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pV 269, 18. November 1905. Nichtamtlicher Teil. 10787 Herr mit dem jetzigen Reichsadler auf seinem Trompeten tuch zu tun hat, ist recht merkwürdig, oder kommt es auf ein paar Jahrhunderte bei solchem Mischmasch nicht an? Eine Punschcssenz in einem Wappenschild: Na, na! Eine Zusammenstellung: Geschrieben »Lest Llorino« in einem an sich nach altgotischem Muster gut gezeichneten Bollwappen mit Turnierschild und Turnierhelm — paßt doch nicht zu sammen; ebensowenig ein Warenwort in moderner Kursiv schrift im Dürerwappen, Ein bürgerlicher Wappenschild unter Königskrone ist ungereimt, auch ein alter Doppel reichsadler, der Stiefeletten im Schnabel und den Fängen präsentiert. Das Gesagte mag genügen Es ist dringend anzu empfehlen, mehr Geschmack bei der Auswahl der Waren zeichen und Fabrikmarken walten zu lassen Es ist niemand gezwungen, diese heraldisch auszustatten; es gibt im Gegen teil unter den vielen Tausenden von Warenzeichen eine enorme Anzahl solcher, die nicht heraldisch sind, und da kann der gemäßigte Teil unsrer vielen bessern modernen Künstler ein weites Feld der Tätigkeit finden. Will aber jemand, was keineswegs zu verwerfen ist, sein Zeichen wappenmnßig halten, so wende er sich an einen der zahl reichen Heraldiker unter den Zeichnern und Graveuren, und er wird dann kein Machwerk erhalten, das erheiternd wirkt, sondern das in würdiger Verbindung mit seinem Hause und seinen Waren steht Daß dies geht, beweisen so manche schöne heraldische Warenzeichen, wie z, B, das der Wachsfirma Josef Gautsch-Mllnchen, das augenscheinlich vom Meister Hupp im Geschmack des »Münchner Kalenders- ent worfen ist und ein Münchner Kindl auf einem Bienenstock zwischen den Münchner Frauentürmen und zwei bayerischen Löwen zeigt —> oder die allgeniein bekannten Schilde des Spaten- und des Hackerbräus in München mit dem Spaten, bczw. zwei gekreuzten Hacken, — die korrekten Vollwappen von vr, A Hartmann-Langen und C, A, Wilhelm Hochstetter- Mannheim, — die drei schön stilisierten Alt-Kölner Kronen von Stallwerck-Köln, — der flott gezeichnete Schild von De Th, König-München, — der Magenbitter von Carl Krempe- Zwickau mit Kunz vvn Kauffungen und zwei Rittern in Turnierrllstungen, — die richtigen Siegelsormen von E, C, Schröder-Berlin und der München-Dachauer Maschinen papierfabrik, — das Münchner Kindl mit Augsburger Zirbelnuß von Friedrich Arnold-München usw,, die alle heraldisch ausgestattet sind, feines heraldisches Gefühl bekunden und daher auch sofort gefällig vors Auge treten. Man kann nur warnen: lieber kein heraldischer Schmuck als ein verfehlter, auf Gedankenlosigkeit und Ungeschmack beruhender! Allenfallsigen Interessenten teile ich noch zum Schluß einige Adressen von heraldischen Meistern mit, an die man sich vertrauensvoll wenden kann: Otto Hupp-Schleißheim bei München, Professor Emil Doepler d, I,, Berlin, Dörnberger- straße 2, Professor Adolf M, Hildebrandt, Berlin, Schillstraße 3 II, Guft Ad Cloß, Stuttgart, Neckarstraße 61, Georg Barloesius, Charlottenbnrg, Kantstraße 159, Georg Otto, Berlin, Unter den Linden 4V, Oskar Roick, Berlin, Dresdnerstraße 106, Lorenz M, Rheude, Papiermühle bei Roda, Sachsen- Altenburg, Heinrich Hinzmann, Hannover, Kleine Wallstraße 2 I,, I. Mattheis, Hannover, Georgstraße 88 III,, Franz Buschmeyer, Erfurt, Johannesstraße 172 I,, Martin Kortmann, Berlin kl, 54, Ackerstraße 167 