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„Ich sehe aber Wolken kommen, nur Gleich und Gleich gesellt sich gern!" — „Thorheit," rief schnell der Bräutigam, „wer wird sich durch den Blick auf die ungewisse Zukunft die Freude der Gegenwart trüben lasten!" Und mit einem strahlenden, siegesgewissen Lächeln zur erröthendcn junge» Frau sich wendend, sprach er: „Nicht wahr, meine holde Waldsee, mir wvllen das Glück schon festhalten? Mein starker Arm und fester Wille werden alle Wolken von unserem Lebenshimmel verscheuchen! Stoßen wir an auf künftiges wolkenloses Glück, es soll so hell sein, wie der Klang dieser Gläser! "- Doch matt und eigenthümlich gedämpft war dieses Mal der Gläser Klang, und der Greisin entschlüpfte ein gepreßter Seufzer. Zweites Capitel. Am Ausgange des Newsky Prospectes, der großen Promenade der eleganten Welt St. Petersburgs, gegenüber dem Goslinj Dwor, dem nächst der Passage glänzendsten Complex von Verkaufsläden der mannigfaltigsten Art, lag das Haus der reichen Wittwe Harders. An einem andern Orte und in weniger großartiger Umgebung würde es sich in seiner imposanten und eleganten Bauart mit den reichen Verzierungen wie ein Palast ausgenommen haben, hier, in dem glän zendsten Stadtviertel der an Palästen und prunkvollen Bauwerken so reichen nordischen Kaiserresidenz, fiel es nicht weiter auf. Sein Inneres war dem Aeußeren entsprechend glänzend ausge stattet. Gegenüber dem hohen gewölbten Portal sah man diebreite an beiden Seiten mit Palmen und seltenen Blattpflanzen geschmückte Marmortreppe, am Fuße derselben zwei Statuen, die zwischen dem grünen Blättergewirr effectvoll hervorleuchteten. In einem der hohen, luxuriös ausgestatteten Gemächer schritt Frau Harders unermüdlich auf und nieder. Sie war eine impo- nirende noch immer schöne Erscheinung, der man die vierzig Jahre ihres Alters auf den ersten Blick keineswegs ansah. Die gewölbte Stirn, über der sich ein gepudertes Toupet erhob, war glatt und faltenlos; die großen dunkelgrauen Augen konnten noch Flammen sprühen, nur um den Mund zeigte sich eine tiefe Linie, die dem ganzen Gesicht den Stempel der Strenge und Entschlossenheit auf drückte. In diesem Augenblick zeugten die schnellen unruhigen Bewegungen der Dame von Aufregung und Zorn. Die rechte Hand zerknitterte ein Papier, während sich die linke wie in rathloser Bestürzung über die Augen legte. „Wenn ich nur die geringste Ahnung von seinem Vorhaben ge habt hätte, wahrlich, diese tolle Heirath wäre mir nicht zu Stande gekommen!" kam es heftig zwischen den zusammengepreßten Lippen hervor. „Und heute, mit dem Abendzuge, will er schon mit ihr ein treffen?! Wie er nur zu der Bekanntschaft gekommen sein mag?" Sie entfaltete von neuem den Brief und las mit finsteren Blicken: „Oh, Mutter, nimm sie liebreich auf, die Gattin Deines einzigen Sohnes, diesen Engel an Unschuld, Sanftmuth und Liebe, den der Himmel selbst durch einen glücklichen Zufall mich finden ließ!" .... „Eine schöne Beschreibung das!" rief sie zornig. „Von ihrer Herkunft, ihrem Namen, ihrer Erziehung kein Wort! O diese roman tischen Ideen des exentrischen Knaben, welch' einen Streich haben sie mir wieder gespielt!" Und wieder begann die ruhelose Wanderung. Es verstrich eine