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Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. 185, IS. Juli 1916. düng a» die Kantonsschule in Chur. Nach Absolvicrung derselben widmete sich der Verstorbene juristischen Studien an den Universitäten Berlin und Tiibingcn. Eingetrctene Verhältnisse vcranlahlcn ihn jedoch bald, die Studien auszugebe» und sich dem Buchhandel zu wid men. In der Buchhandlung Jcnt in Bern erwarb sich der mit einer vorzüglichen Bildung anLgestattcte junge Manu die ersten Kenntnisse im Buchhandel und in der Buchdrnckcrci. 1851 finden wir ihn schon als Besitzer der 1847 von einem Verwandten G. Hitz in Chur gegrün deten Buchhandlung, verbunden mit Bnchdrnckerei. 8. Hitz hatte nun ein reiches Arbeitsfeld vor sich. In seinem Verlage erschien der libe rale »Alpenbote«, der tapfer seine Ansichten vertrat und manchen harten Strauß dnrchzukämpfcn hatte. 18t!ll übernahm Hitz auch den Verlag des »Biindnerischcn Monatsblattcs« und gründete die -Biind- nerische Wochenzcitung«, mit der dann noch im gleichen Jahre der liberale »Alpcnbotc- vereinigt wurde. 1864 verkaufte 8. Hitz die Bnchdruckctei samt Zcitnngsvcrlag und widmete sich von nun an ganz dem Buchhandel. 1874 trat G. Hall als Teilhaber in die Firma ein. Nach dessen Tod 1887 kam die zu Ansehen gelangte Buchhand lung wieder in den alleinigen Besitz von L. Hitz, der diese mit Erfolg wcitcrführte, bis 1M2 das Geschäft durch Kauf an dessen vielsährigcn Mitarbeiter F. Schüler überging. Hitz trat nach Sljähriger Tätigkeit in den wohlverdienten Ruhestand. In den älter und lillcr Jahren entfaltete 8. Sitz eine für die damalige Zeit sehr rege vcrlcgerischc Tätigkeit. Durch Veröffentlichung einer ganzen Reihe hervorragender Werke ans allen Gebieten der Heimatkunde von Granbiindcn hat er sich ein großes Verdienst um die Förderung von Volksbildung und Wissenschaft in Granbünden erworben. So seien beispielsweise hier genannt: Archiv für die Geschichte der Republik Graubiinden, eine »och heute sehr gesuchte Sammlung von Urkunden und Werken alter Bündner Historiker. Dann Theobalds naturwissenschaftliche Bücher und dessen Ratnrbilder ans den Räuschen Alpen. Die Werke von Carisch, Andeer, Blihler usnn, die romanische Sprache betreffend: Planta, Bündnerischcs Privatrecht: Mohr, Regesten der Archive der schweizerischen Eidgenossenschaft »sw. usn>. Alles Werke, die heute noch wertvoll und zum Teil sehr gesucht sind. 8. Hitz stand mit den hervorragendsten Männern Graubiindeus der damaligen Zeit i» enger Berührung und freundschaftlichen Beziehungen. Er nahm regen An teil an den Bestrebungen der Naturforschcude» Gesellschaft, deren Mit glied er seit 1858 war, und an denen der Sektion Rätia des S. A.-C., der er seit der Gründung angehörte. Seine Erholung suchte Hitz am liebsten in der Musik: als guter Sänger nahm er am musikalische» Leben in Chur lebhaften Anteil. In seiner Jugend war der Ver storbene ein eifriger Turner lEhrcumitglied des Kantonsschiilerturn- vereinst, und im Militär brachte er es zum Bataillonskommandanten. Rebe» seiner beruflichen Tätigkeit widmete Major Hitz (wie er im Volksmundc genannt wurde) sich auch öffentlichen Ämtern. So war er viele Jahre hindurch Mitglied des Bezirksgerichtes Plcssur, in welchem er als gewissenhafter und gerechter Richter wirkte. Wissen schaftlichen und wohltätigen Vereinen diente er willig und sorgsam als Mitglied und führte nicht selten für sie das oft arbeitsreiche Kassicr- amt. Seit den, Tode seines Teilhabers bis zur Aufgabe des Geschäfts war Hitz regelmäßiger Besucher der Generalversammlungen des S. B.-V. und freute sich stets, in Gesellschaft lieber alter Freunde einige Stunden verleben zu können. Im Vorstand des Schweizerischen BuchbäudlcrvercinS amtete 8. Hitz während der Vcrcinssahrc 18M/91 bis 1898/94 als Kassier und Beisitzer. 1892 war er mit dem ebenfalls ISIS »erstorbenen Heinrich Georg als Delegierter des S. B.-V. in Leipzig. Nun ist auch er von uns gegangen nach einem arbeitsreich verbrachten Leben. Mein Amtsvorgänger im Vorsitz des Schweizer. Buch händler-Vereins schrieb am Schlüsse seines letztjährigen Jahres berichts : »Ich glaube, diesen Jahresbericht nicht besser schließen zu können, als indem ich den schweizerischen Buchhandel samt unserem lieben Vat-erlande gemäß unserem alteidgenössischen Bundesgrutze auch fernerhin dem Machtschutze Gottes empfehle«, und der Chronist desselben Jahres schrieb: »Auf Wiedersehen im nächsten Jahr, Mills Gott in friedlicher Zeit!