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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Bormittag) Abonnementspreis beträgt vierteljährlich 1 Mark 20 Pi Inserate »erden bis spätestens Mittag- des vorhergehenden TageS des Erscheinens erbeten und die CorpuSspaltenzeile mit io Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stadtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. ISS. Dienstag, den 20. November 1883. 8. Iabrg. Versteigerung. Donnerstag den 22. November 188» von Vormittags ILVt Uhr an sollen auf Station Zwönitz mehrere Partien alter Eisenbahnschwellen und alten Bauholzes gegen sofortige Baarzahlung meist bietend versteigert werden. Altchemnitz, am 10. November 1883. Königliches Abtheilungsingenieur Bureau Chemnitz II. Sächfische Aachrichten. — Zwönitz. Im Saale des blauen Engels feierte Sonntag Abend der Kriegerverein sein Stiftungsfest durch eine Abendunler- Haltung mit darauffolgendem BaL. Herr Vorstand Gothe erfreute die Anwesenden durch zwei patriotische Vorträge mit warmen Vor trag, das am Schlüsse des zweiten gebrachte Hoch auf unsern König Albert fand bei Mitgliedern und Gästen vollen Wiederhall. Zum ersten Male trat ein Männerquartett aus der Mitte der Mitglieder an die Oeffentlichkeit und bewies durch seine Leistungen den darauf verwendeten Fleiß. Bei dem trefflichen Material einzelner Stimmen dürfen wir künftig noch Besseres erwarten. In ungetrübtem Froh sinn und Laune hielten Mitglieder und Gäste bis in die Morgen stunden aus. — In den letzten Controlvcrsammlungen ist den Reservisten mitgetheilt worden, daß der Mobilmachungsmodus insofern eine Ab änderung erfahren hat, als die im deutschen Reiche lebenden Militärs nicht mehr Ordres im Mobilmachungsfalle zngestellt erhalten, sondern durch Plakate, die in den Ortschaften angeschlagen werden, zur Fahne berufen werden. Durch das oben bezeichnete Verfahren wird ermöglicht, daß sich die Mannschaften spätestens in zwei Tagen in ihrem Garnisonsorte einfinden können. — Bei der Lutherfeier im königl. Gymnasium zu Chemnitz fügte es ein seltsamer Zufall, daß die beiden mit Vorträgen über Luther auftretenden Schüler Papst und Ketzer hießen. — Lößnitz, 16. Novbr. Der Maurer Reißmann, welcher aus Wildbach nach hier verzogen ist, hat in dieser Woche den ihn wegen einer Differenzangelegenheit besuchenden Schieferdeckergesellen Müller derart gemißhandelt, daß Müller kurz daraus verstorben ist. Müller hinterläßt Frau und Kind. Der Uebelthäter ward sofort verhaftet. — Lengenfeld, 14. Novbr. Eine gemeine Rohheit trug sich am vergangenen Sonntag in den nahen Göltzschhäusern am Hammer zu. In der zehnten Abendstunde geriethen ein Bergarbeiter aus Planitz, verheirathet und Vater zweier Kinder, und ein Weber aus Grün in Differenzen, die damit endeten, daß dieser das Messer blank zog und dasselbe dem ersteren derart in das eine Auge bohrte, daß es nur mit Mühe wieder entfernt werden konnte und der Betreffende des Augenlichts auf dem Auge beraubt ist. — Plauen, 16. Novbr. Gestern Nachmittag gegen 2 Uhr schoß eine wahrscheinlich von einem Raubvogel verfolgte Taube mit solcher Gewalt an eines der Schaufenster im Leipoldt'schen Hause am unteren Steinwege, daß das Fenster, welches 180 Mark kostet (es ist zum Glück versichert) in viele Stücke zersprang. Der Kopf der Taube fuhr durch das Glas und wurde der Hals durchschnitten. — Meißen, 14. Novbr. Der 2. Hauptgewinn von 300,000 Mark fiel auf Nr. 99,492 aus der Collection von L. Lenz hier. Dem Vernehmen nach befinden sich die glücklichen Gewinner hier und in der Umgegend. — Leipzig, 16. Novbr. Eine schreckliche Angstscene spielte sich heute Morgen in der Dorotheenstraße allhier ab. Auf dem Dache eines dortigen Grundstückes waren ein hiesiger Klempnermeister und sein Geselle beschäftigt, als plötzlich Letzterer seinen Halt verlor, auf dem Dache hinabrutschte und über den Dachrand hinausfiel. Ehe er aber vollständig herabstürzte, faßte er mit großer Geistesgegenwart mit beiden Händen in die Dachrinne, woran es ihm gelang, sich fest- zuhalten. Aber sich wieder heraufzuschwingeu oder sonst aus seiner schrecklichen Lage zu befreien, vermochte er nicht und