geraume Zeit, da plötzlich rollte in scharfem Trabe eine Equipage herbei und hielt vor dem Hause. Die Diener schaft eilte geschäftig hin und her, nach wenigen Augenblicken er tönte die volltönende Stimme ihres Sohnes im Corridor — sie hörte Schritte im Nebenzimmer und — da stand er unter der Portiere, am Arme ein blutjunges Wesen, das sich ängstlich an ihn schmiegte. „Mutter!" tönte es von seinen Lippen. Mit hastigen Schritten eilte er auf sie zu, beugte sich tief und drückte ehrerbietig einen Kuß auf ihre Hand. Dann ergriff er die Hand seiner jungen Frau und führte sie tiefbewegt der Mutter zu. „Mutter, gieb uns Deinen Segen zu unserem Bunde!" bat er flehend. „Den hättest Du Dir früher erbitten sollen, mein Sohn!" ant wortete die stolze Frau streng. Die junge Frau wurde todtenbleich. Bebend kniete sie nieder und hob mit rührender Bitte Blick und Hände zu der kaltblickenden Schwiegertochter empor. „Verzeihung!" stammelte sie. „Um unserer großen Liebe willen entziehen Sie uns Ihren Segen nicht!" „Mutter," rief auch der Sohn, „ich weiß, daß ich Unrecht that, indem ich ohne Dein Misten und Deine Genehmigung mir die Lebens gefährtin erwählte, aber ich fühlte, ohne dieses holde, engelreine Kind wäre mir das Leben fortan reizlos gewesen, und schnell ent schlossen sicherte ich mir »nein Glück für's ganze Leben. Darum, Mutter, willst Du Dir die Liebe und unbegrenzte Dankbarkeit Deines Sohnes erhalten, so erkenne die Wahl seines Herzens an, willst Du es nicht, so — ich schwöre Dir's, Mutter, — so siehst Du mich zum letzten Mal in Deinem Hause!" Er hatte sich stolz zu seiner ganzen Höhe aufgerichtet. Der An- blick seines knieenden tiefgedemüthigten Weibes trieb ihn zum Aeußersten. Statt der flehenden Bitte lstitzte nun unbeugsame Entschlossenheit aus seinen Augen. In den stolzen Zügen der Mutter prägte sich ein heftiger, kurzer Kampf aus — dann beugte sie sich zu dem leise weinenden jungen Weibe nieder, zog es empor und sprach langsam: „Um meines einzigen Sohnes willen — seien Sie mir will kommen !" „Ich danke Dir, Mutter," rief sehr freudig erregt mit weicher Stimme der Sohn, „es soll Dich nie gereuen, Begebung gespendet zu haben! Die Dankbarkeit und Liebe Deiner Kinder werden Dein Leben fortan verschönern bis in's späteste Alter hinein, und nicht wahr, Mutter, Dein Herz gönnt dem einzigen Kinde gern sein Glück?" Ejn eigenthümliches Lächeln umspielte den Mund der Mutter, als sie bedeutungsvoll erwiederte: „Mein Sohn, was uns in einer Stunde als größtes Glück er scheint, kann später uns zum Unglück werden!" „O nein, Mutter," rief er siegesgewiß, „dieser süße Engel kann nur Glück und Segen bringen!" Und in leidenschaftlicher Zärtlichkeit umschlang er die zarte Ge stalt. Die Mutter antwortete nicht, gedankenvoll ruhte ihr Blick auf dem jungen Paare. Dann sprach sie ruhig: „Feodor, führe nun Deine Gemahlin in die für Euch bestimmten Gemächer, es sind die auf der rechten Seite des Corridors, und komme dann zu mir zurück. Ich habe noch mancherlei mit Dir zu besprechen." Auf dem Corridor sprach Ferdinand leise: „Nun sieh, Herzlieb, Deine Angst war ganz umsonst, die Mutter war gütiger als ich's selbst hoffte. Sie hat uns vergeben!" Lina antwortete nicht. Noch immer bebend am ganzen Körper