I,, Ernst Krahl, Wien III , Am Heumarkt 9, Hugo Gerard Strähl, Mödling bei Wien, Kielmans- egggasse 10, Im übrigen erteilen der »Deutsche Herold- in Berlin <Herr Professor Hildebrandt, s, oben) und der Verein »Zum Kleeblatt«, Hannover (Herren Mattheis und Hinz mann, s, oben) jederzeit gern Rat und Auskunft, München, Rambergstr, 3, K, E. Graf zu Leiningen-Westerburg, Ehrenmitglied dreier heraldischer Vereine, Kleine Mitteilungen. Gesetzentwurf betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste. — Der Bundesrat genehmigte am 16. d. M, einstimmig den Gesetzentwurf über das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste. Leipziger Buchbinderei-Aktiengesellschaft, vormals Gustav Fritzsche, in Leipzig, — Das Königliche Amtsgericht (Abtlg. li 6) in Leipzig gibt unter dem 16. November 1905 folgende handelsgerichtliche Eintragung bekannt: In das Handelsregister ist heute eingetragen worden: Auf Blatt 9357, betr, die Firma Leipziger Buchbinderei-Aktien gesellschaft, vorm. Gustav Fritzsche in Leipzig: Die Generalversammlung vom 25. Oktober 1905 hat weiter beschlossen, nach Durchführung der in derselben Aersammlung be- schlosienen Herabsetzung des Grundkapitals das Grundkapital wieder um 418 000 zerfallend in 418 Aktien zu lOOO^U, zu erhöhen. Gegen Bücherschenkung,— Gegen den Aufruf Ernst von Wildenbruchs mit der Bitte um Schenkung von Büchern für unsre Landsleute in deutschen Kolonien wendet sich in Nr. 32 der »Literarischen Praxis- vom 11. November 1905 der Schrift steller Max Hosfmann in Weißensee (Berlin). Er sagt: In Nr. 517 des »Berliner Tageblatts- erläßt Ernst von Wilden bruch einen Aufruf an die Autoren und Verleger, deutsche Bücher für Deutschlands Kolonien zu spenden. Dieser Appell, der doch in erster Linie der Begeisterung für die Kultur deutschen Geistes lebens entsprungen ist, macht dem warmfühlenden Herzen des muß mindestens bezweifelt werden. Am allerwenigsten prak tisch für die zunächst dabei Beteiligten, für die Schrift steller. Ich habe hier natürlich vor allen Dingen diejenigen im Auge, die daraus angewiesen sind, von dem Ertrag ihrer Feder und nur davon zu leben. Wie unendlich schwer ein solcher Beruf ist, kann nur der verstehen, der nicht noch ein kann. Wenn nun aber die Bücher dieser freien (ach ja, freien I) Schriftsteller verschenkt werden sollen, wovon sollen diese dann existieren? Selbst der zarteste lyrische Dichter kann nicht von Blumenduft sein Dasein fristen. Er will etwas in den Magen bekommen; er will wie jeder anständige Mensch gekleidet gehen und wohnen, und dazu braucht er Geld; deshalb verlangt er, daß seine Bücher gekauft werden. Ehre und Ruhm sind nur schön, wenn man nicht dabei verhungert. Sieht es nicht geradezu wie eine blutige Satire aus, wenn gleich unter jenem Aufruf des Bücher werden nicht genügend gekauft. Und da fordert ein andrer Dichter noch zum Verschenken dieser Werke auf! Was würden die deutschen Seisenfabrikanten wohl dazu sagen, wenn man sie aufforderte, recht viel Seife nach den Kolonien zu schenken, damit sich die Leute dort recht schön waschen können. Im Ernst ge sprochen: ich meine, wer nach dem Ausland geht, muß doch auch so viel erübrigen können, um im Monate ein paar Mark für deutsche Bücher opfern zu können. Andernfalls könnte es geschehen, daß verdoppelt werden. Aus diesen Gründen möchte ich als freier Schrift steller Protest gegen den Ausruf des Herrn von Wildenbruch einlegen. >422'