so blieb er frei in der Luft schweben, ein entsetzlicher Anblick für die Straßen- Passanten, welche sich bald in Menge unten sammelten. Man war rathlos, was zu thun, um den Unglücklichen zu befreien, man breitete alsbald Betten und Tücher aus, um den zu erwartenden Sturz zu mildern. Jnmittelst war aber der Meister auf dem Dache bis zu dem Gesellen herabgekrochen und hatte ihn an den Händen erfaßt, während ihn selbst vom Ausstiegloch ein Maurer an den Beinen festhielt. Endlich gewann der Geselle einen kleinen Stützpunkt darin, daß er an einem unter ihm befindlichen Fenster eine Scheibe einstieß und an dem Rahmen mit dem einen Fuße sich Anhalt verschaffte. Auch vermochte er noch so lange sich festzuhalten, bis man durch das erwähnte Fenster eine Leiter schob, worauf der Geselle sich lang sam herabließ und endlich durch das Fenster hineingezogen und aus der augenscheinlichen Lebensgefahr gerettet wurde. Wohl eine halbe Stunde war darüber vergangen und so lange hatte der Aermste in seiner Todesangst aushalten müssen, während nicht minder das Publikum von schrecklicher Angst erfüllt war und bei der endlichen, so wunderbaren Rettung mit Dank zu Gott wieder frei aufathmete. — Stolpeu, 14. Novbr. Bei der Ausschachtung des Schloß- bruunens sind 12 Gewehre mit 12 Bajonetten (französische Waffen aus dem Jahre 1813) gefunden worden. Der Schaft ist durch gängig von den Rohren abgefault, jedoch meist gut erhalten, diese aber sind verrostet. Man vermuthet, daß die Gewehre von verwun deten Franzosen zurückgelaffen worden sind. Längere Zeit dürfte nun wohl wieder nur Schutt zu finden sein, bis man auf dasjenige stößt, was im 7jährigen Kriege in den Brunnen geworfen wurde. politische Aundschau. Deutschland. Der Kaiser unternahm am Freitag einen kleinen Jagdausflug nach Springe, wo am folgenden Tage eine Jagd auf Schwarzwild abgehalteu wurde. Noch am Sonnabend Abend kehrte der Kaiser, in dessen Begleitung sich u. A. die Prinzen Wilhelm von Preußen und August von Württemberg befanden, im besten Wohl sein nach Berlin zurück. Der deutsche Kronprinz hat am Sonnabend seine spanische Reise augetreteu, auf welcher ihn die Segenswünsche der ganzen deutschen Nation begleiten. Es ist gerade keine sehr günstige Jahreszeit, welche sich der hohe Herr zur Reise ausgewählt hat und die November stürme im Mittelländischen Meere geben denen in den nördlicheren Meeren an Heftigkeit nur wenig nach; um so mehr wird man es in Spanien zu würdigen wissen, daß der Erbe des deutschen Kaiser thrones die Beschwerlichkeiten der weiten Seereise nicht gescheut hat, um den ihm gewordenen ehrenvollen Auftrag seines kaiserlichen Vaters sofort auszuführen und dem spanischen Herrscher in dessen Hauptstadt einen Gegenbesuch abzustatten. Kronprinz Friedrich Wil helm darf sich einer herzlichen Aufnahme in Spanien für versichert halten, selbst die fortschrittlich-republikanischen spanischen Blätter meinen, der kaiserliche Prinz müsse vom ganzen spanischen Volke als ein Freund und mit Achtung ausgenommen werden. Mit seltener Ein stimmigkeit macht hierbei die spanische Presse Front gegen die Hetz« und Schmähartikel der französischen Zeitungen und läßt deutlich durchblicken, daß jede gröbliche Demonstration der in Spanien leben den Franzosen gegen den deutschen Kronprinzen ihnen übel bekommen würde. Nach öfficiösen Mittheilungen geht dir Reise des Kronprinzen über Frankfurt a. M.-Basel-Gotthardbahn nach Mailand und von da nach Genua, wo der hohe weisende in der Nacht vom Sonntag znm Montag eingetroffen sein dürfte, worauf im Lause des Montag die Einschiffung auf dem „Prinz Adalbert" nach Spanien erfolgt. Die Besuche ves russischen Ministers des Auswärtigen in Berlin und Friedrichsruh lassen Optimisten bereits annehmen, es handle sich um eine Wiederherstellung des Dreikaiserbündniffes. Indessen, eine förmliche Erneuerung desselben dürfte schwerlich zu erwarten sein, dazu haben sich die politischen Conlissen doch zu sehr verschoben. Wohl aber dürfte die Reise des Herrn von Giers mit dazu bei tragen, die leichten Schatten, welche unzweifelhaft in dem Verhältniß Rußlands zu Oesterreich und Deutschland bemerklich machen, wieder