von der großen Aufregung, schmiegte sie sich wie schutzsuchend an ihn. „Mir ist dennoch so angstvoll und beklommen um's Herz," flüsterte sie. „Das wird bald anders werden," tröstete er, „wenn Du Dich erst in die neue Umgebung hineingefunden haben wirst. Petersburg hat großartige und mannigfaltige Schönheiten, ich freue mich schon im voraus auf die staunenden Blicke meiner kleinen Waldfee, wenn wir erst alle diese Schönheiten mit Muße uns ansehen werde». Doch, mein Engel, nun lege Dich zur Ruhe, Du wirst todtmüde sein, ich will indessen noch zur Mutter zurück!" — (Fortsetzung folgt.) Vermischtes. * (Reichsheer). Aus denEtatsberathungen für das Reich stellt sich heraus, daß die Anforderungen für das Reichs Heer auf 1885/86 sich erhöhen werden lind zwar sowohl für das preußische, als süchs. und württembergische Contingent in verschiedenartigem Maßstabe. Die Mehrforderungen im Ordinarium halten sich allerdings dem Ver nehmen nach in bescheideneren Grenzen und dürften im Ganzen eine Million nicht viel überschreiten. Dagegen dürfte sich der Etat für außerordentliche Ausgaben, der im laufenden Rechnungsjahre 6,592,272 M., für Preußen 2,878,272, für Sachsen 360,650 und für Württem berg 353,350 M. beträgt, nicht unbedeutend steigern. * „Wer ist hier der Herr des Hauses?" fragte ein Reisender bei seinen: Eintritt in einen Gasthof. — „Ich," erwiderte der Wirth mit freundlichem Grinsen, „meine Frau ist seit drei Wochen todt!" * Ein ausgezeichnetes Pulver zum Feuerlöschen erhält man, wenn man 3 Theile oxalsanres Kali (welches beim Warmwet'oen Kohlensäure entwickelt) mit 5 Theilen Borax, 35 Theile» Bittersalz, 20 Theilen Chlor-Ammomum, 25 Theile» Chlor-Natrium und zehn Theilen ammoniakalischem Alaun »lischt. s Classe LOS. König!. Sächs. Landes-Lotterie, gezogen am 8. September 1884. SV,«SV Mark auf Nr. 77887. S0,«0« Mark auf Nr. 84815. L«,00« Mark nuf Nr. 19033. S«0« Mark auf Nr. 1371 6427 7632 35617 36969 56670 59033 82253 83205. 3000 Mark auf Nr. 37598 40144 41884 46419 61056 88548 92215 92847 96156 98731. 1««« Mark auf Nr. 826 1974 2889 4480 23720 34020 34141 46558 59253 61992 64985 66492 71422 71463 73786 77085 79254 85320 87594 91325 94607 99032 99314. 5V0 Mark auf Nr. 4051 5915 9253 16845 20575 22235 24175 24517 25272 31329 31489 33346 39211 42505 42522 52229 56704 61988 62203 62874 63162 64197 66131 66261 74221 75005 75239 77160 77744 81530 81676 82986 88769 92591 94400 95929 97009 98990 99190. Gezogen am 9. September 1884. 40,««0 Mark aus Nr. 4722. 2«,0V0 Mark auf Nr. 72502. 15,000 Mark auf Nr- 26224. 5000 Mark auf Nr. 42485. 3000 Mark auf Nr. 4953 20253 50284 74211 88080. 1000 Mark auf Nr. 5327 6854 7355 9255 21151 31386 38387 42853 48534 49853 53542 56231 64219 81026 81084 92765 94064. 500 Mark auf Nr. 1506 17013 27415 28642 33348 34568 37207 38063 39987 40872 41675 41230 47037 47791 47419 62992 65855 73674 79365 92126 96517 97639. Kirchennachrichten von Zwönitz. Am 14. Sonntage p. Trin predigt Vormittag Herr ?. Clauß über Matth. II, i6-19. Nachmittag hält Herr Diac. Böthig kirchliche Unterredung mit der confirmirten weiblichen Jugend und werden alle Eltern und HauShaltungSvor- stände gebeten, die ihrer Pflege Befohlenen znm Besuche dieser Unterredungen anhalten zu wollen.