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6522 Nichtamtlicher Teil. ^ 197, 26. August 1903. Hähern Sinne dienen. Diese Tendenzen werden verfolgt durch ge meinsame, unter fachmännischer Leitung vorgenommenc Besuche öffentlicher und privater Kunstsammlungen, der kunsthistorischen und naturhistorischen Abteilung der Hofmuseen, durch Veran staltung von Konzerten, Rezitationen und Vorlesungen, die in der Regel an Samstagabenden und Sonntagnachmittagen stattfinden. Ein wesentlicher Faktor zur Förderung der Vereinsziele ist die Bibliothek, deren Bestand derzeit 5000 Bände nebst den dem Verein zukommenden 58 Zeitschriften von den Mitgliedern in den Abend stunden von '^6 bis '/zlO Uhr in den dazu eingerichteten zwei Lesezimmern sehr fleißig benutzt wird. Die produktive und werbende Kraft jeder guten Idee zeigte sich auch innerhalb des Vereins in der Gründung von Klubs, in denen sich gleichstrebende Mitglieder zu speziellen wissenschaftlichen Zwecken zusammen schloffen; so wurde unter anderm eine naturhistorische, ferner eine philosophische Sektion — diese zählt bereits über 50 Mitglieder und hält jeden Donnerstag Diskussionsabend — gegründet. Die Anzahl der ordentlichen Mitglieder ist von 1132 (im ersten Jahr) auf 1210 im zweiten Jahr gestiegen; diese zahlen einen Jahres beitrag von 5 L (beziehungsweise 3 U, wenn sie Gewerkschafts mitglieder sind), und sind zur Teilnahme an allen Lehrkursen und allen Veranstaltungen des Vereins berechtigt. Ferner zählt der Verein derzeit 227 unterstützende Mitglieder mit einem Jahres beitrag von 15 U. Der Verein hat das frohe Bewußtsein, ein großes Stück sozialer Arbeit zu leisten, und wenn das Können mit dem Wollen nicht gleichen Schritt hält, so liegt dies an der Unzulänglichkeit der materiellen Mittel. Erst wenn diese reichlicher fließen und die Er bauung eines eignen Hauses gestatten werden, können die weit gesteckten Ziele erreicht werden, und darum appelliert die Vereins leitung an alle mit Glücksgütern Gesegneten, denen das geistige Wohl breiter Volksschichten am Herzen liegt. Friedrich Schiller (Wien). Einbände österreichischer Schulbücher. — Der öster reichische Unterrichtsminister Herr Or. von Hartl hat angeordnet, daß Lehrbücher, die an Volks- und Bürgerschulen zur Verwendung gelangen, mit dauerhaftem Einband ausgestattet und mindestens mit Leinwandrücken und Leinwandecken versehen sein müssen. Die behufs Einleitung des Approbationsverfahrens dem Ministerium für Kultus und Unterricht vorgelegten Musterexemplare sollen stets denselben Einband haben, in dem das betreffende Buch später in den Schulen verwendet wird. Falls sich zeigen sollte, daß ein derartiges Buch in einem weniger guten Einbande für den Schul gebrauch in den Handel gebracht wurde, als jener war, in dem es die Approbation erlangt hat, so soll ihm die Approbation entzogen werden. Maxim Gorkij in Karikaturen. — In St. Petersburg erschien soeben ein Buch von Victor Russakoff unter dem Titel »Maxim Gorkij in Karikaturen und Anekdoten«, das über vierzig Karikaturen nach Zeichnungen populärster Schriftsteller enthält. Unter anderm findet sich dort eine Karikatur auf die Verlags tätigkeit Gorkijs. Der Verfasser vom »Nachtasyl« hat nämlich die Verlagsfirma »Bildung« (8ns.nis) erworben. Der japanische Farbenholzschnitt. — Es ist nicht viel mehr als fünfunddreißig Jahre her, daß man sich für die japanische Kunst zu interessieren begann. Sowohl Sammlungen von kunst gewerblichen Erzeugnissen, als auch von Malereien und Holz schnitten Japans sind an verschiedenen Orten angelegt worden, und die japanische Kunst übte und übt noch immer einen starken Einfluß auf die Entwicklung des heutigen Geschmacks aus. Gute japanische Holzschnitte finden immer mehr Liebhaber, so daß gute Blätter in nicht zu langer Zeit zu Seltenheiten werden dürften. Über den japanischen Farbenholzschnitt gibt es nur wenige und meist teure Werke. Wer sich jedoch für wenig Geld über Geschichte und Einfluß des japanischen Farbenholzschnitts gut belehren will, sei auf das kürzlich erschienene Werk von Friedrich Perzynski (93 S. mit 2 farbigen Kunstbeilagen, 8 Vollbildern und sonstigen Illustrationen, Berlin, Jul. Bard, kart. 1 ^ 25 ->), geb. 2 50 H) verwiesen. Es gibt in sehr ansprechender Weise einen guten Überblick über den Gegenstand. Die Verwendung von Holzstöcken für den Bilddruck fand in Japan nachweisbar erst seit dem vierzehnten Jahrhundert statt. So stammt z. B. eine mit dem Namen des Priesters Rlokin be- zeichnete Serie aus dem Jahre 1325. Die Anfänge des eigent lichen Holzschnitts, und zwar in der Form von Vuchillustrationen, sind erst von 1608 zu datieren. Damals erschien oie im zehnten Jahrhundert verfaßte Sammlung von Ritter- und Liebesgeschichten, die unter dem Titel lis-NonoZatäri bekannt ist, zum erstenmal mit Holzschnittabbildungen. 