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Erscheint wöchentlich drei Mal und »war Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Bormittag). Abonnement-preiS beträgt vierteljährlich l Mark SN Ps pr»n«m«r»n<t» Inserat« werden bi« spätesten. Mittags deS vorhergehenden Tage- deS Erscheinen» erbeten and die CorpuSspaltenzeile mit l» Pf., unter „Eingesandt" mit so Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stadtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. S2. Sonnabend, den 5. Mai 1883. 8. Iahra. Bekanntmachung. Der I. Termin der diesjährigen staatlichen Einkommensteuer ist am 30. April a. c. fällig gewesen und bis längsten« am 2V. dieses Monats „ . an die hiesige Stadtsteuer-Einnahme (welche außer Mittwochs jeden Wochentag Vormittags von 9 12 Uhr, Nachmittags von 2—5 Uhr geöffnet ist) abzuführen. . - l , Gegen Säumige ist sofort nach Ablauf der Zahlungsfrist das Mahn- resp. Executwnsverfahren emzuleiten. Zwönitz, am 1. Mai 1883. Der Bürgermeister. Adam. Bekanntmachung, die öffentlichen Impfungen betreffend. Die int Jahre 1882 sowie in früheren Jahren geborenen Kinder, welche der Jmpfpflicht noch nicht genügt haben, sollen Montag den 7. Mai a. e. Nachmittags 2 Uhr durch Herrn vr. Eä. Bursian geimpft werden. Als Jmpfloeal ist die Nestauration zum Rathskeller bestimmt. Die Eltern, Pflegeeltern und Vormünder rc. impfpflichtiger Kinder werden unter ausdrücklicher Verwarnung vor den in § 14 Absatz 2 des Neichsgesetzes vom 8. April 1874 angedrohten Strafen hiedurch aufgefordert, mit ihren Kindern in dem anberaumten Impf termine zu erscheinen oder die Befreiuung von der Impfung durch ärztliches Zeugniß nachzuweisen. Zwönitz, am 4. Mai 1883. Der Bürgermeister. Adam. Komische Aundschau. Deutschland. Der Kaiser hat seine vom besten Erfolge be gleitet gewesene FrühjahrScur in Wiesbaden beendet und ist am vorigen Dienstag wohlbehalten wieder in Berlin eingetroffen. In der Begleitung des Kaisers befand sich dessen erlauchte Tochter, die Großherzogin von Baden, welche einen längeren Aufenthalt in Berlin zu nehmen gedenkt. Der Reichstag führte in dieser Woche — und zwar am Montag — zunächst die zweite Berathung des Krankencassengesetzes zu Ende; sämmtlicke noch restirende Bestimmungen der betreffenden Vorlage wurden im Allgemeinen nach den Commissionsbeschlüssen angenommen. Am folgenden Tage beschäftigte sich das Haus mit Wahlprüsungen und verwies sodann den von socialdemocratischer Seite gestellten Antrag, gegen diejenigen Polizeibeamten, welche vor Kurzem ver schiedene socialdemocratische Reichstagsabgeordnete in Kiel verhafteten, an die Geschäftsordnungs-Commission. Ein weiterer, ungleich wich tigerer Antrag aus der Mitte des Hauses, derjenige des secessio- nistischen Abgeordneten Rickert, die ersten vierzehn Paragraphen des Unfallversicherungsgesetzes im Plenum und zwar sobald als möglich berathen zu wollen, ging nach lebhafter Debatte an die Unfall-Com- misston. Am Mittwoch nahm der Reichstag vor Eintritt in die Tagesordnung den Vortrag eines Schreibens des Reichskanzlers entgegen, welches sich auf den Antrag des Abg. Richter-Hagen be züglich des Gewerbebetriebes der Militärwerkstätten bezieht. Der Kanzler legt im Namen des Kaisers Verwahrung dagegen ein, daß der Reichstag an die Militärverwaltung directe Aufforderungen er gehen lassen könne, derartige Aufforderungen sei die Militärverwaltung des Reiches weder verpflichtet, noch berechtigt, zu befolgen oder auch nur amtlich entgegen zu nehmen. Da der Inhalt des Schreibens sich auf den ersten Gegenstand der Tagesordnung, Berathung der zur Gewerbeordnungsnovelle gestellten Anträge Richter, Baumbach und Genoffen, bezog, so entspann sich eine animirte Debatte über beide Gegenstände zugleich. Nachdem Abg. Richter die Adresse seines Antrages