den Setzer und 39.— für den Gießer), die einem Lokalzuschlag von etwa 12>/,o/g ent sprechen. Der glatte Typcngußmaschinensatz stellt sich demnach ebenfalls billiger als glatter Handsatz, in den Orten der Lokalzuichlagsllassen L und L8 bis zu ISA ,, ,, „ ,, ,, L und 0 „ „ SA „ .. „ „ ., D und K ,. .. 4A Daraus ist also ersichtlich, daß Typengußmaschinensatz in den beiden ersten Gruppen sogar noch billiger, in der letzten Gruppe aber ebenso billig wieZeilengußfatz heigestellt bzw. be rechnet werden müßte und daß die Bestimmung des Druckpreis tarifs. soweit sie sich ans die elftere Satzart bezieht, zu Unrecht besteht. Nach Maßgabe der vorstehenden zahlenmäßigen Be weise muß gemischter und tabellarischer Satz, soweit er auf der Typengußmaschine hergesiellt wird, ebenfalls eine ent sprechende Verbilligung erfahren. Es ist jedenfalls notwendig, daß dies einmal ziffernmäßig nachgewiesen wird. Der Verlags buchhandel muß wissen, wie er sich gegenüber dem Ansinnen derjenigen Buchdrucker, die den Druckpreistarif als Schild oorzuhalten belieben, zu verhalten hat. tznickllui. Aus dem französischen Buchhandel. IV. Der Verein der französischen Buchhandlungsgehilfen hatte den englischen und belgischen Kollegen-Verein eingeladen, die Osterfeiertage in Paris zu verbringen, damit sie auf diese Weise die Besuche, die die französischen Gehilfen in London und Brüssel gemacht hatten, erwidern konnten. Der Pariser Verein hat daraufhin eine große Anzahl Gäste gehabt, die sehr befriedigt von ihrem Aufenthalt waren. Am Dienstag nach Ostern erschien im »Matin«, der be kanntlich in allen »nationalen« Fragen tonangebend ist, ein Artikel über eine »englisch-deutsche Invasion im französischen Buchhandel«. Daß der deutsche Buchhandel darin nicht be sonders freundlich beurteilt wurde, kann bei der bekannten Tendenz des »Matin« nicht Weiler wundernehmen, nur sollte man meinen, daß der englische Buchhandel, da der »Matin« die »Latente eorüiale« so sehr schätzt, und noch dazu am Morgen nach einem Besuche von englischen Gehilfen in Paris, auf etwas Nachsicht hätte rechnen können. Da der Artikel als Ganzes wohl Interesse verdient, lasse ich ihn nachstehend übersetzt folgen: Eine englisch-deutsche Invasion. Die Industrie des französischen Buches bedroht. Vor kurzer Zeit hat die »^ssoeiation amiealo lies eommis- lidraires traayais« (Franz. Buchhandlungsgehilfen - Verein) mehr mit dem allgemeinen Interesse, als mit den armseligen Fragen der Einzelnen beschäftigt, das Publikum auf die Ge fahr hingewiesen, in die der französische Buchhandel durch das plötzliche Eindringen einer Legion deutscher Buchhandlungs- Gehilfen geraten ist. Dieser Invasion ist nun eine andere gefolgt, die vielleicht noch gefährlicher ist, als die erstere. Seit ungefähr 20 Jahren waren wir daran gewöhnt, den Baedekerschen Führer mit dem Ouiäe Joanne und die Serie der Wörterbücher Feller mit den französischen fremdsprach lichen Wörterbüchern konkurrieren zu sehen, während die Gram matiken Otto-Sauer mit den verschiedenen Lehrgängen fremder Sprachen, die unsere Verleger veröffentlichten, in Wettbewerb traten. Dies war jedoch eine loyale Konkurrenz, die von keinem französischen »Komplizen« unterstützt war und deren Firma nicht vertuscht wurde. Heutzutage ist es nicht mehr so. Neben der großen Anzahl wissenschaftlicher, philosophischer und soziologischer Werke, die in französischer Sprache verfaßt und von deutschen Pressen gedruckt werden, haben wir jetzt eine außerordentliche Menge von Monographien der Künstler des Mittelalters und der Renaissance, die jenseit des Rheins oder des Kanals gedruckt wurden, worin aber die französischen Künstler systematisch aus geschlossen werden. Dasselbe gilt von der modernen Kunst. Diese Werke, die zu einem billigen Preise verkauft werden, rühmen derart die deutsche und die