« Der elftere Wunsch ist in Erfüllung gegangen: unter dem Machtschutze Gottes ist die Schweiz bis auf den heutigen Tag vom Krieg verschont geblieben, »die friedliche Zeit« ist aber leider noch nicht ange brochen. Furchtbarer als je wütet der Krieg und fordert täglich das Leben Tausender und Abcrtausender. Obwohl am Kampfe selbst nicht beteiligt und von blutigen Opfern verschont, empfinden wir doch kaum weniger schwer als die Kämpfenden das drückende Leid, das auf der Erd« lastet, und unser ganzes Fühlen und Denken ist darauf gerichtet, einen Ausweg zu finden aus der entsetzlichen Not empor zur Versöhnung, zum Frieden. Möchte 948 es unserem Lande, dessen Bürger alle von diesem Sehnen erfüllt sind, vergönnt sein, mitzuhelfen zur Erreichung dieses Zieles! Auch unser ganzes Geschästslebcn stand und steht unter dem Druck des Krieges. Wohl hat sich die Lage unseres Berufs in dem Vereinsjahr 1915/18 gegenüber dem Vorjahre gebessert. Eine größere Ruhe und Stetigkeit macht sich geltend. Es stehen nicht mehr so viele Wchrmünner unter den Waffen. Die Heimgekehrtcn konnten zu ihren Berufen zurllckkchreu, die Stockung in Handel und Wandel ließ nach, man faßte wieder Mut, die Hand anzu- legeu: die Tätigkeit jedes Einzelnen trug dazu bei, den Blut kreislauf des wirtschaftlichen Körpers zu beleben — das alles wirkte auch auf den Buchhandel zurück. Der Ladcnverkehr hat sich wenigstens in den Städten, die nicht auf den Fremdenverkehr angewiesen sind, wieder gehoben und die Verleger ermannten sich, begonnene Unternehmungen sortzusetzen und auch Neuer scheinungen zu bringen. Allerorts machte sich aber Loch die Ein wirkung des Krieges bemerkbar. Rings von kriegführenden Ländern umgeben, fühlen wir uns vielfach in unserer Bewe gungsfreiheit behindert. Es begann mit der Reutralilätsverordnung, die im Juli vorigen Jahres vom Bundesrat erlassen wurde. Je nach Auslegung und Ausführung dieser Verordnung sah sich der Buchhandel mehr oder weniger der Gefahr ausgesctzt, ohne es zu wollen, mit dem Gesetz in Konflikt zn kommen. Wir erlaubten uns daher, in einem Schreiben vom 3. Juli vorigen Jahres, den Bundesrat aus die Schwierigkeit unserer Lage aufmerksam zu machen, und hatten die Genugtuung, hierfür volles Ver ständnis zu finden, wie aus der Antwort des Schweizer. Poli tischen Departements vom !2. Juli 1915 hervorgeht. Ein Gesuch um ein gedrucktes Verzeichnis der verbotenen Schriften wurde abgelehnt. Wir sind für unsere Kenntnis nahme auf die hektographierlen Mitteilungen der verschiedenen Polizeidirekttonen angewiesen, dürfen aber mit Tank anerkennen, daß die Ausführung der polizeilichen Maßnahmen, wenigstens soweit meine Erfahrungen reichen, keine rigorose ist, was Wohl zum Teil auch darauf zurückzuführen ist, daß die meisten ver botenen Schriften und Bilder nicht Gegenstand des Buchhandels sind. Sehr viel schwerer, auch eine Folge des Krieges, griff in unser ganzes Geschäftslehen das Sinken der Markwährung ein. Ich brauche an dieser Stelle nicht auf Einzelheiten einzu gehen, da dies« im Anhang des den Mitgliedern zugegangenen gedruckten Jahresberichts zu finden sind. Was in Friedens- zeiten als ein Grund- und Eckpfeiler unseres Berufs angesehen wurde: der Ladenpreis, geriet durch den Kurssturz der Mark ins Wanken. Wir haben uns nach Kräften bemüht, zuerst vom Vorstand aus, hernach durch Ihrer aller Mitwirkung, der unge wöhnlichen Situation mit geeigneten Mitteln entgegenzuarbeiten, und hoffen, das Richtige getroffen zu haben. Wir müssen nun gewärtig sein, was die Zukunft bringt. Der heut« auf der Tagesordnung stehende Antrag des Basler Buchhändlervercins zeigt, daß es weiter gärt und daß es gilt, einen Weg zu finden, der das Wohl unseres Standes aus absehbare Zeit sicherstellen soll. Große Störungen verursachten auch verschiedene Aus fuhrverbote aus Deutschland, zuerst von Reiseführern und Karten, dann von medizinischen, chemischen und militärischen Büchern und Zeitschriften. Mit Bezug auf letztere Kategorie haben wir am 29. November 1915 durch Vermittlung von Herrn Professor vr. Asher in Bern eine Eingabe an di« Deutsch« Ge sandtschaft gerichtet, um auf die Schädigungen hinzuweisen, die durch das Ausfuhrverbot medizinischer Werke und Zeit schriften neutralen Ärzten und ihren Kranken widerfährt. Neuer dings sind verschiedene Bücher und Zeitschriften, die uns längere Zeit vorenthalten wurden, freigegeben worden. Ob diese mildere Handhabung von Dauer ist, wird die Zukunft zeigen. Seit dem Februar 1916 sind auch Kreuzbänder aus dem Auslände einer Zollbehandlung unterworfen, was uns täglich neue Spesen verursacht. Zu den zahlreichen Unternehmungen unseres Landes im