1626 erschien das UoZsn NonoZLtari. Aus dem Ende des siebzehnten Jahrhunderts werden angeführt: die Illustrationen von Hassgawa Töun im Ilsllon Uollän, einer Legendcnsammlung von 1688, ziemlich gleichzeitig von Jshikawa RiuLen im llamato UoSallu Arvasllo, einem Jahrbuch japanischer Gebräuche; Sammlungen von Ansichten z. B. von ItSullnsllima. und Umgegend von 1689; lolliwägi, eine Sammlung von Stoffmustern von 1700. Den wahrhaft künstlerischen Aufschwung verdankt der japanische Holzschnitt dem Einflüsse Morönobus, der von 1675—1715 wirkte. Unter seinen Nachfolgern zeichneten sich MaSänobu und Torii Kiyünobu aus. Bei einzelnen Blättern Morönobus kam bereits Handkolorierung vor, die von 1715 ab bei Cinblattdrucken zur Regel wurde, bis um 1743 herum Shigönaga und MaSänobu, dann allmählich auch alle übrigen Künstler sich dem Buntdruck zuwandten, der zuerst nur aus zwei Stöcken, meist in Grün und Rot, bestand. Gegen Ende der fünfziger Jahre fügten Shigönaga und namentlich Torii KiyömiUu eine dritte Platte, für Blau oder Grau, hinzu. Harunobu führte um 1765 den Grundsatz des Über drucks der farbigen Platten ein und eröffnete dadurch der Ent wicklung des Buntdrucks völlig freie Bahn. Nun war die Zeit für Shunshü mit seiner zahl reichen Schule, für Kiyönaga und für Utamaro gekommen, die in dem letzten Drittel des achtzehnten Jahrhunderts den japanischen Holzschnitt zu seiner vollen Entwicklung brachten. HökuSai, zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts, war dann der letzte große Künstler dieser Reihe. Aus der Schar der Künstler, die nach ihm kamen, ragt noch Hiröshige hervor. Seit der Er öffnung Japans für die Europäer ist die Kunst der Japaner völlig zurückgegangen; ob sie wieder zu einer eigenartigen bedeutenden Kunst gelangen werden, bleibt abzuwarten. Moderne Plakate. — Auf Veranlassung der »Vereinigung der Kunstfreunde der Charlottenburger Lehrer« hielt am 25. Au gust d. I. Herr Thic im großen Saal der »Loge« in Charlotten burg einen Vortrag über die moderne Plakatkunst, die mit einer Ausstellung besonders wirkungsvoller, origineller Plakate ver bunden ist. Diese sind zum großen Teil von der Buchhandlung H. Golde dort zur Verfügung gestellt, die gleichzeitig auch die neueren Werke über Kunst, sowie neue Kunstblätter ausgelegt hat Neue Bücher, Kataloge rc. für Buchhändler. Uatllolisolls IllsoloAis, Ullilosopllis, dssolliollts, UreckiAtwsrlls unck llatllolisolls l7ntsrllg.ltunA8litsra.tur nsllst ^.usvalll von IVsrllsn aus anäsrsn IVisssnsollaktsn. ^ntigua.ria.ts-l!g.tg.loA Ur. 188 von V7illl. llaoollsolln L 6o. in Lrsslau V. 1903. 8°. 56 8. Weitere Äußerungen über Bücher, Der deutsche Buchhandel und die Wissenschaft (vergl. Nr. 177, 179—187, 190, 193, 194, 195, 196): Leipziger Volkszcitung Nr. 193 v. 22. August 1903. 3. Beilage. Artikel: »Die geistige Nahrung und das kapita-! listische Unternehmen im Buchhandel«. Pers onalnachrichten. Roseggers Dank an die Universität Heidelberg. Bei Gelegenheit der Jubiläumsfeier der Universität Heidelberg! im Beginn dieses Monats wurde unter andern verdienten Schrift stellern auch Peter Rosegger der Auszeichnung des Ehren-1 doktorgrads gewürdigt. Sein Dank lautet wie folgt: »Noch nie hat mich etwas mit so freudigem Stolz beseelt,! als die Promovierung zum Ehrendoktor der ehrwürdigen Uni-I versität Heidelberg, deren Diplom mir eben zugegangen ist. Ein! Mann, der sein Lebtag nie eine Schule regelmäßig besuchenI konnte, der auch nicht ein einziges offizielles Examen abzulegenI je in der Lage war, der den Mangel eines geordneten Wissens ostl schwer empfunden hat, der das in der Jugend Versäumte nie mehr! nachzuholen vermochte, dieser Mann wird plötzlich Doktor der! leuchtendsten deutschen Universität. Das ist märchenhaft. — Eine! harte Schule habe ich zwar durchgemacht, eine strenge Prüfung viel-! leicht zur Not bestanden — die des Lebens. Die Wahrheit habe ich! immer gesucht, dem Guten und Schönen nach meinen geringen Kräften! zugetrachtet, das, was ich für wahr und recht hielt, freimütig aus< gesprochen, begangene und erkannte Jrrtümer möglichst berichtigt. Ist! darauf hin die hohe akademische Würde mir verliehen worden,^ so darf ich sie annehmen. Sie soll mich stolz, aber nicht hoffärtig machen, sie soll mich ermutigen und stärken in der Arbeit, die mir) zu leisten etwa noch gegönnt ist. — Mein Verlangen wäre nunl Alt-Heidelberg, die seine, zu sehen und in unsrer geliebten Uuxsrtö Oarola. Vorlesungen hören zu können. Nach der Promovieruno Student zu werden, das müßte ja auch gehen. Einstweilen trachte ichl in Leben und Wirken dem hohen Geiste dieser Universität gerecht zu sein, und zeichne, hochgeehrte Herren, in treuer Dankbarkeit als Ihr Or. Peter Rosegger. Krieglach, am 12. August 1903.«