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3886 Nichtamtlicher Teil. 110, 13. Mai 1901. Nür mit Vorbehalt können dem Vorbehalt wir entsagen. Denn sonst würde zu leicht der Bock als Gärtner bestellt.» Sobald aber die Reichsregierung dem Reichstage in einer Denkschrift 1896 die Absicht ausgesprochen hatte, den Vor behalt i» Deutschland fallen zu lassen, und eine Anstalt in der Weise der französischen enipfahl, ging der Verein in der Hauptversammlung 1897 daran, die Organisation des Schutzes der musikalischen Aufführungen, aber im Sinne des deutschen Musiklebens anzubahnen. Die Hauptversammlung 1898 beschloß auf Grund eingehender Vorbereitungen durch be sonderen Ausschuß, dem von Auswärtigen die Herren Hugo Bock und Alwin Cranz angehörten, gemeinsam mit dem dazu willigen Allgemeinen Deutschen Musikverein, der Haupt- vertretung deutscher Tonkünstler, und nach Anhörung von Vertretern des »Allgemeinen Deutschen Mnsikverbandes- die Errichtung einer »Anstalt für musikalisches Aufführungs recht« zu Leipzig die am 1. Oktober 1898 mit Genehmigung des Königlich Sächsischen Ministeriums des Innern ins Leben getreten ist. Diese Anstalt, deren Satzungen auf volle friedliche Gemeinsamkeit der Komponisten und Verleger be gründet waren, und deren Ausführungsbestimmungen die pflegliche Behandlung des öffentlichen Musiklebens weitest gehend berücksichtigten, ist durch die terroristische Agitation eines sonst unbekannten Musikers, der dagegen eine von ihm begründete »Genossenschaft deutscher Komponisten«, wie im Reichstag von einem Führer ausgesprochen wurde, als »Kampsgenosscnschast« mobil machte, nach widerwärtigen Kämpfen lahmgelegt; denn nur auf friedliche Verständigung waren die komplizierten Satzungen der ehrenamtlich geleiteten Anstalt mit ihrem bescheidenen Höchstsätze von 1 Prozent ge gründet. und nur bei Aussicht auf volles Einverständnis der Beteiligten konnte es unternommen werden, eine solche Anstalt schon vor Erlaß eines neuen Gesetzes ins Leben zu rufen. Wie aber der Verleger nicht mit dem Autor in öffentlichen Streit geraten darf, so muß dies noch mehr Verein gegen Verein ver meiden. Eine außerordentliche Hauptversammlung der An stalt beschloß am 21. Januar 1899 auf Antrag des Vor stehers: »Die Anstalt für musikalisches Aufführungsrecht, deren Satzungen auf das friedliche Zusammenarbeiten von Tonkünstlern und Musikalienhändlern begründet sind, ver zichtet infolge des Widerspruchs einer größeren Anzahl von Komponisten bis zur Neuordnung der Verhältnisse darauf, von den auf Erhebung von Gebühren für das Recht der musikalischen Ausführung bezüglichen Bestimmungen der Satzungen Gebrauch zu machen.« Vor wie nach diesem Be schlüsse ist von: Vereine der deutschen Musikalienhändler alles versucht worden. eine friedliche Einigung herbeizusühren. Waren von vornherein nach den Satzungen der Anstalt Komponisten und Verleger je zur Hälfte an Ertrag und Verwaltung beteiligt, so wurde nach einem aufgedrungenen Streite eine gemeinsame Anstalt der Genossenschaft der Kom ponisten und des Vereins der deutschen Musikalienhändler vereinbart, wobei der Ertrag, abzüglich 10 Prozent für die Genossenschafts-Unterstützungskasse. zu ^ den Komponisten und zu den Musikalienverlegern, die Leitung aber drei Komponisten und zwei Musikalienverlegern zukommen sollte. Diese von der Hauptversammlung des Vereins gutgeheißene und von der Hauptversammlung der Anstalt einstimmig angenommene Vereinbarung, sowie überhaupt jedes Zu sammenwirken wurde trotz dieses weitgehenden Entgegen kommens unmöglich gemacht. Durch Sonderbindung einzelner Mitglieder des Vereins, die gerade die eifrigsten Mitarbeiter bei Ausstellung der An-staltssatzungen gewesen waren, seitens des Geschäftsführers der Genossenschaft wurde hierbei zum ersten Male Zwietracht in den Verein hineingetragen. Mit tiefem Bedauern sah der Verein eine kleine Zahl hochangesehener