englische Kunst, daß junge Franzosen, die begierig sind, sich an Hand dieser Bände eine künstlerische Meinung zu bilden, unweigerlich darauf schließen werden, daß es weder guten Geschmack noch Genie mehr in Frankreich gibt und daß Deutschland und England allein im stande sind, die Menschheit eine vernünftige Ästhetik zu lehren. Was ich soeben von der Kunst sagte, gilt auch von der Literatur. Die Kinder unserer Schulen hätten eigentlich das Recht, zu einem mäßigen Preise für Prämien- und Geschenk zwecke oder für geistige Erholung Bücher zu besitzen, worin man ihnen die besten Stücke unserer Schriftsteller darbietet. Diese Ausgaben sind nur von englischen und deutschen Häusern unternommen, und wenn auch Autoren wie Dickens einen großen Raum darin einnehmen, so muß außerdem festgestellt werden, daß »I^es 6ent meilleursUoömes des plus Zrancks Uoetes kranyais« von einer englischen Firma herausgegeben sind. Das selbe gilt für Reisewerke, die Tetralogie Wagners, die Museen Europas und für Kindergeschichten. Bis zu diesem Punkt gibt es keinen Betrug, und der Leser, der eins dieser Werke kauft, wird sehen, wenn er den Namen des Verlegers ins Auge faßt, daß er dazu beigetragen hat, das deutsche oder englische Vermögen zu erhöhen. Die Gefahr wird aber bedeutsamer, wenn wir sehen, wie französische Ver lagshäuser, und zwar die bedeutendsten und ältesten, ihre Bücher in London, Berlin oder Stuttgart drucken lassen. Sie geben sich große Mühe, die typographische Marke auf dem Inhaltsverzeichnis möglichst zu verstecken, und setzen dann sehr ostentativ ihre französische Marke auf den Umschlag dieser Werke. Andere, weniger skrupelhaft, geben keinen typogra phischen Ursprung an und umgehen so leichthin das Gesetz. Glücklicherweise entgehen aber dem Kenner weder der Ursprung des Papiers, noch die für diese zweifelhafte Machenschaft in Betracht kommenden typographischen Punkte, die Art der Signatur und der benutzten Drucktypen. Werke über das Leben der musikalischen Meister, über die Geschichte der Baustile, über die berühmten Städte werden auf diese Weise von französischen Häusern herausgegeben. Eins derselben hat gerade jetzt den Markt mit sehr hübschen Büchern für Kinder überschwemmt, die in London gedruckt und illu striert wurden. Dies möge genügen, und ich will mich nicht mehr bei den illustrierten Postkarten unserer National- Museen, den musikalischen Werken, den Revuen und Albums aller Art aufhalten. Angesichts dieser kritischen Sachlage versteht man es ohne Schwierigkeit, daß der »Matin« es sich selbst schuldig war, sie seinen Lesern zu enthüllen. Nicht nur die französischen Buchdrucker werden in Mitleidenschaft gezogen, auch die Zeichner, Klischeefabrikanten, Papierlieferanten, die Hersteller mechanischer Pressen, Kartonnagenfabriken, Buchbinder, Schriftgießer, mit einem Wort: alle an der Herstellung des französischen Buches beteiligten Korporationen werden direkt geschädigt. Was tut das Syndikat der Druckereibesitzer angesichts dieser Tatsachen? Was unternimmt der Verband der Drucker Frankreichs und der der Papierfabrikanten? Was beginnen die Pariser Drucker und was die Syndikate der Provinz, so wohl Arbeitnehmer als Arbeitgeber? Sicherlich erwächst ihnen hier eine viel größere Gefahr, eine weit empfindlichere Konkurrenz, als durch eine Luxusausgabe der Werke Flauberts und Balzacs, die dem guten Geschmack eines französischen Ver legers ihren Ursprung verdanken und auf den Pressen der Nationaldruckerei hergestellt werden. E u g. Defrance. Unter den angedeuteten englischen Ausgaben sind u. a. die Sammlung der Künstlermonographien der Firma Jack und die Anthologien von Gowanszu verstehen, als deutsche Aus gaben kommen die »Klassiker der Kunst«, »Berühmte Kunst- stätten« u. a. m. in Betracht. Die Pariser Sortimenter haben feststellen können, daß das 743*