an den Reichskanzler anstatt an die Militärverwaltung gerichtet, ergriff der Kriegsminister Bronsart von Schellendorf das Wort, um darzuthun, daß die den bürgerlichen Gewerben gegenüber von den Oecono.nie-Handwerkern gemachte Concurrenz überaus un bedeutend sei und erklärte im Uebrigen den Antrag Richter als einen direkten Eingriff in die Machtbefugniß des Kaisers. Im Sinne des Kriegsministers sprachen auch die Abgeordneten Windthorst, v. Kleist- Retzow und Heydemann, während die Abgeordneten Goldschmidt und Richter-Hagen den Antrag des Letzteren verteidigten. Es kam hier bei zu einer ziemlich scharfen Auseinandersetzung zwischen dem fort schrittlichen Führer und dem Kriegsminister und fand die elegante Schneidigkeit, mit welcher Herr v. Bronsart den Richter'schen An griffen gegenübrrtrat, lebhaften Beifall auf der rechten Seite des Ms- - '.kiML, Hauses. Nach einer kurzen Geschäftsordnungsdebatte wurde alsdann ein gleichfalls von fortschrittlicher Seite eingebrachter Antrag auf Bildung besonderer Gesellen-Innungen mit großer Majorität abge lehnt. Für die nächste Sitzung am Freitag standen der Rest der Gewerbegesetznovelle (Strafbestimmungen) und die erste Berathung des Etats pro 1884/85 auf der Tagesordnung. Der vermißte Dampfer „Habsburg" des Norddeutschen Lloyd ist am 20. April von der englischen Bark „Nicosia" unter 18 Grad westlicher Länge angesprochen worden, doch verlautet noch nichts darüber, ob der Dampfer irgendwelche Beschädigungen erlitten hat. Oesterreich-Ungarn. In Oesterreich zieht man auf beiden Seiten das Facit aus den heißen parlamentarischen Kämpfen um die Novelle zum Volksschulgesetze. Die Wahrheit zu sagen, ist keine der Parteien von dem Resultate der langen Wortschlacht befriedigt. Die Rechte hat allerdings gesiegt, aber es war sozusagen ein Phyrrhus- sieg, denn die Annahme der Novelle erfolgte mit nur 3 Stimmen Majorität und Graf Taaffe könnte da wohl ausrufen: „Noch ein solcher Sieg und ich bin verloren!" Kein Wunder daher, daß die Siegesstimmung unter den Fractionen der Rechten des Abgeordneten hauses keine allzugroße ist. Ans der linken Seite des Hauses ist man begreiflicherweise über den Ausgang der Debatten auch keines wegs erbaut und es hieß sogar, daß die Liberalen einen parlamen tarischen Strike in Scene setzen wollten, doch haben die besonneneren Elemente in den Reihen der Verfassungspartei die Linke von diesem bedenklichen Vorhaben wieder abgebracht. Jedenfalls hat aber der erbitterte Meinungsaustausch im Reichsrathe über die Volksschul gesetznovelle nicht dazu beigetragen, die Gemüther einander zu nähern. Frankreich. Nachdem die deutsch - österreichisch - italienische Tripelallianz bereits in verschiedenen Parlamenten des Langen und Breiten erörtert worden ist, kommen nun auch die Franzosen nach gehinkt. In der Dienstags-Sitzung des Senats interpellirte der Herzog von Broglie, der Wortführer der Orleanisten, den Minister des Auswärtigen über diese Angelegenheit, doch wußte Herr Challe- mel-Lacour absolut nichts Neues hierin vorzubringen. Indessen, seinen Unmuth über die Verständigung der drei Mächte und über seine mangelhaften Informationen konnte der Minister nicht verhehlen, was allerdings nicht sehr diplomatisch erscheint. Im Großen und Ganzen war die Erwiederung Challemel - Lacour's herzlich schwach und der Herzog von Broglie unterließ es denn natürlich auch nicht, an den Ausführungen des Regierungövertreters eine scharfe Kritik auszuüben und am Schlüsse seiner Rede der Regierung sein ent schiedenes Mißtrauen auszusprechen. Irgend ein praktisches Ergebniß hat die Anfrage des Herzogs von Broglie somit nicht auszuweisen und wird nun hoffentlich die Tripelallianz von der Bildfläche der parlamentarischen und sonstigen Erörterungen endlich ver schwinden. . ..... .... -