Kollegen aus dem Verein scheiden, wenn auch die Weiter- entwickclung des Vereins selbst dadurch nicht aufgehalten worden ist. Die Folge dieses im Verhältnisse des Musikalienhandels zu den Komponisten unerhörten Unfriedens waren, daß wesentliche Vorteile, die das längst geplante neue deutsche Urheberrecht beiden Teilen mit Sicherheit gebracht haben würde, unwiderruflich verloren gegangen sind, während die von vornherein als Utopien kenntlichen Bestrebungen des Leiters der gegen den Musikalienverlag gerichteten Bewegung: der staatlich subventionierte Selbstverlag, das Aufführungs recht der Werke der alten Meister als Patrimonium der enterbten Tonsetzer, eine Spezial-Wohlsahrtsgesetzgebung des Reiches für notleidende Komponisten, soweit sie noch an den Reichs tag gelangten, als völlig aussichtslos fallen mußten. Für Vorbereitung des neuen Urhebergesetzes ist der Verein der deutschen Musikalienhändler seit Jahrzehnten thätig gewesen durch Erstattung von Gutachten und eigenen Angaben, auch hat sein Vorsteher, der als vereidigter Sach verständiger für den Mustkalienhandel und seit 1878 im König lich sächsischen musikalischen Sachverständigsn-Verein sich mit dieser Materie vertraut gemacht hat. neben anderen an gesehenen Mitgliedern wiederholt an Sachverständigen-Berhand- Inngen zur Vorbereitung im Reichsjustizamte teilgenommen. Von einer Vertretung seiner Bestrebungen in der breiten Oeffentlichkeit hat der Verein abgesehen Es gereicht ihm zur Genugthuung. daß das neue Urhebergesetz doch eine ganze Reihe seiner Forderungen erfüllt hat. neben der Ein führung des Melodienschutzes (H 13 des Entwurfes) und der für Werke früherer Zeit nicht unwichtigen Anerkennung des räumlich abgegrenzten Urheberrechts l8 8), den Wegfall des Vorbehalts für das Recht der musikalischen Aufführung (Z II). wenn auch in der Rückwirkung beschränkt (Z 62). den vollen Schutz der Uebersetzung (S 2 und 12), die Gut heißung des bisher widergesetzlichen aber unentbehrlichen Brauches des Textabdruckes für den Gebrauch der Hörer bei einer Aufführung (8 20, Absatz 1, Satz 2), die Beschränkung der Liederquelle auf den Dichternamen (Z 25 Erläuterung), die Gewährung einer Schutzdauer von 10 Jahren seit der ersten Veröffentlichung auch nach Ablauf von 30 Jahren nach dem Tode des Urhebers 29), und bei einem nach gelassenen noch nicht veröffentlichten Werke auch nach Ablauf der bisherigen Schutzfrist (Z 60). wenn auch nicht der volle Schutz der Läitio princexe; die Anerkennung des Rechtes des Bearbeiters (tz 2), wenn auch nicht schlechthin des Heraus gebers; die Beseitigung des Fiskus als Erben (tz 8). Nicht wurde erreicht die von einer großen Zahl von Vereinsmitgliedern gewünschte Erstreckung der Schutzdauer des Urheberrechtes auf SO Jahre. So willkommen diese Verlängerung auch gewesen sein würde, so wäre sie mit einem komplizierten Abrechnungswesen zwecks Teilung des Rein gewinnes oder der lästigen Abgabe einer Gebühr vom Absätze doch zu teuer erkauft gewesen, und die einseitige Verlänge rung des Aufführungsrechtes allein (Z 33 des Entwurfes) würde ganz unhaltbare Zustände herbeigesührt haben. Entgegen der Rechtsprechung des Reichsgerichtes und dem sür unseren Verein von Herrn Reichsgerichtsrat a. D. vr. Stenglein erstatteten gediegenen Gutachten ist den Fa briken mechanischer Musikwerke die freie Benutzung der ge schützten Urheberrechte gestattet worden; Ausnahmen bilden nur Instrumente, die die Werke nach Art eines persön lichen Vortrages wiedergeben können (tz 22). Diese unklare Grenze kann auf die Dauer nicht genügen, eine angefügte Resolution des Reichstages verlangt denn auch künftige inter nationale Regelung dieses Schutzes. Der Verein der deutschen Musikalienhändler hatte die Zulässigkeit gegen eine gesetzlich festzulegende bescheidene Gebühr, 5 Prozent vom Ladenpreise der Notenplatten, vorgeschlagen. Die wagemutige Arbeit des